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Zedler: Gott [20] HIS-Data
5028-11-295-17-20
Titel: Gott [20]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 11 Sp. 359
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 11 S. 197
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Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage

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Übersicht
Götter der Heiden (Forts.)
  Götterdienst (Forts.)
 
  Wodurch?
 
  Lieder
  Leibesglieder und Seelenkräfte

Stichworte Text Quellenangaben
 
2. Wodurch: Hierbey könnte weitläufftig von ihren gantzen Gottesdienste gehandelt werden; weil es aber die Zeit, der Raum und die Umstände nicht zulassen wollen, soll nur etwas weniges gesaget werden.
 
 
  Derer alten Heyden Gottesdienst bestund, wie gebräuchlich, mehren Theils in Opffern und Viehschlachten. Vor alten Zeiten sollen die ersten Menschen nach einiger Scribenten Bericht ihres gleichen geopffert haben, in Meynung, als ob der blutgierige Kinder-Mörder, Saturnus, nur einig durch ein solches unerhörtes Mittel könne befriediget werden, wie man sonderlich von unsern Teutschen Vorfahren lieset.
  • Schedius D.G. Syngr. ...
  • Paullus Daniel Longolius Diss. ... Leipzig 1729. in 4.
 
  Nachhero sollen sie aus Reue dieses böse Vornehmen abgeschaffet, und die Götter bloß mit schlechten von der Erde hervorgebrachten Früchten beköstiget haben.
Porphyrius ...
 
  Endlich sey man darauf verfallen, wie man die Thiere als Versöhn-Mittel brauchen könne, seiner Schuld sich zu entladen, und die gesuchte Gnade zu erlangen. Daher dachte man darauf, wie man denen Göttern als vollkommenen Personen, vollkommene, untadelhafftige und auserlesene Opffer schencken mögte. Hernach sahe man, ob die Thiere selbsten auch ihren Willen zu ihrer Schlachtung geben wollten, weil die Götter nichts als freywillig und ungezwungen haben wollten. Man führte sie zum Altar, man streuete ihnen Korn und Saltz auf den Kopff, man riß ihnen die Haare aus der Stirne und verbrannte sie, man schlachtete sie darauf, iedes nach des GOttes Beschaffenheit, dem geopffert
 
  {Sp. 360}  
 
  wurde, man verbrannte das Fett und die Kaldaunen, man gosse Wein aus, man verspeisete die übrigen Stücken, was überblieb, wurde verkauffet, denen Gästen wurde ein grüner Zweig, ein Stücke Kuchen, oder etwas Salbe, hygieia genannt, auf den Weg gegeben, die Zungen derer geschlachteten Tiere begosse man mit Wein, und opfferte sie dem Mercurio,
Friedrich Struntz de Linguis ... Wittenberg 1716.
 
  beteten dabey,
Jo. Christ. Weidner de precibus ... Wittenberg 1699.
 
  ihre Götzen, die auf Puluinaribus stunden, an;
Jo. David Ellrod Diss. de Puluinaribus ... Altdorff 1726.
 
  in der Mineruae Verehrung aber muste man solches durch ein klägliches Geheul verrichten.
Fr. Struntz de vlulatu ... Wittenberg 1719.
 
  Hierauf liessen sich die Pfeiffer, die auf Phrygischen Hörnern bliessen, hören.
Matth. Brovver de Niedeck de Veterum ...
 
  In eigenen so genannten heiligen Ceremonien gieng es gar übel zu; diese wurden zur Nachtzeit gehalten, und von Personen beydes Geschlechts auf eine gar unreine Art gefeyert, welches Orgia hiessen, und sonderlich dem Baccho und der Cereri zukamen.
 
 
  Der Hecate setzten die Reichen sonderlich in denen Neu-Monden auf die Creutz-Wege gewisse Speisen, in Meynung als wenn sie sich nebst ihren wilden unruhigen Geistern ungemein daran ergötzen würde, und es geschahe doch nichts weniger als dieses; denn die armen kamen zu solcher Zeit an diesen Orten zusammen und verzehrten es collegialiter. Dieser Hecate schlachtete, man, welches sonst nicht gebräuchlich, junge Hunde, skylakia, ob facilitatem pariendi, welche die Hunde haben sollen, diese Hecate aber ausser andern Verrichtungen auch in der Geburt des Menschen sonderlich soll beschäfftiget seyn.
 
 
  Dem Aesculapio opfferte man einen Hahn, weil selbiger ein wachsames Thier ist, und den Medicum mit seinem Exemplo, zur Treue, Fleiß und Wachsamkeit anmahnen soll.
 
 
  Dem Moloch opfferte man bey denen Cananitern und Ammonitern lebendige Kinder, welches die Römer bey ihren Saturno auch nachahmeten; die Cybele hatte besondere Priester, die sich ihr zu Ehren, mit Pfriemen stachen, in die Zung und Arme schnitten, mit Messern über den gantzen Leib ritzten, und sich gar genitalia, zum wenigsten zum Schein, verschnitten, den Kopff von einer Seite zur andern schmissen, und als unsinnige durch die Städte und Örter, wo sie waren, hindurch lieffen; Wenn der Mond ins Abnehmen gerieth, oder sich unter die Wolcken versteckte, schlug man gewaltig auf Cymbeln und Paucken, daß sie die Beschwerung derer Thessalischen Hexen hören mögte, u.w.d.m.
 
 
  Bey dem hatten sie im Gebrauch vor allen Dingen, wenn sie aufstunden oder sonsten was vornahmen, GOtt sein Recht zuthun.
  • Varro.
  • Zamoscius Senat. Rom. ...
  • Sigonius Jur. Ciuit. ...
  • Struv. Ant. ...
 
  Daher wuschen sie sich, damit sie nicht als unreine vor derer Götter Augen treten mögten, darauf grüsten sie selbige, nach Römischen Gebrauch, da die Clienten zu ihren Patronen, so bald es Tag ward, ins Vorgemach kamen, und den guten Morgen brachten.
  • Cato Rustic. II.
  • Plinius Hist. Nat. VII. 53.
  • Terentius Phorm. ...
  • Cicero Rosc.
  • Appule-
  {Sp. 361|S. 198}  
   
  jus Metamorph. XI.
  • Seneca Epist. 95.
  • Brissonius Formul. ...
  • Claud. de Salutat. 8.
 
  Dieser geschahe gemeiniglich auf den Backen oder die Hand, daß man, wie Cicero an einem Ort erzählet, ein Herculis Bild gefunden, welches, durch das beständige Küssen derer Leute, die vor ihm ihr Compliment gemacht, auf dem Backen gantz abgerieben worden. Dabey
 
 
 
  • stunden sie nicht mit gebogenen Knien, sondern gerade aufgerichtetem Leibe.
Martialis ...
 
 
  • bedeckten ihr Haupt,
  • Plautus Curcul. ...
  • Schegk Praeness. 10.
 
 
  • küsseten auch zu Weilen ihre eigene Hände und warffen ihnen dadurch auf eine andere Art die Küsse zu.
  • Appuleius Met. IV.
  • Rhodiginus ...
  • Palmerius Spicileg. ...
  • Struv. ...
 
  Zu Weilen dreheten sie sich in einem Creise von der rechten Hand zur lincken herum und fielen vor ihnen nieder.
  • Suetonius Vitell. 2.
  • Liuius ...
  • Plutarchus Num. ...
  • Pfeiffer Ant. Graec. ...
Lieder
  Sie verehrten sie auch sonsten mit allerhand Liedern, derer gar viel waren, und deren jedes einem jeden Gott zugehörete. So hatte
 
 
 
  • Apollo und Mars ihren Paeanem,
  • Diana Vpingin,
  • Diana und Apollo zugleich Prosodian,
  • Ceres ioulon et oulon,
  • Dionysius Dithyrambum,
  • die Dioscuri bey denen Lacedämoniern ihre kasoroia s. embatēria mela,
  • Herculis kallinikon,
  • Cybele, metroa,
  • Jo Thyrokopikon,
  • Minerua ischophorika und andere Gesänge.
 
Leibesglieder und Seelenkräfte
  Und damit sie endlich sich vor die Wohlthat ihrer Schöpffung, die sie ihnen aus Unwissenheit fälschlich zuschrieben, recht danckbar erzeigen mögten, eigneten sie iedem Gott jedes Glied ihres Leibes, und jede Krafft ihrer Seele zu, wie sie nemlich aus denen Würckungen sahen, daß es diesem oder jenem Gott zukäme oder nicht: So
 
 
 
  • stund Juppiter als der oberste und Herr derer übrigen Götter dem Vorsteher und Regierer derer übrigen Glieder, dem Haupte vor,
  • Neptunus bewohnte das Hertz,
  • Mars besaß denjenigen Theil des Leibes, wo sich die Römer gürteten, wenn sie zum Kriege bereit stunden.
  • Seruius eignet dem Genio die Stirn zu,
  • die Augenbrauen bewohnete Juno Lucina,
  • die Augen hatte der verliebte Cupido, wie Philostratus will, als ein festes Schloß und Raub-Nest inne, wiewohl Fulgentius die Hut der Augen vor ein Werck der Mineruae ausgiebet.
  • Das Ohr gehörete der Memoriae oder Gedächtnis-Krafft zu, und der Ort hinter dem rechten Ohre Nemesis,
  • die rechte Hand war der Fidei oder dem Glauben eigen, daher rechtschaffene Leute, en dextra fidesque, in Munde führten.
  • Artemidorus theilet Plutoni den Rücken und die hintern Theile zu, vielleicht weil man auf den Rücken schlaffen gehet.
  • Die Nieren u. genitalia hatte venus in ihrer Direction, weil selbige zur Erzeugung und Ausbreitung des menschlichen Geschlechts gehörten.
  • Der Läuffer Mercurius hatte an denen Füssen sein Theil, und die Barmhertzigkeit an denen Knien, weil man vor einem, nach alten Gebrauch, wenn man suppliciren und recht hoch bitten wollte, niederfiel und dessen Knie berührte.
  • Die Finger hatte Minerua zum Besietz, weil sie nach Berichtigung derer alten die Zahlen erfunden, man aber bey denen Römern nicht anders als mit denen Fingern rechnete.
  • Die Fußsolen und die Tali oder hervorstehende Knorren gehörten der Meer-Göttin Thetidi zu, vielleicht
 
  {Sp. 362}  
 
 
  daher, weil selbige ihren Achillem daselbst gehalten und ins Stygische Wasser gebracht.
  • Gyraldus Syntagm. Deor. I.
  • Hadrianus Junius Adversar. ...
  • Rosinus Ant. Rom. ...
  • Carl Fridr. Petzoldt Diss. de membris ... Leipzig 17.
 
  Dieses ist ungefähr die Art und Weise, wodurch sie ihren Göttern zugefallen gesuchet.
 
 
  Es können mit mehreren hiervon Pfeiffer Ant. Graec. I. und Gotfried Lackemacher in seinen Antiquitatibus Graeciae sacris, wie auch der Titel Opffern nachgesehen werden.
 
     

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Stand: 2. Februar 2013 © Hans-Walter Pries