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Zedler: Billardiren u.a. HIS-Data
5028-3-1842-4
Titel: Billardiren
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 3 Sp. 1842
Jahr: 1733
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 3 S. 932
Vorheriger Artikel: Billaeus
Folgender Artikel: Billaud, (Gentianus)
Siehe auch:
Hinweise:

Stichworte Text Quellenangaben
Billardiren Billardiren heist auf dem Bi!lard-Spiel, wenn man die Kugel mit einen Stosse zweymal berühret, und geschieht gemeiniglich, wenn der Anfang des Stosses zu schwach oder zu furchtsam ist, der Stoß aber ist verlohren.  
   
Billard-Spiel Billard-Spiel ist das bekannte Spiel, so auf der Billard-Taffel mit helffenbeinernen Kugeln verrichtet wird.  
  Die Taffel, worauf solches geschiehet, hat die Figur eines Rectanguli oblongi und in jeder Ecke, desgleichen auch in der Mitte derer beyden längsten Seiten des Billards ein Loch, so mit einem gestrickten Beutel verwahret wird; daß sich also überhaupt 6 Löcher an der Taffel befinden. Die Taffel selbst wird mit feinem Tuche auf das glätteste überzogen, damit die Kugeln in ihrer Bewegung dadurch nicht so sehr wegen der Friction und Ungleichheiten gehindert werden.  
  An denen Seiten wird die Taffel mit Wänden von 4 bis 5 Zoll in der Höhe versehen, und gleichfalls mit Tuch überzogen; die Höhle aber zwischen dem Tuche und der Wand wird mit Haaren oder auch ebenfals mit Tuche ausgestopffet, damit diese Wände, so man Banden nennet, gleichsam einen Bauch vor sich bekommen, welcher sehr elastisch ist, und daher die Kugeln, so sie an ihn angetrieben werden, zurück prellet. Es geschiehet daher, wenn man eine Kugel schieff gegen eine solche Bande antreibet, daß dieselbige unter eben dem Winckel zurück springet, unter welchen sie gegen die Bande war gestoßen worden; daß also bey dem Billard-Spiel vor erst der mechanische Lehr-Satz zu mercken, daß der angulus reflexionis auf einem plano elastico, wie die Bande ist, dem angulo incidentiae gleich sey; auf eben eine solche Art, wie ein Licht-Strahl von einem platten Spiegel reflectiret wird.  
  Die Taffel muß auf das genaueste horizontal gerichtet seyn; denn, wenn sie nur auf einer Seiten etwas weniges abhängig, so lauffen die Kugeln nach derselbi-  
  {Sp. 1843|S. 933}  
  gen Gegend zu; und saget man alsdenn: dieses oder jenes Loch ziehet.  
  Auf einer solchen Taffel nun wird das Billard-Spiel mit helffenbeinern Kugeln, so Billen heissen, angestellet; und werden die Kugeln mit langen Stäben, welche nach Beschaffenheit der Figur, so sie forne an dem Ende, womit die Kugel gestossen wird, haben, bald Massen, bald Queves genennet werden, gegen einander angetrieben.  
  Das Spiel geschiehet gemeiniglich von zwey Personen, davon sich die eine aussetzet, das ist, seine Bille gegen die eine von denen kleinern Banden stellet; die andere aber treibet in der Gegend von der andern kleinern Bande seine Bille gegen jene an. Verfehlet dieser und trifft des andern seine Bille nicht; so zehlet der andere ein Auge; und dieses geschiehet von einer jeden Part so offt, so offt die Contrepart fehlet.  
  Der Haupt-Zweck des Spieles ist, des Contre-Parts Kugel in ein Loch der Taffel zu treiben, oder auch dieselbige in gewissen Fällen über die Taffel hinauszusprengen. In beyden Fällen, so man solches praestirt, bekommt man zwey Augen vor dem Contrepart voraus und hat das Recht seine Bille auszusetzen. Trifft man des andern seine Bille nicht, und verläufft sich, das ist, die angestoßene Kugel gehet vor des Contreparts seiner vorbey und läufft in ein Loch; so zehlet der Contrepart 3 Augen; und so ferner. Dieses Spiel wird nun solchergestalt von beyden Personen Stoß um Stoß fortgesetzet, biß einer zwölff Augen zusammen gebracht hat, da er alsdenn die Partie gewonnen.  
  Es ist noch vielerley in besondern Fällen zu mercken, wie aus denen Gesetzen, so meistentheils bey einer Billard-Taffel ausgehenget sind, zu ersehen. Es gehöret eine starcke Übung darzu, wer eine Fertigkeit in diesem Spiel erlangen will; doch kan derjenige darinnen glücklicher reussiren, welcher die Mechanic und hauptsächlich die regulas motus und regulas compositionis et decompositionis motuum verstehet, Denn, welcher das Spiel versuchet hat, der wird erfahren haben, daß man gar öffters des andern seine Kugel schneiden, das ist, nicht directe, sondern von der Seite anstossen müsse, wenn selbige in ein verlangtes Loch lauffen soll.  
  Wer nun die regulas compositionis motus verstehet, der wird den Ort genau zu determiniren wissen, an welchen die Bille von der andern anzustossen, daß sie in dieses oder jenes Loch lauffet; eben derselbige ist geschickt zu sagen, ob es möglich sey, in vorgegebenen Fällen eine Bille durchschneiden zu machen. Wer die Gleichheit des anguli incidentiae et reflexionis, wie oben schon gedacht, erkannt, und ein gutes Augen-Maaß hat, demselbigen wird gar leicht seyn, eine Bille par Bricole zu treffen.  
  Geometrice gehet dieses gar leicht an, den Ort an der Bande zu determiniren, an welchen die Bille anzustossen, wenn sie die andere treffen soll. Denn weil die Örter beyder Billen auf der Taffel gegeben sind; so sind auch die Weiten beyder Billen von einer Bande, ingleichen die Weite beyder Billen von einander, so an der Länge der Bande abgemessen wird, gegeben.  
  Es sey die Weite der einen Bille von der Bande, das ist die Perpendicular-Linie, so von dem Orte der Bille auf die Bande gerichtet wird, = a, die Weite der andern Bille von eben der Bande = b, die genommene Weite zwischen beyden Billen = c,und die Länge der noch unbekannten Linie, welche andeuten soll, wie weit der Punct des Anstossens an der Bande von  
  {Sp. 1844}  
  dem Puncte, wo die aus dem gegeben Orte einer Bille auf die Bande aufgerichtete Perpendicular- Linie antrifft, entfernet sey = x; so ist aus der Gleichheit derer Triangel, welche die vor beschriebenen Linien formiren  
  [Grafik]  
  folglich  
  [mathematische Formeln]  
  daß man also durch diese Gleichung den Ort, wo die Bllle par Bricole angestossen werden muß, finden kan.  
  Eben dergleichen Aequation kan vor ein doublé, triplé etc. das ist, wenn die Bille an zwey oder drey Banden anstossen und die andere Bille treffen soll, finden.  
  Viel allgemeiner hat dergleichen problema, wie es von dem Manfredio aufgegeben werden, aufgelöset Zanottus in Commentariis Academ. Bononiensis, wovon die Acta Erud. 1732. p. 268. nachzusehen.
  Aus allen diesen erkennet man, daß eine gute Erkäntniß der Mechanic einem den Weg bahne, kürtzer und mit mehrerer Accuratesse das Billard-Spiel zu erlernen.  
  Es ist dieses sonst ein sehr honettes Spiel, und wird starck an Höffen, ingleichen auch in grossen Städten gespielet. Vermöge des den 7 Aug. 1716 ergangenen Rescripti Regii soll in Chur-Sachsen  
  1) niemand diese Profession treiben, dem es nicht besonders vergönnet worden,  
  2) sollen diejenigen, welche sich in dergleichen Häusern einfinden, durch Manns- Personen bedienet werden,  
  3) sind alle übrige Glücksspiele ausser dem Billard verboten,  
  4) darff niemand in diesen Häusern im Sommer über 10 und im Winter über 9 Uhr bey Vermeidung 20 Thlr. Straffe geduldet werden,  
  5) soll man die Kauffmanns-Diener nicht spielen lassen,  
  6) soll die Summe, darum gespielet wird, nach eines jeden Stande eingerichtet werden,  
  7) soll sich niemand an denen Sonn- und Fest-Tagen Zeit währenden Gottesdienstes in diesen Häusern finden lassen.  
  Kömmet der Wirth diesem allen nicht nach, so ist derselbe das erste mal um 10 Thlr. das andremal um 20 Thlr. das drittemal mit Verlust seiner Profession zu bestraffen.  

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Stand: 12. Oktober 2022 © Hans-Walter Pries