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Zedler: Monarch HIS-Data
5028-21-993-6
Titel: Monarch
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 21 Sp. 993
Jahr: 1739
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 21 S. 518
Vorheriger Artikel: Monapia
Folgender Artikel: Monarchia ecclesiastica
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

  Text Quellenangaben
  Monarch, heist eine solche Person, die allein das Regiment in einer Republick führet.  
  Aus dieser Beschreibung folget, daß nicht nur Kaysern und Königen der Titul eines Monarchen allein zukomme, ob ihnen gleich selbiger hauptsächlich beygeleget wird; sondern daß auch alle diejenigen Regenten also können genennet werden, welcher alle mit der Ober-Herrschafft verknüpffte Rechte und Vorzüge allein geniessen, ob sie gleich diesen Titul nicht führen.  
  Es wird aber solche höchste Gewalt entweder durch die Wahl, oder durch die Erbfolge erlanget, wie solches in dem Artickel Monarchie des mehrern wird gezeiget werden.  
  Bey einer glücklichen Regierung eines Monarchen kommt alles auf die Gerechtigkeit und Klugheit an, daß, wie er nach jener dahin zu sehen hat, daß er das gemeine Beste des Staats auf alle Weise befördere; also weiset ihm die Klugheit Mittel an, durch welche er seinen Zweck erhalten kan. Beydes muß beysammen seyn. Denn Gerechtigkeit ohne Klugheit thut zwar so viel, daß man sich was Gutes vorsetzet, und den Willen hat, seinen Pflichten gemäß der Unterthanen Wohlfahrt und Sicherheit möglichst zu befördern; ob man aber allezeit seinen Zweck erreiche, daran ist billig zu zweiffeln, nachdemmalen man, wann man die Mittel Erlangung der gemeinen Wohlfahrt und Sicherheit entweder nicht kennet, oder nicht weiß, wie man den, bey Ausführung derselben, sich ereignenden Hindernissen begegnen solle, selbige nothwendig entweder  
  {Sp. 994}  
  gar nicht vorzukehren vermögend ist, oder doch alles auf eine unrichtige Weise angreiffet, und also die gemeine Wohlfahrt und Sicherheit stöhret, indem man selbige zu befördern gemeynet ist.  
  Gleicherstalt kan von der wahren Klugheit die Gerechtigkeit niemals abgesondert werden, die sonst keine Klugheit bleibet, sondern eine Arglistigkeit wird. Es muß daher ein Monarch nach der Klugheit sehen  
 
1) auf seine eigene Person, daß er sich bey seinen Unterthanen in Ansehen, Liebe und Furcht setzet, welches drey Dinge sind, die den Thron eines Monarchen befestigen können. Durch die Auctorität erhält er bey ihnen eine solche Meynung, daß sie niemals zweiffeln, ob er wohl oder übel regieren werde, und wenn er solche erlangen will, muß er gewisse Eigenschafften an sich haben, die theils äusserliche, theils innerliche sind.
 
 
  Zu jenen rechnen wir die hohe Geburt und Ankunfft eines Regenten und dessen ansehnliche Leibes-Statur, welche Dinge sonderlich bey Leuten, die nur auf das äusserliche sehen, grossen Eindruck haben können, die wir denn beym Tacitus von dem Kayser Galba lesen, daß er wegen seiner schlechten Statur von dem Römischen Volck verachtet und verlachet worden, wiewol aus beyden so viel nicht zu machen ist.
 
 
  Sind sie da, so ists desto besser; wo sie aber fehlen, so kan dieser Mangel durch die innerlichen Eigenschafften ersetzet werden. Diese theilen wir in natürliche und erlangte, da denn zu jenen insonderheit ein zu regieren geschicktes Temperament gehöret. Denn es steht sich nicht ein iedes Temperament zu einer glücklichen Regierung, immassen weder die allzu grosse Hitze, noch die Schläffrigkeit was Gutes stifften, sondern wenn eine solche Mischung vorhanden, daß eine natürliche Menschen-Liebe und Ehr-Begierde vorhanden, so schickt sich selbige am besten zur Regierung.
 
 
  Die erlangten Qualitäten bestehen in einer Erkänntniß verschiedener Sachen, wodurch eben der Grund zu der Gerechtigkeit und Klugheit geleget wird. Es gehöret dazu mehr, als ein natürlicher Verstand, und daher muß ein Printz auch in einer vernünfftigen und brauchbaren Logick unterrichtet werden, daß er sonderlich von practischen Dingen zu urtheilen lerne, und mit der Wahrscheinlichkeit umzugehen wisse.
 
 
  Dieses ist aber nicht also anzunehmen, als wenn man von einem Monarchen erfoderte, daß er die Vernunfft-Lehre eben so gut als ein Philosophe verstehen solle; sondern es ist genug, wenn er so viel daraus erlernet, wie er die ihm ertheilten Rathschläge beurtheilen müsse, damit er nicht die guten hintansetze, und den schlimmen folge: Zu welchem Ende nöthig ist, daß er allezeit nach dem Grunde fraget, warum einer diesen, oder jenen Rath giebet, und wie er vermeyne, daß dadurch die Absicht des gemeinen Wesens, nemlich die allgemeine Wohlfahrt und Sicherheit solle befördert, und erhalten werden.
 
 
  Ins besonderen aber muß ein Monarch zum wenigsten so viel natürlichen, oder durch die Vernunfft-Lehre verbesserten Verstand haben, daß er erkennet, was er verstehet, und was er nicht verstehet; allermassen er sonst, wann er dieses zu unterscheiden nicht geschickt ist, und daher sich einbilden wird, er verstehe, was hier und da zu thun ist, ohnfehlbar auf seinem Kopffe bestehen, und keinen klugen Rath, den man ihm ertheilet, anhören wird.
 
 
  Und damit er hiernächst das Unrecht nicht vor Recht, Thorheit nicht vor Klugheit annehme, so muß er auch die Gründe des Rechts, und der Klugheit inne haben; und weil zur Ausführung gerechter und kluger Thaten
 
  {Sp. 995|S. 519}  
 
  nicht allein das Verstehen, sondern auch das Wollen gehören, das Wollen aber die Affecten hindert, so muß einem solchen Printzen auch eine gute Moral beygebracht werden.
 
 
  Aus der Mathematick kommt ihm die Bau-Kunst zu statten, indem er die Civil-Bau-Kunst brauchen kan, damit er die Erbauung seiner Palläste, welche ihm bey den Unterthanen und Fremden ein Ansehen machen, selbst beurtheilen kan; die Kriegs-Bau-Kunst aber, um sowol seine eigne Festungen wohl anzulegen, als auch wenn eine Feindliche zu erobern, nachsehen zu können, wie sie müssen angegriffen werden.
 
 
  Die Physic kan wenigstens in so weit eine Fürstliche Wissenschafft werden, damit man sich von dem Aberglauben befreye, und sich durch abergläubische Listigkeiten nicht verführen lasse.
 
 
  Vor allen andern aber muß er sein Land kennen lernen, welches Jacob, König in Engeland, in der Theorie wohl wuste, der seinem Sohn in dono regio ... diese gute Regel giebt: populi ingenia, immo vero cujusque tractus ac territorii conditionem debet princeps noscere, wenn er nur selbst dieses gethan hätte.
 
 
  Nebst dem Ansehen sucht ein kluger Monarch sich auch in Liebe zu setzen, welche bey den Unterthanen macht, daß, wenn sie auch mit der Regierung nicht zu frieden sind, sie dennoch die Schuld nicht dem Monarchen, sondern seinen Ministern beylegen. Wie nun Liebe Liebe machet, also ist das beste Mittel, wodurch ein Regent sich bey den Unterthanen beliebt machen kan, wenn er sich begierig erzeiget ihre Glückseligkeit zu befördern, und also gegen selbige Liebe, oder Gnade bezeiget.
 
 
  Mit dieser Liebe muß sich die Furcht verknüpffen, welche so viel würcket, daß, wenn auch die Unterthanen glauben, ein Monarch regiere übel, und wolten sich wider ihn auflehnen, sie es doch zu thun nicht wagen. Und diese Furcht kan durch die Majestät erwecket werden. Doch da ein Regent nicht vollkommen seyn kan, und man gleichwol offt mehr von ihm erheischet, als die Menschliche Schwachheit zulässet, so kan er dasjenige, was würcklich fehlet, durch kluge Verstellung ersetzen. Nemlich die Unvollkommenheiten, die er noch hat, verbirget er; und das Gute, das er nicht hat, nimmt er durch eine Stellung an, womit dem Ansehen und Liebe kan geholffen werden; weil sich aber nicht alle Gemüther dadurch gewinnen lassen, so müssen die übrigen durch Furcht erschrecket werden.
 
 
  Zwey Abwege haben kluge Monarchen zu meiden, auch so gar den Verdacht von sich abzulehnen, welches die Tyranney und Nachläßigkeit, die beyderseits darinnen übereinkommen, daß man sich der Majestätischen Rechte nicht gehöriger massen bedienet. Denn bey der Tyranney spannt man die Sayten zu hoch, welches sonderlich aus Antrieb des Ehr- und Geld-Geitzes geschiehet; bey der Nachläßigkeit hingegen nimmt man sich der Sache nicht an, und überlässet das Regiment den Bedienten, welches die Art der wollüstigen Fürsten ist.
 
 
2) Hat ein solcher Regent nach der Klugheit zu sehen auf die Sache selbst, die er zu tractiren hat, und das ist, daß er Land und Leute regieren soll. Von dem Cardinal Mazarini wird berichtet, daß er sich in vielen Folianten eine gantz genaue Beschreibung von allen Provintzen machen lassen, darinnen alle Häuser und Dörffer aufgezeichnet, und was ieder vor Einkünffte habe, angemerckt gewesen, welches eine Klugheit war. Denn der Fürst muß vor allen Dingen die Kräffte und Schwäche sei-
 
  {Sp. 996}  
 
  nes Landes wissen, damit er urtheilen kan, was solches zu ertragen vermag, oder nicht.
 
 
  So ist auch ein grosser Vortheil, wenn er die Gemüths-Art seiner Unterthanen erkennet, und also weiß, wie er mit ihnen umzugehen, und wie er ihnen zu begegnen habe. Ist eine solche Erkänntniß zum Grunde gelegt, so wird darauf der kluge Gebrauch der Majestät gebauet, und da die Rechte der Majestät, die man auch Regalien nennet, entweder auswärtige, oder innerliche sind, jene Art aber wieder besondere Stücke in sich fasset, so zeigt die Klugheit, was bey einem ieden wieder ins besondere in acht zu nehmen, z.E. bey dem Recht Krieg zu führen, Friede zu schliessen, Bündnisse zu machen, Gesetze zu geben, Bedienten zu bestellen, Straffen auszutheilen, u.s.f.
 
 
3) Sind auch die Mittel, die man zu Erhaltung des vorgesetzten Zwecks brauchen muß, in Erwegung zu ziehen, welche durch vernünfftige Anschläge an die Hand gegeben werden, dazu der Fürst seine Bedienten und Räthe hat, die er klüglich aussuchen, und wenn er die hat, sich derselben klüglich bedienen muß, nemlich, daß er einen ieden in der Sache, die er verstehet, fraget.
 
 
  Die Rathschläge müssen geprüffet werden, indem die Räthe Menschen sind, und daher irren können, auch wenn sie nach der Wahrheit zu urtheilen im Stande sind, nicht allezeit das wahre ergreiffen wollen, und sich vielmehr paßionirt bezeigen. Ein Regent ist glücklich, wenn er selbst solche Prüffung anstellen, und dasjenige, was die Räthe sagen, nach den Regeln der Gerechtigkeit und Klugheit untersuchen kan und will.
 
 
  Die Affecten sind offt wider die besten Anschläge, und verlangen, daß man die schlimmsten ins Werck richte. Es giebt Schmeichler, welche, nach dem Maaß solcher Affecten, ihre Anschläge abmessen, die ein vernünfftiger Fürst nicht um sich leiden wird.
 
  Wie die Sachen, die man sich vorgenommen, auszumachen, unterschiedlich sind; also müssen nach Beschaffenheit derselben die Mittel auf unterschiedene Art ausgesonnen und angewendet werden, welches sich hier ins besondere nicht ausführen lässet.  
  Dieses ist aber noch zu erinnern, daß man zuweilen Thaten aus Klugheit unternimmt, die nicht iederman dürffen bekannt werden, und Geheimniß heissen, welche man theilet in Reichs-Geheimnisse, (arcana imperii) wenn sie zum Nutzen der Unterthanen gebraucht werden, und in Regierungs-Geheimnisse, (arcana dominationis) wenn sie zu dem unschuldigen Nutzen des Regenten angewendet werden, die zuweilen zusammen treffen können, weil etwas sowol dem Reich, als dem Regenten nützlich seyn kan, worauf eben ein kluger Regent siehet, daß der Nutzen des Reichs, und sein eigner unzertrennlich sind, und daher die Reichs-Geheimnisse so gern, als die Regierungs-Geheimnisse brauchet. So ist z.E. ein Arcanum Imperii,  
 
  • daß man sein eigenes, und der Bedienten Versehen, so gut man kan, dem Volck verhalte;
  • daß man von den Rechten des Regenten nicht urtheilen lasse;
  • daß ein Regent die hohen Bedienten nicht läst gar zu mächtig werden, u.s.w.
Von dieser Materie handeln die Politici in ihren Büchern, unter denen man sie kurtz und deutlich zusammen findet in Rüdigers Klugheit zu leben und zu herschen, c. 16. p. 469.
     

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Stand: 28. März 2013 © Hans-Walter Pries