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Quellenangaben |
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Gut, ist eine
Verhältniß derer
Dinge, in so
ferne sie nach ihrem allgemeinen
Wesen oder
ersten Grund-Ursachen betrachtet werden, gegen
einen
Willen. Ein gutes ohne Absicht auf einen
begehrenden Willen läst sich nicht begreiffen.
Was nun seinem
Zwecke zuträglich, das ist
gut. |
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Es ist das Gute dreyerley, ein
metaphysicalisches, physicalisches und
moralisches. Eine
Sache
ist entweder so beschaffen, wie sie ihrem
natürlichen
Zustande
nach denen Absichten
GOttes seyn soll, so ist sie
physicalisch gut; oder die
Menschen nehmen
solche Mittel
vor, welche von GOtt zur Erlangung eines
gerechten
Endzwecks gesetzet sind, und
das ist das moralische Gute. Doch dieses gehet
noch nicht aufs höchste, wohin es doch die
Metaphysic treibet. Darum sind die erzählten 3.
Arten des guten von einander
würcklich
unterschieden. Wir
wollen nun von jedem ins
besondere handeln. |
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I. Das metaphysicalische Gute läst sich nur
wie alle metaphysicalische Dinge, nach |
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{Sp. 1458} |
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seiner
Existentz betrachten. Alles ist in der
Natur
auf
gewisse
Zwecke gerichtet. Da nun
immer ein Zweck dem andern subordiniret ist, so
muß
nothwendig ein letzter seyn, welcher der
höchste. Dessentwegen wird die Güte,
Lat.
Bonitas, unter die Adtributa simplicia
metaphysicalischer Dinge gerechnet. |
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Es muß aber so ein allgemeines Gute geben,
weil so leichte nicht etwas ist, das nicht zu einem
Endzweck, nemlich Theils zur Erhaltung anderer
gegenwärtiger, Theils zu Hervorbringung anderer
zukünfftiger
Dinge augenscheinlich dienen, und
auf solchen Zweck seinem WesenWesen nach recht
eigentlich abgerichtet seyn
sollte. Die natürlichen
End-Ursachen sind immer eine der andern
subordiniret, endlich, und also muß eine letzte
seyn, welche, eben weil sie die letzte,
unendlich. |
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Weil nun denen
Menschen die Zwecke des
HErrn verborgen, als kan ein mehrers von
denenselben nicht begreiffen, als daß einer sey,
und ihn
GOtt wolle beobachtet wissen. Das ist
aber eben, wenn wir überhaupt
sagen,
GOttes Wille soll geschehen. Es ist also die Güte, von der
wir hier
reden, eine letzte
Übereinstimmung
derselben mit dem Willen GOttes, als ihrem
letzten Zwecke. Sie ist also von dem
moralischen
und physicalischen Guten darinnen
unterschieden, daß diese beyden eine
Übereinstimmung mit besondern nur mittlern
Zwecken sind, hingegen das metaphysicalische
Gute ist eine Übereinstimmung aller Dinge
überhaupt mit dem allgemeinen und letzten
Zwecke, daß GOttes Wille geschehe. |
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Da nun die
gantze erschaffene
Natur
entweder aus bloß mechanischen oder aus
belebten Geschöpffen bestehet, so
theilt sich das
metaphysicalische Gute hiernach in zwey
Theile.
Die belebten Geschöpffe sind wiederum entweder
vernünfftige oder vernunfftlose. In gegenwärtiger
Betrachtung haben die letztern mit denen bloß
mechanischen gemein, daß sie keinen
Willen
haben, folglich die in ihnen gelegte Güte nicht
verhindern können. Eine andere Bewandschafft
hat es mit denen vernünfftigen Geschöpffen.
Diese haben einen
freyen Willen, durch welchen
sie die Freyheit
haben, ihre
Kräffte entweder dem
Willen GOttes gemäß, und also gut, oder
demselben zuwieder, und also
böse
gebrauchen
können, auch würcklich gebrauchen. |
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Daher ist es also gekommen, daß die
vernünfftigen Geschöpffe nicht durchgehends
unveränderlich in derjenigen Güte, in welcher
GOtt sie Anfangs erschaffen, geblieben, sondern
die Freyheit ihres Willens mißgebrauchet, und
denen von GOtt ihnen gesetzten Zwecken
zuwieder handeln.
Regierte nun GOtt nicht noch
gegenwärtig die
Welt, so würden solche böse
Handlungen derer
Menschen auch dem letzten
Zwecke oder allgemeinem Willen GOttes
entgegen seyn; so aber setzt GOtt denen bösen
Thaten derer Menschen ein Ziel. Dessen
Weisheit
weiß alles böse so wohl hier zeitlich als dort ewig
zum besten zu wenden, und also gut zu
machen. |
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Es giebt also zweyerley metaphysicalisches
Gute. Alle
Dinge, in so weit GOtt ihr
Urheber ist,
sind gut. Denn wie könnte GOtt was gewollt und
gethan haben, daß seinem letzten Zwecke
zuwieder: Weil aber auch, wenn ja die
vernünfftigen Geschöpffe ihre Freyheit
mißbrauchen, dennoch GOttes allerweiseste
Regierung solches zum besten kehret, so
nimmt |
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{Sp. 1459|S. 747} |
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dahero Müller Metaph. …
Gelegenheit, die
Güte derer Dinge in die ursprüngliche und
wiedererstattete
einzutheilen, also, daß diese von
dem letztern, jene aber von dem erstern zu
verstehen. |
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Hieraus folget nun, daß alle Entia qua talia, das ist, alle
metaphysicalische Dinge gut sind. Es
erhellet daraus, wie den metaphysicalischen
Grund-Satz: Omne
ens, quatenus ens est, est
bonum, noch nicht über den Hauffen werffe, wenn
dagegen eingewendet wird, wie es Kranckheit,
Sünde, Thorheit und andere dergleichen
physicalische und
moralische
Übel gäbe, welche
nicht gut seyn könnten. Müller l.c. … in der
Anmerckung sagt sehr wohl, es wären solche
nicht Entia per se seu quatenus entia, sondern
Entia per accidens, und gehöreten also nicht in die
Classe metaphysicalischer Dinge. |
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Dahin ziele auch, was die Peripatetici sagten,
daß in allem Übel zweyerley zu
erwägen sey,
erstlich eine physicalische
Bewegung, zum andern
ein
Mangel oder eine
Unordnung an derselben.
Die erste sey ein
würckliches Ding, und an sich
selber gut, die andere aber sey eine Priuatio, und
also mehr Unding als ein Ding. Da nun das Übel
nicht in dem erstern sondern in den andern
bestehe, so sey das Übel und dessen
Ursprung
und
Wesen nicht so wohl in
Entitate als vielmehr
in non-Entitate. |
- Scheibler Metaph. …
- Müller Metaph. I.
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Diese bisher beschriebene metaphysicalische Güte derer Dinge
will
Ridiger Philos. Pragmat. …
nicht gelten lassen. Erkennet keine andere als
eine moralische Güte derer Dinge. Hält es dahero
August Friedrich Müllern vor übel, daß derselbe
l.c. … auch eine metaphysicalische Güte derer
Dinge angebe. Ridiger l.c.
meynt, man könnte von
GOtt nicht sagen, daß er gut sey, weil nicht GOtt
sondern denen Creaturen zukäme, daß ihr
Thun
mit dem
göttlichen Willen übereinkäme. |
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Aber eben das
leugnet Müller l.c. in der
Anmerckung... Warum
solle man nicht sagen
können, daß auch GOtt selbst in allen seinen
Thaten und
Wercken (denn anders als durch
diese könnten wir GOtt nicht
erkennen) mit
seinem
eigenem Willen übereinkäme, und also gut
sey? Ja, da solcher
Gestallt die
metaphysicalische Güte auch aller Geschöpfe, als
göttlicher Wercke, auf diese Übereinstimmung
GOttes, in allen seinen Thaten, mit dem letzten
Zwecke seines Willens hinauslauffe, so sollte man
vielmehr nach Müllers
Definition mit der
Schrifft
Matth. 19, 17. Luc. 18, 29. sagen müssen:
Niemand ist gut, als der einige GOtt. Und wenn
auch Ridiger l.c. sage, daß die Güte eine
Eigenschafft einer
moralischen Sache sey, so
wäre dieses noch kein würcklicher
Wiederspruch.
Denn jedes Ding würde nicht nur physice sondern
auch moraliter betrachtet; folglich wäre die Güte
eine Eigenschafft eines jeden Dinges. |
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II. Das physicalische Gute ist eine
Übereinstimmung derer zu Hervorbringung und
Erhaltung eines jeden
natürlichen Dinges von
GOtt geordneten
Grund-Ursachen mit dem Wesen
derer Dinge. Die Grund-Ursachen derer Dinge
sind in Ansehung GOttes, der sie als
Mittel zur
Hervorbringung und Erhaltung derer Dinge frey
und willkührlich bestimmet, zu solcher göttlichen
Absicht in der
Natur
vollkommen dienlich und
zureichend, und demnach gut. |
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{Sp. 1460} |
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Worinnen diese Art des guten an dem
metaphysicalischen guten
unterschieden, ist in
dem vorhergehenden gezeiget worden. Von dem
moralischen scheidet sichs dadurch, daß dieses
nur auf die Übereinstimmung derer von GOtt zu
denen Zwecken derer Menschen
verordneten
Mittel mit solchen Zwecken gehet. Auf das
physicalische Gute zielet nach
Müllers Metaph. …
in der Anmerckung.
Urtheil der Satz: Omne ens est
bonum, nemlich, daß es so viel heisse, als: Omne
ens est in se et natura sua perfectum. |
Scaliger. de Subtilit. … |
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III. Endlich das
moralische Gute ist, wie
gesaget, eine Übereinstimmung derer von GOtt zu
denen Zwecken derer Menschen verordneten
Mittel mit solchen Zwecken. Ein jeder Zweck des
Menschen, auf welchen er seinen Vorsatz, und
ein jedes Mittel, auf welches er seine
Wahl zu
richten zu haben
meynet, wird in allgemeinem
Verstande ein Gut
genennet. |
Aristoteles
Ethik. I.
1. |
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Denn alles Verlangen zielet auf ein gutes,
gleichwie aller Abscheu ein
Übel zum Voraus
setzet, es sey nun beydes
würcklich dergleichen,
oder nur ein Schein-Gut, ein Schein-Übel,
wenigstens
begehret der Mensch nie Mahls was,
daß er nicht vor ein würckliches Gut hält, und
verabscheuet nichts, daß er nicht vor ein
würckliches Übel hält, wenn er auch gleich in
beyden sich betrügen
sollte. |
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Unter denen Zwecken, die der Mensch als
Güter suchet, muß
nothwendig ein letzter seyn,
der nicht mehr eines fernern Zwecks, sondern um
sein selbst willen ist. Dergleichen letzter Zweck
kan
unmöglich ein Schein-Gut seyn. Denn ein
Schein-Gut hat ein grösser Übel hinter sich. Ein
Zweck aber, der einen höhern hinter sich hat,
dessen man sich verlustig machen kan, kan im
geringsten nicht der letzte und höchste seyn. Es
müssen dahero alle Schein-Güter und alle Schein-Übel unter denenjenigen Dingen, die wir als
mittlere Zwecke suchen können, zu finden seyn,
also, daß wenn wir besagte Dinge gegen dem
letzten Zweck, als unser höchstes Gut halten, und
sie als Mittel demselben gemäß befinden, sie vor
wahrhaffte Güter, eben wie, wenn wir sie dem
höchsten Gute wahrhafftig zuwieder befinden, vor
wahrhaffte Übel gehalten werden müssen, vor
Schein-Güter aber, wenn wir in Beurtheilung der
besagten Verhältniß gegen das höchste Gut
fehlen. |
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Da nun nicht nur unsere physicalische,
sondern auch die moralische Natur von GOtt ist,
so ist auch das
wahre Gute von eben demselben,
und ist also ein
Wille GOttes, durch welche er dem
Menschen seinen letzten Zweck und die
völlige
auf solchen Zweck abzielende Subordination
derer Mittel verordnet, damit der Mensch dieselbe
erkennen, nach deren Richtschnur sein
willkührliches Verfahren einrichten, und hierdurch
den Zweck seiner
Glückseligkeit erlangen
möge. |
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Das ist aber von urältesten
Zeiten her die
gröste
Frage gewesen, worinnen jetzt
beschriebenes höchstes Gut bestehe? Nach
Augustini de Ciu. Dei … Aussage hat M. Varro
angemercket, daß zu seinen Zeiten auf die 288.
Meynungen vom höchsten Gute gewesen. Unter
solcher Menge ist bey nahe nicht anders zu
vermuthen, als daß manche darunter werden
gewesen seyn, die kaum den Schein eines
höchsten Guten gehabt. |
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Aristoteles
Ethik. I. 2, saget, daß die
gelehr-
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{Sp. 1461|S. 748} |
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ten so wohl als die
ungelehrten darinnen eins
wären, daß das höchste Gut in der
Glückseligkeit
des Menschen bestehe. Frage man nun weiter,
was sie denn unter der Glückseligkeit verstünden,
so würde man von denen weisen Leuten
gantz
was anders als von dem gemeinen
Manne hören. Einige fielen auf
Sachen, welche die
äusserlichen
Sinne belustigten, als
Wollust,
Reichthum,
Ehre, andere auf was anders; ja
mancher auch auf etwas, das ihm besonders im
Sinne läge und wünschte, als, ein krancker hielte
vor sein höchstes Gut die Gesundheit, ein
armer
Reichthum, die sich ihrer Unwissenheit bewust
wären, bewundere und schätze diejenigen
glückselig, welcher über andere
gelehret. |
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Diejenigen aber nun, so die
Sache etwas
genauer einsähen,
urtheilten gantz anders von der
Sache, und
erkennten, daß ein anderes höchstes
Gut sey, welches eben die bisher erzählten zu
Gütern machte. Deswegen wäre es vergeblich,
alle
Meynungen derer Menschen von dem
höchsten Gute zu erzählen, vielmehr wolle er nur
die nahmhafft machen, welche die wichtigsten und
vornehmsten wären. |
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Die, so man vor höchste Güter mit dem
grösten
Rechte umzugeben vermeynet, sind
Weißheit,
Tugend und die aus einem
tugendhafften
Leben entstehende
Lust. Das
erstere vertheidigten hauptsächlich Plato, das
andere die Stoici und Aristotelici, und das letztere
Epicurus mit ihren
Schülern. Daß dieser
Arten von
einander unterschieden, auch eine accurater als
die andere, ist gar leichte zu erkennen; indessen
scheinen sie einander nicht zu wieder zu seyn,
sondern vielmehr einander subordiniret, und
folglich eines nur darunter das höchste Gut, die
übrigen aber nur Mittel, zu denselben zu
gelangen. |
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Es sind aber alle 3. so genau mit einander
verbunden, daß eines ohne die übrigen beyden
weder seyn noch nicht seyn kan, und also, wer
eines von diesen dreyen als das höchste Gut
denen Menschen anpreiset, die übrigen beyden,
wenn er sich selbst nicht wiedersprechen will,
daraus durch unstreitige Folge
schliessen muß.
Das ist eben die
Ursache, warum so
unterschiedlich auch die Secten derer
Weltweisen
in Ansehung des höchsten Guten, sie dennoch in
denen Folgerungen mehr zusammen gekommen,
wie
z.E. solches aus |
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- Platone in Philebo.
- Aristotele Ethik. …
- Cicerone de Finibus I. und Tusc. Qu. III.
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zu ersehen. Deswegen auch unter denen
Alten Aristoteles Ethik. … und unter den Neuern
Franc. Piccolomineus Philos. vniu. de Moribus
…
aufrichtig bekennen, daß die 3. angeführten
unterschiedlichen
Meynungen zuletzt auf eines
hinauslieffen. Was nun von diesen angegebenen
höchsten Gütern zu halten, wird zu seiner
Zeit
unter jedem
Worte vor Augen gestellet werden.
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Jetzo wollen wir zu allgemeiner Beurtheilung des höchsten Gutes diejenigen
Eigenschafften anzeigen, welche ein
würckliches
höchstes Gut haben muß. Ein höchstes Gut
muß |
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1.) |
um sein selbst
Willen
und nicht wegen eines andern fernern
menschlichen
Zweckes seyn. Denn so giebt sich von sich selbst,
daß in letzten Falle solches kein höchstes Gut,
sondern nur ein mittleres Gut könne genennet
werden. Hieraus folgen zwey andere
ungezweiffelte Kennzeichen eines höchsten Guts,
das selbiges |
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2.) |
nur ein einiges sey.
Mehrere können
unmöglich seyn. Denn entweder
müssen mehrere zusammen genommen das
höchste |
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{Sp. 1462} |
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Gut seyn, so wäre
solches so viel als eines; oder wären mehrere,
deren jedes das höchste Gut wäre, so könnte man
solches nicht begreiffen. Das höchste schliesset
alles beygesetzte aus, denn sonst wäre es eben
kein Höchstes. |
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Dieses
beweiset Müller Ethic. … auch noch auf folgende Weise. Er sagt:
wenn mehrere einander gleiche und einander
nicht subordinirte höchste Güter wären (denn
wären sie einander nicht subordiniret, so könnte
nur eines davon das Höchste seyn) so müsten sie,
da vermöge des vorhergehenden ersten
Kennzeichens ein höchstes Gut seiner selbst
wegen, und also schlechter Dings zu suchen
wäre, entweder beyde oder nur eines von beyden
schlechterdings zu suchen seyn. Wäre nur eines
von beyden zu suchen, so müsten also die
mehreren einander gleichen höchsten Güter der
Wahl
derer Menschen anheim gegeben seyn. Alle Wahl aber, als eine freye oder
moralische
Handlung des Menschen geschähe eines
Zweckes wegen, und solcher
Gestallt müste noch
ein fernerer Zweck seyn, in dessen Absicht das
eine derer vermeynten höchsten Güter vor den
andern zu
erwählen,
oder doch das eine vor so gut als das andere zu achten wäre. Ein Gut aber, daß
in Absicht auf einen fernern Zweck, und also nicht seiner selbst wegen zu suchen
ist, könne kein höchstes Gut seyn |
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Wären sie aber schlechter
Dings beyde zu suchen, so könnte also eines von
beyden nicht das höchste Gut seyn, und es müsse
folglich eine
Ursache ihrer Verläumdung, nemlich
eine fernere Absicht, die noch über beyde wäre,
vorhanden seyn, welche durch das eine allein
noch nicht erlanget wäre, und wegen welcher sie
beyde bey einander seyn müsten, folglich könnten
sie, auch zusammen, noch nicht das höchste Gut
seyn. |
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3) |
Muß das höchste Gut ein
solches seyn, daß der Mensch durch eine
Nothwendigkeit seiner
Natur
begehre, und nicht
anders könne. Wäre dieses nicht, so müste es in
des Menschen freyer
Macht stehen, solches
höchste Gut zu begehren, oder nicht zu begehren,
und der Mensch hätte folglich unter beyden die
Wahl. Alle Wahl aber geschiehet in Absicht auf
einen Zweck; das Gut nun, welches zu begehren
oder nicht zu begehren in der
Willkühr des
Menschen stehet, muß noch etwas höheres über
sich haben, um dessen Willen man es haben
will
oder nicht, also kan ein solches Gut noch nicht
das höchste, sondern ein mitleres Gut seyn,
wenn man noch wählen, und also nicht
nothwendig begehren muß; dahingegen bey
einem würcklichen höchsten Gute es so
unmöglich, es nicht zu begehren oder haben
wollen, daß bey dessen
Verluste kein Trost mehr
übrig, und also nothwendig die Verzweiflung
erfolgen muß. |
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Soll also etwas das
höchste Gut seyn, so muß es diese Probe
aushalten. Bleibt es fest und unbeweglich, und die
Begierde desselben durch eine natürliche
Nothwendigkeit in der menschlichen Natur so
gegründet, daß sie auf keine Weise ausgerottet
oder auch nur
verändert werden kan, so ist es das
ächte höchste Gut. Und es kan auch nicht anders
seyn. Denn würde das höchste Gut wancken oder
hinweg fallen, so würde ein gleiches allen andern
mitlern Zwecken wiederfahren. Derohalben muß
das höchste Gut ein solches seyn, daß nicht allein
die weisen und
tugendhafften, sondern auch die
unweisen und lasterhafften nothwendig verlangen.
Denn in der Begierde des höch- |
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{Sp. 1463|S. 749} |
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sten Gutes, ist bey diesen zweyerley Menschen kein
Unterscheid, sondern in denen
Mitteln, durch welche sie das höchste Gut zu
erlangen suchen: |
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Aus diesen
Gründen setzt
Müller Ethic. … das höchste Gut in der
Lust,
wovon unter diesem
Worte wir ausführlich zu
handeln versprechen. |
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Ridiger Philos. Pragmat. … und in der Zufriedenheit …
setzt nach dem
verschiedenen
Zustande des Menschen ein dreyfaches höchstes
Gut, nemlich |
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Übrigens werden die Mittel zur Erlangung des
höchsten Gutes
Güter genennet. Selbige theilt
Aristoteles Ethik.
… in Seelen- Natur- Glücks- Güter, von denen jeden unter ihrem
Namen ein
mehrers. |
Müller Ethic. 3. |
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