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Zedler: Leipzig [10] HIS-Data
5028-
16-1652-18-10
Titel: Leipzig [10]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 16 Sp. 1754
Jahr: 1737
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 16 S. 888
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Folgender Artikel: Leipzig [11]
Hinweise:
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Stichworte Text Quellenangaben
1631 Den 20. Ian. des 1631. Jahres fieng man an vor dem Grimmischen Thore eine Schantze aufzuwerffen, in gleichen die Gatter und Schläge zu verfertigen. Weiter nahm der Rath die Schlüssel zu denen Thoren von denen, die sie in Verwahrung hatten, zu sich, und stellte sie denen Viertheils-Herren zu, welche alle Zeit bey Öffnung und Schlüssung derer Thore selbst gegenwärtig seyn, die Schlüssel aber also bald wieder zu sich nehmen, und dem Bürger-Meister überantworten sollten; welches denn auch so geschahe, und der Viertheils-Meister, so die Schlüssel abhohlete, alle Zeit mit einer Wache begleitet wurde.
  • Heidenreich ...
  • Vogel l.c. ...
  Im Februario und folgendem Monathe ward auch der im vorhergenden Tage ausgeschriebene Fürsten-Tag zu Leipzig gehalten. Vogel l.c. ...
  Den 5. Febr. ward das Leipzigische Defension-Werck gemustert, folgends in die Riter- und Nicols-Strassen einqvartiret, und hernach 154. Mann auf die Wache geführet; die Thor-Schlüssel aber dem Haupt-Manne auf der Festung in Verwahrung gegeben, und anbefohlen; welcher sie auch gebührlich in Acht nahm, und sich täglich nebst seinen zugeordneten bey Schlüssung und Eröffnung derer Thore finden ließ. Den 7. dieses Monaths wurden die Rott-Meister aufs Rath-Haus gefordert, und ihnen angemeldet, daß die Bürgerschafft diejenigen, so zur Beschützung darinnen lägen, besolden sollte, welcher Sold auch den 4. Mertz von Hause zu Hause eingesammelt ward. Vogel l.c. ...
  Darauf wurden den 10. Febr. nach vorher gegangener Predigt die Berathschlagung des Fürsten-Tages angefangen und in denen folgenden Tagen damit fortgefahren. Vogel l.c. ...
  Endlich ward beschlossen, daß man sich in Verfassung stellen, und etliche Regimenter zu Pferde und zu Fusse anwerben sollte.
  • Vogel l.c. ...
  • Heidenreich.
  • Schneider
  • Theatr. Europ. II. ...
  • Nebel Chronogr. Decenn.
  • Schoch Leipz. Friedens- und Kriegs-Schäfferey ...
  • Zeiller l.c.
  Den 19. Febr. ward vom Rathe der ernste Chur-Fürstliche Befehl gegen das Fast-Nachts-Wesen öffentlich angeschlagen. Vogel l.c. ...
  Im Mertz dieses Jahres ward auch zwischen denen Chur-Sächsischen, Chur- Brandenburgischen und  
  {Sp.1755|S. 889}  
  Landgräflich Heßischen Gottesgelehrten hier eine Unterredung gehalten, die ie doch nicht vor öffentlich angesehen werden durffte; sinte Mahl man sich nur vergliech, zu sehen, wie weit der Gegentheil nachgeben könnte. Die Stücke, worinnen man mit einander überein gekommen, hier anzuführen, fällt zu weitläufftig, können aber bey Vogeln l.c. ... nachgesehen werden. Weiter können auch hiervon nachgesehen werden Hoe Unvermeidliche Rettung der Gewissens-Frage: ob die Evangelischen dem Caluinismo zum besten die Waffen ergrieffen, und in omnem eventum allein um des Caluinismi Willen den hochnöthigen Frieden im heiligen Römischen Reiche ausschlagen, hingegen mit denen blutigen Waffen fortfahren können und sollen, wieder das so genannte Oraculum Dodonaeum und Kromayer Adpend. Locor. Anti-Syncretistic. ... nebst andern mehr.
  Den 13. Mertz ward eine Tax-Ordnung bekannt gemacht, und angeschlagen, wie theuer denen Chur-Sächsischen Soldaten die benöthigten Eß-Waaren, Getraide und andere Sachen verkaufft werden sollte. Vogel l.c. ...
  Den 28. Mertz ward ein Courier von denen zu Leipzig versammelten Ständen mit der Versammlung Abschiede und Schlusse abgefertigt. Vogel l.c. ...
  Den 2. April ward endlich der genommene Abschied und Schluß dieser Versammlung verfertiget, und eröffnet, und den 3. April ein Schluß- und Dancksagungs-Predigt gehalten. Vogel l.c. ...
  Den 22. Iulii kam der Chur-Fürst aber Mahls nach Leipzig, und weil ihm hinterbracht worden war, wie die eingelegte Soldaten aller Hand Muthwillen verübten, ließ er den 24. Iulii Nachts um 9. Uhr auf öffentlichen Marckte bey der Wage eine Iustitz aufrichten. Vogel l.c. ...
  Im August ließ auch gedachter Chur-Fürst, welcher von denen gesammten Evangelischen Reichs-Ständen zum Generalissimo oder obersten Feld-Herrn erklärt worden war, vor dem Hällischen Thore hinter der Gerber-Gasse bis fast an Breitenfeld ein Lager abstechen, und die Qvartiere mit eingesteckten Fahnen abzeichnen, auch die geworbenen Völcker daselbst zusammen bringen, daß man dem Kayserlichen und Ligistischen Heere, wenn es ja allen Falls fortrücken und etwas versuchen mögte, desto besser begegnen könnte. Vogel l.c. ...
  Den 21. August wurden die Kauff-Leute und Kramer vor den Rath gefordert, und ihnen ernstlich befohlen, keine Zeitungen an andere Örter zu schreiben. Gleiches machte auch der Rector Magnificus durch öffentlichen Anschlag bekannt.
  • Heidenreich ...
  • Vogel l.c. ...
  Kaum hatte sich der Chur-Fürst mit seinem Heere nach der Elbe gewandt, so lieffen schon von andern Orten mancherley betrübte Nachrichten ein. Diese verursachten so grosses Schröcken, daß viele von der hohen Schule, wie auch einige Raths-Verwandte, auch die meisten vermögenden Bürger mit ihren Weibern und Kindern und bestem Vermögen flüchtig wurden. Es blieben also auch wenig Studenten und Professores in der Stadt; die Vorstädter aber schafften ihre Sachen in möglichster Eile hinein. Vogel l.c. ...
  Den 25. Tag dieses Monaths streifften die Tyllischen sehr nahe vor Leipzig, und liessen sich schon  
  {Sp.1756}  
  bey Lindenau sehen; des Wegen die Thore so gleich gesperret, und die gantze Bürgerschafft aufgeboten ward. Vogel l.c. ...
  Den 29. August früh Morgens nach 8. Uhr schickte der Graf Tylli einen Qvartier-Meister mit einem Schreiben nach Leipzig, begerte von der Stadt täglich 80000. Pfund vor das Kayserliche Kriegs-Heer, und ließ dabey mündlich entbieten, wo man es ihm nicht in der Güte entrichten würde, wollte er es mit Gewalt hohlen. Es ward ihm aber vom Rathe zur Antwort gegeben: dieses stünde nicht in der Stadt Willen und Vermögen, sondern müste zuvor dem Chur-Fürsten, welchen sie mit Eid und Pflicht zugethan wäre, berichtet, und dessen Entschluß darüber erwartet werden. Der Graf ließ hierauf die Stadt mit einer starcken Reuterey berennen, welche ihre Schild-Wachen bis an die Thore ausgestellt hatte, sonst aber verschiedene streiffende Parteyen ausschickte.  
  Der Rath ließ in dessen das Geschütze auf die Pasteyen führen, die Schüß-Löcher auf denen Mauern ausbessern, die eingefallene Brust-Wehren mit Fässern, die mit Erde ausgefüllet waren, ergäntzen, die ledigen Hand-Wercks- Pursche bewehren, und alles, was zur Gegenwehr und Beschützung der Stadt nöthig und nützlich erachtet ward, mit Fleisse zurüsten. Den 30. dieses gegen Abend kamen vier Compagnien von dem Ausschusse unter dem Oberst-Lieutenant von der Pforte in die Stadt, welche nebst denen andern darinne liegenden und der Bürgerschafft täglich auf die Wache giengen, und sich angelegen seyn liessen, die Stadt in Acht zu nehmen.  
  Gegen Thor-Schluß schickte der Graf Tylli aber Mahls seinen General Qvartier-Meister vor die Stadt, und begerte nicht allein wegen vor Mahls verlangter Prouiant-Lieferung schleunigst Antwort, sondern maßte auch der Stadt an, eine Anzahl Soldaten einzunehmen, und zu verpflegen; darauf sich der Rath des folgenden Tages erklärte: er könnte ohne Vorwissen des Chur-Fürsten nicht das geringste verwilligen, und müste demselben erst davon Bericht erstattet werden.  
  Diese abschlägige Antwort empfand der General Tilly sehr übel, und ließ sich demnach den 3. Septembr. früh Morgens mit seinem gantzen Heere, 40000. Mann starck, vor der Stadt sehen, und verlegte die Strassen und Pässe um selbige. Als nun die hohe Schule und der Rath aber Mahls begerter Massen etliche hinausschickten, verlangte er noch Mahls vorgedachtes Qvartier und Prouiant gantz glimpflich, und drohete in dessen Verweigerung die Stadt so lange, bis ihm gnug geschähe, mit äusserster Macht zu verfolgen.  
  Als nun in der Stadt so lange, bis Chur-Fürstliche Hülffe käme, der einmüthige Schluß zum fechten erfolgte, näherte er sich der Stadt mehr und mehr, und machte alle Anstallt zur Belagerung, ließ noch selbigen Tages vor Pfaffendorff etliche Stücke grobes Geschützes und Feuer-Mörser pflantzen, auch auf der Höhe bey Euteritsch, denen belagerten hierdurch allen Entsatz abzuschneiden, etliche starcke Schantzen aufwerffen. Unter dessen liessen sich die belagerten eben Falls nicht faul finden, spielten mit dem grossen Geschütze hefftig hinaus, und verschütteten die Thore. Eben denselben Tag hörten die Seiger auf zu schlagen, und wurden  
  {Sp.1757|S. 890}  
  auch währender Belagerung keine Glocken angezogen.  
  Den 4. Septembr. schickte der Feind wieder einen Trompeter in die Stadt, und ließ sein voriges Ansuchen noch Mahls wiederhohlen, setzte auch nicht mehr als eine Stunde Bedenck-Zeit; es ward ihm aber zur Antwort: die Bürgerschafft hätte sich einmüthig zum fechten erkläret; bald nach geendigter Früh-Predigt ward Lermen geschlagen, und ein iedes zur Gegenwehr aufgefordert; wodurch die Leute, so noch in der Kirche waren, nicht wenig erschröckt wurden.  
  Es ward auch, wie wohl ohne ohne des Raths Vorbewust, in denen Vorstädten Feuer angelegt, und dieselben dadurch meisten Theils nebst der Gerber-Gasse, der neu erbaueten Capelle mit dem Spitale zu St. Georgen, dem Schüß-Graben vor dem Peters-Thore, denen zwey Wasser- Künsten und der Nonnen-Mühle eingeäschert; die Johannis-Kirche aber, welche auch angezündet werden sollen, blieb nebst dem Spitale durch des Feindes löschen, welcher sich derer Häuser in denen Vorstädten zu seinem Nutzen bedienen wollte, unversehrt stehen.  
  Je doch begegnete man ihm aus dem groben Geschütze, Musqueten und Doppelhacken von denen Mauern und Pasteyen so tapfer, daß er in seinem Vorhaben gehindert ward, und diesen Tag über 300. Mann verlor, auch dem General Tylli an der Seite ein Lieutenant weggeschossen ward. Dieser ward des Wegen sehr entrüstet, und ließ nach Mittage aus halben Carthaunen und kleinern Stücken hefftig in die Stadt spielen, auch des Abends viele Feuer- Kugeln und Granaten zu 40. bis 60. Pfunden einwerffen.  
  Dem ungeachtet feyerten die belagerten auch nicht, sondern antworteten tapfer, und geschahen in kurtzer Zeit nur aus dem groben Geschütze 216. Schüsse, deren wenig vergeblich waren. Man ließ auch selbige Nacht überall fleißig Wache halten, und öffnete die Kirchen, daß die Leute, sonderliche das Weibs-Volck und die Kinder hinein gehen, und darinne beten und singen könnten.  
  Den 5. Sept. ließ der Feind die Stadt noch ein Mahl auffordern, mit angehänger Bedrohung, wo die belagerten nicht zur Güte schreiten, und die Stadt so gleich aufgeben würden, sondern es auf das äusserste und den Sturm ankommen lassen wollten, wollte er noch ärger mit ihr verfahren, als mit Magdeburg. Immittelst ließ er die Tuchbereitery oder Farbe im Rosenthale einnehmen, und daselbst zwey, und nicht weit vom Hällischen Thore vier grosse Stücke pflantzen, und alles zu Fällung derer Mauern fertig machen.  
  Als nun die belagerten den Ernst sahen, auch, weil alle Schreiben aufgefangen wurden, vom Entsatze keine gewisse Nachricht haben konnten, gieng endlich der Rath selbiges Tages mit der hohen Schule und dem Oberst-Lieutenant zu Rathe, wie der Sache zu thun wäre. Da man nun beschlossen und vor gut befunden hatte, mit dem Feinde wegen Übergabe der Stadt einen Vergleich zu treffen, so giengen darauf die abgeordnete von der hohen Schule, dem Rathe und der Bürgerschafft auf erhaltenes sicheres Geleite zum Grimmischen Thore hinaus in das Haupt-Qvartier, und schlossen noch selbigen Abends den Vergleich auf folgende Bedingungen:  
  1.) Sollte der Chur-Sächsische Oberst-Lieutenant von der Pforte mit seinem bey sich habenden Officirern und Volcke mit  
  {Sp.1758}  
  klingendem Spiele, Sack und Pack, auch Ober- und Unter-Gewehr und flügenden Fahnen abzühen, und der General Graf Tilly ihn auf drey Meil Weges an den Ort, welchen er morgenden Tages nennen würde, begleiten lassen, auch einen Paß ertheilen, bis er mit seinem Volcke zum Chur-Fürsten gestossen.  
  2.) Die hohe Schule, Stadt und Bürgerschafft sollten nicht mit mehrern Volcke, als zu Besetzung derer Stadt-Thore und Pforten nöthig wäre, belegt, auch die hohe Schule, Raths-Personen und andere bey dem Herkommen und denen ertheilten Chur-Fürstlichen Freyheiten gelassen werden.  
  3.) Die hohe Schule, der Rath und die Bürgerschafft sollten mit Plünderung, Rantzion und andern Auflagen gäntzlich verschonet, und denen Soldaten und Officirern ernstlich verboten werden, sich aller Thätlichkeiten gegen dieselben zu enthalten.  
  4.) Sollte die hohe Schule, der Rath und die Bürgerschafft auch sonst bey allen ihren Begnadigungen, Rechten und Gerechtigkeiten, Übungen und Freyheiten unverändert und unverrückt gelassen, und dawieder keiner beschweret werden.  
  5.) Sollte man der Handlung ihren ungesperrten Lauff lassen, und keinen an seiner häuslichen Nahrung hindern, oder mit neuen Auflagen beschweren.  
  6.) Die hohe Schule, Rath und Bürgerschafft mit andern Pflichten, als sie bereits auf sich hätten, nicht belegen.  
  7.) Im Glauben und Gottes-Dienste nichts ändern, sondern die hohe Schule, den Rath und die Bürgerschafft dabey, wie sie hergebracht seyen, erhalten.  
  8.) Alle Thätlichkeiten und Excesse, so etwa vorgegangen seyn möchten, vergessen, und solche weder der hohen Schule noch dem Rathe und der Bürgerschfft entgelten lassen, oder zu einigem Schaden u. Nachteile deuten.  
  9.) Jedem von der hohen Schule, dem Rathe und der Bürgerschafft frey und nachlassen, sich mit denen ihrigen ihrer Gelegenheit nach weg- und an andere Örter zu begeben, auch frey ab- und zu zu zühen.  
  10.) Weil auch die dieser Stadt, der hohen Schule, denen Spitalen und andern Bürgern und Einwohnern zuständige Dorffschafften und Güter bisher mit Brand, Einqvartirung und Plünderung sehr verderbet worden, dieselbe um sich wieder zu erhohlen in Acht nehmen.  
  11.) Der Bürgerschafft und andern Einwohnern nachlassen, daß sie  
  {Sp.1759|S. 891}  
  dasjenige, so sie in ihren noch stehenden oder abgebrannten Häusern und Gärten vor dem Thore hätten, ihrem besten nach an sichere Örter verschaffen mögten; denen Soldaten aber ernstlich verbieten, daß sie sich aller Plünderung und Abnahme gegen sie enthielten.  
  12.) Sich des Geschützes und der Munition, auch derer Glocken und dergleichen Zubehörungen nicht anmassen, auch den Rath und die Bürgerschafft eben so wohl dabey als bey anderer ihrer Armatur lassen.  
  13.) Sollte der Oberst-Lieutenant von seinem bey sich habenden und hereingebrachten Volcke dem Haupt-Manne auf der Pleissenburg nichts überlassen, sondern dasselbe wie verglichen worden, mit sich wegführen.  
  14.) Sollten alsobald nach Vollzühung dieser Stücke 200. Mann Kayserliche in das Peters-Thor eingenommen, sonst aber, ehe der Oberst-Lieutenant mit seinem Volcke abgezogen wäre, weiter nichts hineingelasssen, sondern bis dahin verschoben, auch mit Einlegung derer Kayserlichen so angestellet werden, daß gemeine Stadt und Bürgerschafft dadurch nicht zu sehr beschweret, sondern darinnen eine solche Erträglichkeit, wie in andern Stücken, gehalten würde.  
  Den folgenden 6. Sept. zog die Leipziger Defension-Fahne auf die Pleissenburg, die andern 5. Fahnen aber unter dem Oberst-Lieutenant mit Sack und Pack, Ober- und Unter-Gewehr, klingendem Spiele, flügenden Fahnen und brennender Lunte zum Peters-Thore hinaus, und wurden von denen Kayserlichen bis an Eilenburg begleitet. Dagegen zogen nach Mittage 1000. Kayserliche ohne Trommel-Schlag in die Stadt ein, und besetzten die Wachen in denen Thoren und auf denen Pasteyen, die andern aber lagerten sich auf den Marckt und in die nächstgelegenen Gassen.  
  Weil sie auch wahrgenommen hatten, daß die Leipzigische Defensions-Fahne über die Zug-Brücke ins Schloß gezogen war, und der Schloß-Haupt-Mann auf der Pastey drey Fahnen flügen ließ, gaben sie dem Rathe zu erkennen, daß dieses wieder den gemachten Vergleich lieffe, und verursachen würde, daß die Stadt mit vier bis fünf tausend Mann besetzt werden müste. Solche schwere Einqvartirung aber und die grosse Gefahr, so bey Angrieffe und Bestürmung des Schlosses zu besorgen stünde, abzuwenden, mögten einige an den Haupt-Manne abgeordnet werden, die vernehmen sollten, ob der das Schloß aufgeben, oder die Besatzung bis auf 40. Mann abschaffen wollte, damit der Stadt nicht grössere Gefahr und Beschwerung zugezogen werden mögte.  
  Ob sich nun wohl der Rath, ungeachtet ihm dergleichen zum dritten Mahle zugemuthet werde, ieder Zeit entschuldigte, wie er dem Haupt-Manne, welcher unmittelbar unter dem Chur-Fürsten stünde, nichts zu gebieten hätte, auch über dieses die Festung geschlossen, und ihm der Zu-  
  {Sp.1760}  
  tritt verwehret sey; so schickte er doch endlich auf so offt wiederhohltes Ansuchen den Syndicum aufs Schloß, und ließ dem Haupt-Manne das Begeren derer Kayserlichen hinterbringen. Doch beschloß der Syndicus mit denen Worten: Es hätte der Rath nicht Umgang nehmen können, solches anmelden zu lassen; er würde aber am besten wissen, was ihm des Falls zu thun stünde und zu verantworten wäre.  
  Unter der Zeit kam Kundschafft, wie die Schwedischen und Sächsischen Kriegs-Heere starck im Abzuge begrieffen wären. Ob nun wohl der Haupt-Mann auf der Pleissenburg eigentlich sehen, und vernehmen konnte, wie die Kayserlichen ins freye Feld rückten, so gab er doch bey Aufforderung derer Kayserlichen General-Commissarien aus blosser Furcht und Zaghafftigkeit die wohlversehene Festung den 7. Sept. durch einen Vergleich auf. Worauf die Fahne Defensioner ab, hingegen etliche hundert Mann von denen Kayserlichen hineinzogen, welche denen Chur-Fürstlichen Trabanten, so noch im Schlosse waren, das Gewehr abnahmen, und sie heraus jagten.
  • Chron. Epp. Merseb. ... bey von Ludewig Reliqq. MSSCr. Diplom. Tom. IV. ...
  • Zeiller Topogr. Sax. sup. ...
  • Vogel l.c. ...
  Mittler Weile gieng das blutige Treffen mit denen Schweden und Sachsen vor sich, und man konnte in Leipzig so wohl das Schreyen derer streitenden eigen hören, als die eingerissene Unordnung von denen Thürmen, Collegiis, Mauern und andern hohen Gebäuden gar genau sehen. Noch diesen Abend kamen viele beschädigte und verwundete dahin, den folgenden Tag aber rückten 10. Fahnen Fuß-Volck in aller Stille in die Stadt, und brachten 40. Bagage-Wagen nebst zwey grossen Stücken mit sich, lagerten sich auch hin und wieder aufs Schloß, auf den Marckt und auf die Gassen unter freyen Himmel; die Pferde aber blieben Tag und Nacht vor denen Wagen gespannt, von denen auch viele, weil sie übertrieben worden waren, umfiellen und hernach in des Raths Zimmer-Hofe verscharrt wurden. Vogel l.c. ...
  Nach erhaltenem Siege rückten der König und Chur-Fürst mit ihren Heeren wieder vor die Stadt, darinnen der Oberste Wangler mit 1000. Mann, zu denen hernach noch viele aus der Schlacht geflohen waren, zur Besatzung lag. Dieser begerte sich wegen Übergabe der Stadt zu bedencken; des Wegen sich der König in Schweden wieder vom Chur-Fürsten trennte, und andere Örter unter den Fuß zu bringen suchte. Endlich gieng die Stadt nach dreytägiger Handlung durch einen Vergleich wieder an den Chur-Fürsten über.  
  Darauf begab sich die auf dem Schlosse gelegene Besatzung den 12. Sept. 350. Mann starck in die Stadt, aus welcher den 13. Sept. die gantze Kayserliche Besatzung über 3000. Mann starck, mit Sack u. Pack auch Ober- u. Unter Gewehre, ie doch mit eingewickelten Fahnen, ohne brennende Lunte und klingendes Spiel, durch das Peters-Thor, welches mit Chur-Fürstlichem Volcke besetzt war, hinaus zog. Davon begaben sich viele in Chur-Fürstliche Dienste, die übrigen aber musten vor dem Grimmischen Thore hinter dem Gottes-Acker einen Eid ablegen, sich wieder den König in Schweden, den Chur-Fürsten und dero Bundes-Verwandten weder in öffentlichen Kriegen, noch Rathschlägen ferner gebrauchen zu lassen, auch dero  
  {Sp.1761|S. 892}  
  Land und Leuten weder durch sich selbst, oder durch ihre Anstifftung heimlich oder öffentlich keinen Schaden zufügen wollten.  
  Es muste auch dem Rathe die abgenommene Munition, Kraut und Loth wiedergegeben, und was die Soldaten, sonderlich die Officirer verzehrt hatten, denen Wirthen vor ihrem Abzuge baar bezahlt werden. Hierauf wurden sie von denen Chur-Sächsischen an den bestimmten Ort begleitet, die Kayserlichen und Ligistischen Officirer aber, wie auch etliche Jesuiten und Mönche, die aus der Schlacht entrunnen waren, u. sich in die Stadt in Sicherheit begeben hatten, wurden nebst drey groben Stücken und aller Bagage, weil dieselben im Vergleiche nicht beniemet, bis auf weitere Anordnung angehalten, endlich aber wieder loßgelassen, und auf freyen Fuß gestellet. Bey dem Abzuge derer Kayserlichen machten sich etliche verwegene Leute am Peters-Thore an sie, riessen die Weiber und Jungen von denen Pferden, und riten ihrer 30. davon, doch wurden sie bald von etlichen Chur-Fürstlichen Officirern zurück gehalten und abgetrieben.  
  Nach Mittage um 3. Uhr zogen vier Fahnen Chur-Sächsisches Fuß-Volck in die Stadt, blieben des Nachts über auf dem Marckte, u. wurden des folgenden Tages nebst etlichen Reutern bey der Bürgerschafft einqvartirt. Der Chur-Fürst selbst gelange noch diesen Abend in der Stadt an, und rit des folgenden Tages in der Stadt herum, besichtigte eines und das andere, sonderlich die Thore und Pasteyen, und fragte nach verschiedenen Dingen, machte auch hin und wieder Anordnung.
  • Chron. Epp. Merseb. ... bey von Ludewig l.c. ...
  • Vogel l.c. ...
  Weil nun in und nach der Belagerung die Thore lange zugehalten wurden, und währender Zeit weder Ab- noch Zufuhre war, entstund grosser Mangel an Lebens-Mitteln. Wozu noch kam, daß sehr vieles auf die einqvartirte Soldaten gieng. Vogel l.c. ...
  Die verstorbene wurden Zeit währender Belagerung in und vor der Paulliner-Kirche und auf den Platz bey dem kleinen Fürsten-Collegio begraben. Vogel l.c.
  Demnach auch dem Chur-Fürsten hinterbracht worden war, als hätte die hohe Schule, der Rath und Bürgerschafft bey Übergabe der Stadt nicht allein ihre schuldige Pflicht nicht in Acht genommen, sondern auch den Haupt-Mann auf der Pleissenburg bereden helffen, daß er die Festung ohne alle Noth übergeben hätte, so empfand er solches sehr ungnädig, und ließ es so wohl der hohen Schule als dem Rathe ernstlich vorhalten, auch zugleich von ihnen begeren, daß sie innerhalb vier Stunden ihre Entschuldigungen darauf einbringen sollten. Nach dem man aber eine längere Frist, nehmlich einen Tag dazu anberaumt bekommen hatte, wurden so wichtige und bewegliche Gründe im Entschuldigungs-Schreiben angeführt, daß der Chur-Fürst sattsam vergnügt, und sich darauf wieder gnädigst gegen sie erklärte. Vogel l.c. ...
  Den 21. und 22. Septembr. ward durch gewisse Chur-Fürstliche abgeordnete eine scharffe Nachsuchung wegen derer hereingeflüchteten Kayserlichen und dererselben Sachen so wohl in der Stadt als bey der hohen Schule auf denen Collegiis gehalten, u. dasselbe, so irgendswo angetroffen ward, eingezogen, auch durch öffentlichen Trommel-Schlag bekannt gemacht, daß Niemand die noch vorhandenen Kayserlichen aufhalten, oder ihnen Unterschleiff verstatten sollte. Vogel l.c. ...
  In diesen  
  {Sp.1762}  
  Tagen ward auch so wohl von der hohen Schule als der Bürgerschafft eine ansehnliche Summe Geldes zusammen gebracht, und dem Chur-Fürsten zur Verehrung gereicht. Vogel l.c. ...
  Den 1. Octobr. zog die Bürgerschafft wieder auf, und die Defensioner, welche bisher die Thore besetzt gehalten hatten, wieder ab. So fieng man auch diesen Tag wieder an, die toden auf den Gottes-Acker zu begraben, und brachte ferner die Schantz-Körbe, welche die Kayserlichen vor denen Thoren gelassen hatten, in die Zwinger und um die Stadt, da sie sonderlich vom Peters-Thore an bis fast an die Hällische Pastey gesetzet wurden.
  • Heidenreich ...
  • Vogel l.c. ...
  Den 2. Octobr. ward das Grimmische und Ranstädter Thor, welche bis daher geschlossen gewesen waren, wieder eröffnet, und auch die Michaels-Messe eingeläutet, die ie doch, wie bey solchen Umständen leichte zu vermuthen, ob sie wohl gantzer 4. Wochen währte, sehr schlecht war. Vogel l.c. ...
  Nachgehends entstund eine gefährliche Seuche, welche viele Menschen hinraffte. Vogel l.c. ...
  Den 3. Nou. war wieder ein Erd-Beben, davon die Häuser sehr erschüttert, und die gantze Stadt rege wurde. Vogel l.c. ...
  Den 11. dieses Monaths ließ der Rath auf Anhalten der Bürgerschafft anfangen, die Wasser-Künste vor dem Peters-Thore wieder zu bauen, welche der Feind verwüstet hatte. Vogel l.c. ...
  Den 10. Dec. vermehrte der Rath die ehe Mahls wegen derer gemeinen Stadt-Wachen aufgesetze Verordnung, und ließ sie bekannt machen. Vogel l.c. ...
  In eben diesem Monathe kam der König in Schweden nach Leipzig und begab sich auf die Pleissenburg, ward auch so wohl von der hohen Schule als dem Rathe unterthänigst bewillkommet, auch von der erstern mit einer schwartz sammetnen und mit starcken goldenen Buckeln und Clausuren beschlagenen Bibel 85. Thaler werth, von diesem aber mit einer silbernen Güß-Kanne und grossem Becken auch zwey hohen silbernen Leuchtern 200. Thaler werth beschencket. Vogel l.c. ...
     

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Stand: 23. August 2016 © Hans-Walter Pries