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Zedler: Einheit HIS-Data
5028-8-553-1
Titel: Einheit
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 8 Sp. 553
Jahr: 1734
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 8 S. 292
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Folgender Artikel: Einheit des Bruchs
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Einheit, Vnitas, ist eine Eigenschafft des Dinges in der Metaphysic.  
  Die Metaphysic hat zwar nur das Ding in so weit zum Objecte als es ein Ding ist. Ens quatenus ens est. Dessen ungeachtet aber handelt man auch in der Metaphysick von einer solchen Einheit, welche nicht nur denen metaphysicalischen, sondern auch denen disciplinalischen Dingen zukommt. Selbst Aristoteles hat hierzu Gelegenheit gegeben, indem er Metaph. V. 6. dieses Wort in obgedachten weiten Verstande genommen. Doch hat er dieses nur zu dem Ende gethan, damit er durch mancherley Eintheilung endlich auf die metaphysicalische Einheit kommen möge, welche er auch würcklich am gehörigen Orte, nemlich Met. X. 1. 2., als diejenige, die dem Enti, quatenus ens est, eigen sey, annimmt.  
  In diesem generalen Verstande heisset alles Vnum oder Eines, wovon der menschliche Verstand sich eine einige Idee machet, wenn auch gleich in dieser einigen Idee sehr viel und vielerley Dinge zusammen begriffen werden.  
  In diesem Verstande wird die Einheit in die würckliche, und in diejenige, die nur in denen Gedancken ist, eingetheilet. In vnitatem realem et rationis. Die letztere ist nicht so wohl objectiue in denen Dingen selbst, als nur formaliter in dem Begriffe unsers Verstandes, wenn wir nhmlich viele oder unterschiedene Dinge mit Beyseitesetzung ihres Unterschiedes, durch eine Abstraction des Verstandes, unter eine allgemeine Idee, in welcher alle obgedachte unterschiedene Dinge mit einander überein kommen, zusammen fassen. Dergleichen eines ist, z.E. der Cörper überhaupt, ein Ding überhaupt, als das höchste Genus alles dessen, was nur ist, oder nur erdencklich ist. Diese Art der Einheit wird insgemein die allgemeine Einheit, Vnitas vniuersalis, genennet.  
  Die würckliche Einheit ist wiederum, und zwar im weitesten Verstande, eine Eigenschafft eines Dinges, da dieses an sich selbst, auch ausser dem Verstande, auf einige Art unzertrennt, indiuisum, erfunden wird; es mag nemlich solches Ding entweder gantz und gar unzertrennlich, oder zwar zertrennlich, aber doch in der That nicht in mehrere getrennet seyn; es mag ferner in diesem letztern Falle entweder durch die innerlichen wesentlichen Kräffte derer Principiorum, aus denen es zusammen gesetzet, in ein einiges zusammengesetztes Wesen vereiniget seyn, oder nur von aussen und zufälliger Weise aneinander hangen.  
  Die Einheit ist derowegen wiederum zweyerley, nemlich entweder eine wesentliche, Vnitas per se, oder eine zufällige, Vnitas per accidens. Jene ist eine Einheit des innern Wesens eines Dinges, es mag entweder ein einfaches Ding seyn, wie z.E. ein Mensch von einem einigen, zwar nicht einfachen oder unzertrennlichen, aber doch nicht in der That getrennten Wesen ist.  
  Die zufällige Einheit hingegen ist, wenn mehrere Dinge von unterschiedenen Wesen nur äusserlich, und ohne innerliche Vereinbarung ihres Wesens also an einander hangen, daß jedes derselben sein Wesen von dem andern abgesondert, und vor sich behält. Z.E. die Einheit eines Bündels, eines Hauses, eines vergöldeten  
  {Sp. 554}  
  Bechers, eines glüenden Eisens.  
  Die wesentliche Einheit ist wieder einfach, und also unzertrennlich, Vnitas indiuisibilis. Z.E. die Einheit eines Geistes, eines Elements: oder zusammengesetzet, und also zertrennlich. Vnitas indiuisa. Z.E. die Einheit eines Menschen, eines Baums.  
  Das Eine, welches einfach und also unzertrennlich ist, hat eben dadurch eine wesentliche Einheit, weil es einfach, und nicht aus mehrern zusammengesetzt ist. Weil zu der zufälligen Einheit mehrere Dinge von unterschiedenen Wesen, die nur von aussen vereiniget sind, erfordert werden.  
  Das zusammengesetzte und also zertrennliche Eine hingegen, hat dadurch eine wesentliche Einheit, daß die mehrern Dinge von unterschiedenen Wesen, durch die in ihrer Erzeugung geschehene Vereinigung, eine Art oder Speciem eines besondern Wesens ausmachen. Derowegen ist das zusammengesetzte Eine zwar vnum actu, aber potentia multum: Das einfache Eine hingegen ist vnum actu et potentia.  
  Das zusammengesetzte und also zertrennliche Eine wird in Erwägung, daß es ein aus mehrern einfachern zusammengesetztes Ding ist, ein Gantzes genennet, und hiervon werden wir am gehörigen Orte mehr zu reden haben.  
  Die einfache und unzertrennliche Einheit ist eben diejenige, die denen metaphysicalischen Dingen eigen ist. Denn da alle Effecte der Natur aus ihren Principiis zusammengesetzet sind, aus deren Bewegung gegen einander die Vereinigung, und aus dieser ihre Einheit flüsset: so muß man also nothwendig die zusammengesetzte und zertrennliche Einheit denen physicalischen Dingen eigen seyn. Und diese Art derer Dinge also haben ihre Art der Einheit nicht unmittelbar, und durch sich selbst, sondern vermittelst ihrer Principiorum und deren Stamm-Kräffte, von denen die zusammengesetzte Einheit oder Vereinigung derer physicalischen Dinge allererst als eine Würckung herstammet.  
  Hingegen die ersten Grund-Ursachen der Natur, als metaphysicalische Dinge, können nicht aus andern vorhergehenden zusammen gesetzet seyn, also müssen sie nothwendig einfach und unzertrennlich, und folglich nicht durch Vereinigung anderer, sondern recht eigentlich per se und durch sich selber Eins seyn, welches also der höchste Grad der Einheit, nehmlich die metaphysicalische Einheit ist.  
  Sie wird eingetheilet in die Göttliche Einheit, und in die erschaffene. Von der Einheit GOttes werden wir unter dem Titel GOTT handeln; die erschaffene aber ist die einfache Einheit derer von GOtt durch die Schöpffung hervorgebrachten ersten Principiorum der Natur, derer Existentz aus der Natur des zusammengesetzten oder physicalischen Einen erhellet.  
  Diese Einheit kan wieder in die physicalische und mathematische eingetheilet werden. Die physicalische Einheit ist die Einfachheit derer Elemente und Geister, aus deren thätiger Verbindung alle zusammengesetzte Dinge entstehen, und wieder in sie aufgelöset werden. Sie ist also nichts anders als die Einfachheit derer ersten und nicht mehr zusammengesetzten Substantzen, die GOtt erschaffen, und derer ersten Stamm-Kräffte, die er ihnen, als denen ersten Grund-Subjectis, angeschaffen. Müller Metaphysic. 5.  
  Hingegen die mathematische Einheit ist das gemeine Maaß derer Grössen von einerley Art, (Quantitatum homogenearum) vermittelst dessen  
  {Sp. 555|S. 293}  
  wir zu dem deutlichsten Begriffe derselben gelangen. Einen rechten Begriff von der Einheit zu haben, ist eine nicht so leichte Sache, wie man sich einbildet; und liegen die Fehler, so Euclides und andere Mathematici bey der Definition der Einheit begangen, klar am Tage; da z.E. der erste nicht die Einheit selbst definiret, sondern unter dem Namen der Einheit nur das Abstractum desjenigen betrachtet, wo von etwas eins genennet wird; welches aber weder einer Erklärung benöthiget ist, noch die Natur der Einheit exhauriret.  
  Wir müssen dahero diese etwas weiter untersuchen. Wir haben von denen Grössen von einerley Art, z.E. zweyen Kugeln, so lange einen confusen Begriff, bis wir dieselben mit einander vergleichen; dahero ist eine Comparation zwischen ihnen vonnöthen, um einen deutlichen Begriff von selbigen zu erlangen. Dieses geschiehet nun nach gewissen Graden der Deutlichkeit: Entweder wir untersuchen nur, was dergleichen Grössen vor eine Relation unter sich haben, das ist, ihre Verhältniß, und unterscheiden zwar solche darnach, erhalten aber noch keinen hinlänglichen Grad der Deutlichkeit. Z.E. wir sehen 2 Kugeln vor sich liegen, und unsere Sinne entdecken daran, daß der einen der Begriff des grössern, der andern hingegen der Begriff des kleinern zukommen, das ist, die eine siehet grösser als die andere aus; So sind wir zwar in dem Stande, hierdurch gedachte Kugeln von einander zu unterscheiden; allein dasjenige, wodurch sie von einander differiren, bleibet gantz undeterminiret, und der Begriff von dieser Distinction ist von einer confusen Notion nicht viel unterschieden.  
  Oder wir untersuchen die Verhältniß zweyer Quantitatum homogenearum  genauer, vergleichen solche mit einer andern Verhältniß, und untersuchen, ob die selber auf einerley Art beschaffen sey; Wodurch wir einen etwas deutlichern Begriff als zuvor erhalten.  
  Doch ist auch hierinnen kein hinlänglicher Grad der Deutlichkeit: denn wenn die Termini der Proportion indeterminiret, so bleibet auch ihre Erkäntniß indeterminiret, ungeacht sie in Ansehung der Verhältniß etwas determinirtes an sich haben. Welche die Algebram verstehen, werden aus der Geometrischen Proportion x : xy = z : zy, nichts determinirtes schlüssen können (weil alle Grössen, nach der Algebraischen Hypothesi, da man die unbekannten Grössen mit denen letztern Buchstaben des Alphabets bezeichnet, undeterminiret sind) ungeacht ihrer Analogie richtig.  
  Ja es können in einer Proportion zwey Termini determiniret und bekannt seyn, dadurch wir doch dessen ungeachtet noch zu keinem recht deutlichen Begriff von der Sache gelangen können. Z.E. Es sagt einer, die Länge einer Leipziger Elle betrage 5/6 einer Brabantischen, oder die Leipziger Elle verhalte sich zur Brabantischen wie 5. zu 6. Hier sind die Multipla 5, 6, determiniret, und dessen ungeachtet hat man weder von der Länge der Leipziger Ellen, noch der Brabander einen recht deutlichen Begriff, der nicht eher kan zu Wege gebracht werden, als bis man würcklich die wahre Länge einer von beyden, z.E. der Brabantischen, bekommt, und daraus die Länge der andern, als 5/6 davon bestimmet.  
  Ungeacht nun durch die Proportion keines Weges die Sache recht determiniret worden, so haben wir doch einen weit deutlichern Begriff, als wenn wir nur von einer Verhältniß unter ihnen, die nun seyn mag, welche sie wolle,  
  {Sp. 556}  
  überzeuget sind; woraus man die Grade der Deutlichkeit in Erkäntniß derer Grössen von einerley Art beurtheilen kan.  
  Es lassen sich dieselben durch folgendes Astronomisches Exempel erklären: Es saget einer, die Planeten stehen nicht gleich weit von der Sonne; so hat man einen noch ziemlich dunckeln Begriff von dem Systemate Planetario; giebt aber derselbe zu verstehen, Saturnus sey weiter als Jupiter, Jupiter als Mars, Mars als die Erde, diese als Venus, Venus als Mercurius von der Sonne entfernet; so erlangen wir schon einen deutlichern Begriff von unsern Welt-Gebäude. Thut er endlich ferner dar, daß, wenn man die Weite der Sonnen von der Erde in 10. gleiche Theile getheilet, den Mercurius 4, die Venus 7, der Mars 15, der Jupiter 52, der Saturnus 95 dergleichen Theile zu seinem Abstande von der Sonne bekomme; so wird uns die Beschaffenheit des Systematis Planetarii weit vollkommener bekannt.  
  Inzwischen haben wir von der wahren Grösse desselben noch keinem Begriff, als worzu wir nicht eher gelangen können, als bis uns die Weite der Erden von der Sonnen in einem bekannten Masse, als in Semidiametris der Erden oder Teutschen Meilen gegeben wird, als woraus wir hernachmahls die wahre Grösse unseres Systematis durch die Proportiones ausfündig machen können.  
  Hieraus erhället zur Gnüge, daß wir nicht eher zu den deutlichsten Begriffe derer Grössen von einerley Art (Quantitatum homogenearum) gelangen, als bis wir die Vergleichung derselbigen mit einer gewissen Grösse von eben derselbigen Art anstellen, und diese alsdann als ein gemeines Maß, (communem mensuram) allen denen übrigen Grössen von eben derselben Art adpliciren. Ein solches gemeines Maß nun, auf welche alle Grössen von eben derselben Art, zu welcher das Maß gehöret, referiret werden, wird die Einheit genennet; und ist demnach diese das Mittel zu dem deutlichsten Begriffe der Grössen von einerley Art zu gelangen; In Ansehung dessen kan man dergleichen Grössen deutliche, quantitates distinctas nennen, als wenn sie in der Arithmetic vorhanden sind, und Zahlen heissen; da man hingegen die Linien in der Geometrie als undeutliche Grössen, Quantitates indistinctas, betrachten kan, so lange man nemlich unter ihnen eine Linie noch vor keine Einheit angenommen; denn so bald dieses geschiehet, werden sie gleichfalls distincte.  
  Gleich wie nun das Maß von einer Menge Grössen, die zu einerley Art gehören, dergestallt beschaffen seyn kan, daß es entweder unmittelbar aus der Natur der Sache sich selbst ergiebet, oder freywillig angenommen wird, um darauf die übrigen Grössen zu beziehen, so sind auch die Einheiten von solcher Beschaffenheit, und werden die von der erstern Art Vnitates absolutae, nothwendige, von der andern arbitrariae, willkührliche genennet.  
  Jene sind die Entia absolute discreta, welche von allen andern dergestalt abgesondert sind, daß sie nichts gemeines mit ihnen haben, sondern alsobald eine gäntzliche Verkehrung leiden, so bald man ihnen nur etwas von ihrer Beschaffenheit benehmen will. Die vornehmsten von dieser Art Einheiten sind die Substantiae und Wesen (Essentiae) derer Dinge. Diese sind nothwendig und ohne ihrer gäntzlichen Eversion keiner Veränderung unterworffen. Sie machen selbst keine Grösse aus; wohl aber deren  
  {Sp. 557|S. 294}  
  Menge, wenn man z.E. verschiedene Individua, die einerley Wesen haben, in Ansehung dessen, zusammen zehlet, und dieses ihr unveränderliches Wesen als ihre Einheit betrachtet; als z.E. 5. Kugeln sind das Quintuplum von einer Kugel; allwo man nicht auf die Grössen derer Kugeln, sondern ihr Wesen siehet.  
  Unter dieser Art der Einheit ist die Metaphysische Einheit, Vnitas metaphysica, begriffen, als deren Grund mit Recht auf der Individualitate und Inseparabilitate gebauet ist. Die willkührlichen Einheiten, welche auch Vnitates respectiuae, artificiales oder methodicae genennet werden, gründen sich entweder lediglich auf das Arbitrium, oder haben noch eine raisonable Ursache, warum man eben diese, und keine andere Grösse zu seiner Einheit annimmt, da sie doch beyde sich geschickt darzu befinden.  
  Unter die Vnitates meri arbitrii zehlet man billig die extensa, continua, fluentia und tausend andere Dinge, bey welchen nemlich kein Theil dergestalt beschaffen ist, daß er mit Recht in Annehmung zur Einheit denen andern vorgezogen werden könne. Man kan dieses merum arbitrium mit Schaden der Geometriae practicae aus dem Längen-Masse, welches ein Fuß genennet wird, zur Gnüge abnehmen; als welcher fast in allen Städten von verschiedener Grösse ist; woraus doch denen Feld-Messern die gröste Incommodität zuwächset, wenn sie ihre Praxin an verschiedenen Örtern ausüben sollen.  
  Von eben dieser Beschaffenheit sind einige gerade Linien, die man in denen Constructionen einigen Algebraischen Aufgaben vor Einheiten annimmt.  
  Hingegen zu denenjenigen Einheiten, deren Erwählung aus einer vernunftmäßigen Ursache geschiehet, die sich aus der Natur der Sache, worzu man eine Einheit suchet, ergiebet, zehlet man billig die Einheit der Zeit, nemlich den Tag, welchen die tägliche Bewegung der Sonne um die Erde determiniret, indem sie nemlich von dem Mittags-Circkel an, ihre Revolution anhebet, und nach Beendigung derselben wieder zu dem Meridiano gelanget.  
  Diese Einheit giebet die Natur selbst an die Hand. Denn ob man wohl die Vibration eines Penduli vor die Einheit der Zeit hätte annehmen können, so hätte doch diese Wahl dem Endzwecke der Sache bey weitem keine solche Satisfaction gegeben, indem solche Einheit nicht genungsam determiniret ist, und dahero unmöglich an allen Orten hätte eingeführet werden können; da hingegen der Tag von einer determinirten Grösse ist, und an allen Orten wahrgenommen werden kan.  
  Von eben dieser Beschaffenheit ist die Einheit, damit man die Winckel zu messen pfleget, nehmlich die Peripherie eines Circkels, die man, um die Abmessung besser zu verrichten, in kleinere Theile, als Grade, Minuten, etc., zu subdiuidiren pfleget.  
  Eine Art von denen willkührlichen Einheiten sind auch diejenigen, welche man deswegen erwählet, weil man durch sie das gesuchte leicht und gemächlich ausführen kan; oder, welche zum Grunde der Wahl die Regulas methodi haben. Z.E. der Mensch ist vor sich eine absolute Einheit, und pfleget man nach der Menge dererselben, die Armeen und andere Hauffen Leute zu zählen; doch hat man um der Bequemlichkeit willen eine gewisse Menge Leute zur Einheit  
  {Sp. 558}  
  gemachet, als da sind Compagnien, Bataillons, Regimenter, Brigaden etc. nach welchen man die Grösse einer Armée auszusprechen pfleget. Gleicher massen hat man in der Rechen-Kunst die Namen Million, Billion, Trillion etc. eingeführet, um grosse Zahlen desto leichter numeriren zu können.  
  Es lassen sich ferner die Einheiten in determinirte und indeterminirte, Vnitates determinatas vel constantes, et indeterminatas, vagas, incertas vel variabiles abtheilen.  
  Indeterminirte Einheiten nennet man, so man von Füssen, Ruthen, Meilen, Ellen, etc. redet, und keine Determination darzu setzet, indem man alsdenn nicht weiß, ob man eine Leipziger, Brabander etc. Fuß, Elle oder Ruthe; ingleichen eine Teutsche, Frantzösische oder Italiänische Meile verstanden wissen will; dieser Einheit wird aber determiniret, sobald man die Benennung hinzufügt.  
  Endlich ist von denen willkührlichen Einheiten klar, daß, weil man eine Grösse nach Gefallen vor eine Einheit annehmen kan, man einen Theil der schon angenommenen Einheit wieder zu einer Einheit machen könne, um die Partes aliquotas derselben zu determiniren; ingleichen, daß man einen Multiplum der oben festgesetzten Einheit, wiederum als eine Einheit ansehen könne, um sehr grosse Dinge damit auszumessen.  
  Jene wird Vnitatis inferius, diese Vnitatis superius genennet. Ein Exempel sehen wir an einem Fusse, welches eine erwählte Einheit der Längen ist. Dieser wird in Zolle, ein Zoll in Linien abgetheilet, welche also das inferius vnitatis ausmachen; hingegen eine gewisse Anzahl Füsse constituiren eine Ruthe, und folglich das Superius Vnitatis.  
  Aus demjenigen nun, was bishero gesagt worden, ergeben sich folgende Consectaria von sich selbst.  
 
1) Daß eine willkührliche Einheit certo respectu eine Zahl seyn könne; z.E. ein Fuß in Ansehung eines Zolles, als welcher ein Multiplum von der Einheit des Zolles ist.
2) Daß daher eine jede Zahl als eine Einheit angenommen werden könne; wie wir z.E. 12 Zoll zu einer Einheit eines Fusses machen, der doch in Ansehung eines Zolles die Zahl 12. ist.
3) Daß eine jede willkührliche Einheit Theile haben könne, die dem Gantzen ähnlich sind; wie wir solches an denen Zollen oder zwölfftheiligen Stücken eines Fusses gleichfalls abnehmen können; hingegen
4) bey denen absoluten Einheiten keine solche Theile möglich sind, die dem Gantzen ähnlich, oder ihr homogeneae wären.
 
  Aus allen denen vorhergehenden kan man endlich zur Gnüge schlüssen, daß in der Arithmetic eine Zahl nichts anders sey, als ein Multiplum der Einheit, oder die Verhältniß einer Grösse gegen ihre Einheit. Denn es wird erstlich eine Grösse zu einer Zahl, wenn man solche mit einer angenommenen Einheit vergleichet. Weil man aber in der Arithmetic die Zahlen auf alle Grössen adpliciren soll, die doch respectiue verschiedene Einheiten haben, so hat man auch solche Zeichen ausdencken müssen, die sich bey allen Grössen anbringen lassen; dergleichen Zeichen ist nun vor die Einheit, 1,eins; und kan alle Einheiten bedeuten, wenn man keine Determination darzu setzet; eben wie dieses bey denen Zahlen Stat findet.  
  Denn wenn gleich einer die Zahl 7. nennet, so weiß man wohl, daß er ein siebenfaches gedencket, was  
  {Sp. 559|S. 295}  
  aber dieses siebenfache, ob es einer Kugel, oder eines Fusses, oder eines Quadrats etc. sey, kan man daraus nicht abnehmen. So bald er aber 7 Ellen nennet, sobald erkennet man, daß die Einheit zu dem siebenfachen eine Elle sey, und sind alsdenn alle die übrigen Veränderungen, so man mit der 7 vornimmt, von der Einheit einer Elle zu verstehen.  
  Dieses ist der wahre Begriff einer Arithmetischen Einheit; Vnitatis arithmeticae; welche man mit Recht definiret, daß sie der Name des gemeinen Maasses sey, welches angenommen wird, um sich einen deutlichen Begriff von allen Grössen von einerley Art, darzu auch die Einheit gehöret, zu formiren. Denn daß die Vnitas der Grösse, so ausgemessen werden soll, homogenea seyn müsse, ist vor sich klar, in dem man keine Länge, durch eine angenommene Schwere; keine Zeit durch eine Fläche, und so ferner, ausmessen kan; sondern eine Länge erfordert eine andere Länge; eine Fläche eine andere Fläche; ein Cörper einen andern Cörper; eine Krafft eine andere Krafft; eine Zeit eine andere Zeit zu ihrer Einheit. Io. Matth. Hasius in Dissert. de quantitatis et vnitatis arithmeticae ver notione. Wittenberg 1732.
     

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Stand: 4. Januar 2023 © Hans-Walter Pries