Hier [Klosterstraße] sind:
M. Der Kalandshof **), ein aus verschiedenen Häusern bestehendes Gebäude, das sich bis an die Gasse an der Königsmauer erstreckt.
Lage
In dem Vordergebäude sind im zweiten Geschosse die Sitzungszimmer für den Kriminalrichter der Stadtgerichte, und im Erdgeschosse die Wohnung für den Inspektor dieses Hauses. Im Hintergebäude sind die Stadtgefängnisse für Personen, die unter des Magistrats Jurisdiktion stehen. Im Erdgeschosse ist auch ein Saal zur Kirche.

**) Die Kalandsbrüderschaften oder Elendsgilden, waren im mittlern Zeitalter sehr gewöhnlich, und wurden zur Unterstützung der Hülfsbedürftigen, besonders Reisenden (Elend, Ausland) gestiftet; welches aber hernach in große Mißbräuche ausartete. Der berlinische Kaland ist in der letzten Hälfte des dreyzehnten Jahrhunderts gestiftet worden, da schon 1326 dessen in Urkunden Erwähnung geschieht. Papst Eugen IV. hob auf Veranlassung Kurf. Friedrich II. alle Kalande in der Mark wegen der Mißbräuche auf, und erlaubte, alle Einkünfte zu andern geistlichen Stiftungen anzuwenden. Nach der Reformation übergab Kurf. Joachim II. die Einkünfte des Kalands dem Rathe zu Berlin zur Besoldung der Kirchendiener. Endlich ward, mit Landesherrlicher Bewilligung, der Kalandshof, da sich dessen Einkünfte sehr vermindert hatten, 1698 dem Rathe zu Berlin verkauft, zum Stadtgefängnisse angewendet und neu erbauet.
 
Quelle: Nicolai Beschreibung 1786 Bd. 1 S. 15
HIS-Data 5272: Berlin (1237) Karte 1786
© Hans-Walter Pries