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Zedler: Elater [1] HIS-Data
5028-8-666-14-01
Titel: Elater [1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 8 Sp. 666
Jahr: 1734
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 8 S. 352
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Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage

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Übersicht
Kraft
elastische Körper
allgemeine Phänomene
  Reflexion
  Restitution
  Rückkehr in den vorigen Zustand
 
  konstante Elastizität

Stichworte Text   Quellenangaben
Kraft Elater, Elaterium, Elasticitas, vis seu virtus Elastica, vis Expansiua, eine Elastische oder ausdehnende Krafft, ist eine Krafft, Vermöge welcher die Cörper, wenn sie aus dem Zustande ihres Raums oder Spannung durch eine andere Krafft sind gesetzet worden, sich selbst in den vorigen Stand wieder herzustellen vermögend sind.  
  Z.E. Wenn man einen Schwamm mit der Hand zusammen drucket, und alsdenn mit dem Druck wieder nachläst, so breitet er von sich selbst wieder aus, und stellet seine vorige Figur wieder her, die er durch den Druck der Hand verlohren hatte. Dasjenige nun, womit er dieses verrichtet, wird seine elastische Krafft genennet.  
  Daß dieses eine würckliche Krafft sey, erhellet daraus, weil sie andern Kräfften entgegen gesetzet ist. Z.E. ein Elastischer Cörper, als ein Klumpen Wolle, lässet sich von einer gewissen Krafft, z.E. einem Pfund Bley, nur biß auf einen gewissen Raum zusammen drucken; setzet man mehr Gewichte darauf, wird der Raum des Cörpers oder dessen Volumen noch geringer als zuvor. Es muß dahero die Elastische Krafft pro Ratione der druckenden Krafft wiederstehen, und ist folglich dieser entgegen gesetzet; welches aber nicht geschehen kan, wo sie nicht selbst eine Krafft ist. So bald die druckende Krafft nachläst, äussert sich die Wiederherstellung des Cörpers in dem vorigen Zustan durch die Elastische Krafft; daß also diese so wohl andern Kräfften wiederstehet, als auch, wenn jene, in sie zu würcken nachlassen, dem Cörper, da ihr nun kein Einhalt mehr geschiehet, seine vorige Figur und Grösse wieder herstellet.  
  Von dieser Krafft derer Cörper haben Aristoteles und die alten Philosophen sehr wenig oder gar nichts gewust. Denn obwohl Aristoteles Meteor. … derer Cörper elaton gedencket; so erhellet doch aus denen dabey gesetzten Exempeln, vom Wachse, Leim etc. daß solches vielmehr von der Ductilitate Corporum, als der Elastischen Krafft dererselben zu verstehen sey.  
  In denen neuern Zeiten ist man erst zu der wahren Notion dieser Krafft gelanget, da man durch die von Otto Guerione erfundene Lufft-Pumpe die Eigenschafften der Lufft untersuchte, und an derselbigen eine ausdehnende Krafft wahrnahm, deren Stärcke sich nach der Grösse des Drucks richtete, welchen man anwenden muste, die Lufft in einen engern Raum zu bringen, welchen sie alsobald erweiterte, so bald der Druck nachließ.  
  {Sp. 667|S. 353}  
  Da man nun dieses auch an andern Cörpern wahrnahm, daß sie sich zusammen drucken liessen, und sich wieder in den vorigen Stand und Figur setzten, wenn dieselben nicht mehr gedruckt worden; so hat man oben angeführten Begriff von der Elastischen Krafft sich zuwege gebracht. Und es ist diese Krafft dergestallt in der Natur impliciret, daß man unzählige mahl seine Zuflucht in Erklärung derer Begebenheiten der Natur zu ihr nehmen muß; wie denn auch alle Cörper etwas vom Elatere haben, ob solcher gleich bey einigen in einem grossen Grade, bey andern weniger, und bey einigen kaum mercklich sich befindet.  
elastische Körper Diejenigen Cörper, so eine starcke Elastische Krafft zeigen, sind:  
 
  • die Lufft,
  • die Dünste,
  • das Kupffer,
  • Meßing,
  • Eisen,
  • Stahl,
  • Glaß,
  • Elfenbein,
  • Marmor,
  • und alle uns bekannte Steine.
 
  Von der Elastischen Krafft der Lufft sind wir durch die Experimenta mit der Lufft-Pumpe überzeuget worden. Man hat unter die Campanam eine schlaffe, aber fest zugebundene Blase, in deren Falten innewendig noch einige Lufft vorhanden gewesen, aufgehangen, und die Lufft aus der Campana gepumpet. Bey dem ersten Zuge des Emboli hat die Blase schon angefangen aufzuschwellen; und ist damit fortgefahren, so lange man das auspumpen continuiret hat. Durch das auspumpen geschiehet weiter nichts, als daß Raum unter der Campana gemacht wird, folglich muß die Lufft eine stete Bemühung haben, sich durch einen grössern Raum auszubreiten. Eine dergleichen Bemühung wird eine ausdehnende Krafft genennet; derowegen ist klar, daß die Lufft mit einer solchen Krafft begabet sey.  
  Es ist diese Krafft der Lufft durch vielfältige Experimente dergestallt erwiesen worden, daß weiter kein Zweiffel mehr übrig davon ist, ungeachtet man sich Anfangs starck darwieder gesetzet, und deren Existentz leugnen wollen, wie aus dem Colleg. curios. Jo. Christoph. Sturms … zur Gnüge erhellet.
  Diese Elastische Krafft wird durch die Wärme gewaltig vermehret; denn wenn man eine schlaffe fest zugebundene Blase über einem Kohl-Feuer herum drehet, daß sie nicht verbrenne, so dehnet die in der Blase noch vorhandene Lufft dieselbe gewaltig aus. Mehrere Experimente, so die Elastische Krafft der Lufft erweisen, findet man hin und wieder in denenjenigen Schrifften, so von der Beschaffenheit der Lufft handeln; darunter wir nur ausser gedachten Sturm, des Roberti Boyle Experimenta Physico-Mechanica, Wolffs Elementa Aërometriae nennen wollen.
  Ausser der Lufft finden wir eine sehr starcke Elastische Krafft an denen Dünsten, wovon bereits verschiedenes unter dem Titel: Dunst, Tom. VII. p. 1606. seqq. ist angeführet worden. Besonders nehmen wir dergleichen an denen Dünsten des Salpeters wahr, als von welchen eben die erstaunende Gewalt des Schüß-Pulvers herrühret. Man hat im Vacuo unter der Campana, worein ein Barometrum gesetzet war, vermittelst eines Brennspiegels Pulver angezündet, zu einer Zeit, da die Sonne nur durch die Wolcken geschienen; so hat man zwar einen Dampff darinnen in die Höhe gehen gesehen, der aber bald wieder zu Boden gefallen, und gantz gelb ausgesehen, das Qvecksilber aber ist im Barometro nicht gestiegen; zu einer andern Zeit, da die Sonne sehr warm geschienen, hat man das Experiment wiederholet u. bey der Resolution des Pulvers in einen Dampf befunden, daß das Qvecksilber alsobald im Barometro gestiegen.  
  {Sp. 668}  
  Die Umstände des Versuches zeigen, daß in dem ersten Falle die Hitze derer Sonnen-Strahlen nur vermögend gewesen, den Schwefel im Pulver aufzulösen; in dem andern Falle hingegen so kräfftig, den Salpeter auch in Dünste zu verwandeln. Da nun dort das Barometrum nicht, wohl aber hier gestiegen; so ist klar, daß die Dünste des Salpeters so eine erstaunende Elastische Krafft haben, davon wir die Würckungen an dem Schüß-Pulver verspüren, welches solche aus keiner andern Ursache verrichtet, als daß es durch das Feuer in einem jählingen Elastischen Dampf aufgelöset wird, welcher die Kugel aus dem Geschütz heraustreibet.  
allgemeine Phänomene: Reflexion Die Elastische Krafft des Kupfers, Eisens, Stahls und derer übrigen oben specificirten Cörper erkennet man daraus, weil sie die Bewegung anderer Cörper, wenn diese gegen sie angestossen werden, reflectiren. Doch weil Cartesius und seine Nachfolger, die von der Elastischen Krafft noch nichts gewust haben, die Ursache dieser Reflexion anders woher erklären, wie wir unten sehen werden; so hat man auf andere Experimente bedacht seyn müssen, die Elastische Krafft bemeldeter Cörper zu erweisen.  
  Wir wissen nehmlich, daß ein Klang erreget werde, indem ein Cörper, der den Klang verursachet, eine vibratorische Bewegung in seinen Theilen hat. Da nun bemeldete Cörper klingen, wenn man sie anschläget, so müssen auch diese eine dergleichen tremulante Bewegung haben. Dieses ist aber ein Kennzeichen einer Elastischen Krafft, wie aus dem unten folgenden mit mehrern erhellen wird.  
  Weit augenscheinlicher läst sich die Elastische Krafft besagter Cörper darthun; wenn man einen Versuch mit zwey Elfenbeinern, oder gläsernen Kugeln anstellet. Wenn nehmlich diese vollkommen rund wären, würden sie sich nur in einem Puncte berühren; da nun aber dieses durch die Kunst nach der geometrischen Schärffe nicht zu praestiren ist, so wird sich zwar der Contactus nicht in einem Puncto Mathematico, wenigstens aber doch physico ereignen. So man nun die Fläche der einen Kugel mit einer schwartzen oder andern Farbe, die sich leicht wieder abwischen läst, überstreichet, solche in Ruhe stellet, und gegen dieselbe die andere, so nicht mit Farbe gestrichen ist, anstösset, so wird man nach dem Stoß an der Fläche der angelauffenen Kugel wahrnehmen, daß nicht ein Punctum Physicum darvon, sondern ein grosser Theil derselben von der Farbe der andern Kugel sey gefärbet worden. Hieraus ist klar, daß die Partes derer Kugeln währenden Stoß ad contactum müssen seyn comprimiret, nach demselben aber wieder hergestellet worden, weil sie ihre vorige sphaerische Figur wieder erhalten; folglich, daß gedachte Kugeln eine Elastische Krafft haben.  
Restitution Noch deutlicher kann man durch die Restitution die Elastische Krafft an denen weichen Cörpern, als dem Schwamm, Wolle, mit Federn ausgestopften Küssen, der Grume vom Brode und so ferner erkennen, als welche gar mercklich, sobald man mit dem Druck nachlässet, wieder aufschwellen u. in den vorigen Stand sich setzen.  
  Es ist aber die Restitution eines Cörpers nach geschehener Compression, nicht das eintzige Kennzeichen einer Elastischen Krafft; sondern man schreibet auch denenjenigen eine solche zu, welche, wenn sie mit Gewalt krumm gebogen, oder zusammen gewunden werden, wieder gerade springen, u. sich in ihre vorige Figur stellen, wenn man sie frey lässet. Wenn man eine gute Klinge eines Degens krum bieget, springet dieselbe wieder zurücke, wenn man zu biegen aufhöret. Dergleichen Cörper, welche auf eine solche Art einen  
  {Sp. 669|S. 354}  
  grossen Grad der Elasticität besitzen, werden Elastra genennet, und sind die vornehmsten davon folgende:  
 
  • Spira cylindrica oder in Forme eines Cylinders gleichsam nach Schrauben-Gängen umgewundener Drat;
  • die stählernen Federn in Sack-Uhren oder Bratenwendern;
  • die Laminae oder zarten Platten von Eisen, Kupffer, Meßing, sie mögen nun eben oder krum seyn, und z.E. eine sphaerische oder Glockenförmige Figur haben;
  • eiserne, stählerne, oder meßingene Ringe;
  • die hohlen Röhren, z.E. derer Haare, Fäden, der Wolle etc.,
  • die stählernen u. andern Bögen;
  • die Fibrae; Saiten; Membranae;
  • Fisch-Bein
  • und andere mehr.
 
Rückkehr in den vorigen Zustand Endlich hat man auch noch ein Kennzeichen, die Elastische Krafft an einen Cörper zu erkennen, wenn nehmlich solcher sich nach einer starcken Spannung wieder in den vorigen Zustand setzet. Wir sehen solches an denen Fäden von Hanff, Wolle, Haaren, Seiden etc., welche, wenn man sie mit einem Ende aufknüpffet, an das andere Ende aber ein Gewichte bindet, sehr lang gespannet u. ausgedehnet werden, aber auch wieder in ihre vorige Länge sich zusammen ziehen, wenn man das Gewichte weg thut.  
  Francisc. Tert. de Lana hat in seinem Magisterio naturae et Artis … hiervon verschiedene Experimente gemacht, u. befunden, daß eine Pferde-Haare sich mercklich ausdehnen lasse, nach geschehener Tension aber seine Länge genau wieder erhalte. Gleicher Gestalt hat er die Versuche mit starcken Seiden-Fäden, Saiten von Metall u. Nerven angestellet, und dergleichen elastische Krafft an ihnen wahrgenommen; welche auch einen jeden gar leicht in die Sinne fallen muß, der mit Musicalischen Instrumenten, die mit Saiten bezogen sind, umgehet.  
  Wenn man nun alle diese angeführte Kennzeichen einer Elastischen Krafft zusammen nimmt, so wird man befinden, daß die meisten, ja alle Cörper, wenigstens in denen kleinsten Theilen eine elastische Krafft haben; Denn ob wir zwar dergleichen an dem weichen Thon, Seiffe und Wachse etc. nicht mercklich dergleichen wahrnehmen; so wird man solche doch gar bald an ihnen mercken, wenn man ihre Feuchtigkeit remouiret und solche etwas hart werden läst.  
  Die flüßigen Materien, als Wasser, Öle, Qvecksilber etc., wenn sie auf einen Cörper fallen, springen von selbst zurücke (wenn man von demjenigen abstrahiret, was Vermöge der Cohaesions-Krafft daran hangen bleibet) u. geben dadurch ihre Elastische Krafft zu erkennen.  
  Es zeigen aber auch gedachte Kenn-Zeichen ferner, daß der Grad der Elastischen Krafft in verschiedenen Cörpern sehr verschieden sey. Ja in einerley Cörper ist derselbe nicht von beständiger Grösse: denn wenn man die Elastra zu starck und offte spannent, pflegen sie etwas von ihrem Elatere zu verlieren. Wenn man an eine Spiram Cylindricam, ingleichen an eine Saite, ein Gewichte hanget, u. bemercket, wie weit solches dieselbe ausspannet, alsdenn solche einige Zeit in diesem Zustand der Spannung verharren läst, so wird man nach einiger Zeit befinden, daß eben dasselbe Gewichte die Spiram oder Saite weiter ausgespannet habe; woraus erhellet, daß per partium rupturas elastri dem Elateri desselben aller Dings etwas abgegangen seyn muß.  
konstante Elastizität Dieses treffen wir an denen allermeisten Cörpern an, welche folglich keinen beständigen Grad der Elasticität, Elaterem constantem, haben. Es wird nemlich Elater constans genennet, den ein Cörper hat, welcher, wenn er von einer gewissen Krafft zusammen gedrucket oder gespannet wird, allezeit in einerley Zustand seiner Grösse oder Figur gelanget; und in diesem Zustande allezeit einerley Nisum gegen dieselbe Krafft  
  {Sp. 670}  
  ausübet, keines Weges aber von ihr in einen andern Stand als diesen bringen läst.  
  Dergleichen Elater constans muß sich in allen kleinsten Theilen des Cörpers ereignen, damit derselbe durch dieser ihre Zertrennung nicht vermindert werde; einen solchen aber finden wir, soviel bekannt, an keinen andern Cörper, als an der Lufft. Diese hat einen Elaterem constantem, den man durch vielfältige Experimente erkannt hat. de Lana versichert … daß wenn man die Lufft auch viele Jahre durch zusammen gedruckt und eingeschlossen hielte, sie nicht das wenigste von ihrem Elatere verlöhre, sondern allezeit wiederum einerley Würckung thun. Ein Exempel geben die Wind-Büchsen, welche man ein gantzes Jahr geladen stehen lassen kan, welche doch eben noch soweit die Kugel, als sonsten treiben werden, wenn sie erst kurtz geladen sind. Es führte derselbe ein Experiment von dem Boyle an, welcher eine im Vacuo aufgeblasene Blase, drey gantzer Jahr nacheinander darinnen aufbehalten, und keine Veränderung an der Blase verspüret hat, so etwan eine Schwächung ihrer Elastischen Krafft hätte zu erkennen gegeben.  
  Einen solchen Elaterem constantem treffen wir nun zwar an der Lufft, an andern Cörpern aber nicht an. Ja einige von diesen sind dergestallt beschaffen, daß sie ihren Elaterem verändern, vermehren und vermindern lassen. Die Elastische Krafft des Englischen Zinnes, Messings, Eisens, rothen Kupffers läst sich sehr vermehren, wenn man solches starck mit dem Hammer treibet; daß folglich der Elater derer Metalle mit ihrer Dichtigkeit zunimmt. Der Stahl und Eisen bekommt durch die Härtung einen sehr starcken Elaterem. Wenn man ein glüendes Eisen jähling in kaltes Wasser stösset, so bekommt es dadurch eine weit stärckere Elastische Krafft, als zuvor, welche es aber wiederum verlieret, wenn man solches von neuen abglüet. Wenn man den Gorck in Wasser abkocht, so wird derselbe weicher und elastischer; so bald aber die Feuchtigkeit, so währenden Kochen in seine Poros eingedrungen, wieder euaporiret, spüret man, daß dessen elastische Krafft schwächer worden sey.  
  Diese sind die fürnehmsten Phaenomena, so wir an denen Cörpern überhaupt in Ansehung ihrer Elastischen Krafft und deren Veränderung wahrnehmen.  
     

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Stand: 4. Januar 2023 © Hans-Walter Pries