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Zedler: Gott [4] HIS-Data
5028-11-295-17-04
Titel: Gott [4]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 11 Sp. 305
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 11 S. 170
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Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

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Übersicht
Erkenntnis der Existenz Gottes (Forts.)
  erworbene Erkenntnis (Forts.)
 
  erste innerliche Grund-Ursachen (Forts.)
 
  Causae efficientes (Forts.)
 
  Causae univocae
 
  keine andere Ursache
  andere Beweise
  Causae finales (Endzwecke)
 
  eine allgemeine wirkende Ursache
  wirkende Ursachen der Natur
 
  natürlich wirkende
  willkürlich wirkende

Stichworte Text Quellenangaben
Causae univocae Dieses mag genug sein, das Seyn GOttes aus der Reihe derer Caussarum aequiuocarum dargethan zu haben: nicht weniger gehet solches mit denen Caussis vniuocis an. Die Scholastici wollen zwar diesen Beweiß nicht gelten lassen, und sind der Meynung, daß die Reihen dieser Art derer würckenden Ursachen gar wohl unendlich und ohne Anfang, und also die Welt in so weit, wie Aristoteles bekannter Massen geglaubet, ewig seyn könnte. Fonseca ad Aristot. Metaph. II. 2. ...
  Es hat aber mit gedachtem Beweise seine gute Richtigkeit. Es ist unmöglig, daß die Zeugung eines Menschen von dem andern von Ewigkeit her ohne Anfang kann erfolgt seyn, weil die Leiber elementarisch sind. Nun aber sind die Elemente derer Cörper, als die ersten unter denen einander wesentlich subordinirten natürlichen Grund-Ursachen selbst nach derer Scholasticorum Meynung erschaffen; alles aber, was erschaffen ist, einen Anfang seines Seyns hat, und also die aus denen Elementen erwachsene Cörper zu seyn angefangen, deswegen nothwendig ein erstes Paar belebter Cörper seyn müssen, welche hernach ihres gleichen fortgepflantzet. Da nun oben erwiesen worden, daß die Caussae aequiuocas nicht ewig seyn können, desto weniger wird es von denen vniuocis dürffen gesaget werden, weil diese aus jenen entstehen, und indem sie immerfort in einander lauffen, nur eine Welt ausmachen.  
  Es wird auch gedachter Beweiß dadurch nicht schwächer, ob auch wohl die Caussae vniuocas nur zufälliger Weise subordiniret sind, also, daß da ich nunmehro bin, ich physice nicht mehr von meinem Vater und Mutter dependire, ob ich gleich meinen Anfang von demselben habe. Gehe ich nun gleich zurücke auf meine Groß-Eltern, und von denen immer höher und höher hinauf, so müssen doch alle u. jede Menschen, die ie gewesen sind, und noch seyn werden, eine Würckung seyn. Denn ob gleich ein ieder, der einen andern zeuget, auch eine Caussa des letztern ist, so ist doch ersterer und seine zeugende Krafft so gut ein Effect eines andern Paares, von dem er hergekommen.  
  Die Reihe nun derer von einander abstammenden Menschen,  
  {Sp. 306}  
  so lang sie auch ist, so ist sie doch nichts anders als eine Reihe Würckungen. Sollen also alle diese Würckungen seyn, so muß nothwendig ein erstes Paar Menschen seyn, von welchen alle übrige in gehöriger Ordnung abstammen. Da nun ietzt lebende Menschen von endlichen und umschränckten Wesen sind, wir aber an ihnen sehen, daß sie immer ihres gleichen fortpflantzen, als schlüssen wir, daß das erste Paar Menschen nicht weniger endlich und umschränckt gewesen. Ist aber dem also, so können die ersten Menschen sich selbst nicht die Grentzen ihres Wesens gesetzet haben, zu Mahl des Menschens Wünsche mehr als zu sehr dahin gehen, daß er unendlich und seinen Kräfften keine Grentzen gesetzt wären. Würde er sich nun selbst gemachet haben, so würde er hauptsächlich darauf gesehen haben. Da aber nun dieses nicht geschehen; so läst sichs zuversichtlich glauben, daß dem Menschen sein Seyn nicht überlassen gewesen.  
keine andere Ursache Es kann aber solche Einschränckung von keiner andern natürlichen Ursache herkommen. Denn was wollte es vor eine andere als vniuoca oder aequiuoca seyn. Daß diese nicht seyn können, ist vorhin dargethan worden, und von jener haben wir gleich ietzo gesehen, daß ein dergleichen Paar Menschen nicht das erste. Da nun aber das erste Paar Menschen von endlichem und umschränckten Wesen; gleichwohl es keine natürliche Grund-Ursache haben kann, als muß es gantz gewiß eine übernatürliche haben. Da nun, wie in vorhergehenden mit mehrern erwiesen worden, solche übernatürliche erste Grund-Ursache derer Dinge nothwendig von sich selbst und unendlich seyn muß, auch dergleichen von sich selbst seyendes unendliches Wesen nur eines seyn kann, als muß eben diese erste Grund-Ursache, welche die ersten natürlichen Caussas aequiuocas aus nichts erschaffen, auch das erste Paar derer Menschen erschaffen haben. Es fallen hierdurch alle abgeschmackte Meynungen, welche die Heyden von der Schöpffung geträumet weg.  
andere Beweise Ander, weitiger Beweiß, durch welchen GOttes Seyn aus denen Wercken der Schöpffung dargethan wird, findet sich in Jo. Raii Existentia et Sapientia Dei ... und Buddei Thes. de Atheismo et Superstitione ... Man hat auch gelehrte Leute, die solches aus besondern erschaffenen Dingen erweisen wollen, als  
 
  • Murray Demonstratio Dei ex Voce Animalium.
  • Wucherer Diss. de Atheo ... Jena 1708.
  • Jenichen Diss. de Deo in Sensuum externorum Oeconomii palpabili, Leipzig 1703.
  • Sturm Diss. Oculus ...
  • Hamberger Diss. de Deo ex Inspectione Cordis ...
  • Donati Demonstrat. Dei ex Manu humana.
  • Weitzmann Diss. de genuina Ratione ...
  • Kromeyer Diss. dari Numen ex adfectibus probatur.
 
Causae finales (Endzwecke) Wir haben uns oben anheischig gemacht, das Seyn GOttes auch aus denen Caussis finalibus zu demonstriren, welches nun geschehen soll. Wer diese Welt etwas genauer betrachtet, wird befinden, daß nichts sey, das nicht um des andern willen gemachet sey, ja, so gar die geringsten Theile eines Cörpers, wie solches Wolff in vernünfftigen Gedancken von denen Absichten derer natürlichen Dinge, ingleichen in dessen vernünfftigen Gedancken von dem Gebrauche derer Theile in  
  {Sp. 307|S. 171}  
eine allgemeine wirkende Ursache Menschen, Thieren und Pflantzen gewiesen. Wo nun eine solche unbeschreibliche Menge derer Dinge ist, welche alle auf gewisse genau zusammenstimmende Zwecke mit gantz ungemeiner Kunst und Richtigkeit abgerichtet und einander subordiniret sind, da muß eine allgemeine würckende Ursache seyn, welche die gedachte Menge derer Dinge also eingerichtet.  
wirkende Ursachen der Natur Alle würckende Ursachen der Natur sind entweder natürlich würckende oder willkührlich würckende Ursachen.  
natürlich wirkende Erstere können diejenige würckende Ursache nicht seyn, welche den Zweck, auf welchen doch gleichwohl das Wesen einer ieden so gar eigentlich abgerichtet befunden wird, willkührlich intendiren sollte, weil sie weder mit Verstande noch Willen, sondern mit bloß cörperlichen Kräfften begabet sind.  
willkürlich wirkende Mit denen willkührlich würckenden Ursachen werden hauptsächlich die Menschen gemeynet. Ob wir Menschen nun zwar Verstand und Willen, und also eine Fähigkeit, auf gewisse Zwecke unsere Absicht frey zu richten, haben; so mercken wir doch wohl, daß wir diejenige würckende Ursache nicht sind, aus deren Verstande und Willen so wohl die Zwecke, die wir nur uns, geschweige denn allen andern natürlichen Dingen vorgesetzet befinden, als auch die endliche und auf solche Zwecke recht eigentlich eingerichtete Abmessung aller Kräffte und Theile so wohl unser selbst als aller anderer natürlicher Dinge ursprünglich entstehen sollten. Denn so viel befinden wir wohl, daß z.E. unsere Zunge von Natur die Structur habe, das auf dieselbe kommende zu schmecken, und also zum Geschmäcke bestimmet sey. Gleichwohl sind wir uns nicht bewust, daß unser Verstand unsere Zunge auf das Schmecken abgerichtet, destoweniger wird unser Wille machen können, daß wir schmecken, weil dieser von jenen dependiret.  
  Eben so wenig kann etwa ein anderer natürlicher Geist der erste Urheber derer Zwecke der Natur seyn. Denn ist er ein natürlicher Geist, so muß er an die Ordnung der Natur gebunden seyn. Wäre er dieses nicht, so wäre er kein natürlicher Geist. Ist er aber an die Gesetze der Natur gebunden, so ist er auch an deren Zwecke gebunden, und also nicht die abrichtende Ursache, sondern selbst ein abgerichtetes Ding. Da nun keine eintzige weder natürliche noch willkührlich-würckende geschaffene Ursache diejenige seyn kann, die weder sich selber noch vielweniger andern natürlichen Dingen ihre End-Ursache gesetzet, und sie selbst mit unaussprechlicher Kunst und Übereinstimmung auf solche End-Ursachen abgerichtet; Gleichwohl aber, da alles in der Welt augenscheinlich auf End-Ursachen abgerichtet befunden wird, eine willkührlich würckende Ursache, die solche End-Ursachen intendire, seyn muß, nun ein letzter allgemeiner Zweck oder End-Ursache aller Dinge seyn muß, und eine letzte allgemeine End-Ursache alle Dinge unwiedersprechlich eine erste eben so allgemeine würckende Ursache voraus setze; so muß nothwendig eine von der Natur unterschiedene erste und allgemeine würckende Ursach seyn. Müller Metaphys. 11.
     

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Stand: 12. Februar 2023 © Hans-Walter Pries