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Allgemeine Encyclopädie HIS-Data
5139-1-1-005-2
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Werk Bearb. ⇧ 1. Th.
Artikel: AACHEN, Regierungsbezirk
Textvorlage: Göttinger Digitalisierungszentrum
Siehe auch: HIS-Data Aa
Hinweise: Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Bearbeitung
Inhalt:
⇦ AACH
AACHEN ... Reichsstadt ⇨

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  AACHEN, Regierungsbezirk im Großherzogthum Niederrhein.♦
1. 1. Bestandtheile, Gränzen, Größe, Naturbeschaffenheit, Fabriken. Der Regierungsbezirk ist♦
 
  • 1) aus dem südwestl. Theile des vormal. Roer-Departements;♦
  • 2) aus einem kleinem östl. Theile des vormal. Niedermaaß-Departements (Herzogenrath);♦
  • 3) aus dem östl. Theile
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  des vormal. Ourte-Departements (Malmedy);♦
 
  • 4) aus dem nördl. Theile des vormal. Saar-Departements (Cantone Blankenheim, Reifferscheid, Schönberg)♦
  zusammen gesetzt.♦
  Die Gränzen sind g. Norden der Regierungsbezirk Cleve, g. Osten die Regierungsbezirke Düsseldorf, Cöln u. Coblenz, g. Süden u. Westen der Regierungsbezirk Trier und die k. Niederl. Staaten.♦
  Der Flächeninhalt des Regierungsbezirks Aachen beträgt 66 2/10 Quadratmeilen. Man zählte darin im Jahr 1816: 307,324 Einwohner, nämlich 296,983 Katholiken, 5758 Reformirte, 2948 Lutheraner, 1632 Juden, so daß in der nördl. bevölkerten Hälfte 6659 M., und in dem südl. gebirgichten Theile 2215 M., im Durchschnitt aber 4586 M. auf die Q. Meile gerechnet werden konnten.♦
  Der nördl. Theil (von dem Stadt- und Landkreis Aachen hinauf nach Düren, Geilenkirchen, Jülich, Heinsberg, Erkelenz) ist fast durchgehends flach, der Cultur günstig und hat ein mildes Klima. Im Süden dagegen zeigt sich das hohe und rauhe Eifelgebirge, nach den Ardennen hin ziehend, und hier herrscht ein unfreundliches Klima; die hier zwischen Eupen, Malmedy, Spa und Montjoie sich ausdehnende Gebirgsfläche enthält das s. g. große Veen (grot ween, hautes fanges) , welches sich in allen Richtungen 2 bis 3 Meilen weit ausdehnt und aus ungeheuren Morästen und Sümpfen besteht, die fast nichts als Torf und Heidekraut erzeugen. Auch der nicht morastige Theil dieser Gegenden ist der Cultur nicht besonders günstig. Der Anbau des Hafers und der Kartoffeln auf einem kalten und magern Boden gewährt einen so geringen Ertrag, daß dadurch der Unterhalt der Bewohner, welche sich zum Theil von Haferbrot nähren, nicht gänzlich gesichert wird.. Dafür fanden jedoch Viele seit Jahrhunderten in dem Betrieb der Steinkohlen-, Eisenhütten-, Bley- und Gallmeywerke, sowie in ihren Tuchmanufacturen, Messing- und Lederfabriken einen reichlichen Ersatz.♦
  In dem nördl. Theile, besonders in den Kreisen Düren, Jülich und Erkelenz ist ein vorzüglich fruchtbarer Boden. Es werden dort fast alle Getreidearten, besonders Weizen, Roggen, Gerste, Buchweizen, Hafer u. s. w. mit dem besten Erfolge gebaut. Auch der Anbau des Flachses und der Rübesaat wird, besonders im Kreise Jülich, mit Erfolg getrieben. Die Viehzucht ist bedeutend. Selbst in den fruchtbarsten Kreisen werden noch große Strecken zum Wiesewachs benutzt. Der Viehstand im J. 1816 betrug 95,478 St. Rindvieh, 3605 veredelte, 8679 halbveredelte, 101,107 unveredelte Schafe, 17,952 Stück Schweine. —♦
  Ein schiffbarer Fluß findet sich nicht. Die Ruhr (Roer), der bedeutendste Fluß des Reg. Bez. entspringt oberhalb Montjoie, geht über Düren, Jülich, Linnich und ergießt sich bei Ruremonde (Niederl.) in die Maas. Die Erft, zwischen Budderath und Holzmühlheim im Kreise Gemünd entspringend, berührt nur einen kleinen Theil dieses Kreises und fällt bei Neuß in den Rhein. Die Wurm, südlich von Burtscheid, und die Inde, im benachbarten Limburgischen entspringend, vereinigen sich mit der Ruhr. Fast alle diese kleinen Flüsse, besonders die Inde, werden, so wie mehrere Bäche, für den Betrieb der Bergwerke und Fabriken auf das sorgfältigste benutzt.♦
  Der Fabrikfleiß, obgleich seit Jahrhunderten in diesen Gegenden einheimisch, verdankte seine größere Verbreitung und sei-
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  nen höheren Flor den günstigen politischen Verhältnissen, welche in den letzten 20 Jahren, und besonders seit der Einführung des Continentalsystems, seinen Erzeugnissen einen so beträchtlichen Absatz auf den mehrsten Europäischen Märkten zusicherten. Außer den Messingfabriken (s. Stollberg) und den Lederfabriken (s. Malmedy) gilt dieß besonders. von den Tuchfabriken. Die vorzüglichsten Tücher und Casimirs von allen Gattungen lieferten die Städte Aachen, Burtscheid, Eupen, Malmedy, Montjoie, die Örter Stollberg, Imgenbruck, Rötgen u. s. w. Im
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  J. 1809 schätzte man den Werth der Erzeugnisse dieser Fabriken, mit Ausschluß der von Eupen und Malmedy, welche zum Ourte-Departement gehörten, auf 12 Mill. Fr.; er stieg im J. 1812 bis auf 30 Mill. Die Produkte der Messingfabriken von Stollberg (die Erzeugnisse seiner Glashütten und mehrere Flanellfabriken mit inbegriffen) wurden im J. 1808 auf 6,400,000 Fr. geschätzt. Näh- und Stecknadelfabriken s. Aachen und Burtscheid.
2. 2. Eintheilung und Verwaltung. Der Reg. Bez. ist in 1 Stadtkreis und 12 Landkreise abgetheilt:
 
Namen der Kreise Flächen-
raum
Q. Meil.
Bevölke-
rung
Zahl der Einwohner welche von
der Landwirthschaft leben *)
Burgemei-
stereien
1. Aachen (Stadtkr.) umfaßt die St. Aachen und deren Gebiet) 0 91⁄100 32018 Etwa 2202 M. nähren sich von der Landwirthschaft. 1
2. Aachen (Landkreis) Kreisstadt Burtscheid 68⁄100 43349 etwa 13347 E. 22
3. Düren (Kreisort Düren) 8 36⁄100 37186 etwa 25292 E. 27
4. Geilenkirchen (Kr. O. gl. N.) 3 16⁄100 20922 etwa 11719 E. 14
5. Jülich (Kr. St. gl. N.) 5 28⁄100 29765 etwa 17711 E. 20
6. Heinsberg (Kr. O. gl. N.) 3 41⁄100 27532 etwa 14939 E. 22
7. Erkelenz (Kr. O. gl. N.) 4 89⁄100 29909 etwa 21032 E. 16
8. Eupen (Kr. St. gl. N.) 2 85⁄100 17419 etwa 6138 E. 8
9. Montjoie (Kr. St. gl. N.) 6 73⁄100 16984 etwa 7339 E. 12
10. Gemünd (Kr. O. gl. N.) 8 27⁄100 16213 etwa 8451 E. 14
11. Malmedy (Kr. St. gl. N.) 5 46⁄100 12919 etwa 6798 E. 5
12. Blankenheim (Kr. St. gl. N.) 5 42⁄100 12582 etwa 6188 E. 12
13. St. Vith (Kr. St. gl. N.) 5 62⁄100 10529 etwa 8188 E. 10
 
S. 6 Sp. 1 Über die Provinzial-, Kreis- und Ortsverwaltung bemerken wir nur folgendes. Die Obliegenheiten der Regierung des Bezirks sind durch die vom Monarchen selbst gleichzeitig mit den Instructionen für die Oberpräsidien, Provinzial-Consistorien und Medicinal-Collegien erlassene Dienst-Ordnung bestimmt. Die Verwaltung des Stadtkreises Aachen wird durch einen Oberbürgermeister, die der zwölf Landkreise durch Landräthe geleitet. Die Ortsverwaltung liegt in den Händen der Bürgermeister und deren Beigeordneten. Wichtigere Angelegenheiten der Gemeinden sind außerdem, nach der noch gültigen französ. Anordnung, der Prüfung der Municipalräthe unterworfen. Die Orts- Steuereinnehmer, die Verwalter der Munciipal-Hospitäler und Wohlthätigkeits-Anstalten, die Feldhüter und Gemeinde Forst-Agenten sind den Bürgermeistern untergeordnet. Besondere Polizei-Commissarien gibt es in den Städten Aachen (2), Eupen, Jülich Malmedy u. s. w. Unter dem vorm. Gen. Gouvernement des Nieder- und M. Rheins, wurde in Aachen ein besonderer Polizei-Inspektor angeordnet. Mit Ausnahme der Militäirgesetzgebung, durch welche der Regierungsbezirk Aachen den übrigen Theilen Preuß. Staates bereits gleich gestellt ist, dauert im Wesentlichen noch die Gültigkeit der
 
  • *) Es ergibt sich hiernach als Resultat für 1816, daß 149,344 Einw. von der Landwirthschaft lebten, während 157,980 Einw. sich durch Fabriken, Handel, Handarbeit u. s. w. zu nähren suchten.
S. 6 Sp. 2 französ. Anordnungen in Hinsicht auf die Verwaltung fort, und dieß ist auch der Fall mit der Justiz. Die Definitiv-Organisation wird künftig unter der Rubrik der Provinz der Grafschaft Niederr. angegeben werden können.
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Stand: 27. Oktober 2017 © Hans-Walter Pries