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Wesen Gottes |
Da nun
bestmöglichst
bewiesen worden, daß ein GOTT sey, auch solche Lehre
wieder die Feinde derselben vertheidiget, und die anbey vorkommenden
Irrthümer
berühret worden, als giebt die
natürliche
Ordnung, das
Wesen GOttes nun selbst
anzuzeigen. |
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Definition Gottes möglich? |
Es ereignet sich aber da bey denen Gelehrten eine Streit-Frage: Ob der
menschliche Verstand eines
Begrieffes von dem göttlichen Wesen fähig sey, und ob
also GOTT definiret werden könne?
Müller Metaphys.
12. §. 1. hält dieses nicht vor schwehr zu entscheiden, wenn man nur überlege,
in wie weit sich GOTT in die
Grentzen des ersten
Grundes menschlicher
Erkenntniß
gesetzt habe. Denn das göttliche Wesen könne nicht gäntzlich in besagte
Grentzen, als welche
natürlich sind, gesetzet seyn, weil, wenn dieses wäre, GOTT
etwas endliches und natürliches seyn
müste. Es könne aber doch auch nicht
gäntzlich ausser denen Grentzen unserer
Vernunfft seyn, indem GOTT, wenn dieses
wäre, ein gäntzlich un- |
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{Sp. 313|S. 174} |
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bekannter GOTT seyn würde, dessen
Existentz unser Verstand nicht
würde erreichen können. |
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Anthromorphismus |
Die Betrachtung demnach derer mit innerlichen
Grentzen unser
Vernunfft muß
unser Bemühen, das göttliche
Wesen zu
erkennen, durchgehends in die gehörige
Masse setzen, damit solches Bemühen weder allzu verwegen noch allzu
furchtsam
seyn möge. Allzu verwegen wäre solches Bemühen, wenn wir das göttliche Wesen
entweder gäntzlich, oder nur weiter, als es sich in dem
Bezirck derer
Gräntzen
unserer Vernunft stellet, in solchen Bezirck zu zühen uns unterstehen: da es
dann geschiehet, daß man GOTT mit der
Natur, und insonderheit mit dem
menschlichen Wesen verwirre; welchen Fehler der Verwegenheit man den
Anthromorphismum
nenne, und dadurch dem
Heidenthum sehr nahe komme. |
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Allzu blöde und furchtsam hingegen würde solches unser Bemühen seyn, wenn
wir von den göttlichen
Wesen, in so fern es sich auch in der
Natur, und folglich
innerhalb denen
Grentzen
der
menschlichen
Vernunfft, unserm
Verstande so
liebreich dargestellet, scheuend die Augen verschlüssen, und furchtsamlich
besorgen
wollten, daß die menschliche Vernunfft gar keines wahrhafften, keines
würdigen und anständigen
Begrieffes von GOTT fähig seyn mögte, da doch GOTT der
menschlichen Vernunfft aller Dings bekannt seyn will, auch zu diesem
Zwecke sich
hier nicht unbezeugt gelassen. |
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Erkenntnis Gottes aus der Natur |
Einige
redeten so kühn von GOTT, daß man bey nahe
sagen
sollte, GOTT werde
nach ihrer Lehre als unser einer. Andere wären so
furchtsam, daß sie bey nahe
gar nichts
gewisses von GOTT zu setzen sich unterfangen wollten, so daß sich ein
Alt-Vater nicht gescheuet, de Deo etiam verum dicere periculosum est zu
sagen.
Da GOTT, wie oben weitläuftig erwiesen worden, durch die
gantze
Natur
sich nicht unbezeugt gelassen, so müssen wir auch GOTT so weit
erkennen können,
als die
Grentzen
der Natur reichen. |
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Diese weiset uns gewisse
Eigenschafften. Sammlen wir dieselben zusammen, und
abstrahiren sie,
vermög unserer
Beurtheilungs-Krafft, so bekommen wir
allgemeine
Würckungen GOttes. Würckungen, aber nicht die
Ursache und deren
Wesen
weisen, sondern so viel unumstößlich befestigen, daß eine solche Ursache
vorhanden seyn müsse, welche wenigstens dergleichen
Krafft, als in denen
Würckungen sich äussern, in sich habe. So muß freylich alles, was von GOTT
gesaget wird, aufs höchste weiter nichts als das
Seyn GOttes in sich enthalten. |
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Es wird also eine
Definition von GOTT, wenn sie auch aufs höchste getrieben
ist, weiter nichts als eine Deutlichkeit nur der
Existentz dessen, was
sie in sich begreifft, nicht aber auch eine Deutlichkeit der Art und Weise
desselben seyn. Da wir aber, indem wir GOTT
definiren, zwar ein
Genus und Differentiam, als die zwey
nöthige Stücke einer
Definition angeben, diese aber nicht nicht ein Mahl das höchste
Seyn GOTTES
anzeigen (denn wie sollte GOttes anbegreifliches Wesen in die engen
Schrancken
einiger
Worte können eingeschlossen werden?) sondern nur Relationen
oder
Würckungen desselben, durch welche es sich gegen die
Natur äussert, dieses
aber nur Propria oder Folgerungen des göttlichen
Wesens
und selbst nicht das erste sind, als ist die höchste
vollkommenste Definition
von GOTT doch nur eine
unvollkommene Definition, welche die Logici
eine Description nennen. |
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{Sp. 314} |
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Wolff |
Es definiret
Wolff Rat.
Praelect. ...
GOTT also: Deus est substantia, in qua continetur ratio sufficiens
existentiae vniuersi, welches er in der Metaph. ... also
ausdrücket: Es ist GOTT ein selbstständiges Wesen, darinnen der Grund
von der
Würcklichkeit der Welt und der Seelen zu finden. Oder Rat.
Praelect. ... Deus est substantia omnia vniuersa simul distincte sibi
repraesentans, welches in der Metaph. ... also heisset:
und demnach bestehet das Wesen GOTTES in der Krafft alles, was möglich ist,
aller Welt deutlich und auf ein Mahl vorzustellen. |
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Diese letztere Definition hielt Wolff vor die richtigste, es hat
aber
Buddeus in Bedencken über die
Wolffische Philosophie
erinnert, daß nach dieser Definition
GOTT von der menschlichen
Seele nur Gradu Perfectionis
unterschieden
sey, weil er diese auch durch eine Substantiam vniuersi repraesentatiuam
beschreibe. Sie sey so beschaffen, daß alle diejenige, welche die
Prouidentz GOttes
läugneten, annehmen könnten. Wolff
entschuldigte sich, daß er nur zufälliger Weise darauf gekommen, darauf aber in
der bescheiden Antwort ... und in den bescheidenen
Beweise, daß das Buddeische Bedencken noch fest stehe, ... ingleichen
in Langens Entdeckung der falschen und
schädlichen
Philosophie in denen Wolffinischen Systemate metaphysico ...
geantwortet worden, auch hat Jo. Aeni Dragheim zwey
Disputationes
contra Definitionem de Deo Wolffianam zu Rostock gehalten. |
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Gott ein einfaches Wesen |
Alles, was wir von GOTT
gedencken, wird insgemein eine göttliche
Eigenschafft
genennet. Nun ist zwar
GOTT an sich selbst unstreitig ein
gantz
einfaches
Wesen. Was aber einfach ist, darff nicht aus mehrern zusammen gesetzet
seyn, alles zusammen gesetzte auch endlich ist, so muß GOTT
nothwendig einfach
seyn. Da nun aber gleichwohl dieses gantz einfache und unendliche Wesen in das
endliche, nemlich in die erschaffene
Natur einen Einfluß hat; in der Natur auch
man eine unbeschreibliche Mannigfaltigkeit derer endlichen
Dinge und ihres
wunderbaren
Zusammenhanges untereinander findet; dieses unzählige mannigfaltige
all sammt den
Grund seiner
Existentz in GOTT, als dem unendlichen Wesen hat; so
erblicket und
unterscheidet daher der
menschliche Verstand eine unzählbare Menge
derer Verhältnisse des an sich einfachen göttlichen Wesens gegen die Natur, wie
es seinen
würckenden Einfluß zu Hervorbringung bald dieser, bald einer andern
Ordnung
derer endlichen Dinge determiniret oder gerichtet hat. |
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bejahende und verneinende Begriffe von Gott |
Das ist die Ursache, daß die
Begrieffe, die wir von den unzählichen
Verhältnissen GOttes gegen die
Natur haben, die an sich selbst einige und
einfache GOttheit unter so vielerley
Eigenschafften dem
menschlichen Verstande
darstellen. In soferne wir nur GOttes unendliches Wesen an sich selbst und ohne
Absicht auf die Geschöpffe betrachten, so sind die Eigenschafften, die wir von
GOTT mit
Warheit gedencken können, blos
verneinende Begrieffe; in so fern wir
hingegen dies göttliche Wesen, wie es sich gegen die Natur äussere, betrachten,
so lassen sich auch bejahende Begrieffe von GOTT gedencken. |
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Scholastiker: 3 Wege |
Auf diese Betrachtung gründet sich nach
Müllers Metaph. ... Anmerck. ... die
von denen
Scholasticis gepriesenen 3. Wege, zur
Erkenntniß GOttes zu gelan- |
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{Sp. 315|S. 175} |
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gen, nemlich |
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- Via Negationis.
- Via Caussalitatis und
- Via
Perfectionis oder Eminentiae.
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Denn in so fern wir das göttliche
Wesen
an sich selbst betrachteten, so könnten wir zwar mit
vollkommenen
Grunde
der Warheit gedencken, was es nicht sey, nicht aber was es sey; und dieses wäre
der sogenannte Via Negationis. Wenn wir hingegen das göttliche Wesen
nach seinen
Würckungen in die
Natur betrachteten, so bekämen wir von ihm auch
bejaende
Begrieffe, welches der Via Caussalitatis wäre. Doch müsten wir
uns die göttliche Thätigkeit nicht wie eine natürliche
vorstellen, die von ihren
Grund-Ursachen determiniret ist, und über die
Grentzen dieser
Determination sich nicht erstrecken kann, sondern also, daß ob sie gleich
GOTT würcklich zu Hervorbringung dieser endlichen
Welt determiniret,
sie doch in dem göttlichen Wesen selber undeterminiret oder unendlich
ist, und folglich zu Hervorbringung unzähliger anderer uns unbegreiflicher
Dinge
sich determiniren, welches der Via Perfectionis oder
Eminentiae wäre, und in den die ersten beyde zusammen lieffen. |
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Da nun GOTT ein von der
Natur
wahrhafftig
unterschiedenes Wesen ist, so
können wir ihn in dieser Betrachtung nicht anders als an ihm selbst
erwegen, im
Massen wir durch diese Betrachtung von der Natur und seinen
Würckungen in
dieselbe abstrahiren, als von welcher wir ihn als wahrhafftig
unterschieden uns vorstellen. Auf diese Weise können wir von GOTT alles, was
natürlich ist, wenn es auch die grösten
Vollkommenheiten wären, mit gäntzlicher
Versicherung
verneinen, aber nichts positives von seinem
Wesen bejaen;
weil auch die grösten Vollkommenheiten der Natur, so sehr wir sie auch durch das
vermeynte Infinitum potentiale unsers
Verstandes
mögen vergrössern
können, dennoch natürlich und endlich sind, GOTT aber ein von der Natur gantz
unterschiedenes Wesen ist, welches durch keine menschliche
Idee, als
eine natürliche
Würckung eines natürlichen Verstandes sich vorstellen lässet,
und also in dieser Betrachtung unbegreiflich ist. Denn ob zwar alle unsere
verneinende Ideen von GOtt ein gäntzlich positives Wesen zu
ihren Gegenstande halten, so lässet sich doch solches positive durch
keinen
menschlichen Verstand begreiffen, ausser in so weit es sich durch
positive
Würckungen in der Natur äussert. |
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Dieses ist zu mercken
nöthig, damit man nicht etwa
meyne, als ob wir GOTT,
indem wir von dem göttlichen
Wesen an sich selbst nur verneinende
Ideeen
zu lassen zu einem Ente mere negatiuo machten, da vielmehr solche
unsere Ideen von ihm priuatiuae mixtae sind, welche ein,
obwohl uns unbegreifliches positives Wesen anzeigen, welches wir durch
unsere Verneinungen nur von der
Natur gebührend unterscheiden, seine, obwohl uns
unbegreifliche Positiuität aber in und aus seinen
Wercken der
Verhältnissen gegen die Natur
erkennen. Denn etwas positives muß GOTT
seyn, weil einem
Dinge, das nicht ist, auch keine
Eigenschafften, keine
Würckungen, keine Verhältnisse können zugeschrieben werden. |
Müller Metaph. ... Anmerck. ... |
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Es macht daher Müller Metaph. ... Anmerck. ...
sehr wohl die Anmerckung, daß der
Satz selbst, daß GOTT von der
Natur
warhafftig unterschieden sey, seinem wahren Innhalt nach nichts bejae, sondern
vielmehr etwas durch die natürliche
Würckung einer natürlichen
Vernunfft
begreifliches sey. Es ist also |
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{Sp. 316} |
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eine strafbare Verwegenheit, GOTT nach seinem bejaenden
Wesen
erkennen
wollen, in so fern er an sich selbst und als von der Natur unterschieden
betrachtet wird. Denn da stiege man über die
Grentzen
der
menschlichen
Erkenntniß. Die
heilige Schrifft zwar nennet GOTT dreyeinig, und giebt also eine
bejaende Idée, aber selbst dieses ist der menschlichen Vernunfft
unbegreifflich und ein Geheimniß; der Vernunfft ihre bejaende
Ideen
hingegen bestehen in der Verhältniß GOTTES gegen die Geschöpffe, diese fallen in
unsere
Sinnen, denen sich also GOTT durch die Thätigkeit in die Natur äussert.
Hätte also GOTT die
Welt nicht erschaffen, so würde uns auch der
Grund zur
Erkenntniß GOTTES fehlen, und würden wir gar nichts von GOTT
wissen, ja wir
würden selbst nicht seyn, oder wenn wir wenigstens nur wären, so würden wir auch
einige
Begriffe von GOTT haben. Weiter also kann in diesem
Leben die menschliche
Erkenntnis GOTTES nicht reichen, als so weit die Grentzen der Natur uns das
Wesen
GOTTES abschildern und entdecken. Dort in jenen Leben werden wir vollständigere
Begriffe bekommen. Denn so
sagt Paullus
1 Cor. 13, 12. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einen
dunckelen Worte dann aber von Angesicht zu Angesicht. |
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