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Zedler: Grentzen [2] HIS-Data
5028-11-831-4-02
Titel: Grentzen [2]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 11 Sp. 836
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 11 S. 435
Vorheriger Artikel: Grentzen [1]
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Hinweise:

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Übersicht
Lager- und Flur-Bücher
Landesgrenzen
private Grenzziehung ohne Einwilligung der Gerichts-Herren
Abmarkung der Landesgrenzen
Markweisung
Befragungen der Amtleute
zuständige Obrigkeit
öffentliche Grenzen
Privat-Grenzen
Kommissionen
  aussergerichtliche
  gerichtliche
  Verfahren
 
  Ladung
  Legitimation
  Anwesenheit der Parteien
  Aufrichtung der Steine
  Kommissionsbericht
  Grundriß
Jährlicher Beritt
Wirkungen

Stichworte Text Quellenangaben und Anmerkungen
Lager- und Flur-Bücher Endlich werden auch die Marckungen mit Verzeichniß aller und jeden Umstände in die Lager- und Fluhr-Bücher eingetragen, wovon von Seckendorff im Fürsten-Staate in Addit. … folgende Cautel anführet: Es gehet aber der Vorschlag insgemein und hauptsächlich dahin, man solle die Fluhr oder Marckung nach ihrer natürlichen unveränderlichen Gelegenheit, und nach dem Ruthen- und Acker-Masse, nicht aber nach blosser Ordnung derer Personen oder Namen derer Innwohner und Besietzer beschreiben, auch die Äcker oder Morgen alle mit einem gewissen Numero in der Beschreibung bemercken, und wo möglich, einen Grundriß verfertigen.  
  Und p. 46. sagt er: die gemeine Art ist, daß solche  
  {Sp. 837|S. 436}  
  Fluhr-Bücher, eben wie Lehn- oder Erb-Bücher pflegen gemacht zu seyn, nemlich, es stehet eines Innwohners Namen nach dem andern darinnen, und bey einem jeden ist zufinden, was er vor Güter habe, wie viel Hufen-Äcker oder Morgen, neben wem sie liegen, wem sie Lehn- oder giltbar, und dergleichen.  
Landesgrenzen Und p. 49. meldet er, was einem Bezirck-Brief einzuverleiben sey: So fern es zum Vergleich kömmt, werden die dazu verordnete fleißig unterrichtet, wie sie eigentlich handeln sollen, insonderheit, daß die Grentzen des Landes, und davon dependirende Hoheit aufs deutlichste gezogen, von andern particular-Marckungen, dadurch etwa blosser Gerichts-Zwang, Zoll, etc. bedeutet wird, wohl unterschieden, auch mit wahrhafften Stücken, als beständigen kundbaren Flüssen, Bergen, Reinen, Steinen, und nicht mit vergänglichen Bäumen, Gräben, etc. abgezeichnet.  
private Grenzziehung ohne Einwilligung der Gerichts-Herren Hierbey fraget es sich, ob denen privat-Besietzern derer Felder und anderer unbeweglichen Güter erlaubet ist, ohne Einwilligung ihrer Gerichts-Herren eigenmächtiger Weise, jedoch mit Zuzühung derer Interessenten, die Grentzen zuzühen und zu reguliren? Wir halten davor, daß eine solche privat-Grentz-Bezühung, wenn geschworne und von denen Gerichts-Herren niedergesetzte Feld-Messer dazu genommen werden, gar wohl geschehen könne. Und ist dieses auch denen gemeinen Rechten nicht zuwieder. L. 2. C. fin. reg. ….
  Denn ein jeder ist Herr seiner eigenen Sachen, und kann damit schalten, wie er will, L. 21. C. maniat.
  zu Mahl, wenn es denen Nachbarn, oder dem Landes-Herrn nicht zum Praeiuditz gereicht, als wie hier, da an Stat des Gerichts-Herrn die geschwornen Feldmesser dazu genommen werden.  
  Daß solches auch in Sachsen nicht mißbilliget werde, erwähnet Carpzou J. E. … Daß von denen Unterthanen Grumberg wegen Marcksteinsetzung einige Straffe nicht möge genommen werden.  
  Ob nun aber wohl, wie gesagt, denen Privat-Leuten mit Zuzühung derer Feldmesser nicht verwehrt ist, ihre Grentzen mit gewissen Steinen zu unterscheiden; so wird dennoch, wenn solche Grentz-Steine recht glaubwürdig und gültig seyn sollen, die obrigkeitliche Auctorität dazu erfordert. Mascard. de Probat. Concl. …
  Dieses ist vornemlich heutiges Tages an denenjenigen Orten nöthig, wo die Grentzen in die Erb- Saal- und Lager-Bücher eingetragen werden müssen.  
Abmarkung der Landesgrenzen Wie ein Landes-Herr die Grentzen seiner Ländereyen in Ansehung seiner Nachbaren zu besorgen habe, zeiget Oettinger l.c. … mit folgenden: Ist derowegen eine hohe Nothdurfft, daß ein Herr seines Landes Grentzen, wo sie nicht von Natur mit Bergen, Thälern, Flüssen u.s.w. scheinbar unterschieden, mit hohen gewapneten Steinen wohl bemarcken, und dieselbe durch seine Beamte in beständigem Wesen verhalten, und keinen unbefugten Eingriff daran thun lasse. Zu welchem Ende die Amtleute in Antretung ihrer Verwaltungen, forderst derselben Weite, Reichen und Begriff nach Anweisung derer aufgerichteten Verträge und Lager-Bü-  
  {Sp. 838}[1]
[1] HIS-Data: berichtigt aus 738
  cher mit Fleiß erlernen, und wie sie vermarckt, von Steinen zu Steinen, von Zielen zu Zielen erkundigen, solche auch nachgehends offter Mahlen, und gewöhnlich jährlich besuchen, und etwa alle fünf Jahr ein Mahl, nicht allein mit alten des Feldes erfahrnen Personen und Untergängern, sondern auch mit jungen Leuten untergehen sollen, damit sie die Marckstein und Ziele wohl einbilden, und im Gedächtniß behalten, auch über lange Zeit in vorfallender zweiffelhafftigen Ungewißheit derer abgegangenen Land-Marcken beständige Kundschafft und Zeugniß ihrer Wissenschafft geben können.  
Markweisung Bey etlichen ansehnlichen Gemeinen ist es gebräuchlich, daß die alten ihre Jugend zu Zeiten, und in gewissen Jahren um die Zwing und Bänn zuführen, und ihnen die Marcken zu weisen, und zum Gedächtniß unter sie Geld und andere Sachen auszutheilen pflegen.  
Befragungen der Amtleute Damit aber die Amtleute desto fleißiger ihrer anbefohlenen Ämter sich angelegen seyn lassen, u. mit mehrern Ernst und Eifer gegen die benachbarten Hand haben mögten, so wären sie zu Zeiten, wenn sie ohne das zur Cantzley oder Rent-Cammer in ihre Rechnungen beschrieben werden, sonderlich auf nachgesetzte Interrogatoria zu befragen, und ob sie wüsten Red und Antwort darum zu geben, zu examiniren.  
 
  • Erstlich ob die Grentzen ihres anvertrauten Amts allenthalben mit hohen gewapneten Steinen und künstlichen Zeichen wohl vermarckt?
  • ob irgend keine abgangen, und an was Orten?
  • ob sie noch alle an ihren rechten Stellen stehen, oder ob man nicht vermerckt, daß sie verrückt worden?
  • was solche Marckungen ausweisen, ob sie allein die hohe Landes-Obrigkeit, Grund und Boden, oder auch den Forst oder zu Mahl das Geleite unterschieden?
  • wer die angrentzenden Herrschafften, ob sie gute Nachbarschafft halten, oder an denen Grentzen Eingrieff thun?
  • Ob fremde Herrschafften Privat-Güter im Lande, und keine Obrigkeit darauf haben, wie dieselben vermarckt, ob sie gewapnete Steine daran setzen lassen?
  • Ob nicht auch ihre untergebene Amtsassen über die Marckung ausländische Untergang führen, und Marck-Steine setzen lassen?
  • ob sich nicht auf denen Grentzen an der Anwand oder dem Untermarck Schlag- oder Blutrünstige Händel, oder gar Todschläge begeben, und wie sie gerechtfertiget worden?
  • ob nicht in der Nacheile auf dem Unterziele, oder gar über dasselbe, von denen anstossenden oder andern Herrschafften Maleficanten beygefangen worden?
  • ob man nicht ermordete oder erschlagene Leichnamme an und durch die Grentzen geführet?
  • ob sich nicht iemand an denen Grentzen selbst entleibt, und wie man sich in solchem Todes-Fall verhalten habe?
  • ob man nicht in denen Grentzen, auf ihrem anbefohlenen Gebiet, ehe man an die Zoll-Stadt kommt, den Zoll abfahre?
  • ob die Zehent-Herren und vniuersales Decimatores in denen Grentzen des Amts sich derer Novalien anmassen?
  • ob nicht die benachbarten über die Marcken die Weide besuchen u.s.w.
 
  Wenn nun die Amtleute nach Anleitung dieser und dergleichen Fragstücke ihre anbefohlne Amt-Grentzen in guter Obacht halten, und ernstlich Hand haben, die  sich zutragende Fälle alle Zeit berichten, und die darauf erfolgende Befehle gehorsamlich exseqviren, so werden sie, so  
  {Sp. 839|S. 437}  
  viel an ihnen gelegen, ihren Herrschafften des Orts nichts verabsäumen oder vergeben.  
zuständige Obrigkeit Hier ist auch zu untersuchen, auf welcher Obrigkeit Einwilligung und Auctorität die Marckungs-Steine zusetzen sind.  
  Denn einige rechnen diesen Actum zu der Ober-Jurisdiction, als Ruland. … Caspar Leopold. de concurrend. Jurisd. … wenn er sagt : Zur hohen Zent gehören die Marckungs-Sachen, Marckstein ausgraben, sie auch heben.  
  Einige aber schreiben ihn den Unter-Gerichten zu; Ertel. de Jurisdict. Inf.
  andere auch wohl gar der Landes-herrlichen Hoheit, als Myler von Ehrenbach in Metrolog. …  
öffentliche Grenzen Es ist aber ein Unterscheid zu machen unter denen öffentlichen Grentz-Steinen, durch welche gantze Provintzien und Gebiete von einander gesondert werden, und unter denen Grentzen derer Privat-Leute. Bey dem erstern Falle ist gewiß, daß die Aufrichtung solcher Grentz-Steine der Direction des Landes-Herrn zustehe, alsdenn die Grentzen und Gerechtsamen seines Landes verwahren und beschützen muß; arg. l. 2 …
  Hieher gehören des Oetingeri de Jure LimitumWorte: Die Stein-Satzung oder Land-Scheidung hangen der hohen Landes-Obrigkeit an, und hat einjeder Herr in seinem Lande und Gebiete allein Macht, Marck-Steine zu setzen, die Untergänger zu führen, und keine Außgesessene zuzulassen, und werden solche Anstallten unter die Actus Jurisdictionales oder obrigkeitlichen Handlungen gezählet. Und ferner: Wo auch die Landes-Obrigkeit von der Maleficischen und centbarlichen Obrigkeit abgesondert und zweyen unterschiedlichen Herren zugehörig, so hat doch der Cent-Herr über die Steinsetzer nichts zugebieten, sondern sie sind dem Herrn des Lands unterworffen. Myler von Ehrenbach in Metrolog. …
Privat-Grenzen Aber in dem letztern Falle, wenn die Güter derer Privat-Leute zu begrentzen, so ist wohl die Sorgfalt und Inspection über die Aufrichtung solcher Marckungs-Steine der Obrigkeit, der die Unter-Jurisdiction von dem Landes-Herrn anvertrauet, zuzugestehen.
  • Wehner Obs. Pract. voc. Voigtey.
  • Ertel. de Jurisd. infer.
  Daraus erhellet, daß die Marckungs-Sachen in so weit zu der centbaren Jurisdiction gehören, wenn etwas in Ansehung dieser Grentz-Steine begangen worden, das an und vor sich selbst die Untersuchung und Ahndung der centbaren Jurisdiction mit sich bringet, und dessen Bestraffung eine Leibes-Straffe involvirt, Vermöge der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung art. 114. Welcher bößlicher und gefährlicher Weise eine Untermarckung, Reinigung, Mahl oder Marck-Stein verrückt, abhauet, abthut oder verändert, soll darum peinlich am Leibe nach Gelegenheit, Gefährlichkeit, Grösse, Gestallt und Gelegenheit derer Sachen, und Person nach Rath gestrafft werden. Carpzou Prax. Crim. …
  Das Amt eines Richters bey der Aufrichtung solcher Privat Grentz-Steine, wenn unter denen Nachbarn Grentz-Irrungen vorfallen, bestehet kürtzlich in solchen:  
  Erstlich muß er eines jeden Possess untersuchen,  
  {Sp. 840}  
  wer nemlich der gegenwärtige Besietzer der Sache ist, und hier wird die Possess vor gnugsam erwiesen gehalten, wenn einer die Felder hat ackern, besäen und bestellen lassen, L. 30 §. 5. de adquir. possess.
  hernach muß er um das Eigenthum bekümmert seyn, was ein jeder desselben Orts eigenthümlich berechtiget.  
  Endlich einen Feldmesser an den streitigen Ort schicken, der messen muß, wieviel der Kläger wohl weniger hat, als er haben soll, und wie viel ein jeder besietzt.  
  Wenn es nöthig ist, muß er den streitigen Ort selbst in Augenschein nehmen, und die Parteyen zu der Besichtigung citiren lassen. L. 8. π. Fin. reg. ...
  und also nach Untersuchung der Sache, so wohl in dem Possessorio als Petitorio, einen Bescheid geben, was einem jeden zugehören soll, und entweder neue Grentz-Steine setzen, oder die alten umgerissenen wieder in Ordnung bringen lassen. Schneidvv. ad §. 20.
Kommissionen Es geschieht öffters, daß die Grentz-Steine entweder durch Krieg, oder durch Überschwemmung derer Wasser, oder auch durch die Länge der Zeit so undeutlich worden, und in Unordnung gekommen, daß hernach grosse Streitigkeiten dieser wegen entstehen; zu deren Entschuldigung alsdenn gewisse Commissionen angestellt und verordnet werden. Es sind aber die Commissionen entweder gerichtliche, oder aussergerichtliche.  
aussergerichtliche Diese sind, wenn von denen interessirten Parteyen mit Einwilligung derer benachbarten Herren, ohne richterliche Auctorität zur Besichtigung und Setzung derer Grentz-Steine gewisse Deputirten abgeschickt, und dieserhalben besondere Verträge aufgerichtet werden. von Seckendorff Teutscher Fürsten-Staat. Th. II. …
gerichtliche Jene aber werden von dem Richter entweder Amts wegen, wenn er siehet, daß an der Setzung derer Marck-Steine viel gelegen, auf Anhalten derer Parteyen, wenn nebst dem Zeugen-Verhör der Besichtigung die Clausel die Steine wegzunehmen, oder wieder neue setzen zu lassen angehängt wird. Dieses letztere geschiehet entweder ordentlicher Weise, wenn der Beweis-Termin angesetzt ist, oder ausserordentlich zum immerwährenden Gedächtnisse. Ludou. Gilhaus. in Arb. Judic. …
  Obwohl in Ansehung dieser letztern Commission ein Zweifel vorfallen könnte, ob sie auch Stat hätte, indem sie sonst nicht, als etwa wegen hohen Alters oder Unpäßlichkeit derer Zeugen, zugelassen ist. Nun können aber die Steine nicht sterben, kranck werden oder untergehen. Ferner ist bekannt, daß die Wegnehmung oder Verneurung derer Marckungs-Steine eigentlich zu dem Processe wegen Einrichtung derer Grentzen gehöre, (ad iudicium finium regundorum) daher sie auch nicht eher vorgenommen werden kann, biß der Richter die Sache genau untersuchet, und die Parteyen gebührend darüber vernommen. arg. L. I. π. de Except. rei iudicat.
  Eine zur immerwährenden Gedächtniß angestellte Commission aber geschieht ohne richterliche Erkenntniß nur auf des einen Parts Ansuchen.  
  Dieses alles könnte nun wohl einiges Bedencken verursachen; es wird dennoch nichts destoweniger eine solche Commission bey der Aufrichtung derer Marckungs-Steine, mit gutem Rechte angeordnet, indem auch dieselben durch das Alter undeutlich, verrückt oder verändert werden können. Ruland de Commiss. …
  Denn  
  {Sp. 841|S. 438}  
  daß solche Steine durch allerhand Zufälle Schaden leiden, ist mehr als zu bekannt. Myler in Metrolog. …
Verfahren Wenn nun eine solche Commission zu Besichtigung derer Grentzen angestellet wird, procedirt man folgender Gestallt:  
Ladung die Commissarii müssen vornemlich dreyerley Personen hierzu citiren lassen, nemlich den Part, der die Commission ausgebeten, seinen Gegentheil, und entlich Grentzverständige. Diese Citation, nebst welcher eine Copey der Commission zu überschicken ist, darf eine nicht gar zu lange Frist in sich begreiffen, als wie etwa das Zeugen-Verhör, weil man hiebey keine Fragstücke von Nöthen hat. Die Citation ergehet deßwegen an die Parteyen, daß sie sehen, wie die Grentz-verständige in ihrer Gegenwart das Jurament ablegen.  
  Es wird auch ein Actuarius dazu gezogen, der nebst dem Commissario die Aussage derer Feldmesser niederschreibet, und wenn die Parteyen wieder die Messer etwas erhebliches zu erinnern haben, können sie solches dem Commissario vortragen, und sie als verdächtig angeben. Bey derer Citation der Landschieder und Untergänger ist wohl Acht zu haben, daß man solche erwählet, die von dem streitigen Orte nicht gar zu weit wohnhafft: denn so viel als Districte sind, so viele Differentien trifft man bey denen Grentz-Bezühungen an, und also könnte durch fremde Feldmesser, die der Gelegenheit des Orts nicht recht kundig wären, denen Parteyen einiger Tort geschehen.  
Legitimation Sind die vorgeladenen Partheyen erschienen, so geschicht die Legitimation. Darauf bittet der Part, der die Commission ausgewürcket, daß die Marckungs-Steine aufgerichtet, und die Feldmesser vereidet werden. Excipirt nun der Gegentheil wieder sie, daß sie parteyisch seyn, und man findet diese Parteyligkeit, so werden sie alsbald als verdächtige abgeschafft, und andere an ihre Stelle genommen: Ist aber diese Ausflucht von einiger Weitläufftigkeit, und braucht eine mehrere Untersuchung, so wird sie an den Richter gewiesen.  
Anwesenheit der Parteien Endlich begeben sich die Commissarii an den streitigen Ort, und erinnern die Feldmesser auf das fleißigste ihres abgelegten Eides. Es wird auch denen Parteyen nicht verwehrt, sich an den Ort mit hin zubegeben. Denn ob sie wohl nur insgemein deßwegen citirt werden, daß sie sehen sollen, wie die Kunstverständige den Eid abschwören, und also ihre Gegenwart zu nichts weiter mehr nöthig zu seyn scheinet; so stehet ihnen doch frey, die Commissarios zu erinnern, daß sie bey der gesuchten Grentz-Bezühung nicht etwa einige Grentz-Steine versehen, oder sonst einigen Irrthum begehen. Widrigen Falls können sie darwieder protestiren, und hierdurch ihr Recht frey behalten.  
Aufrichtung der Steine Bey der Aufrichtung derer Steine muß der Commissarius genau und eigentlich besichtigen, was die Grentz-Steine vor äusserliche Zeichen haben, und bey einem jeden eine summarische Relation auf notiren lassen. Wenn einige grosse Steine ohne Eyer gefunden werden, so fragt es sich, ob man dieselbe wohl an ihren vorigen Ort und Stelle bringen soll? Die Feldmesser unterlassen es zwar, indem dergleichen Steine die gehörigen Marckmahle, durch welche sie so zu sagen einig Ansehen bekommen, ermangeln; Aber es ist doch aller Dings zu behaupten, und diese Steine müssen auch wieder derer Feldmesser ihren Willen an ihre vorige Örter gebracht werden. Denn daß sie vor die-  
  {Sp. 842}  
  sen gezeichnet gewesen, und hernach durch derer Leute Betrug oder auf andere Art zu Grunde gangen, können Leute drüber vernommen werden.  
  Damit die Grentzen nun in Zukunfft nicht verdunckelt werden mögen, so müssen diese Grentz-Steine auf ihre vorigen Plätze wieder kommen. Sind die gesetzten Grentz-Steine so zu Schaden gekommen, daß sie kaum erkennet, oder auf vorige Stelle gebracht werden können, so muß man an deren Stat neue wieder aufrichten, und auch die Eyer, die sonst bey denenselben gewest sind, mit dazu legen. arg. l. 1. et 2 c. de fund. limitroph.
  Nun mögte man zwar einwenden, daß sich die Macht des Commissarii nicht so weit erstrecken würde; Allein er ist auch bißweilen befugt, dasjenige, so mit dem Haupt-Negotio einige Verwandschafft hat, zu expediren. Denn wenn dem Feldmesser frey stehet, auf Ansuchen derer Parteyen solche Grentz-Steine zu renoviren, so wird auch wohl ein Commissarius mit der Einwilligung des ihm adjungirten eben diese Befugniß haben, sonderlich wenn niemand einige Praeiuditz daraus erwächst. Er muß aber bey dieser Renovation in allen Stücken die Figur derer ersten Steine, ihre Grösse, Höhe und Breite vor Augen haben, damit nicht bey sich ereigneten Streitigkeiten ein Irrthum hierdurch entstehe.  
Kommissionsbericht Nach vollbrachtem Commissions-Actu, läst derer Commissarius der Feldmesser Relation und alles, was bey der gantzen Commission vorgegangen, in einen Rotulum bringen, und schicket solchen versiegelt demjenigen zu, der ihm die Commission aufgetragen.  
Grundriß Biß Weilen wird auch zu besserer Information des Richters ein Grundriß des gantzen streitigen Platzes beygelegt. arg. Recess. Imp. d. Anno 1654. §. 51. ibi. Wenn es um Grentzen, Waidwerck, Jagen und dergleichen Jura und Gerechtigkeiten zu thun, und den Augenschein einzunehmen von Nöthen, solle zu des Richters bessern Information eine jede Partey einen richtigen Abriß zu produciren schuldig seyn.  
Jährlicher Beritt Übrigens ist zur Erhaltung sonderlich derer öffentlichen Grentz-Steine nicht wenig gelegen, daß sie jährlich von gewissen hierzu bestellten Leuten beritten und besichtiget werden. von Seckendorff im Teutschen Fürsten-Staate l.c. … in verbis: Indem er sich läst angelegen seyn, die Grentzen seines Landes, wie er sie von Alters her gefunden, oder durch Verträge mit denen benachbarten getheidiget und eingerichtet, zu erhalten, da er denn jährlich durch die Beamte die Grentzen bereiten und bezühen, auch auf derer benachbarten Thun und Lassen bey denen Grentzen gute Achtung geben, und darüber allenthalben schrifftliche Nachricht und Urkunden aufrichten lässet, dawieder niemand verstattet, daß er seine fremde Botmäßigkeit über die Grentzen erstrecke, Land und Leute zu seinem Gehorsam zühe, oder sonst über die Grentzen nur seiner Macht rücken möge. „Die Sorgfallt die öffentlichen Grentz-Steine zu verwahren, stehet vornemlich denen Landes-Herren zu.“ arg. L. 2. …
Wirkungen Die Aufrichtung und fleißige Verwahrung ermeldter Grentz-Steine pfleget unterschiedene Würckungen nach sich zu zühen, und zwar  
 
1) so erweisen sie nicht nur
 
  {Sp. 843|S. 439}  
 
  die Gerechtsame derer Districte und Ländereyen, sondern auch das Eigenthum derer Privat-Leute.
L. 1. §. 4. π. ad Leg. Corn. de fals.
 
  Daher werden sie auch bey denen Grentz-Streitigkeiten sonderlich in Consideration gezogen, und man vermuthet in Ansehung ihrer keine Veränderung, biß das Gegentheil erhärtet ist.
  • L. 2. C. Fin. reg.
  • Sixtin. Consil.  …
 
  Obwohl durch dergleichen Grentz-Steine das Eigenthum erweißlich gemacht werden kann, so muß man doch nicht davor halten, als wenn die Proprietät derer unbeweglichen Güter durch sie eintzig und allein könne bewiesen werden. Denn der Schluß ist nicht richtig: man siehet auf denen Grentzen derer Felder und Districte keine Grentz-Wapen und Marckungs-Steine, also stehet dem Besietzer auch kein Eigenthum über dieselben zu. Es kann einer ja seine Rechte auch auf andere Art durch briefliche Urkunden, alte Zeugen u.d.g. erhärten:
L. 1. pr. π. de flum.
 
2) Determiniren die Grentz-Steine auch die Pertinentien derer unbeweglichen Güter, welche als ein Anhang zu denen Haupt-Sachen gehören, und ist nicht genug, daß derer Pertinentz-Stücke Erwähnung gethan wird, sondern es müssen auch ihre Grentzen exprimirt und erwiesen werden.
Stryck. de Probat. Pertinent. …
 
3) Verhindern sie, daß durch das Wasser eines Grund und Boden nichts zuwachsen kann;
 
 
4) darf sie auch niemand verrücken, oder ihnen sonst einen Schaden zufügen, welches bey denen alten Völckern schon Gebrauch gewesen. Bey denen Ebräern wurden die, so Grentzen verrückt hatten, nach göttlichen Befehle verflucht,
siehe Deut. 27.
 
  bey denen Römern mit einer sehr harten Straffe belegt.
L. 3. l. 4. C. …
 
  Ingleichen ist in der peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Art. 114. eine schwere Straffe auf sie gesetzt, wie aus denen §. 11. angeführten Worten zu ersehen. Einige wollen gar diese Bestraffung auf eine Todes-Straffe erstrecken,
Blumlacher Art. cit. ad 114. n. 1.
 
  welches alsdenn wohl Stat haben kann, wenn der gantzen Republic hiedurch ein sehr groß Praeiuditz und Schade zugezogen wird:
arg. l. penult.
 
  sonst ausser diesen Fall ist dieses Verbrechen wohl nur ausserordentlich zu bestraffen.
  • Oetinger de Jure Limit.
  • Hildebrand de Diuersitate Lapidum finalium eorumque Jure.
     

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Stand: 18. Februar 2023 © Hans-Walter Pries