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Zedler: Gut HIS-Data
5028-11-1457-16
Titel: Gut
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 11 Sp. 1457-1463
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 11 S. 746-749
Vorheriger Artikel: Gusul
Folgender Artikel: Gut, siehe Guth von Sultz
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage

  Text Quellenangaben
  Gut, ist eine Verhältniß derer Dinge, in so ferne sie nach ihrem allgemeinen Wesen oder ersten Grund-Ursachen betrachtet werden, gegen einen Willen. Ein gutes ohne Absicht auf einen begehrenden Willen läst sich nicht begreiffen. Was nun seinem Zwecke zuträglich, das ist gut.  
  Es ist das Gute dreyerley, ein metaphysicalisches, physicalisches und moralisches. Eine Sache ist entweder so beschaffen, wie sie ihrem natürlichen Zustande nach denen Absichten GOttes seyn soll, so ist sie physicalisch gut; oder die Menschen nehmen solche Mittel vor, welche von GOtt zur Erlangung eines gerechten Endzwecks gesetzet sind, und das ist das moralische Gute. Doch dieses gehet noch nicht aufs höchste, wohin es doch die Metaphysic treibet. Darum sind die erzählten 3. Arten des guten von einander würcklich unterschieden. Wir wollen nun von jedem ins besondere handeln.  
  I. Das metaphysicalische Gute läst sich nur wie alle metaphysicalische Dinge, nach  
  {Sp. 1458}  
  seiner Existentz betrachten. Alles ist in der Natur auf gewisse Zwecke gerichtet. Da nun immer ein Zweck dem andern subordiniret ist, so muß nothwendig ein letzter seyn, welcher der höchste. Dessentwegen wird die Güte, Lat. Bonitas, unter die Adtributa simplicia metaphysicalischer Dinge gerechnet.  
  Es muß aber so ein allgemeines Gute geben, weil so leichte nicht etwas ist, das nicht zu einem Endzweck, nemlich Theils zur Erhaltung anderer gegenwärtiger, Theils zu Hervorbringung anderer zukünfftiger Dinge augenscheinlich dienen, und auf solchen Zweck seinem WesenWesen nach recht eigentlich abgerichtet seyn sollte. Die natürlichen End-Ursachen sind immer eine der andern subordiniret, endlich, und also muß eine letzte seyn, welche, eben weil sie die letzte, unendlich.  
  Weil nun denen Menschen die Zwecke des HErrn verborgen, als kan ein mehrers von denenselben nicht begreiffen, als daß einer sey, und ihn GOtt wolle beobachtet wissen. Das ist aber eben, wenn wir überhaupt sagen, GOttes Wille soll geschehen. Es ist also die Güte, von der wir hier reden, eine letzte Übereinstimmung derselben mit dem Willen GOttes, als ihrem letzten Zwecke. Sie ist also von dem moralischen und physicalischen Guten darinnen unterschieden, daß diese beyden eine Übereinstimmung mit besondern nur mittlern Zwecken sind, hingegen das metaphysicalische Gute ist eine Übereinstimmung aller Dinge überhaupt mit dem allgemeinen und letzten Zwecke, daß GOttes Wille geschehe.  
  Da nun die gantze erschaffene Natur entweder aus bloß mechanischen oder aus belebten Geschöpffen bestehet, so theilt sich das metaphysicalische Gute hiernach in zwey Theile. Die belebten Geschöpffe sind wiederum entweder vernünfftige oder vernunfftlose. In gegenwärtiger Betrachtung haben die letztern mit denen bloß mechanischen gemein, daß sie keinen Willen haben, folglich die in ihnen gelegte Güte nicht verhindern können. Eine andere Bewandschafft hat es mit denen vernünfftigen Geschöpffen. Diese haben einen freyen Willen, durch welchen sie die Freyheit haben, ihre Kräffte entweder dem Willen GOttes gemäß, und also gut, oder demselben zuwieder, und also böse gebrauchen können, auch würcklich gebrauchen.  
  Daher ist es also gekommen, daß die vernünfftigen Geschöpffe nicht durchgehends unveränderlich in derjenigen Güte, in welcher GOtt sie Anfangs erschaffen, geblieben, sondern die Freyheit ihres Willens mißgebrauchet, und denen von GOtt ihnen gesetzten Zwecken zuwieder handeln. Regierte nun GOtt nicht noch gegenwärtig die Welt, so würden solche böse Handlungen derer Menschen auch dem letzten Zwecke oder allgemeinem Willen GOttes entgegen seyn; so aber setzt GOtt denen bösen Thaten derer Menschen ein Ziel. Dessen Weisheit weiß alles böse so wohl hier zeitlich als dort ewig zum besten zu wenden, und also gut zu machen.  
  Es giebt also zweyerley metaphysicalisches Gute. Alle Dinge, in so weit GOtt ihr Urheber ist, sind gut. Denn wie könnte GOtt was gewollt und gethan haben, daß seinem letzten Zwecke zuwieder: Weil aber auch, wenn ja die vernünfftigen Geschöpffe ihre Freyheit mißbrauchen, dennoch GOttes allerweiseste Regierung solches zum besten kehret, so nimmt  
  {Sp. 1459|S. 747}  
  dahero Müller Metaph. … Gelegenheit, die Güte derer Dinge in die ursprüngliche und wiedererstattete einzutheilen, also, daß diese von dem letztern, jene aber von dem erstern zu verstehen.  
  Hieraus folget nun, daß alle Entia qua talia, das ist, alle metaphysicalische Dinge gut sind. Es erhellet daraus, wie den metaphysicalischen Grund-Satz: Omne ens, quatenus ens est, est bonum, noch nicht über den Hauffen werffe, wenn dagegen eingewendet wird, wie es Kranckheit, Sünde, Thorheit und andere dergleichen physicalische und moralische Übel gäbe, welche nicht gut seyn könnten. Müller l.c. … in der Anmerckung sagt sehr wohl, es wären solche nicht Entia per se seu quatenus entia, sondern Entia per accidens, und gehöreten also nicht in die Classe metaphysicalischer Dinge.  
  Dahin ziele auch, was die Peripatetici sagten, daß in allem Übel zweyerley zu erwägen sey, erstlich eine physicalische Bewegung, zum andern ein Mangel oder eine Unordnung an derselben. Die erste sey ein würckliches Ding, und an sich selber gut, die andere aber sey eine Priuatio, und also mehr Unding als ein Ding. Da nun das Übel nicht in dem erstern sondern in den andern bestehe, so sey das Übel und dessen Ursprung und Wesen nicht so wohl in Entitate als vielmehr in non-Entitate.
  • Scheibler Metaph. …
  • Müller Metaph. I.
  Diese bisher beschriebene metaphysicalische Güte derer Dinge will Ridiger Philos. Pragmat. … nicht gelten lassen. Erkennet keine andere als eine moralische Güte derer Dinge. Hält es dahero August Friedrich Müllern vor übel, daß derselbe l.c. … auch eine metaphysicalische Güte derer Dinge angebe. Ridiger l.c. meynt, man könnte von GOtt nicht sagen, daß er gut sey, weil nicht GOtt sondern denen Creaturen zukäme, daß ihr Thun mit dem göttlichen Willen übereinkäme.  
  Aber eben das leugnet Müller l.c. in der Anmerckung... Warum solle man nicht sagen können, daß auch GOtt selbst in allen seinen Thaten und Wercken (denn anders als durch diese könnten wir GOtt nicht erkennen) mit seinem eigenem Willen übereinkäme, und also gut sey? Ja, da solcher Gestallt die metaphysicalische Güte auch aller Geschöpfe, als göttlicher Wercke, auf diese Übereinstimmung GOttes, in allen seinen Thaten, mit dem letzten Zwecke seines Willens hinauslauffe, so sollte man vielmehr nach Müllers Definition mit der Schrifft Matth. 19, 17. Luc. 18, 29. sagen müssen: Niemand ist gut, als der einige GOtt. Und wenn auch Ridiger l.c. sage, daß die Güte eine Eigenschafft einer moralischen Sache sey, so wäre dieses noch kein würcklicher Wiederspruch. Denn jedes Ding würde nicht nur physice sondern auch moraliter betrachtet; folglich wäre die Güte eine Eigenschafft eines jeden Dinges.  
  II. Das physicalische Gute ist eine Übereinstimmung derer zu Hervorbringung und Erhaltung eines jeden natürlichen Dinges von GOtt geordneten Grund-Ursachen mit dem Wesen derer Dinge. Die Grund-Ursachen derer Dinge sind in Ansehung GOttes, der sie als Mittel zur Hervorbringung und Erhaltung derer Dinge frey und willkührlich bestimmet, zu solcher göttlichen Absicht in der Natur vollkommen dienlich und zureichend, und demnach gut.  
  {Sp. 1460}  
  Worinnen diese Art des guten an dem metaphysicalischen guten unterschieden, ist in dem vorhergehenden gezeiget worden. Von dem moralischen scheidet sichs dadurch, daß dieses nur auf die Übereinstimmung derer von GOtt zu denen Zwecken derer Menschen verordneten Mittel mit solchen Zwecken gehet. Auf das physicalische Gute zielet nach Müllers Metaph. … in der Anmerckung. Urtheil der Satz: Omne ens est bonum, nemlich, daß es so viel heisse, als: Omne ens est in se et natura sua perfectum. Scaliger. de Subtilit.
  III. Endlich das moralische Gute ist, wie gesaget, eine Übereinstimmung derer von GOtt zu denen Zwecken derer Menschen verordneten Mittel mit solchen Zwecken. Ein jeder Zweck des Menschen, auf welchen er seinen Vorsatz, und ein jedes Mittel, auf welches er seine Wahl zu richten zu haben meynet, wird in allgemeinem Verstande ein Gut genennet. Aristoteles Ethik. I. 1.
  Denn alles Verlangen zielet auf ein gutes, gleichwie aller Abscheu ein Übel zum Voraus setzet, es sey nun beydes würcklich dergleichen, oder nur ein Schein-Gut, ein Schein-Übel, wenigstens begehret der Mensch nie Mahls was, daß er nicht vor ein würckliches Gut hält, und verabscheuet nichts, daß er nicht vor ein würckliches Übel hält, wenn er auch gleich in beyden sich betrügen sollte.  
  Unter denen Zwecken, die der Mensch als Güter suchet, muß nothwendig ein letzter seyn, der nicht mehr eines fernern Zwecks, sondern um sein selbst willen ist. Dergleichen letzter Zweck kan unmöglich ein Schein-Gut seyn. Denn ein Schein-Gut hat ein grösser Übel hinter sich. Ein Zweck aber, der einen höhern hinter sich hat, dessen man sich verlustig machen kan, kan im geringsten nicht der letzte und höchste seyn. Es müssen dahero alle Schein-Güter und alle Schein-Übel unter denenjenigen Dingen, die wir als mittlere Zwecke suchen können, zu finden seyn, also, daß wenn wir besagte Dinge gegen dem letzten Zweck, als unser höchstes Gut halten, und sie als Mittel demselben gemäß befinden, sie vor wahrhaffte Güter, eben wie, wenn wir sie dem höchsten Gute wahrhafftig zuwieder befinden, vor wahrhaffte Übel gehalten werden müssen, vor Schein-Güter aber, wenn wir in Beurtheilung der besagten Verhältniß gegen das höchste Gut fehlen.  
  Da nun nicht nur unsere physicalische, sondern auch die moralische Natur von GOtt ist, so ist auch das wahre Gute von eben demselben, und ist also ein Wille GOttes, durch welche er dem Menschen seinen letzten Zweck und die völlige auf solchen Zweck abzielende Subordination derer Mittel verordnet, damit der Mensch dieselbe erkennen, nach deren Richtschnur sein willkührliches Verfahren einrichten, und hierdurch den Zweck seiner Glückseligkeit erlangen möge.  
  Das ist aber von urältesten Zeiten her die gröste Frage gewesen, worinnen jetzt beschriebenes höchstes Gut bestehe? Nach Augustini de Ciu. Dei … Aussage hat M. Varro angemercket, daß zu seinen Zeiten auf die 288. Meynungen vom höchsten Gute gewesen. Unter solcher Menge ist bey nahe nicht anders zu vermuthen, als daß manche darunter werden gewesen seyn, die kaum den Schein eines höchsten Guten gehabt.  
  Aristoteles Ethik. I. 2, saget, daß die gelehr-  
  {Sp. 1461|S. 748}  
  ten so wohl als die ungelehrten darinnen eins wären, daß das höchste Gut in der Glückseligkeit des Menschen bestehe. Frage man nun weiter, was sie denn unter der Glückseligkeit verstünden, so würde man von denen weisen Leuten gantz was anders als von dem gemeinen Manne hören. Einige fielen auf Sachen, welche die äusserlichen Sinne belustigten, als Wollust, Reichthum, Ehre, andere auf was anders; ja mancher auch auf etwas, das ihm besonders im Sinne läge und wünschte, als, ein krancker hielte vor sein höchstes Gut die Gesundheit, ein armer Reichthum, die sich ihrer Unwissenheit bewust wären, bewundere und schätze diejenigen glückselig, welcher über andere gelehret.  
  Diejenigen aber nun, so die Sache etwas genauer einsähen, urtheilten gantz anders von der Sache, und erkennten, daß ein anderes höchstes Gut sey, welches eben die bisher erzählten zu Gütern machte. Deswegen wäre es vergeblich, alle Meynungen derer Menschen von dem höchsten Gute zu erzählen, vielmehr wolle er nur die nahmhafft machen, welche die wichtigsten und vornehmsten wären.  
  Die, so man vor höchste Güter mit dem grösten Rechte umzugeben vermeynet, sind Weißheit, Tugend und die aus einem tugendhafften Leben entstehende Lust. Das erstere vertheidigten hauptsächlich Plato, das andere die Stoici und Aristotelici, und das letztere Epicurus mit ihren Schülern. Daß dieser Arten von einander unterschieden, auch eine accurater als die andere, ist gar leichte zu erkennen; indessen scheinen sie einander nicht zu wieder zu seyn, sondern vielmehr einander subordiniret, und folglich eines nur darunter das höchste Gut, die übrigen aber nur Mittel, zu denselben zu gelangen.  
  Es sind aber alle 3. so genau mit einander verbunden, daß eines ohne die übrigen beyden weder seyn noch nicht seyn kan, und also, wer eines von diesen dreyen als das höchste Gut denen Menschen anpreiset, die übrigen beyden, wenn er sich selbst nicht wiedersprechen will, daraus durch unstreitige Folge schliessen muß. Das ist eben die Ursache, warum so unterschiedlich auch die Secten derer Weltweisen in Ansehung des höchsten Guten, sie dennoch in denen Folgerungen mehr zusammen gekommen, wie z.E. solches aus  
 
  • Platone in Philebo.
  • Aristotele Ethik. …
  • Cicerone de Finibus I. und Tusc. Qu. III.
 
  zu ersehen. Deswegen auch unter denen Alten Aristoteles Ethik. … und unter den Neuern Franc. Piccolomineus Philos. vniu. de Moribus … aufrichtig bekennen, daß die 3. angeführten unterschiedlichen Meynungen zuletzt auf eines hinauslieffen. Was nun von diesen angegebenen höchsten Gütern zu halten, wird zu seiner Zeit unter jedem Worte vor Augen gestellet werden.  
  Jetzo wollen wir zu allgemeiner Beurtheilung des höchsten Gutes diejenigen Eigenschafften anzeigen, welche ein würckliches höchstes Gut haben muß. Ein höchstes Gut muß  
 
1.) um sein selbst Willen und nicht wegen eines andern fernern menschlichen Zweckes seyn. Denn so giebt sich von sich selbst, daß in letzten Falle solches kein höchstes Gut, sondern nur ein mittleres Gut könne genennet werden. Hieraus folgen zwey andere ungezweiffelte Kennzeichen eines höchsten Guts, das selbiges
 
 
2.) nur ein einiges sey. Mehrere können unmöglich seyn. Denn entweder müssen mehrere zusammen genommen das höchste
 
  {Sp. 1462}  
 
Gut seyn, so wäre solches so viel als eines; oder wären mehrere, deren jedes das höchste Gut wäre, so könnte man solches nicht begreiffen. Das höchste schliesset alles beygesetzte aus, denn sonst wäre es eben kein Höchstes.
 
 
Dieses beweiset Müller Ethic. … auch noch auf folgende Weise. Er sagt: wenn mehrere einander gleiche und einander nicht subordinirte höchste Güter wären (denn wären sie einander nicht subordiniret, so könnte nur eines davon das Höchste seyn) so müsten sie, da vermöge des vorhergehenden ersten Kennzeichens ein höchstes Gut seiner selbst wegen, und also schlechter Dings zu suchen wäre, entweder beyde oder nur eines von beyden schlechterdings zu suchen seyn. Wäre nur eines von beyden zu suchen, so müsten also die mehreren einander gleichen höchsten Güter der Wahl derer Menschen anheim gegeben seyn. Alle Wahl aber, als eine freye oder moralische Handlung des Menschen geschähe eines Zweckes wegen, und solcher Gestallt müste noch ein fernerer Zweck seyn, in dessen Absicht das eine derer vermeynten höchsten Güter vor den andern zu erwählen, oder doch das eine vor so gut als das andere zu achten wäre. Ein Gut aber, daß in Absicht auf einen fernern Zweck, und also nicht seiner selbst wegen zu suchen ist, könne kein höchstes Gut seyn
 
 
Wären sie aber schlechter Dings beyde zu suchen, so könnte also eines von beyden nicht das höchste Gut seyn, und es müsse folglich eine Ursache ihrer Verläumdung, nemlich eine fernere Absicht, die noch über beyde wäre, vorhanden seyn, welche durch das eine allein noch nicht erlanget wäre, und wegen welcher sie beyde bey einander seyn müsten, folglich könnten sie, auch zusammen, noch nicht das höchste Gut seyn.
 
 
3) Muß das höchste Gut ein solches seyn, daß der Mensch durch eine Nothwendigkeit seiner Natur begehre, und nicht anders könne. Wäre dieses nicht, so müste es in des Menschen freyer Macht stehen, solches höchste Gut zu begehren, oder nicht zu begehren, und der Mensch hätte folglich unter beyden die Wahl. Alle Wahl aber geschiehet in Absicht auf einen Zweck; das Gut nun, welches zu begehren oder nicht zu begehren in der Willkühr des Menschen stehet, muß noch etwas höheres über sich haben, um dessen Willen man es haben will oder nicht, also kan ein solches Gut noch nicht das höchste, sondern ein mitleres Gut seyn, wenn man noch wählen, und also nicht nothwendig begehren muß; dahingegen bey einem würcklichen höchsten Gute es so unmöglich, es nicht zu begehren oder haben wollen, daß bey dessen Verluste kein Trost mehr übrig, und also nothwendig die Verzweiflung erfolgen muß.
 
 
Soll also etwas das höchste Gut seyn, so muß es diese Probe aushalten. Bleibt es fest und unbeweglich, und die Begierde desselben durch eine natürliche Nothwendigkeit in der menschlichen Natur so gegründet, daß sie auf keine Weise ausgerottet oder auch nur verändert werden kan, so ist es das ächte höchste Gut. Und es kan auch nicht anders seyn. Denn würde das höchste Gut wancken oder hinweg fallen, so würde ein gleiches allen andern mitlern Zwecken wiederfahren. Derohalben muß das höchste Gut ein solches seyn, daß nicht allein die weisen und tugendhafften, sondern auch die unweisen und lasterhafften nothwendig verlangen. Denn in der Begierde des höch-
 
  {Sp. 1463|S. 749}  
 
sten Gutes, ist bey diesen zweyerley Menschen kein Unterscheid, sondern in denen Mitteln, durch welche sie das höchste Gut zu erlangen suchen:
 
  Aus diesen Gründen setzt Müller Ethic. … das höchste Gut in der Lust, wovon unter diesem Worte wir ausführlich zu handeln versprechen.  
  Ridiger Philos. Pragmat. … und in der Zufriedenheit … setzt nach dem verschiedenen Zustande des Menschen ein dreyfaches höchstes Gut, nemlich  
   
  Übrigens werden die Mittel zur Erlangung des höchsten Gutes Güter genennet. Selbige theilt Aristoteles Ethik. … in Seelen- Natur- Glücks- Güter, von denen jeden unter ihrem Namen ein mehrers. Müller Ethic. 3.
     

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Stand: 25. März 2013 © Hans-Walter Pries