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Zedler: Philosophie [1] HIS-Data
5028-27-2012-10-01
Titel: Philosophie [1]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 27 Sp. 2012
Jahr: 1741
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 27 S. 1023
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Hinweise:
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  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen
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Stichworte Text   Quellenangaben
  Philosophie, Philosophia.  
  Wir wollen hier erstlich auf das Wort sehen, hernach auf die Sache selbst kommen.  
Wort Das Wort Philosophie ist eigentlich Griechisch, und kommt her von philein sophian, daß es also nach seinem Ursprung soviel als eine Liebe zur Weisheit anzeiget.  
  Pythagoras soll zuerst den Namen eines Philosophen angenommen, und sich nur einen Liebhaber der Weisheit genennet haben; nachdem vorher dergleichen Leute sophoi, das ist weise genennet worden, wovon
  • Menage in den Anmerckungen über den Diogenem Laertium lib. 1. segm. 12.
  • Scheffer de constit. philos. Ital. cap. 6.
  • und Lipsius in manuduction. ad philosoph. Stoic. lib. I. Diss. 6.
zu lesen.
  Ausser dem Pythagora hat sonderlich Porphyrius unter den Alten den Namen eines Philosophi geführet, wie Holsteinius in vita Porphyr. cap. 6. angemercket.  
  Einige legen dieses dem Pythagorä zu Ehren aus, weil er geglaubet, GOtt allein gehörte der Name eines Weisen, daher er aus einer besondern Bescheidenheit sich lieber einen Liebhaber der Weisheit nennen wollen. Es ist aber glaublicher, daß ein hochmüthiger Eigensinn dahinter gestecket. Denn weil der Titel sophos zu seiner Zeit gar zu gemein war, er aber, wie aus allen Umständen seines Lebens zu ersehen, einen ziemlichen Hochmuth hatte, so wolte er darinnen was besonders haben, und that nach Art vieler Ehrgeitzigen etwas, das sonst dem Ehrgeitz entgegen zu seyn scheinet.  
  Man hat das Wort Philosophie auf verschiedene Art gebraucht. Einmal hat man dasselbige genommen in gantz weiterm Verstande, entweder vor die Weisheit überhaupt, daß sie auch die Rechts-Gelehrsamkeit und Medicin in sich fasset, und der Theologie entgegen stehet.  
  Vors andere hat man ihre Bedeutung etwas enger eingeschlossen, und die Philosophie der Theologie, Rechts-Gelehrsamkeit und Medicin entgegen gesetzet; sie faßt aber nach diesem Sinn die so genannten schönen Wissenschafften, (litteras humaniores) unter sich, welche Bedeutung bey den vier Facultäten der Wissenschafften auf Academien fürkommt.  
  Die eigentliche Bedeutung ist, wenn man die gedachten litteras humaniores nicht mit darunter begreifft, und nur die eigentliche philosophische Disciplinen, welche Bedeutung hieher gehöret.  
  Endlich ist auch dieses Wort zuweilen in engerm Verstand genommen worden, entweder vor die Philosophie, so nur in der Theorie beruhet, daß also ein Philosophus derjeni-  
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  ge sey, der nur mit Speculationen umgehet, daher auch einige Alten einen Politicum von einem Philosopho unterscheiden; oder vor die philosophische Moral allein, wie aus der Historie des Socratis zu ersehen; oder vor die Metaphysic, die Aristoteles, weil sie der vornehmste Theil sey, schlechterdings Philosophie genennet; oder vor die Physic und Chymie allein, von welchen verschiedenen Bedeutungen
  • die Obs. Hallens. tom. 6. Obs. 21. p. 163.
  • Heumann in actis philosoph. part. 1. p. 74.
  • und Walchens Entwurff der allgemeinen Gelehrsamkeit, lib. 3. p. 1. §. 3.
zu lesen.
  Wie aber die Kirchen-Väter dieses Wort gebrauchet haben, dieses weiset Jonsius de scriptoribus histor. philosoph. lib. 3. cap. 4. § 3.  
  Man nennet auch die Philosophie eine Weisheit, eine Welt-Weisheit, von welchen Wörtern in besondern Artickeln gehandelt worden.  
Theoretische Betrachtung Doch wir kommen zur Sache selbst, und stellen eine theoretische und practische Betrachtung kan. Nach jener müssen wir sehen  
 
1) Was die Philosophie sey? Die Alten haben sie genennet eine Erkänntniß göttlicher und menschlicher Dinge, nebst den Ursachen, darauf selbige beruhen, man kan aber nicht gewiß sagen, wer davon eigentlich Urheber. Denn diese Beschreibung wird bald dem Pythagorä, bald dem Platoni, bald den Stoicis beygeleget. Man findet auch in der Pythagoräischen und Platonischen Philosophie, daß sie dieselbe eine Meditation des Todes, eine Gleichförmigkeit mit GOtt, so viel in des Menschen Kräften stehet, genennet. Man kan aber dieses vor keine Definitionen ausgeben,
wovon zu lesen Lehmanns observ. in Buddei philos. tom. 1. p. 54.
 
  Die neuern haben diese Definition auf verschiedene Art eingerichtet, wie man leicht aus deren Schrifften sehen kan. Wolff beschreibet sie durch eine Wissenschaft aller möglichen Dinge: wer und aus was Ursachen diese Definition verworffen, findet man in Carl Günther Ludovici Historie der Wolfischen Philosophie, wo auch die Schriften angezeiget, die ins besondere davon handeln; man lese auch den Artickel: Wolfische Philosophie.
 
 
  Der berühmte Walch in seinem Philosophischen Lexico erkläret sie durch eine judicieuse Erkänntniß allgemeiner Wahrheiten von göttlichen und menschlichen Sachen vermittelt der gesunden Vernunfft, so daß wir dadurch die Ehre GOttes und die menschliche Wohlfahrt befördern können. Bey dieser Beschreibung kommen, schreibet er, vier Umstände etwas genauer zu untersuchen für.
 
 
 
a) Was ein Philosophus vor eine Erkänntniß haben müsse, welche wir eine judicieuse nennen, und zu verstehen geben, daß die Wahrheiten, damit ein Philosophus umgehet, einem nicht gleich in die Augen fallen; selbige aber gleichwohl auf eine gründliche Art müssen erkannt werden. Diese Gründlichkeit bestehet darinnen, daß man von dem, was man meynet, seine Ursachen, als die Gründe anzugeben, und also eine Wahrheit mit der andern zu verknüpffen wisse, mithin was ein Philosophus behauptet, muß wahr seyn, es sey nun gewiß oder wahrscheinlich.
 
 
 
  Doch muß diese Erkänntniß auch lebendig und kräftig seyn. Lebendig wird sie, wenn das menschliche Gemüth dadurch in eine Bewegung gebracht wird, daß wie selbiges überhaupt an den erkannten
 
  {Sp. 2014}  
 
 
  Wahrheiten ein Vergnügen haben muß, also wird solches nach der unterschiedenen Beschaffenheit der Wahrheiten, die mit Bewegungs-Gründen verknüpft seyn müssen, bald auf diese, bald auf jene Art gereitzet; kräftig hingegen ist sie, wofern man nach den erkannten Wahrheiten würcklich sein Thun und Lassen einrichtet.
 
 
 
b) Welches das Objectum der Philosophie, so wir göttliche und menschliche Sachen genennet.
 
 
 
  Durch die göttliche verstehet man GOtt und seine Geschöpffe; durch die menschliche aber die menschlichen Handlungen. Von solchen Dingen handelt ein Philosophus so, daß er Wahrheiten davon zeiget, welche in Ansehung ihres Grundes, daß sie aus der Natur der Sache durch die Vernunft zu erkennen, natürliche; in Ansehung des Nutzes aber, der sich von ihnen in allen Theilen der Gelehrsamkeit ausbreitet, allgemeine Wahrheiten sind.
 
 
 
c) Aus was vor einem Grund ein Philosophus seine Wahrheiten erkenne?
 
 
 
  Es geschicht dieses vermittelst der gesunden Vernunft, welche sich dabey eines zweyfachen Lichtes bedienet. Das eine ist das Licht der Natur, welches der Grund in der Natur ist, daraus die Vernunft etwas erkennet, daß gleichwie sonst das ein Licht in der Welt pfleget genennet zu werden, was die umstehenden Cörper sichtbar machet, daß wir sie sehen können; also verhält sich die Natur gegen den Verstand wie ein Licht, das er dadurch die Wahrheit erkennen kan, so fern sich demselbigen die natürliche Dinge in ihrer Beschaffenheit, Ordnung und Endzweck präsentiren.
 
 
 
  Das andere ist das Licht der Vernunft, dadurch man gar füglich die Grund-Sätze der Vernunft verstehen kan; welche bey Erkänntniß der besondern Wahrheiten wie ein Licht dienen, und entweder sind principia formalia, welche zur Form vernünfftiger Schlüsse gehören, oder materialia, so die Materie derselben betreffen.
 
 
 
  Von diesem zweyfachen Licht ist die Vernunfft selbst als eine erlangte Geschicklichkeit wohl zu gedencken, unterschieden. Hier könnten wir weisen, worinnen der wahre Gebrauch der Vernunft bey einem Philosopho bestünde, es ist dieses aber in dem Artickel: Vernunft, zu finden.
 
 
 
d) Was die Absicht der Philosophen sey?
 
 
 
  Die eine und zwar die Haupt-Absicht ist die Beförderung der Ehre GOttes, dazu ein Philosophus die schönste Gelegenheit hat, wenn er dessen Existentz aus der Natur wider einen Atheisten beweiset; durch eine Erklärung der natürlichen Würckungen dem Aberglauben den Weg versperret; durch Betrachtung des Welt-Gebäudes zur Erkänntniß der göttlichen Weisheit, Allmacht und Gütigkeit Gelegenheit macht, und durch Auslegung der natürlichen Gesetze die Menschen zu einem vernünfftigen Leben anweiset.
 
 
 
  Die andere Absicht ist die Beförderung der menschlichen Geschicklichkeit, so wol anderer als seiner eigenen, so fern sich selbige auf dieses Leben erstrecket. Denn sie führt den Menschen an zum rechten Gebrauch der Vernunft, zu einem äusserlichen ehrbaren Wandel; und in Ansehung des Cörpers, legt sie durch die Physic einen Grund der Medicin, zu geschweigen, wie sie eine Anleitung der heiligen Schrift werden kan.
 
  Nun sehen wir  
 
2) wie vielerley die Philosophie sey? womit die Frage von
 
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  der Partition derselben, aus was vor Theilen, oder Disciplinen sie bestehe? nicht zu vermischen, davon wir hernach reden wollen.
 
 
  Es ist eine bekannte Abtheilung, daß man saget, die Philosophie sey entweder eine Theoretische (theoretica, speculativa) oder practische (Practica, Activa) welches schon Aristoteles gebraucht. Weil einige neuern gesehen, daß man dahin nicht füglich alle Theile der Philosophie bringen könne, so haben sie solche vielmehr in eine Instrumental- und Principal-Philosophie, Philosophiam Instrumentalem und Principalem; die letztere aber in eine theoretische und practische abgetheilet, welche in der Sache selbst ihren Grund hat.
 
 
  Man hat noch andere Eintheilungen, die aber nicht viel nutz sind.
 
 
  Theilt man sie in die wahre und falsche, (veram und falsam) so verdient die letztere nicht den Namen einer Philosophie. Denn indem man dabey nicht der gesunden Vernunft, sondern den Vorurtheilen und Affecten folget, mit unnützen Sachen umgehet, und keine redliche Absichten hat, so kan dieses in Wahrheit vor keine Philosophie gelten.
 
 
  Gleiche Bewandtnis hat es, wenn man sie in eine Dogmatische und Sceptische (Dogmaticam und Scepticam) eintheilet, und durch jene diejenigen verstehet, welche auf gewisse Principia gegründet, folglich ihre Wahrheiten hat, und nach einer gewissen Ordnung vorgetragen wird; durch diese aber diejenige, da man allezeit in Zweifel stehe. Denn wenn jemand ein Scepticus ist, so kan er kein Philosophus seyn.
 
 
  Man hört auch viel von der sectirischen und eclectischen Philosophie, welcher Unterscheid nicht auf die Philosophie selbst, sondern auf die Art, wie man sie tractiret, gehet. Siehe indessen von diesem beyden besondere Artickel.
 
 
  Man könnte leichte vielerley Eintheilungen machen, als in Ansehung der Zeit in die alte, mittlere und neuere; in Ansehung der Urheber und der verschiedenen Secten in die Aristotelische, Stoische, Epicurische, Platonische, Cartesianische u.s.w. Es ist aber eine andere Frage: wozu sie nutz sey?
 
  Ausser dem müssen wir sehen  
 
3) welches die Theile, oder Disciplinen der Philosophie sind, und wie sie zusammen hängen?
 
 
  Wie viel eigentlich der philosophischen Disciplinen sind, darinnen sind die Lehrer der Welt-Weisheit nicht einig. Plato machte drey Theile der Philosophie, einen vernünftigen, natürlichen und moralischen, welche Abtheilung auch die Stoicker hatten; Epicurus aber meynte, sie hätte nur zwey Theile, den Physischen und Moralischen, und was andere den vernünftigen heissen, nennte er canonicam, und achtete die Logic, die er in gewisse Canones einschloss, vor ein Neben-Werck.
 
 
  Aristoteles theilte die Philosophie in eine theoretische und practische, und rechnete zu jener die Metaphysic oder Lehre von GOtt, die Astrologie, das ist die Lehre vom Himmel, und die Physic, oder vom natürlichen Cörper; die practische aber war nur eine Politic, davon er die Ethic zu einem Theil machte, worinnen zwischen ihm und den andern Philosophen ein Unterscheid war.
 
 
  Denn die Platonici, Stoicker und Epicuräer verstunden durch die Moral-Philosophie bloß die Ethic, welche mit der innerlichen Einrichtung des Gemüths beschäftiget sey, daher auch Diogenes Laertius lib. I. segm. 18. sagt, es wären
 
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  drey Theile der Philosophie, die Physic, Ethic und Dialektic. Es saget zwar Seneca epist. 89 nachdem er vorher angeführet, wie die meisten die Philosophie in eine moralische, natürliche und vernünftige abgetheilet, daß einige von den Peripateticis noch den vierten Theil hinzu gesetzet, nemlich die Staats-Lehre, und andere die Öconomie, hingegen war bey ihnen die Ethic ein Stück der Politic. Von der Logic gedachten sie nichts, weil sie meynten, sie sey nicht so wol ein Theil, als vielmehr ein Instrument der Philosophie, worinnen die Stoici von ihnen abgiengen, siehe Voßium de natura et constitutione logicae cap. 6. es hatte aber dieser Streit nicht viel zu sagen.
Man lese hier nach
  • Diogenem Laertium lib. 5. Segm. 28. und lib. 6. Segm. 39. 40.
  • Thomasium in introd. in philos. aulic. cap. 2. §. 8. seqq.
  • nebst Lipsii manuduct. ad philos. Stoic. lib. 2. diss. 5. und 6.
 
  Aus diesem erhellet, daß die Alten ausser der natürlichen Rechts-Gelehrsamkeit keine besondere moralische Disciplin gemachet, dabey es auch die Scholastici bewenden lassen.
 
 
  Zu den neuern Zeiten hat man hierinnen eine Verbesserung vorgenommen, ob wohl die Philosophen in Erzählung der Disciplinen und Vorstellung ihres Zusammenhangs nicht einig, welches aus verschiedenen Ursachen geschehen. Denn einmahl hat man zuweilen das Wort Philosophie in weiterm Verstand genommen, folglich darunter solche Disciplinen gefasset, die eigentlich dahin nicht gehören, welches die Ramisten gethan, und unter andern die Grammatic, Rhetoric, Mathesin u.s.w. als Theile der Philosophie angesehen, deren Eintheilung Thomasius in introd. in philos. aulic. cap. 2. §. 21. vorgestellet, welcher selbst §. 66. seqq. die Philosophie in instrumentalem und principalem getheilet, und zu jener die Grammatic, Poesie, Rhetoric und Historie gerechnet, darum sich ietzo niemand als ein Philosophus bekümmert.
 
 
  Hernach ists auch geschehen, daß man sich von dieser oder jener Disciplin ungleiche Begriffe gemacht, und daher auf eine Abtheilung verfallen, z.E. manche verstehen durch die Physic nur die Lehre von den natürlichen Cörpern, und sehen daher die Pneumatic als einen besondern Theil an; da hingegen andere, indem sie durch die Physic eine Lehre der natürlichen Dinge verstehen, darunter auch dasjenige begreiffen, was jene in der Pneumatic haben.
 
 
  So gehts auch mit der Metaphysic. Einige hängen sie als eine Zugabe an die Logic; oder machen einen besondern Theil der Philosophie daraus, der entweder gantz zu erst stehen müste; oder mit zur Instrumental-Philosophie gehöre, welches eben daher kommt, daß man durch die Metaphysic, bald diese, bald jene Lehre verstanden.
 
 
  Ein gleiches siehet man an der natürlichen Rechts-Gelehrsamkeit. Denn indem einige nur die Pflichten gegen andere darinnen vortragen, so haben sie zu der Abhandlung der Pflichten gegen GOtt oder von der natürlichen Religion eine besondere Disciplin ausgesetzet.
 
 
  Es sind weiter die verschiedenen Abtheilungen daher kommen, daß man bald diesen bald jenen Grund der Eintheilung geleget, darunter derjenige der beste, welcher vom Objecto, worinnen das Wesen einer Disciplin bestehet, hergenommen ist. Die Sachen, die also in der Philosophie vorgetragen werden, sind
 
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  entweder gäntzlich oder nur einiger massen unterschieden, daher man die philosophische Disciplinen nach einem zweyfachen Grund abzumessen und einzurichten hat. Denn wie die physischen und moralischen Dinge vornemlich von einander unterschieden sind, also veranlasset dieser Unterscheid die zwey Haupt-Disciplinen der Philosophie, die Physic und die Moral; weil aber selbige in ihrer Formalität Wahrheiten in sich fassen, so ist nöthig, daß man vorher eine Disciplin von der Erkänntniß der Wahrheit überhaupt habe, welches die Logic ist.
 
 
  Jede von diesen kan wieder ihre Neben-Disciplinen haben, nachdem die Materie, die in jeglicher fürkommt, wieder unterschiedlich ist, daß man unter andern die Moral in die Ethic, natürliche Rechtsgelehrsamkeit und Politic abtheilen kan.
 
 
  Es kan der Zusammenhang der philosophischen Disciplinen auf folgende Art gezeiget werden; die gantze Philosophie handelt entweder von der Wahrheit überhaupt, welches philosophia instrumentalis; oder von den natürlichen Wahrheiten insonderheit, welches die philosophia principalis. Jene zeiget, wie die Wahrheit durch eigenes Nachdencken zu erkennen, so die Logic, in Schrifften anderer zu suchen, wozu den Weg bahnt die Hermeneutic. Die erkannten Wahrheiten andern wieder mitzutheilen, welches die Didaktic nebst der Ontologie, so fern sie nur die philosophische Terminos erkläret.
 
 
  Die philosophia principalis handelt entweder von physischen Sachen, so die Physic in weiterm Verstand; oder von moralischen, so die Moral in weiterm Verstand. Die Physic in weiterm Verstand fasset in sich die Lehre von der Materie und vom Geist überhaupt, so einige die Metaphysic nennen; die Lehre von den natürlichen Cörpern, so die Physic in engerm Verstand, und die Lehre von den Geistern, so die Pneumatic ist. Die Moral im weitern Verstand zeiget die vernünfftige Einrichtung des Gemüths, so die Ethic, und die vernünfftige Einrichtung der würcklichen Handlungen nach einer Richtschnur entweder des Gesetzes, so die natürliche Rechts-Gelehrsamkeit, oder des Rathschlags, welches die Klugheit zu leben.
 
 
  Die natürliche Rechts-Gelehrsamkeit handelt von den Pflichten gegen GOtt, so die natürliche Religion; von den Pflichten gegen andere, so das jus naturae im engern Verstand nebst dem Völcker-Recht, und von den Pflichten gegen sich, so die Lehre von dem ehrbaren
 
 
  Die Klugheit zu leben zeiget, wie der Nutzen zu befördern einer bürgerlichen Gesellschafft überhaupt, so die Staats-Lehre, und eines ieglichen Menschen insonderheit, dahin die Haushaltungs-Klugheit mit gehöret.
Walch hat dieses in der Einleitung in die Philosophie lib. I. cap. 1. 2. weitläufftiger gezeiget, auch daselbst p. 45 in einer Tabelle den Zusammenhang der Philosophischen Disciplinen vorgestellet. Zu Altorff ist 1718 von dem Herrn Feuerlein eine Disputation de polymathia philosophica, sive necessaria connexione partium philosophiae heraus kommen.
  Dieses wäre die theoretische Betrachtung der Philosophie überhaupt gewesen.  
     

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Stand: 30. Dezember 2023 © Hans-Walter Pries