HIS-Data
Scotti Münster 1842 HIS-Data
163-3-2-1
Scotti Münster 1842 > 3. Bd. > 2. Abth. > 1
Bearb. ⇧ 2. Abth.
Titel: Landes-Besitznahme
Textvorlage: ULB Münster S. 19
Hinweise: Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Bearbeitung
 

   
S. 19 1. Königsberg den 6. Juni 1802. (H. 1. b. Landes-Besitznahme.)  
  Friedrich Wilhelm III., König von Preußen etc.  
  Entbieten dem Dom-Capitul zu Münster, den geistlichen Stiftern und der übrigen Geistlichkeit, so wie der Ritterschaft, den Lehnleuten, Einsassen und den sämmtlichen Einwohnern und Unterthanen der Stadt und des östlichen Theiles von Münster, nach folgender Grenzbestimmung: — von der Grenze unterhalb Olphen, über Seperad, Kakesbeck, Heddüngshel, Gischinck, Nottelen, Hulschoven, Nanholt, Nienborg, Uttenbroch, Grimmel, Schönfeld und und Grewen, * mit Inbegriff der benannten Orte und ihres Gebietes, von Grewen sodann längst der Ems bis zu ihrem Zusammenfluß mit der Hopster-Aa in der Grafschaft Lingen; — Unsere Königliche Gnade, geneigten Willen und alles Gute.  
  Da durch den zwischen seiner Römischkaiserlichen Majestät und dem deutschen Reich und der Republik Frankreich, am 9. Februar 1801 zu Lüneville errichteten Friedensschluß und durch die, in Gemäßheit desselben, zwischen Uns und andern Mächten gepflogenen weitern Unterhandlungen und getroffene Vereinbarung es dahin gediehen ist, daß Uns, Unsern Erben und Nachkommen und ganzem Königlich-Churfürstlichen Hause, zur Entschädigung wegen Unserer bisherigen, jenseits
 
 
  • * Die Namen der Gränzorte sind hier, wie in dem Reichsdeputations-Recesse vom 25. Februar 1803. §. 3., größtentheils unrichtig angegeben, und heißen eigentlich: Olfen, Seppenrade, Kakesbeck, Hiddingsel, Giesking, Nottulen, Hülshof, Hohenholte, Nienberge, Uhlenbrock, Gimte, Schonefliet und Greven.
 
S. 20 Nr. 1
  des Rheinstroms gelegenen, um allgemeiner Ruhe und des Friedens Willen, aber an gedachte Republik mit abgetretenen Provinzen, unter andern Landen und Orten, auch die Stadt und der vorbenannte östliche Theil vom Stift Münster in säcularisirtem Zustand als eine erbliche Besitzung zugetheilet und zugeeignet werden solle, dergestalt, daß dieses Land auf ewige Zeiten Unserm Zepter angehöre und bei Unserm Königlich-Churfürstlichen Hause verbleibe, und Wir und Unsere Nachfolger an der Krone und Chur in demselben alle solche landesherrliche und obrigkeitliche Gewalt, als es in Unsern andern Staaten geschieht, besitzen und ausüben; so haben Wir, in Gefolge des nämlichen Einverständnisses, zuträglich erachtet und beschlossen, nunmehr von gedachtem Lande und allen seinen Orten, Zubehörden und Zuständigkeiten Besitz nehmen zu lassen; und die Regierung darin anzutreten.  
  Wir thun solches auch hiemit und Kraft des gegenwärtigen Patents; verlangen daher von dem Dom-Capitul, den geistlichen Stiftern und der übrigen Geistlichkeit, so wie von der Ritterschaft, den Lehnleuten, Einsassen und den sämmtlichen Einwohnern und Unterthanen der Stadt und des vorbenannten östlichen Theils vom Stift Münster, wes Standes oder Würden sie sein mögen, hiedurch so gnädig als ernstlich, daß sie sich Unserer Regierung unterwerfen; und ermahnen selbige, sich dieser Besitznehmung und den zu solchem Ende von Uns abgeordneten Befehlshabern, Kriegsvölkern und Commissarien, auf keine Weise zu widersetzen, sondern vielmehr Uns von nun an als ihren rechtmäßigen König und Landesherrn anzusehen und zu erkennen, und vollkommenen Gehorsam und alle Unterthänigkeit und Treue zu erweisen; sich alles und jedes Rekurses an auswärtige Behörden, unter Vermeidung Unserer ernstlichen Ahndung, gänzlich zu enthalten; und demnächst, sobald Wir es erfordern werden, die gewöhnliche Erbhuldigung gehörig zu leisten.  
  Wir ertheilen ihnen dagegen die Versicherung, daß Wir ihnen mit Königlicher Huld und Gnade und landesväterlichem Wohlwollen jederzeit zugethan sein, allen Schutz kräftigst angedeihen lassen, und überhaupt ihrer Wohlfahrt und Glückseligkeit Unsere ganze landesväterliche Vorsorge unermüdet widmen werden, um Sie in dem  
S. 21 Jahr 1802.  
  möglichsten Grade, und eben so, als Wir es in Absicht Unserer übrigen getreuen Unterthanen stets zu befördern gewünscht und gestrebt haben, alles bürgerlichen Wohlergehens genießen zu lassen.  
  Wir haben übrigens die oberste Leitung der Besitznahme gedachten Landes, so wie die Organisirung der öffentlichen Geschäfts-Verwaltnng in demselben, Unserm General von der Cavallerie, und würklichen Geheimen Staats- Krieges- und dirigirenden Minister, auch General-Controleur der Finanzen, Ritter des schwarzen und rothen Adler-Ordens etc. Grafen von der Schulenburg-Kehnert übertragen und befohlen, daß unter seiner Direktion der General-Lieutenant von Blücher, mit einem ihm untergeordneten Corps Unserer Truppen, die Besitznahme bewerkstelligen; und eine besondere von Uns ernannte Civil-Commission, welche die Truppen begleitet, die dabei vorkommenden weitem Civil-Geschäfte ausrichten solle. Wir erwarten demnach von sämmtlichen dortigen Einwohnern und Unterthanen, daß sie den von diesen Behörden in Unserm Nahmen zu treffenden Einrichtungen und überhaupt allen den Anordnungen Folge leisten, welche Wir zu ihrem eigenen Wohlergehen und zur Ausbreitung des Seegens und der Vortheile Unsers Zepters auf sie und ihr Land, nach den bewährten Grundsätzen der Preußischen Regierung eintreten zu lassen, gut finden werden. Wir setzen dabei fest, daß vor der Hand, und bis darunter Abändrungen getroffen werden, alle gegenwärtig dort angestellte öffentliche Bediente und Beamte in ihren Funktionen verbleiben, und ihre Amtsverrichtungen ordnungsmäßig und nach dem bisherigen Geschäftsgang einstweilen fortsetzen, indem dieselben eingedenk sein werden, daß sie sich dadurch qualificiren Unserer Gnade und Unsers fernern Vertrauens theilhaftig zu bleiben.  
  Bemerk. Unterm 30. December 1802 (H. 1. b.) hat der domkapitularische General-Vikar sämmtlichen Pfarrern im Erbfürstenthum Münster das Formular des jeden Sonntag vor oder nach der Predigt öffentlich zu haltenden Kirchen-Gebetes für den neuen Landesherrn mitgetheilt.  
   
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Stand: 27. September 2018 © Hans-Walter Pries