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Zedler: Schifffahrt HIS-Data
5028-34-1500-2
Titel: Schifffahrt
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 34 Sp. 1500
Jahr: 1742
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 34 S. 763
Vorheriger Artikel: Schiff-Fahne
Folgender Artikel: Schifffahrts-Handlung
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Schifffahrt,  
 
  • See- oder Schifffahrts-Kunst,
  • Frantz. Hystiodromie, Navigation, Art de la Navigation ou Marine,
  • Holl. Scheep-Vart, Zee-Vaart, de Zee-Kunsten-Manschep,
  • Lat. Nautica, Ars Nautica,
 
  heisset die Kunst über Meer zu fahren, oder eine Wissenschafft, so da lehret, ein Schiff zu führen, vermittelst der See-Karten, der Magnet-Nadel oder des Compasses und des Bleywurffs; durch die gute Besorgung der Winde, die Führung der Seegel, des Steuers und der Ruder, und endlich durch die Observation der Sonnen und der Sternen.  
  So streitig die Meinungen von der Erfindung der Schifffahrt sind, so wenig kan man etwas gewisseres davon sagen, als dieses, daß es eine der ältesten Erfindungen sey, welche man nicht der oder jenen Person sondern bloß der Nothdurfft im Menschlichen Leben ihrem ersten Ursprunge nach zuzuschreiben hat.  
  Die anwachsende Menge der ersten Menschen nöthigte selbige sich überall auszubreiten, und es ist mehr als wahrscheinlich, daß sie bey ihren verschiedenen Zügen offtmahls durch breite Flüsse und Seen an Fortsetzung ihrer Reise sind verhindert worden, über welche sie zu setzen auf aller Art werden versuchet haben: denn daß alle solten schwimmen gekonnt haben, ist nicht zu vermuthen, und dieses wäre auch kein zulängliches Mittel gewesen, ihre Habe, so geringe sie auch seyn mochte, fort zu bringen.  
  Wenn sie nun gesehen haben, daß das Holtz auf dem Wasser nicht untersincke, so ist wohl dieses der natürlichste Einfall, daß sie auf die Gedancken gerathen sind, vermittelst eines Holtzes über zu setzen; welches ihnen denn Gelegenheit geben konnte, der Sache weiter nach zu dencken, und endlich ordentliche Fahrzeuge zu bereiten, auf welchen sie mehr als eintzele Personen fortbringen konnten. Unter diesen ist vermuthlich die erste Anstalt, wie man denn auch bey den Scribenten gnugsame Nachrichten davon findet, daß sie viele Stücken Holtz an einander gefüget, und also ein Floß gebauet haben.  
  Die Egyptier machten Anfangs ihre Fahrzeuge aus ihrem Papyro, nachgehends aber aus Schilffe, damit sie desto leichter wären, und nicht so leicht an den Felsen scheiterten. Diese Erfindung ist mit der Zeit verbessert worden, bis man erstlich Kähne, und endlich Schiffe bauen gelernet hat.  
  An-  
  {Sp. 1501|S. 764}  
  fänglich hat man sich an den Ufern gehalten und denselben gefolget, wo man nicht durch Sturm davon verschlagen worden. Auf solchen Fall hat man sich nach der Sonnen oder dem Gestirne gerichtet, seinen vorgenommenen Lauff wieder zu finden. Wenn Nacht und Ungewitter dieselben verborgen, hat man lebendige Vögel im Vorrath gehabt, davon man nach und nach einen fliegen lassen, und dessen Flug gefolget, in Meinung, daß sie aus natürlicher Empfindung die Gegend des Landes zu finden wissen.  
  Danaus soll der erste seyn, der mit einem Schiffe nach Griechenland gekommen ist. Was die Poeten und einige Geschicht-Schreiber von den Argonauten melden, ist mit so vielen Fabeln untermenget, das schwer hält, daß Wahre von dem erdichteten gnugsam zu unterscheiden. Hingegen was man in der Schrifft von Noa findet, giebt schon mehrern Grund zu urtheilen wie die Schiffbau-Kunst auf dessen Nachkommen fortgepflantzet, und immer mehr verbessert worden bis sie endlich durch den herrlichen Nutzen, den sie in der Handlung gewähret, zur Vollkommenheit gediehen.  
  Bey den Griechen soll vornehmlich Themistocles die Schiffarth in Aufnehmen gebracht, und seine Lands-Leute zu grösserer Ubung derselben aufgemuntert haben. Allem Ansehen nach, sind wohl unter den alten Völckern die Egypter und Syrer die ersten und erfahrensten in dieser Kunst gewesen, welche sich derselben auch zur Handlung wohl zu bedienen gewust. Bey den Ebräern hingegen findet man ausser der Schifffahrt, welche Salomon nach Ophir angeleget, kaum einige Spuren davon.  
  Und zwar erstreckten sich die ersten Schifffahrten nicht viel weiter als auf der Mittelländischen See in die daran stossenden Länder, und daselbst befindliche Insuln, wobey die Stadt Tyrus Anfangs die Haupt-Handlung führte, bis sich nachgehends Carthago in einen solchen Stand setzte, daß es jener das Gleichgewichte halten konnte, welches denn seine Schiffe und gantz Africa und vielleicht auch nach America schickte.  
  Nächst-diesem hat man sich auch der Schifffahrten zu Entdeckung neuer Länder bedienet, welche aber in den alten Zeiten in Ermangelung des Compasses, nicht von grosser Wichtigkeit gewesen. Unter den Alten ist sonderlich Eudoxus bekannt, welcher in dem rothen Meere ausgefahren, und nach einiger Zeit oben bey dem Ausflusse des Nils wieder angelanget ist, und also zuerst gantz Africa umschiffet hat.  
  Nach Erfindung des Compasses hat man es viel weiter gebracht, und sogar die gantze Welt umschiffet. Ferdinandus Magellanus war der erste, welcher diese Reise 1519. den 10. Aug. angetreten, und 1522. den 8. Sept. zurücke geleget hat. Franciscus Drake wagte dieses zum andern mahle, und fuhr 1577. von Pleymuth uas, wohin er nach 2. Jahren und 326. Tagen wieder zurück kam. Der dritte war Thomas Candish, welcher 1586. den 21. Jun. ausgefahren, und 1588.[1] den 5. Sept. wiedergekommen.
[1] HIS-Data: korrigiert aus 1688
  Diesem folgete Jacob Mahn, welcher diese Reise zwar 1598. antrat, aber im Atlantischen Meere starb, da  
  {Sp. 1502}  
  denn Simon de Cordes selbige Fahrt folgends endigte. Fast zu gleicher Zeit legte Olivier Kloort diese Reise in 2. Jahren 11. Monaten und 16. Tagen zurück. George Spielberger war der sechste, und dieser lief 1615. mit einer Flotte aus, und folgte der Strasse, welche le Maire entdecket hatte, daher auch diese Schiffahrt dem le Maire gemeiniglich zugeschrieben wird: Dieser kam 1617. wieder zurück. Jacob Heremita und Johann Hugo Schapenham wagten gleichfalls diese Reise um die Welt, 1623. den 29. April, und ihre Schiffe kamen 1626. den 9. Jul. doch ohne ihre Capitains wieder zurücke.  
  Nach diesem haben noch andere ein gleiches, aber ohne Nutzen unternommen. William Dampier war wiederum der erste, und schiffete von 1689. bis 1691. Ihm folgete Wodes Roger und Edward Koocke beyde in den Jahren 1708. bis 1711. Noch vor diesen beyden suchte ein Italiäner Giovan Fr. Gemelli Carerri eben diesen Weg um die Welt, er gieng 1693. den 13. Jun. zu Schiffe, und kam erst nach 5. Jahren 5. Monaten und 20. Tagen 1698. wieder zurück.  
  Die Spanier rühmen sich, daß sie die Schiffahrt zu ihrer Vollkommenheit gebracht, und wenn man in gewisser Masse ihnen solches lassen kan: so müssen sie hingegen leiden, daß sie nunmehro von andern Völckern darinnen übertroffen werden.  
  Insonderheit haben die Holländer ihren Witz und Fleiß darinnen vortrefflich bewiesen, daß sie seit hundert Jahren her den Portugiesen und Spaniern nach Ost- und West-Indien auf der Spur gefolget, und unsägliche Vortheile abgewonnen; wiewohl sie es bey der blossen Erfahrung bewenden lassen, und um eine kunstmäßige Unterrichtung sich nicht bekümmert.  
  Als endlich auch in Franckreich, die vor der Zeit gantz verabsäumte Schiffahrt von dem Cardinal Richelieu hergenommen, und unter der Regierung Ludwigs des XIV eifferig fortgesetzet worden, da man sogar eigene Schulen aufgerichtet, den jungen Adel zu Kriegs-Diensten zur See zu unterweisen, welche man Cadets de Marine genennet, ist dieselbe in lehrmäßige Regeln gefasset, und so wohl die Gründe derselben durch mathematischen Beweiß befestiget, als auch die Handgriffe und alles, was zur Regierung eines Schiffes gehöret, beschrieben worden, in zweyen Büchern, deren das eine la Teorie de la Navigation, das andere la Manoeuvre de la Navigation genennet wird.  
  Unter den Nordischen Europäern haben die Dänen und Norweger jederzeit den Ruhm gehabt, daß sie vor andern gute Seeleute abgegeben.  
  Zu unsern Zeiten haben durch kluge und sorgfältige Anstalt des regierenden Czaars die Russen angefangen sich vortrefflich hervor zu thun. Unter den Asiatischen sind die Tsineser und Japoneser die vornehmsten. Bey den Africanern wird sie gar nicht getrieben, ausser was von den See-Räubern auf der barbarischen Küste und von den Mohren im rothen Meer geschiehet. Eben so wenig haben auch die Americaner davon gewust.  
  Sonst aber bekommen diejenigen Europäischen Nationen, als Engelländer, Holländer, Frantzosen, Dänen, Schweden,  
  {Sp. 1503|S. 765}  
  Italiäner und Deutschen Kauff- und Handels-Leute, welche ihre meiste und vornehmste Handlung nach einer gewissen und besondern Gegend oder Landschaft treiben, und ihre auf dem Meer habende Schiffe dahin abgehen, und von dannen zurück kommen lassen, oder vielmehr die Schiffe selbst, daher ihre verschiedene Nahmen z.E.  
 
  • Levante-
  • Ost-Indien-
  • Guinee-
  • Straß- oder Straat-
  • Spanien-
  • Franz-
  • Moscovien-
  • Riga-
  • Narva-
  • Bergfahrers
  • und s.w.
 
  und verstehet man dadurch diejenigen Kauffarthey-Schiffe, die nach diesen Reichen, Ländern und Seehäfen zu gehen, und Kauffmanns-Güter dahin und wieder zurück bringen.  
  Von der Schiffahrt der Alten haben geschrieben Johann Scheffer, de Varietate Navium und de Milita Navali Veterum. Von der heutigen Schiffahrt  
 
  • Salomon Harder gründlicher Bericht von Schifffahrten etc.
  • Tychonis Christierni Ars navigandi.
  • Andr. Wackelii Praxis nautica cum descriptione et usu instrumentorum in arte Nautica.
 
  Man kan übrigens auch den Artickel Histiodromia nachlesen im XIII Bande, p. 277. u.ff.  
  Zum Beschluß fügen wir hier ein Verzeichniß bey von denjenigen Personen, die auf grössern Schiffen heut zu Tage sind und etwas vor andern zu thun und zu sagen haben.  
  Schiffer, von dem ein besonderer Artickel vorhergehet.  
  Steuermann, von dem ebenfalls an gehörigem Orte.  
  Hoch- oder Haupt-Bootmann, siehe im XIII Bande, p. 308.  
  Schreiber, welcher unter dem Artickel Schiffschreiber zu suchen.  
  Barbierer oder Wund-Ärtzte, deren sind auf Hamburgischen Convoy-Schiffen ordentlich drey, der Ober- Mittel- und Unter-Meister, welche beyde letztern aber unter des ersten Commando stehen. Sie observiren alle Kranke und Verwundete auf dem Schiffe, müssen auch alle Wochen im barbieren das ihre verrichten, da denn der Ober-Meister den Capitain und Lieutenant: der Mittel-Meister die übrigen Officiers bedienet, und der Unter-Meister, wiewohl mit Hülffe des Mittel-Meisters bey Matrosen und Soldaten gleiches verrichtet. Im curiren werden alle drey gebrauchet, iedoch nach Gutbefinden des Ober-Meisters, welcher dafür Rede und Antwort geben muß: dürffen aber in Kranckheiten und Schaden, so in Schiffs-Sachen oder ordentlicher Weise einem zustossen, bey Straffe kein Geld nehmen, sondern werden von der Admiralität besoldet.  
  Schiffs-Zimmermann, von dem ein besonderer Artickel folget.  
  Constabel, siehe im VI Bande, pag. 1042. (a)  
  Büchsen-Schiesser, siehe im IV Bande, pag. 1840.  
  Schiemann, wovon ein besonderer Artickel vorher gehet.  
  Buddelier, siehe in dem Artickel Bottelerye im IV Bande, pag. 844. u.f.  
  Mund-Koch, welcher vor den Capitain die Spei-  
  {Sp. 1504}  
  se verfertigen muß, und einen Jungen unter seinem Commando hat.  
  Schiffs-Koch, von dem an seinem Orte.  
  Segelmacher, ist bestellet, dasjenige, was an den Segeln fehlet, zu bessern, und alles, was darzu gehört, zu versehen.  
  Tischler,  
  Schmied,  
  Feuerwercker: deren sind gemeiniglich zwey so in den grossen und Vor-Mars die Feuer-Pfeile schiessen, und die daselbst befindliche Granaten werffen, da denn iedem ein exercirter Matrose zu Hülffe geben wird.  
  Profos, wovon der Artickel Schiff-Profoß nach zu sehen.  
  Boots-Knechte, siehe im IV Bande, pag. 703.  
  Mehrere gehen entweder vor diesem Artickel vorher, oder folgen nach in besondern Artickeln.  
     

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Stand: 7. April 2013 © Hans-Walter Pries