Titel: |
Gründlichkeit |
Quelle: |
Zedler Universal-Lexicon |
Band: |
11 Sp. 1109 |
Jahr: |
1735 |
Originaltext: |
Digitalisat BSB
Bd. 11 S. 572 |
Vorheriger Artikel: |
Gründler, (Johann Ernst) |
Folgender Artikel: |
Gründling |
Siehe auch: |
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Hinweise: |
- Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe
Hauptartikel
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Text |
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Gründlichkeit, hat seinen
Ursprung vom
Worte
Grund. Wer nun nach Art eines
wohlverständigen Baumeisters seine
Beweißthümer auf einen tüchtigen Grund
bauet,
selbigem schreibt man eine Gründlichkeit zu. |
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Wer seine
Sachen aus richtigen Grund-Sätzen zu folgern, und die Folgerungen aus ihren
Grund-Sätzen in einem
guten Zusammenhange
herzuleiten
weiß, den
nennt man einen
gründlichen Mann; Es sey übrigens in
unumstößlichen oder
wahrscheinlichen
Sachen. |
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Ein aufsteigender und flüchtiger
Gedancke
wird es hier nicht ausmachen. Es
will eine Sache
durch und durch gedacht seyn, ehe man sich
einer Gründlichkeit versichern kan. Denn wie
leichte könnte sonst ein geringer
Wiederspruch
das gantze
Werck über den Hauffen werffen. So
aber, wenn eine
Meynung wohl gegründet, wird
das Einstürmen einer Gegen-Meynung nicht viel
ausrichten. |
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Ob nun freylich ietzt belobte Gründlichkeit
seiner Gedancken nicht eben so leichte zu stehen
kommt, weil ausser der
Gedächtniß- und
Empfindungs-Krafft hauptsächlich die
Beurtheilungs-Krafft will angestrenget seyn, damit
alle eintzelne
Sätze vor sich und in ihrem
Zusammenhange mit andern vor richtig befunden
werden; so verlohnt sich doch die angewandte
Mühe gar bald, weil man auf solche gründliche
Wissenschafft sicher trauen darf, auch dabey den
Vortheil hat, daß alles das, was man aus so gutem
Grunde hernimmt, seine Richtigkeit habe, wenn
nur sonst nicht etwa im
Schlusse ein Fehler,
welcher sich gar leichte äussern wird. Man nehme
sich dahero wohl in Acht, daß nicht etwan eine
Schrifft, aus welcher viele Belesenheit hervor
leuchtet, oder in der mancher
ingenieuser Einfall
verschwindet, uns einen Schein einer
Gründlichkeit mache. |
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Die Sachen sind alle gut. Fremde Gedancken
in seinen
Nutzen zu verwenden, ist nicht
unrecht,
aber deswegen ist nicht alles
wahr, was andere
Leute
sagen. Ein guter Grund gehöret dazu,
wenn es Beyfall verdienet. Am wenigsten sind die
Einfälle der Erfindungs-Krafft richtig, ie desto
grössern Schein |
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{Sp. 1110} |
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der Artigkeit sie geben, ob sie uns wohl
übrigens auf die Spur der Wahrheit helffen
können. Wer also in allen seinen Betrachtungen
und
Vorträgen sich vor allen um einen guten
Grund umthut, aus welchem er alles richtig
herleitet, und wiederum nach demselben als eine
Regel abmisset, derselbe kan sich auf seine
Gedancken verlassen. |
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