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Zedler: Schwester HIS-Data
5028-36-480-4
Titel: Schwester
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 36 Sp. 480
Jahr: 1743
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 36 S. 253
Vorheriger Artikel: Schweßnig
Folgender Artikel: Schwester, siehe auch Schwestern
Siehe auch:
Hinweise:

  Text  
  Schwester, Soror, ist eigentlich eine Weibsperson, welche nebst andern von einem Vater oder von einer Mutter gezeuget worden, und wird so wohl in denen alten Römischen Rechten, als auch bey andern Lateinischen Schrifft-Stellern daher Soror genennet, weil sie nicht allein gantz besonders (seorsum) gebohren, sondern auch bey ihrer Verehlichung von dem Hause, darinnen sie gebohren, abgesondert und in eine andere Familie versetzet wird.
  • L. mulieres C. de incol. ...
  • Bartolus in L. fin.
  • Gellius Noct. Attic. …
  • Spiegel.
  Sonst aber theilet man dieselben nach der unterschiedlichen Beschaffenheit ihrer Eltern in vollbürtige leibliche, Halb und Stief-Schwestern. Die vollbürtigen, leiblichen, rechten, oder von beyden Banden, (Sorores germanae) sind, welche einen Vater und eine Mutter haben. Halb-Schwestern vom Vater her (Sorores consanguineae) sind diejenigen, welche zwar einen Vater, aber verschiedene Mütter, und Halb-Schwestern von der Mutter her, (Sorores uterinae) welche zwar eine Mutter, aber verschiedene Väter, Stief-Schwestern (Sorores comprivignae) aber, welche so wohl unterschiedene Väter, als Mütter, haben.
  • L. pen. u. ult. C. de legit. haered.
  • Brissonius.
  Siehe Nächste Anverwandten, im XXIII Bande, pag. 364. u.ff. desgleichen Nahe Anverwandtschafft, ebend. p. 449. u.ff.  
  Die Heilige Schrifft nimmt das Wort: Schwester, manchmahl in einem weitläufftigern Verstande, daß es nicht nur eine Person andeutet, die mit andern von einem Vater und einer Mutter erzeuget und gebohren worden, sondern weitläufftiger verwandt ist, z.E. Geschwister- Kind, u.s.w.  
  Merckwürdig ist es weiter, daß der Schwester-Nahme mit unter die Liebes-Titul gehöret, dadurch Mannspersonen ihre sonderbahre zarte Neigung gegen Leute des weiblichen Geschlechtes auszudrücken den Brauch gehabt, der aber offt zum Mißbrauch unreiner Liebe ausgeschlagen, und also das Wort Schwester eine Benennung der Buhlerey geworden ist, welches auch das Wort Bruder, Freund und Freundin erfahren müssen.  
  Deshalben hat doch die Schrifft kein Bedencken getragen, den Schwester-Nahmen in heilig-reinem Gebrauch zu belieben, und nennet der himmlische Bräutigam JEsus in dem hohen Liede Salomonis Cap. IV, 12. seine auserwehlte Braut seine Schwester, sagende: Meine Schwester, liebe Braut, du bist ein verschlossener Garten, etc.  
  Die Christen nannten sich aus tiefferen Grunde einer Wiedergeburth zur Erneuerung göttlichen Ebenbildes im Heiligen Geiste Brüder und Schwestern, Röm. XIV, 1.
  und schreibet z.E. Paulus 1 Corinth. IX, 5: Er habe Macht, wie Petrus und andere Apostel, eine Schwester, das ist, eine Christin, zum Weibe bey sich zu haben, sich mit dergleichen zu verehelichen.  
  {Sp. 481|S. 254}  
  Es wird gefraget, was doch durch solche gynaika adelphēn, Schwester und Weib, verstanden werde? ob eine Ehefrau oder sonst Christliche Matronen? Viele der alten Lehrer, die dem Ehestand nicht allzu günstig gewesen, als Tertullianus, Hieronymus, Clemens Alexandrinus, Theodoretus, Oecumenius, Theophylactus und andere mehr, verstehen dadurch nicht gametēn, eine Ehefrau, sondern mulierem opulentam, eine reiche, vermögliche Frau, die dem Apostel Handreichung gethan, wie etwan Luc. VIII, 2. 3. etliche gottselige Frauen Christo und seinen Jüngern Handreichung thaten von ihrer Haabe; wie solcher Meinung auch Marc. Anton. de Dominis beyfällt, wenn er schreibet:  
  Ich nehme an, und lasse mir wohlgefallen die gemeine Auslegung der heiligen Väter, die dafür halten, Paulus rede von gottseligen Weibern, dergleichen Christo und seinen Jüngern aus Galiläa nachgefolget, und ihnen von ihrer Haabe Handreichung gethan haben;  
  wiewohl er aber auch nicht in Abrede stehet, es könten solche Worte Pauli von einer Ehefrau verstanden werden; dergleichen auch andere Apostel mit sich herum geführet haben.  
  Und dieser Meinung seyn auch unsere und die Lehrer der Reformirten Kirchen; denn es wäre den Aposteln eine schlechte Ehre gewesen, und hätte sie in grossen Verdacht gebracht, wenn sie ihre eigene Eheweiber, als z. Exempel Petrus gehabt, hätten zu Hause gelassen, und wären also mit fremden herum gezogen: So redet auch der Apostel nicht im plurali, wie oben Lucas, als wenn jedem Apostel mehr Weiber, wie Christo, wären nachgefolget, sondern sagt: eine Schwester zum Weibe: Nun würde es aber einer Weibsperson allein, sonderlich die von ihren Gütern gezogen, zu schwer gefallen seyn, eine so lange Zeit Paulum auf so schweren und weiten Reisen zu unterhalten: überdas ist das beygefügte gynaika stracks zuwider der Päbstlichen Glosse, denn das hätte der Apostel nicht darzu setzen dürffen, wenn er kein Eheweib, sondern schlechterdings eine Weibs- Person verstanden hätte, weil man wohl weiß, daß kein Mann eine Schwester seyn kan. Aber eben damit, wie auch mit dem periagein, umherführen, deutet er an, daß er vom Eheweibe rede: Denn über fremde Weibs-Personen hätten die Apostel dergleichen Gewalt, sie in aller Welt umher zu führen, nicht gehabt. Die frommen Matronen sind Christo im engen Bezirck des Jüdischen Landes freywillig nachgefolget; er hat sie nicht mit sich umhergeführet, aber die Apostel haben ihre Weiber ex maritali potestate selbst in allen Landen umher geführet.  
  Endlich gehet Pauli Zweck dahin, daß er sich seines Rechtes freywillig begeben, unter andern auch in dem, daß er kein Eheweib umhergeführet: woher aber solte wohl das Recht kommen, fremde Weiber eine so lange Zeit umher zu führen? Er redet demnach von rechten Eheweibern, welche er um des Christlichen Glaubens willen Schwestern, das ist, Christinnen nennet, wie auch Tobias sein Eheweib also tituliret; heydnische Weiber, oder verstockte Jüdinnen, wären ihnen nicht nachgefolget.  
  Aus welchem denn erhellet, daß Lehrer und Prediger auch im N. Testament die Macht und Freyheit haben,  
  {Sp. 482}  
  Weiber zu nehmen, weil der Apostel sich solche Macht selber zuschreibet. Weihenm. Hochz. Ehe-Tisch-Tag- und Bet. Spr. …
  Die der Zeit in aller Leichtfertigkeit lebende und das Reine verunreinigende Heyden nahmen daher Anlaß, die Christen unzüchtigen Umgangs unter und mit einander zu beschuldigen, meinende, sie müsten die an sich gute Worte so schändlich mißbrauchen, wie sie; ja sie giengen in lästerlicher Verläumdung so weit, daß sie daher denen Christen Blutschande vorwurffen, darbey es Brüder und Schwestern unehrlich mit einander zu thun hätten.
  • Lipsius Variarum lectionum. II. 1.
  • Dousa Praecidaneorum ad Petronium
  • Martialis Epigrammat. …
  • Kortholt in Pagano et Obtrectatore
  Hingegen hiessen ehemahls die etwas rohen und ausgelassenen Geistlichen diejenigen Weibs-Personen, welche sie zu Büssung ihrer Wollust und andern unanständigen Dingen unterhielten und bey sich hatten, Schwestern. Dergleichen Unwesen aber ihnen bereits so wohl von dem Justinian, als andern Christlichen Kaysern, nachdrücklich untersaget worden.
  • l. eum qui. C. de episc. et cler.
  • Hotomann,
  • Pratejus,
  • Cujacius
  • u.a.
  Sowie etwan heut zu Tage viele ledige Manns-Personen die unzüchtigen und verdächtigen Weibsbilder, so dieselben im Hause oder auf der Stube bey sich haben, vor ihre Muhmen ausgeben. Siehe Muhme im XXII Bande, p. 31.  
  Schwestern werden auch die Gottlosen unter einander genennet, Ezech. XVI, 49.
  weil sie von einem Vater herrühren, nehmlich dem Satan, 1 Joh. III, 10.
  weil sie einerley gesinnet sind, nehmlich Böses zu thun, Buch der Weißh. II, 6.
  und weil sie auch endlich einerley Erbe zu gewarten haben, nehmlich das höllische Feuer.  
     

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Stand: 27. Februar 2013 © Hans-Walter Pries