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Zedler: Pommerische Speise-Arten HIS-Data
5028-28-1375-6
Titel: Pommerische Speise-Arten
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 28 Sp. 1375
Jahr: 1741
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 28 S. 701
Vorheriger Artikel: Pommerischer Schilling
Folgender Artikel: Pommerischer Trunck
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

  Text  
  Pommerische Speise-Arten und Mahlzeiten.  
  Solche seyn, wegen dieses fruchtbahren Landes Uberfluß an Getreyde, Garten- und Baum-Früchten, grosser Viehzucht, und vielen Fischereyen, Flüssen und Seen bey Friedenszeiten so beschaffen, daß ein nicht allzu delicater Magen seinen Appetit vollkommen dabey stillen kan.  
  Denn ob zwar die Natur dieser an der Ostsee liegenden Provintz keinen Weinwachs gegeben, so ersetzet doch das gute Bier denselben reichlich, wo sich auch die Einwohner dessen wohl zu bedienen wissen, und daher das Sprüchwort, einen Pommerischen Trunck thun: Ingleichen die Gewohnheit das Lippenische Recht zu beobachten, (welches will, daß wer die Neige ausgetruncken, vom frischen wieder anfangen soll) noch bey vielen in gutem Andencken ist.  
  Zu stetswährendem Ruhme gedeihet es auch jenem Pommerischen Edelmann, welcher an des Kaysers Rudolphs Hofe (wohin er als ein Abgesandter von dem Pommerischen Hertzoge Bogislaus dem XIII gesandt worden) die Rolle eines unverschämten Baurens, und kurtz darauf eines galanten Hoffmanns so wohl zu spielen wuste, daß Seine Kayserliche Majestät und Dero gantzer Hof ein sonderbahres gnädigst Gefallen darüber verspühren liessen; Denn als hochgemeldeter Kayser den Hertzog ersuchet hatte, ihm  
  {Sp. 1376}  
  einsmals einen rechten Pommerischen Bauer zuzusenden, hierzu aber dieser Edelmann sich freywillig in verstelltem Bauern-Habit wolte gebrauchen lassen, kam er unversehens in einem altfränckischen Jäger-Kleide mit etlichen Windhunden an den Kayserlichen Hof, und forderte gleich ohne einige Complimenten Audientz, präsentirte auch mit Gebärden, die mitgebrachten Jagd-Hunde, und führte sich dabey, als sie solten probiret werden, mit einem solchen pommerischen aus vollem Halse hervorgebrachten Jagd-Geschrey auf, daß der Kayser hertzlich darüber lachen muste, und hierauf seinen Hofleuten Befehl gab, diesen lustigen und groben Bauer zur Taffel zu nöthigen, und demselben lustig zuzutrincken; Wer ließ sich aber weniger nöthigen, als unser verstellter Bauer?  
  Er fand sich ein, nahm die besten Bissen aus der Schüssel, zerriß solche mit seinen schmutzigen Händen, u. verschluckte sie mit solcher Begierde, als wenn er in drey Tagen nichts gegessen hätte, kehrte sich auch wenig daran, das Trinck-Geschirr andern vor dem Maul wegzunehmen und auszuleeren, ja so gar dem Aufstossen seines Magens freye Ausflucht in die Lufft zu vergönnen; Und endlich, als ihm nun weidlich auf die Haut gesoffen wurde, so lustig Bescheid zu thun, daß die, die ihn schwärtzen wolten, selbst gantz bezecht die Thüre suchten, und dem Pommerischen Bauer gewonnen geben musten, zumal, als sie nun lange genug mit Gläsern auf ihn chargiret hatten, die er alle redlich Bescheid gethan, er noch erst über Durst zu klagen anfieng, und eine grosse Schenckkanne voll Wein forderte, aus welcher er ihnen des Kaysers Gesundheit zutranck, selbige auch in wenig Zügen ausleerete, welches, als es die übrigen Cavalliers Schande halber Bescheid thun musten, sie vollends so zurichtete, daß sie endlich alle schachmatt dem unüberwindlichen Pommerischen Bauer das Feld räumen musten, der zuletzt noch einen ziemlichen Schlaf-Trunck forderte, und sich hierauf zur Ruhe begab.  
  Des andern Tages kleidete er sich gar zierlich an und präsentirte sich aufs neue zur Audientz, mit solcher guten Art, und höflichen Complimenten, daß der höflichste und geschickteste Cavallier es nicht besser hätte machen können, über welche plötzliche Sitten-Verwandlung der Kayser sich nicht allein höchlich verwundert, sondern auch diesen geschickten Cavallier hernach noch wenige Tage bey sich behalten, und endlich mit grossen Gnaden und reichen Geschencken wieder von sich gelassen hat.  
  Sonst möchte man auch von den Pommern noch sagen können, daß der alten Deutschen Gast- Freyheit bey ihnen noch unverändert bis hieher behalten worden, indem ein guter Schincken und geräucherter Lachs, sammt einen frischen und wohlschmäckenden Trinck-Bier, ein gutes Gerichte See- oder Fluß-Fische bey ihnen nicht gefroren, sondern reichlich ihren durchreisenden Gästen aufgesetzet wird; Wie denn auch dieses Land, wegen seiner vielen Victualien, nicht allein einiger angräntzenden Länder, sondern auch zum Theil des Königreichs Schweden Speise-Kammer mag genennet werden.  
     

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Stand: 16. Februar 2014 © Hans-Walter Pries