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Zedler: Meyer HIS-Data
5028-20-1481-4
Titel: Meyer
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 20 Sp. 1481
Jahr: 1739
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 20 S. 748
Vorheriger Artikel: Meyenwald
Folgender Artikel: Meyer, Colonus
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

  Text  
  Meyer, Hof-Meyer, oder Hof-Meister, ist ein solcher Mann, welcher in der Bauerey, Acker-Arbeit und andern dergleichen Land-wirthlichen Geschäfften wohl erfahren und geübet ist, auch dahero bey weitläufftigen Gütern und Vorwercken zu besserer Bestellung der Haushaltung und Feld-Arbeit angenommen wird, welcher das Gesinde sammt den Fröhnern und Tagelöhnern zur Arbeit treulich anhalte, in Vorwercken und denen darzu gehörigen Gärten, Feldern, Höltzern und Wiesen, so viel an ihm ist, Nutzen schaffe, hergegen allen Schaden und Nachtheil äussersten Vermögens verhüte, und demselben zuvor komme.  
  Er stehe nun unter einem Amtmann, Schösser, Verwalter, Kornschreiber, oder andern Haushalter, oder unmittelbar, und solcher gestalt unter seiner Herrschafft, daß er selber unter dem Nahmen eines Hofmeisters, die Verwaltung eines Gutes oder Vorwerckes führet; so soll er eines mittelmäßigen Alters, nehmlich weder zu jung, noch zu alt, nicht schwach, blöde, noch baufällig oder unvermögend; sondern guter gesunder Natur und starcker Gliedmassen, auch so es seyn kan, eben in selbigem Lande, Gebiete oder Herrschafft, darinnen das Gut oder Vorwerck gelegen, gebohren und erzogen, und also des Grundes und Erdbodens desto mehr kundig und erfahren seyn.  
  Er soll so wohl den guten Ruff und Nahmen eines redlichen, aufrichtigen, getreuen, nüchternen, sparsamen und verträglichen Mannes und fleißigen Arbeiters, als dessen Weib einer guten Wirthin und Haus-Halterin haben, auch seine Kinder, da er deren hat, in guter Zucht und Gehorsam halten.  
  Er soll nicht befugt seyn, ohne eines Herrn, oder seines vorgesetzten Amtmanns oder Verwalters Vorbewust und Einwilligung  
  {Sp. 1482}  
  zu verreisen, oder über Nacht aus seiner Wohnung zu bleiben, auch niemand heimlich und ohne Erlaubniß beherbergen, ingleichen niemanden in seinem Dienste dulten und halten, als der zu seiner Herrschafft Nutzen und Aufnehmen dienstlich und beförderlich ist, und überhaupt sich um nichts bekümmern, als was ihm anvertrauet und befohlen ist, noch in andere vielweniger verbotene Händel sich mengen.  
  Er soll der letzte zu Beete, und der erste des Morgens wieder auf seyn; das Gesinde zu rechter Zeit aufwecken, und zur gebührenden Arbeit führen und anweisen. Abends vorher aber allezeit anordnen, und seinem Gesinde, ehe es schlaffen gehet, befehlen, was des folgenden Tages zu verrichten, und an was vor eine Arbeit ein jedes gehen soll.  
  Er soll ferner keine Neuerung oder Mißbräuche auf seiner Herrschafft Gut, Grund und Boden gestatten oder einreissen, noch in einigen Stücke zu seines Herrn Schaden und Nachtheil ihm vorgreiffen lassen, auch nicht zugeben, daß man Gehege oder Zäune ändere, noch weniger neue und ungewöhnliche Strassen und Wege durch dieselben fürnehme.  
  Insonderheit aber will einem Hofmeister gebühren, daß er guten Verstand und Wissenschafft von allerley Werckzeug, Hausrath, Schiff und Geschirre habe, auch selbiges im Nothfall verbessern und selbst zimmern und schnitzen könne, damit man nicht stracks mit allen Kleinigkeiten zum Wagner, oder zum Schmidt lauffen müsse, sondern selbsten in Ermangelung eines rechtschaffenen Schirrmeisters dessen Stelle vertreten und dessen Arbeit versehen könne; Siehe Schirrmeister.  
  Er soll auch alle ihm anvertraute Inventarien-Stücken an Schiff und Geschirre, sie haben Nahmen wie sie wollen, in guter Ordnung halten, auf dasjenige aber, was denen Knechten zum Inventario gegeben worden, zugleich fleißig Achtung haben, und was davon schadhafft wird oder gar zu Grunde gehet, ohngesäumt dem Verwalter oder der Herrschafft anzeigen, und dergleichen wieder anschaffen.  
  Er soll auch von allerhand Werckzeug und Geschirr, als  
 
  • Sägen,
  • Äxten,
  • Beilen,
  • Rade-Hacken,
  • Spitz-Hacken,
  • Schüppen,
  • Spaten,
  • Mist-Gabeln,
  • Wagen-Leisten,
  • Schwingen,
  • Ege-Zincken,
  • Pflug-Rädern etc.
  • Zügeln,
  • Seiten-Blättern,
  • Strängen
  • u.s.w.
  in seinem Inventario vorräthig haben, damit, wenn etwas abgehet, abgenutzet oder verdorben, verlohren oder zerbrochen wird, er flugs ein anders an desselben statt habe, und das Gesinde oder ein anderer Arbeiter nicht verhindert, noch den Nachbarn mit dem Entlehnen und Borgen Verdruß und Ungelegenheit gemachet werden.  
  Ferner soll er seine Geschäffte und Arbeit also einstellen, damit man nicht ein Ding zwey und mehr mahls thun müsse, mithin Zeit und Arbeit vergeblich zugebracht, und noch darzu unnöthige Kosten verursachet werden.  
  Wie nun dem Hofmeister allezeit ein wachsames Auge auf seine Kinder, Gesinde und Taglöhner zu haben gebühret; also soll er auch sein Vieh fleißig in Obacht nehmen, solches mit der Arbeit nicht übertreiben, noch allzusehr abmatten lassen; nicht allein dasselbe in den Ställen, sondern auch, wenn es von der Arbeit  
  {Sp. 1483|S. 749}  
  oder von der Weide kommet, fleißig besuchen, besichtigen, und eigentlich beschauen, ob nicht etwan eine Kranckheit, Schwachheit, oder ander Gebrechen an ihnen zu mercken. Denn es trägt sich gar bald zu, daß sie frisch und gesund an die Arbeit oder auf die Weide ausgehen, auf den Abend aber unlustig und kranck wieder anheim kommen. Dahero soll er von allerley Artzeney-Mitteln gute Wissenschafft haben, und da sich etwan ein Stücke Vieh gestossen, einen Mißtritt gethan, hinckend worden, oder sonsten aufgestossen, demselben im Noth-Fall Rath zu schaffen wissen. Worzu unter besondern Artickeln bey der Beschreibung einer und der andern Kranckheit, ja bey Erklärung der Natur, Eigenschafft und Gebrechen eines jeden Stückes verschiedene Anweisung und guter Unterricht gegeben wird.  
  Denen Feldern und Wiesen hat er, nachdem sie es bedürfftig sind, mit der benöthigten Bedingung zu helffen, und sie sonsten zu verbessern, allen Schaden aber davon abzuwenden, soll er geflissen ein.  
  Mit seinen Knechten und Mägden muß er gleicher Speise und gleiches Tranckes, und dasselbe an einem Tische genüssen, sie auch, so viel immer möglich, mit guten Worten unterrichten und anweisen, nicht über sie fluchen und poltern, noch sich seiner Gewalt mißbrauchen, sondern gedencken, daß er selbst ein Diener, und von allem, was er thue, GOtt und seiner Herrschafft Rechenschafft zu geben schuldig sey.  
  Was ausser dem etwan sonst noch eines Hofmeisters oder Meyers, zumahl eines solchen, der unmittelbar unter seiner Herrschafft stehet, und die völlige Verwaltung eines Land-Gutes oder Vorwercks hat, Gebühr und Amt beym Einführen, Dreschen und Verwahrung des Getraydes, bey Beobachtung der Fischereyen und in andern Stücken seyn möchte, kan in dem Artickel Haushalter in dem XII Bande p. 899 u.f.f. und Hauswirth p. 912 u.f.f. mit mehrerm nachgesehen und das nöthige daraus abgenommen werden.  
     

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Stand: 18. August 2013 © Hans-Walter Pries