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Seckendorff: Teutscher Fürsten-Staat HIS-Data
5226-4-5
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Bestallung eines Hof-Marschalls oder Hofmeisters
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S. 742 (Forts.) N. V.
  Bestallung eines Hof-Marschalls oder Hofmeisters.
  Præmissis generalibus.
  1.
  DEmnach wir unserm fürstlichen stande und herkommen nach, zu versorgung und bedienung unserer, und unserer angehörigen fürstlichen personen, unsere hof-statt mit denen benöthigten dienern und beamten besetzet, auch die verordnung auf unsere rent-cammer gethan, wie und auf was maasse die erforderte mittel zu allerhand unserer und der unserigen nothdurfft verschaffet werden sollen, über das alles aber einer verständigen ansehnlichen person die oberste aufsicht nach uns zu vertrauen unumgänglich befinden, damit bey unserer hof-statt, mit vorgemeldeter unser versorgung, bedienung und leibes-wartung, auch bey vorfallenden ehren-sachen, und bewirthung fremder gäste, alles ordentlich und gebührlich verrichtet, auch unter unserm hof-gesinde zucht, gehorsam und tugend, so vielmehr befördert, und unserer gemeinen hof-ordnung sträcklich nachgelebet werde, und wir dann eingangs benamten unsern Hof-Marschall, auf verspürte seine geschicklichkeit, erfahrung in hof- und haußhalts-sachen, auch treue unterthänige devo-
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  tion zu uns, und unsern angehörigen, zu solchem amt angenommen und bestellet, als wird und soll er ihme auch diesen vorgenannten haupt-zweck in seiner amts-verrichtung stets fürgestellet seyn lassen.
  2. Zu nothwendiger und nützlicher information in diesem seinem anvertrauten amt soll sich unser Hof-Marschall wohl kundig machen, und zu dem ende in guter ordnung beysammen haben, unsere und unserer vorfahren gemeine und sonderbare hof-ordnungen, deputat-zettel, küchen- keller- oder silber-cammer-ordnungen, und darüber ertheilte general-befehle und resolutiones, ingleichen die proceß oder beschreibung förstlicher solenner ausrichtungen bey hochzeiten, taufften, begräbnissen, land-tägen, und dergleichen, nicht weniger die art und modellen der küchen- keller- und silber-cammer- futter-boden, und dergleichen rechnungen, die abschrifften von denen bestallungen aller unserer hof-bedienten. So soll ihm auch aus unserer rent-cammer communiciret werden, eine designation unserer vorwercke und cammer-güter, wie auch der jagd- und forst-ämter, daraus zu unserer hof-statt die nothdurfft an victualien, und andern zu unserer hofhaltung gehörigen stücken, erlanget werden kan: Da er auch von andern vornehmen höfen ein und andere schrifftliche nachricht, derer daselbst gebräuchlichen ordnungen und ceremonien erlangen könte, oder begehren würde, wollen wir, auf sein erinnern, dergleichen unser hof-marschalls-amt, zu mehrer wissenschafft solcher dinge, abschrifftlich bringen zu lassen, bedacht seyn.
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  3. Sonst aber, und in gemein, soll unser Hofmarschall zum grund und fundament seiner anstalten und verrichtungen haben, unsere ausdrückliche ordnungen und befehle in allen hof-ämtern, auch wo fälle vorkämen, die darinnen nicht ihre maasse hätten, entweder bey uns selbst mündlichen bescheids, auf seine relation und anzeigung seines gutachtens, gewarten. oder erinnerung thun, daß wir, mit zuziehung unserer geheimen, oder cammer-räthe, darüber schrifftliche verordnung ergehen lassen, darnach sich unser Hof-Marschall zu achten habe, und wie wir der öfftern mühe in solchen sachen entlediget werden möchten. In gemeinen fürfallenden geschäfften, ceremonien, und gebräuchen aber soll er sich nach der erbarkeit, höflichkeit und bescheidenheit, auch unserm respect und gebührenden standes hoheit richten, und dasjenige, was bey uns und unsern vorfahren löblicher massen üblich und pfleglich gewesen, nicht abkommen, oder ohne unsern sonderbaren befehl ändern lassen, in neuen zweiffelhafften fällen auch auf die gewohnheit anderer dem unserigen nicht ungleichen wohl beschaffenen höfe, sein absehen führen.
  4. Wie wir nun unserm Hof-Marschall die direction und ober-aufsicht unserer gantzen hof-statt anvertrauet, also soll er zuförderst dahin beflissen seyn, daß wir mit tüchtigen treuen leuten, dienern und aufwärtern versehen werden mögen, welche der gottesfurcht, und christlichen zucht und erbarkelt zugethan, und zu dem amt und dienste, darzu iedweder verordnet, geschickt seyn, daher er denn die-
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  jenige, welche sich zu diensten durch seine recommendation angeben, oder von uns an ihn gewiesen werden, mit fleiß zu erforschen, und ihrer ankunfft und verhaltens, soviel müglich, gute kundschafft erlangen, und es ehe auf eine zeitlang mit ihnen, jedoch auf unsern vorbewust, ohne gewisse zusage dienstes versuchen soll, ehe er, mit unbekanten leuten unsere dienste und ämter zu bestellen, rathen thäte, etc. Wir sind auch selbst nicht gemeynet, hohe und niedere hof-ämter zu vergeben, da wir nicht vorhero unsern hof-marschalck mit seiner unterthänigen erinnerung und meynung darüber gehöret und vernommen hätten. Da nun eine person zu einem hof-dienste von uns beliebet würde, soll dieselbe, (ausser was die jungen edel-knaben belanget, welche kindischer jahre halben damit zu verschonen sind) mit würcklicher eydes- pflicht, in unsers Hof-Marschalcks-stuben, oder, nach gelegenheit, da ihnen zumal die ausgabe und einnahme vertrauet würde, in unserer cammerstuben, in gegenwart unsers Hof Marschalcks, und eines oder andern aus unsern cammer-räthen, ingleichen des unter-marschalcks, burg- oder hauß-voigts, hof-verwalters und fourirers, oder wem mehr eine unter-aufsicht vertrauet wird, und zu treu und gehorsam aufgenommen werden, auch ihme, unserm Hof-Marschalck, darauf, zu gebührlichem respect und gehorsam, ein hand-gelöbniß thun und soll er ferner daran seyn, daß, nach beschaffenheit des dienstes, solchem neuen diener eine schrifftliche bestallung ausgehändiget, oder, da er ein gemeiner diener, aufwärter, laquey oder trabant
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  wäre, ihme die ordnung des hofs, und seiner aufwartung, vorgelesen werde. Da auch ein solcher hof-bedienter etliche andere unter sich haben, und ihnen fürstehen soll, wird unser Hof-Marschalck die vorstellung thun, die unter-bediente an ihn zu weisen, und sie zur gebühr zu vermahnen haben. Da denn, wegen ankunfft fremder herrschafften, oder anderer solennitäten, mehrere aufwartung, als mit unsern ordentlichen dienern, zu verrichten stünde, vonnöthen wäre, da soll unser Hof-Marschalck, aus dem verzeichniß, unserer lehenbaren grafen, herren und adels-personen, diejenigen vorzuschlagen wissen, die iedesmal am bequemlichsten zu bevorstehender dienstwartung zu gebrauchen, damit wir darauf die ausschreiben fertigen lassen können, ingleichen aus der bürgerschafft, und unsern hof-handwercks-leuten, zu gemeiner bedienung diejenigen erfordern lassen, welche stilles, eingezogenes lebens, auch treu, fleisses und sittsamkeit halber, für andern wol zu gebrauchen sind: Ein jedweder soll auch bey solchen fällen durch unsern Hof-Marschalck mit eigenen zetteln unterwiesen werden, was seine verrichtung iedesmal seyn soll.
  5. In allen unsern hof-ämtern, als in der burg-voigtey, küchen, keller, silber- und licht-cammer, vorraths-gewölb, hof-apothecken, bettmeisterey etc. soll unser Hof-Marschalck richtige inventaria und verzeichnisse aufrichten und erhalten, und von iedwederm ein exemplar in sein gemach, eines in unsere fürstliche cammer, und eines in dem hof-amt, dahin es gehöret, beylegen lassen, welches von ihm, auch
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  demjenigen, dem es in verwahrung und obsicht vertrauet, unterschrieben sey. Solche inventaria soll er jährlich, mit zuziehung der unter-hof-beamten, auch nach gelegenheit derselben sachen verständiger handwercks-leute, oder anderer personen, aus unsern dienern revidiren, was darzu von neuem erzeuget oder verbessert worden, darbey zeichnen, oder im gegentheil, was vermindert oder abkommen, austhun lassen: Bevorab aber soll er iedesmal, wann grosse ausrichtungen, bey anwesenheit vieler fremden personen, vorgangen, die inventaria in küchen und keller, silber-cammer, burg-voigthey und bettmeisterey, durch den unter-marschalck und hof-verwalter durchlauffen lassen, damit, wo etwas wegkommen oder verderbet worden, man die ursachen erkundigen, und, nach befindung, von demjenigen, der darnach schuldig, die erstattung haben könne, massen denn unser Hof-Marschalck darüber festiglich halten soll, daß jeder hof-beamter und hof-diener für schaden, den er durch seine treu und fleiß verhüten können, vielmehr aber, den er selbst muthwilliger weise, oder durch gröbliches versehen, gethan, stehen müsse, und dessen, ohne sonderbaren unsern befehl, und erwegung seiner angeführten entschuldigung, und sonst befundener treue, nicht enthoben werde: Und weil gleichwohl wegen des täglichen gebrauchs der sachen, auch veränderung der diener, die inventaria sich verwandeln, so soll er zum wenigsten alle vier oder fünff jahre die alten gantz beyseit legen, und vollständige neue verzeichnisse aufrichten lassen, da-
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  mit sich niemand auf die unrichtigkeit, oder älte derselben, zu beruffen habe.
  6. Aus überlegung unsers gantzen hof-staats, und derer darüber verfasseten ordnungen und deputaten, soll unser Hof-Marschalck iedesmal wissen, und in gewisse memorialia bringen lassen was in allen unsern hof ämtern an mobilien und victualien, oder täglichen aufgang, vonnöthen sey, und zwar, was jene, die mobilien und haußraths-stücke belanget, soll er in unserer renth-cammer bericht thun lassen, was zu täglicher nothdurfft erfordert wird, und aus denen inventariis abgehet, damit die nothdurfft rathsamer weise aus unserm lande und ämtern, zum exempel, an bettwerck, leinen tuch, höltzern gefäß und geschirr, eisen, zien, kupffer- und meßingen-werck, gemein tuch und garn, teppich und fürhängen: Item, zur hof-kleidung, und dergleichen geschaffet oder was an fremden örtern erkauffet werden muß, zu rechter zeit werckstellig gemacht werde. Da auch zu gar grossen ausrichtungen unser hof-vorrath an dergleichen mobilien nicht hinlangte, soll er unsere cammer-räthe dessen zeitlich berichten, auch wenn es also mit etlichen stücken, als bettwerck, zienwerck und gemeinen haußrath herkömmlich und thunlich, aus unsern städten und ämtern, nach bequemlicher austheilung, die übermasse zusammen bringen, denen leuten darüber gebührliche scheine ertheilen, und versehung thun lassen, daß ihnen das ihrige wiederum unbeschadet zugestellet oder ersetzet werde.
  7. Was aber die victualien, an speiß, getränck, gewürtz, confect, und dergleichen, wie auch die
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  tägliche nothdurfft an holtz, kohlen, licht, und andern anbelanget, da soll unser Hof-Marschalck eine richtige austheilung und disposition haben, was aus unsern ämtern und vorwercken wöchentlich, monatlich, quartaliter, oder jährlich zu liefern sey, was man üm baar geld einkauffen, oder woher man die mittel nehmen müsse. Uber solcher ordnung soll er sträcklich halten, und die beamten und andere, welche liefferung thun müssen, mit gebührlichen erinnerungs-briefen und befehlen antreiben, oder daß es aus unserer rent-cammer geschehe, oder der unvermuthliche abgang und einbusse anderswoher ersetzet werde, anhalten, da auch wegen ankunfft fremder herrschafft, oder andern mehrern aufgangs, das ordinarium nicht ausreichen wolte, soll er gleicher gestalt einen überschlag, was man weiters in allen hof-ämtern bedarff, nach anleitung unsers deputats, und fernerweit, der fremden wegen, zu bewirthung erforderten tractamente, aufsetzen, und woher eines und anderes zunehmen, aus unserer renth-cammer anstalt machen lassen.
  8. Uber unserm deputat in küchen, keller, silber- und licht-cammer, und dadurch bestimmten maß, anzahl und gewicht, soll er alles fleisses und ernstes halten, niemanden ein mehrers oder wenigers reichen lassen, und alle fürfallende irrungen und förderungen daraus entscheiden, und damit es dißfalls desto richtiger zugehe, soll er die küchen-zettel bey der mahlzeit, die keller-zettel nach derselben iedesmal durchsehen und erwegen, ob dasjenige,
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  was verschrieben und angegeben worden, vorhanden gewesen, auch, wo auf unsern befehl, oder sonst unumgänglich, auf unsers Hof-Marschalcks anordnung, ein und andere person zu hof gezogen, oder etwas aus unsern hof-ämtern, ausserhalb deputats gereichet worden, soll er auch solche extra-ordinar-ausgaben, wenn sie auf befehl und ordnung geschehen, absonderlich unterschreiben, oder uns selbst wo nicht täglich, doch wöchentlich, oder monatlich, fürtragen, damit wir uns dessen, was wir befohlen, erinnern, solche zettel, nach gelegenheit unterzeichnen, oder, da wir es ins künfftige anders gehalten wissen wolten, anordnung thun mögen. Sonst, und ausser dem, soll er allen zuschlag und schmarozerey bey hof abschaffen und keines weges nachsehen, auch nicht gestatten, daß etwas vom hof abgetragen und abgeschleiffet, sondern ein iedes, dahin es gehöret, verwendet, oder, da sich etwas übriges befinde, damit auf seinen befehl, rathsam, und auf allen fall, dem armuth zu gute, umgegangen werde. Er soll auch zu dem ende wöchentlich, durch unsern hof-fourirer, verzeichnen lassen, wie starck die hofstatt und anzahl der leute gewesen, und wer abwesend sey, damit er die rechnung der bedienten darnach justificiren, und den ab- oder zugang darbey beobachten lassen könne. So soll er auch das verzeichniß derjenigen, welche wöchentlich kostgeld haben, nach abzug dessen, was etwa ihrer abwesenheit halben abgehet, unterschreiben, damit es ihme darauf und ausser dem nicht ausgezahlet werde, er soll auch öffters unvermutheter dingen in unsere kü-
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  chen- und keller-stuben, vorraths- und speise-gewölbe, oder zehr-garten, back- schlacht- und brau-häuser, keller und böden, sich begeben und nach dem vorrath und anderer beschaffenheit sehen: Ingleichen, da er etwa zechen und gelage befände, solche zerstöhren, und die überfahrer zu künfftiger bestraffung kennen lernen, und auf diese weise von verbotenen dingen desto eher abhalten.
  9. Alle wochen soll er von unsern hof-beamten, die auf rechnung sitzen, die wochen-rechnung annehmen, und keinesweges solche überhäuffen, und zusammen wachsen lassen, da er auch unserer wichtigen geschäffte halben nicht allein solche überlegen könte, soll er darzu unsern unter-marschall und hof-verwalter zu hülffe nehmen: Alle quartal aber soll er die hof-ämter-rechnungen, gegen die zurechnungen oder ausgaben unserer beamten auf dem lande, welche die liefferung in die hof-ämter thun, die ihme dann aus unserer rent-cammer gefolget werden sollen; Ingleichen die posten der cammer-rechnung, welche an baarem gelde in die hof-ämter zum verlag gegeben werden, mit fleiß halten, und daraus die einnahme der hof-ämter justificiren, die ausgabe so dann, in ordinariis nach unserm deputat, in extraordinariis aber auf unsern befehl, und besonders unterschriebenen zetteln ihre maasse und richtigkeit finden lassen. Damit wir auch von untreuen dienern desto weniger hintergangen werden können, soll er ihrem angegebenen vorrath oder überschuß, auf die blosse rechnungen, nicht trauen, sondern zum längsten alle monat solchen
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  würcklich besichtigen, oder, daß es durch den unter-marschalck geschehe, verordnen. So offt auch eine extraordinair-ausrichtung und speisung vorgangen, soll er, nebenst der wochen-rechnung, den extraordinair-aufgang in eine besondere rechnung und verzeichniß setzen und den vorrath darauf visitiren lassen. Was nun wider ordnung ausgegeben, oder sonst verwahrloset oder veruntreuet worden, das hat er an den dienern zu ahnden, ihnen die erstattung aufzuerlegen, oder, nach befindung der wichtigkeit, sie von weiterer verrichtung ihres amts gar zu suspendiren, biß wir, auf erwegung der sache, billigmäßige anordnung oder bestraffung fürgenommen, wie denn, wenn er ein und andere besondere vernünfftige ursache zu seiner entschuldigung einwendete, unser Hof-Marschalck solche gleichergestalt anhören, und uns darvon relation erstatten soll.
  10. Unser Hof-Marschalck soll bey unserm fürstl. hause und residentz zu tag und nacht anwesend, und ohne unsern vorbewust und erlaubniß von hofe nicht abseyn, massen wir ihm ein eigen gemach anweisen lassen werden, er soll auch täglich bald, wenn wir angekleidet seyn, und ehe wir noch zu rath und anderswohin uns begeben, oder für der mahlzeit, und also auch des abends, und vorm schlaffen gehen, so offt wir ihn ausser diesem erfordern lassen werden, in unserm gemach erscheinen, und vernehmen, ob wir etwas befehlen und anordnen werden, oder auch, so ihm etwas in seinem amt fürfiele, welches unserer resolution bedürffen würde,
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  bericht thun, und befehls erwarten, wenn wir die sonn- und fest-tage, oder auch in der wochen, zur kirchen und gottesdienst uns begeben, soll er mit unsern cammer- und hof-junckern, auch pagen und laqueyen, in unserm vorgemach sich zeitlich finden lassen, und, wenn ausgeläutet ist, uns davon anmeldung thun, uns in die kirche, und wieder daraus begleiten, also soll er es auch bey der mahlzeit mittags und abends, halten, bey der tafel soll er, nach des hofs gebrauch, die handquelle und wasser bringen, diejenige, somit uns, oder an andern tafeln und tischen, in unserer tafel-stuben speisen, nach ihrem amt und ehren stellen setzen, und, da er im zweiffel stünde, unsers befehls deswegen gewarten, und die übrigen ceremonien, die, nach teutschem hof-gebrauch, einem Hof-Marschall zukommen, mit geziemender höflichkeit verrichten.
  11. Bevorab soll er bey ankunfft vornehmer standes-personen oder gesandschafften, nach der observantz unsers hofs, bey uns zu erinnern, und befehl zu holen haben, wie wir einen und andern annehmen, logiren, und bedienen lassen wollen, darbey er uns denn, wie es in dergleichen fall sonst gehalten worden, bericht zu thun, gefast seyn soll. Die ankommende soll er, da wir es selbst nicht thun, mit gehöriger höfligkeit empfahen, in die ihnen verordnete gemächer, auch zu der tafel, und darvon, nach gelegenheit, selbst führen, oder dergleichen zu thun jemanden von unsern cammer- und hof-junckern auftragen. Einem jeden soll er auch, nach standes-gebühr, bescheidentlich zusprechen, und ihn mit un-
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  verfänglichen discursen zu unterhalten wissen, doch auch keinem mehr, als sichs gebühret, entdecken. Wo sich sonst iemand, ausser solchen hohen personen, oder dero gesandschafften, bey uns angeben liesse, die soll unser Hof Marschall anmelden, und ob wir sie selbst, oder durch ihn hören, zu hof ziehen, oder sonst ihnen eine bewirthung und auslösung wiederfahren lassen wollen, bescheids gewarten, in unserm abwesen aber einem ieden mit höflichkeit zu begegnen, und biß zu unserer ankunfft, oder andern zeit zur gedult zu erinnern, oder, da er uns bekannt, und sonst an unsern hof gezogen worden wäre, ihn, der gebühr nach, zu tractiren wissen.
  12. Da wir ausserhalb unsers ordentlichen hof-lagers zu verreisen hätten, soll unser Hof-Marschall sich bey uns aller ümstände der reise und unsers comitats bey uns erkundigen, und darauf nothdürfftige anordnung, so wohl wegen unserer diener, und des hof-gesindes, so wir mit uns nehmen, oder bey der residentz lassen, als auch wegen der zehrung und bewirthung in unsern ämtern verfügen, auch mit unserm stallmeister wegen derjenigen pferde und personen, die aus unserm marstall mit uns sollen, communiciren. Auf den reisen selbst, da unser Hof-Marschall mit uns ziehet, soll er alles in guter Ordnung, und so viel müglich, auf diese weise, wie bey unserer residentz, halten lassen: Da wir aber ihn bey der hof-statt liessen, und die direction bey der reise unserm stallmeister, oder einen andern, von unserm cammer- und hof-junckern, auftrügen, soll unser hof-Marschall desto fleißiger obsicht in
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  unserm abwesen führen, damit alles in gutem stande verbleibe, auch zu unserer wiederkunft die nothdurfft angeschaffet seyn möge.
  13. Unser Hof-Marschall soll seine obsicht auf alle unsere hohe und niedere hof-bediente, nach unterscheid eines ieden standes und amts, mit respect und glimpf führen, und zwar mit unserm stallmeister, dem wir die absonderliche direction unsers marstalls anvertrauet, gute correspondentz pflegen, und ihn, zumahl bey anwesenheit fremder herrschafft, zu hülffe und erleichterung seines amts mit gebrauchen, damit er, im fall seines, des Hof-Marschalls abwesens (welches doch aus ehehafften ursachen, und mit unserer erlaubniß geschehen soll) die hof-statt auch dirigiren und versorgen könne: Nechst dem aber soll er unsere cammer- und hof-junckern zu der aufwartung, die eines ieden amt und stand mit sich bringet, ordentlich komen lassen, und darinnen keine confusion nachsehen oder verursachen, sondern da er mangel vermercket, mit gutem glimpff abmahnung thun, oder allenfalls, da seine erinnerung nicht verfangen wolte, uns solches eröffnen. Unsere edel-knaben soll er in besonderer inspection haben, daß sie fleißig aufwarten, auch die information, die wir ihnen zu gute, bey unserm hofe angeordnet, nützlich gebrauchen. Unsere cammer-diener, laqueyen und trabanten soll er in ihren dienst mit guter ordnung und abwechselung erhalten, damit es uns bey keiner fürfallenden gelegenheit an nothwendiger bedienung ermangeln möge.
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  14. Insonderheit aber soll er alle unter-officianten bey hofe, als den unter- oder gesind-marschall, hof-verwalter, fourirer, küchenmeister, burg- oder hauß-voigt, und dergleichen, zu fleißiger verrichtung ihres amts, nach innhalt der ordnungen, und ihrer bestallungen, anweisen, ihnen hingegen auch gebührenden schutz leisten, und über ihrem amts-respect halten, unsere residentz zu rechter zeit öffnen und beschließen auch die schlüssel des nachts in sein gemach, unter der mahlzeit aber in die tafel-stube tragen, zu gewöhnlicher zeit speisen, die wacht wohl versehen, auf feuer, licht, und gebührliche reinigkeit und sauberung, durch die darzu verordnete, stets aufsehen haben lassen, allen tumult, schlägerey und frevel thaten, mit allem ernst verwehren, die verbrecher, nach gelegenheit des standes, in hafft bringen, oder mit arrest belegen lassen, und zu verordnung derer an fürstl. höfen gebräuchlichen straffe des burg-fried-bruchs uns anzeige thun, also ingemein, was christlich, wohl anständig, löblich, erbar, und unserer hof-ordnung gemäß ist, mit allem fleiß behaupten, und für sich selbst gutes exempel geben.
  15. Damit auch die ordnung in desto frischerem gedächtniß sey, soll er dieselbe jährlich ein- oder zweymahl in jedem hof-amt denen personen die darzu gehören, ablesen, und, so etwas darwider vorgangen, das noch nicht angezeiget oder gestraffet wäre, erkundigen und nachfragen lassen, auch bey uns erinnerung thun, daß die allgemeine hof-ordnung in versammlung aller unserer diener gleicher gestalt
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  abgelesen werden. Denenselben zur folge soll unser Hof-Marschall macht haben, in allen sachen, die wider solche ordnungen lieffen, und von iemands klag- und beschwerniß-weise, oder zufällig und äusserlich, ihme vorkämen, verhör und erkäntniß fürzunehmen, die diener mit denen bey hof hergebrachten, auch der hof-ordnung einverleibten straffen zu belegen, oder sie ihrer speisung und kost-geldes auf eine zeitlang zu entsetzen, da es aber einer zu grob gemacht hätte, daß er seines dienstes gar zu enturlauben, oder denen gerichten zu ordentlicher bestraffung zu übergeben schiene, oder wäre einer von unsern hohen hof-bedienten, darvon soll uns unser Hof-Marschall zu fernerer verordnung unterthänige relation zu erstatten haben. Auf daß nun in solchen fällen desto behutsamer verfahren werde, wollen wir, daß unser Hof-Marschall alle unsere hof-diener, die niedrige und geringe so wohl, als die vornehme, gern, willig und freundlich, einen ieden mit seinem an- und vorbringen hören, auf keinen, unverhörter sache, unmuth und groll fassen, oder unerkundigte dinge uns so balden vorbringen, sondern eines ieden verantwortung erwegen, und den grund erforschen solle, auch weil vor anordnung der straffen, in denen fällen, zumahl die nicht gröblich wider die gött- und weltliche rechte, sondern wider unsere special-ordnung und hof-sitten lauffen, gebührende gradus der vermahn- und erinnerung fürgehen sollen, wird und soll unser Hof-Marschall solche auch nicht unterlassen, und zu dem ende in diesen und andern fürfallenheiten unsern räthen,
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  aus deren mittel wir ihme allezeit einen oder zween zu beyhülfflicher assistentz benamen wollen, da es bevorab etwas höhere bediente antrifft, wie auch mit unserm hof-prediger, communiciren, ob durch treuherziges ernstliches zureden einer oder der ander gewonnen und gebessert werden könte, daß es weiters scharffen verfahrens, und unserer behelligung, nicht bedürffte.
  16. Was wir auch in dieser bestallung unserm Hof-Marschall dergestalt nicht eigentlich vorschreiben können, das wird er aus unserer hof- küchen- keller- silber-cammer- und dergleichen ordnung mir mehrerm ersehen, auch unsers befehls geleben, und zu dem ende ein täglich memorial-buch, darein er die nothwendige expedienda einzeichnen lässet, auch über diß in allen zu seiner amts-verrichtung, gehörigen urkunden, gute ordnung und repositur halten, damit er, auf bedürffende fälle, die beschaffenheit der sache daraus nachschlagen und uns gute nachricht erstatten möge, wie ihm denn aus unserer rent-cammer mit rechnen, schreiben, und anderer hülffe, aller vorschub gethan werden, er auch deswegen mit unsern cammer-räthen und rentmeistern in gutem vernehmen und vertraulichkeit stehen soll, damit unsere dienste, ehre und aufnehmen, durch getreue zusammensetzung unserer diener, desto eher erhoben und befördert werden.
  17. Würden wir auch unsern Hof-Marschall zu berathschlagung unserer geheimen-und staats- auch cammer-sachen mitziehen und gebrauchen, oder ihn zu anständigen verrichtungen in gesand-
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  schafften und commißionen in- oder ausser landes, ingleichen zu abhörung unserer haupt-rechnungen, und dergleichen mehr, was einem diener solches standes und ansehens nicht disreputirlich seyn kan, befehligen, soll er sich darzu willig erfinden lassen, und uns darinnen nach bestem vermögen an die hand zu gehen, unverdrossen seyn: Dargegen wir ihn in seinem amt und beruff gebührlichen schutz leisten, auch, weil er in sträcklicher handhabung unserer hof-ordnung zweifels ohne einem und andern etwas mißfälliges erweisen muß, auf klage und beschwerung unserer diener, ihn für allen dingen selbst, oder durch unsere geheime räthe, hören, zu gehöriger verantwortung kommen lassen, und über seinem respect und amt fürstlich halten wollen, etc.
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Stand: 25. Juli 2017 © Hans-Walter Pries