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Zedler: STUDIUM JURIS [3] HIS-Data
5028-40-1229-1-03
Titel: STUDIUM JURIS [3]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 40 Sp. 1238
Jahr: 1744
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 40 S. 632
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Übersicht
Rechtsstudium (Forts.)
  Kirchenrecht
  Lehnrecht
  praktische Vorlesungen
 
  Kanzleipraxis
  Reichs-Gerichts-Prozess
  andere Prozesse
  Gesandschafts-Sachen und Landrecht
  weitere Vorlesungen
  Zwecke des Studiums
Ludwigs Gedanken

Stichworte Text  
Kirchenrecht Wir kommen auf das Kirchen-Recht. Dieses ist von zweyerley Gattung. Denn die römisch-Catholischen haben ein anderes, und die Evangelische Kirche bedienet sich auch eines andern. Beyde gehen in den meisten wichtigsten Stücken von einander ab, und machen dahero auch zweyerley Disciplinen aus, die sich auch nicht wohl zugleich abhandeln lassen.  
  Das gehet wohl an, daß man, wie Herr Boehmer gethan hat, das päbstliche Kirchen-Recht zum Grunde leget, und zeiget, in wie ferne die Verfassung der Evangelischen Kirche damit übereinkomme oder nicht; wenn man aber dieses gleich weiß, so hat man doch noch keinen völligen Begriff von dem Evangelischen Kirchen-Rechte, als in welchem allerley vorkömmt, so sich nicht wohl bey dem päbstlichen Kirchen-Rechte einflicken läßt.  
  Beyder dieser Rechte Nutzen ist nicht so gar groß und allgemein, als derer vorhergehenden Theile der Rechtgelehrsamkeit. Es macht zwar so wohl ein Catholick als Evangelischer billig zuförderst die Verfassung der Kirche, deren Mitglied er ist, zum wenigsten in etwas bekannt, doch hat man nicht nöthig, ein Hauptstück seiner Studien daraus zu machen, theils weil bey den Catholischen das meiste vor die geistlichen Gerichte gezogen wird, bey den Evangelischen aber das meiste auf die besondern Gesetze ieden Landes und Ortes ankömmt; theils weil man das, was in dem geistlichen Rechten öffters vorkömmt, auch in denen Collegien des Bürgerlichen Rechts abzuhandeln pflegt.  
  So ist es auch deswegen nicht undienlich, da in Deutschland die Catholischen, Lutherischen und Reformirten so unter einander vermengt leben, das leichte Streitigkeiten zwischen ihnen entstehen, daß man auch von der andern Kirchen, die neben uns in Deutschland sind, Verfassung einigen Begriff sich beylege. Lebte aber iemand an einem Orte, oder suchte einem Herrn zu dienen, da zweyerley Religions-Verwanden in Kirchen-Sachen viel  
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  miteinander zu thun haben; so muß sich ein solcher freylich nach den Umständen richten, und mehrern Fleiß als ein anderer darauf wenden.  
  Was nun das päbstliche Kirchen-Recht anbelangt, so kan man sich zur Einleitung des Desselius Erotematum, oder des Corvinus Aphorismorum juris canonici cum notis Boehmeri, Lancellots Institutionum cum notis Thomasii bedienen. Von grössern Wercken aber kan man des P. Engels Collegium Juris Canonici gebrauchen.  
  Von dem Evangelischen Kirchen-Rechte aber fehlt es uns an einer tüchtigen Einleitung. Des Herrn von Wernhers Principia Juris Ecclesiastici Protestantium sind eigentlich denen Pfarrern im Chur-Sächsischen zu Liebe geschrieben. Schilters Institutiones Juris Canonici cum Emendationibus et Additamentis Boehmeri und Horni haben schon etwas, es ist aber nicht hinlänglich. Des Herrn Boehmers Jus Ecclesiasticum Protestantium ist zwar ein herrliches Werck, alleine er zeiget mehr, wie ferne die Decretales der Päbste bey den Evangelischen noch beobachtet werden oder nicht, als daß er das Evangelische Kirchen-Recht in seiner natürlichen Ordnung und alleine vortrüge. Sonst lässet sich auch aus des Herrn von Rohrs Ober-Sächsischen Kirchen-Rechte, allerley gutes hieher gehöriges erlernen.  
Lehnrecht Wir kommen endlich auf das Lehn-Recht, welches sich ein ieder, der die Rechte studiret bekannt machen solte. Eine Standes-Person hat entweder selbst Vasallen, oder ist ein Vasal von andern, oder es befindet sich beydes zugleich bey ihr, oder sie suchet doch Dienste bey einem grossen Herrn, der in solchen Umständen stehet.  
  Nun ist zwar freylich wahr, daß das Longobardische Lehn-Recht, welches man eigentlich in denen Vorlesungen über das Lehn-Recht erlernet, nur ein Jus subsidiarium sey, und zuförderst alles auf die Lehns-Briefe und andere Vergleiche, so dann die Gewohnheiten und das Herkommen eines Lehnhafes ankommen; es ist ferner wahr, daß man das von denen Reichs-Lehen zu wissen nöthige in denen Collegien über das Deutsche Staats-Recht vorzutragen pflegt; endlich ist es auch wahr, daß die Lehn-Sachen an Höfen, Cantzleyen und in der Praxi überhaupt nicht so offt vorzukommen pflegen, als etwan die Sachen aus andern Stücken der Rechtgelehrsamkeit.  
  Indessen ist auch wahr, daß doch wenigstens zuweilen, und wenn ein andrer Lehn-Herr die Regierung antritt, offt solche Fälle aus dem Lehn-Recht vorkommen, und unter denenselben manche sind, welche allerdings aus dem Longobardischen Lehn-Rechte entschieden werden können und müssen. Es ist also genung, daß solche Fälle vorkommen, und daß, wenn sie auch noch so selten wären, man doch dieses Recht verstehen müsse.  
  Man hat auch um so weniger Ursache sich die Zeit und Mühe dauren zu lassen, so man auf Erlernung desselben wendet, weil es gegen die andern Theile der Rechtgelehrsamkeit nur wenige Zeit erfordert. Einem von niedrigen Stande aber kan des Lehn-Rechts Wissenschafft auch öffters nützlich und nöthig seyn. Kömmt er als Rath oder Secretarius in eine Cantzley oder in ein Regierungs-Collegium, so bedarf er mehrmah-  
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  len derselben. Wird er ein Professor, so können ihm leicht dergleichen Acten zukommen. Kömmt er auf eine Land-Bedienung, so kan es sich wohl zutragen, daß er entweder des Lehn-Herrns Gerechtsamen gegen den Vasallen, oder dieses gegen ienen zu beobachten hat. Und dergleichen Fälle giebt es noch mehrere.  
  Unter den besten Compendien des Lehn-Rechts ist Stryckens Examen das gangbarste, und Wintziger, Trier und Beust haben gantze Bücher voll Noten darüber geschrieben. Fleischers Institutiones Juris feudalis, Burckhard Gotth. Struvens Compendium in 8, und des Titius Deutsches Lehn-Recht sind wohl die besten. Unter denen grössern ist Horns Jurisprudentia feudalis Longobardico-Teutonica und G.A. Struvens Syntagma Juris feudalis wohl zugebrauchen.  
praktische Vorlesungen Endlich pflegen die Anfänger in der Rechtgelehrsamkeit ihre Universitäts-Studien mit practischen Vorlesungen zu beschliessen, um sich dadurch um desto besser vorzubereiten, GOtt und dem gemeinen Wesen nunmehro in einem öffentlichen Amte zu dienen. Dergleichen practische Collegien sind von unterschiedenen Gattungen.  
Kanzleipraxis Man kan eines über die Cantzley-Praxin halten, und die Einrichtung desselben nach dem Model des Herrn Regierungs-Raths Mosers in seinen aufrichtigen Gedancken von dem Studio Juris p. 87. u.ff. anstellen.  
Reichs-Gerichts-Prozess Ein andres solches Collegium begreifft den Proceß der beyden höchsten Reichs-Gerichte, oder des Reichs-Hof-Raths oder Cammer-Gerichts insbesondere. Es ist zu bedauren, daß auf Universitäten, wo sich Leute finden, die denen Studirenden gerne damit an die Hand giengen, diese keine Lust darzu haben; und wo diese gerne ein solches Collegium hörten sie keine Anleitung darzu können haben, und also genöthiget werden, mit grossen Kosten nach Wien und Wetzlar reisen, und mit noch Grössern daselbst aufzuhalten, öffters ohne viel Vortheil davon zu haben. Denn die Agenten und Procuratoren, so eine starcke Praxin haben, und also Anfängern das Beste sagen könnten, geben sich besonders in Wien entweder die Mühe nicht, dergleichen Vorlesungen zu halten, oder sie haben auch die Gabe und Übung nicht, andere das zu lehren, was sie für sich selbst wohl verstehen, und die wenigsten jungen Leute sind ohne eine solche Anleitung fähig, die gute Gelegenheit, so sie auch ohne dieses bey einem solchen Manne hätten, etwas rechtschaffenes zu erlernen, sich zu Nutzen zu machen.  
andere Prozesse Die ihr Glück mit advociren machen wollen, oder Hoffnung haben, in ein Justitz-Collegium, Appellations-Gerichte etc. zu kommen, halten gerne ein practisches Collegium, worinnen ihnen zuförderst die Regeln, der bey denen Gerichten der Stände des Reichs üblichen Processe überhaupt und einer ieden Gattung derselben insbesondere, noch mehrers als in denen Vorlesungen der Pandecten geschiehet, erkläret, sodann allerley Fälle und Acten vorgelegt, und sie angewiesen werden, wie sie gegen einander mündlich oder schrifftlich handeln, die Acten extrahiren, referiren und sprechen sollen. Die Sache ist überaus nützlich, und wenn ein Mann die Aufsicht  
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  darüber hat, der selbst in der Praxi viel gethan hat, und der Zuhörer das Seinige thut, so wird er nicht Ursache haben, es sich reuen zu lassen, daß er dieses Collegium gehalten hat, er mag auch fast werden, was er will.  
  Man pflegt gemeiniglich darbey Stryckens Introductionem ad praxin forensem zum Grunde zu legen, neben welcher sonderlich Ludovici Einleitungen zum Civil- Criminal- Lehns- Wechsel- Concurs- und Consistorial-Proceß, und Böhmers Einleitung zum geschickten Gebrauch der Acten, zu Rathe gezogen zu werden verdienen.  
Gesandschafts-Sachen und Landrecht Dergleichen practische Collegien werden auch über Gesandtschaffts-Sachen und über das Land-Recht gehalten; in welchen letztern ein alter erfahrner Beamter, sonderlich der auch etwas von Studien darneben hat, die besten Dienste einem jeden Anfänger in der Rechtgelehrsamkeit leisten kan.  
  Dieses sind die Vorlesungen, welche wenigstens auf wohlbestellten Universitäten alle pflegen gehalten, und billig von allen jungen Standespersonen und Rechtsgelehrten angehöret zu werden.  
weitere Vorlesungen Über solche aber lieset man auch an verschiedenen Orten noch allerhand Juristische Collegien. Z.E. in dem Privat-Rechte hält man Collegia Actionum und Criminalia, über dieses oder jenes Land-Recht, über den Codicem, Novellas etc. In dem Staats-Recht über den Text derer sämtlichen Reichs-Grundgesetze, oder ein und andern einzelnes derselben, über die neuesten Controversias juris publici, u.d.m. Man kan aber keinem überhaupt rathen oder misrathen, ob er sie hören soll oder nicht, sondern ein jeder muß sich hierinnen nach seinen Umständen zurichten. Ein Collegium disputatorium kan grossen Nutzen haben, wenn es recht eingerichtet ist, denn man schärfft den Verstand, wird in vielen Wahrheiten gewisser, und lernet viele vorgefaßte Meynungen ablegen, und von allerley Sachen vernünfftig urtheilen und reden.  
Zwecke des Studiums Es ist gesagt worden, ein jeder soll sich prüfen, ob dieses oder jenes zu seinem Hauptzwecke dienlich sey. Einer, der durch das Recht seiner Geburt zum Regenten beruffen ist, der hat seinen von GOtt und der Natur ihm bereits verordneten Endzweck, wornach der billig sein gantzes Thun einrichtet. Andere Personen aber thun wohl, wenn sie sich zwar in allen Theilen der Rechtgelehrsamkeit hinlänglich umsehen, damit sie in allen Fällen geschickt sind, ihr Glück zu befördern.  
  Indessen aber ist es doch auch sehr gut, wenn sich ein jeder bey Zeiten prüfet, und es mit GOtt und klugen Leuten überlegt, worzu er am fähigsten sey, und worzu er die gröste Lust habe. Zu diesem Endzweck muß er alle Mittel erwehlen, die denselben zu befördern geschickt sind. Wer mehr von dieser Materie zu wissen verlanget, der lese  
 
  • des Herrn Buders Selecta opuscula de ratione ac methodo Studiorum Juris,
  • Ickstatts Meditationes praeliminares de Studio Juris, ordine atque methodo scientifica instituendo
 
  und  
 
  • Mosers Gedancken von dem Studio Juris,
  • Buckys Prolegomena Jurisprudentiae,
  • des Herrn Cantzler Ludwigs Gedancken von dieser Materie in seinen gelehrten Anzeigen Num. CXLVII p. 515, u.ff.
 
  sind würdig, hierbey angeführt zu werden.  
Ludwigs Gedanken Und zwar läst sich derselbe an dem bemeldeten Orte hiervon also vernehmen:  
  In Vita Justiniani M. und zwar im  
  {Sp. 1242}  
  Prooemio de multiplici Jure Imperii Germanici, ist gezeiget worden, wie elend es um unsere Deutsche Gerichte stehe, weil der Satzungen so vielerley seyn, daß weder Richter noch Partheyen wissen können, wornach sie sich, in Entscheidung der Streithändel, zu achten haben. Der eine verläst sich allein auf das Römische Gesetz-Buch; der andere beziehet sich auf die Deutschen Rechte; der dritte zweifelt, ob die letztere nicht veraltet; der vierte behauptet, daß die Deutschen Rechte noch jetzo den Römischen vorzuziehen; der fünffte hänget sich an das Päbstliche Kirchen-Recht; der sechste hält dieses vor den sichersten Weg, bey der gemeinen Landstrassen, der Rechtsgelehrten und Urthelsfasser ihren Meynungen, zu beharren.  
  Bey welchem elenden Zustande einem angehenden Studioso Juris der Schwindel in Kopff kommen dürffte: Was denn endlich bey diesem Gemenge der Rechtsgelehrten zu thun oder zu lassen, zu erlernen oder zu verlernen seyn möchte? Wir geben also jedem angehendem, auch alten Studioso Juris den wohlmeynenden Rath, bey Erlernung der Deutschen Juristerey einen Wegweiser zu erwehlen, der dieser Verwirrung, durch hinlängliche Mittel abzuhelffen suchet.  
  Solches geschiehet nun dadurch, wenn ein Lehrer von dem Juristischen Römischen Catechismo, oder wie der geschickte Balduinus redet, der Catechesi Juris des Kaysers Justinians den Anfang machet, indem dieser eben zu dem Ende von dem Röm. Kayser denen Studiosis vorgeschrieben worden damit sie daraus den Zusammenhang des Römischen Rechtes, alter, mittler und neurer Zeiten, erlernen mögen, ehe sie sich in den Abgrund der Pandecten hinein wagen, und darinnen entweder versincken, oder gar in Verzweifelung gerathen, auf diesem stürmischen Meere durch zu kommen, und in den Hafen der nützlichen und bey Gerichten üblichen Rechtsgelahrheit einzulauffen.  
  Ich schreibe, sagt obgedachter Ludwig, aus der Erfahrung. Denn wenn ich, als Vorsteher der hiesigen Freytische, die Tischgenossen, nachdem sie zwey oder mehrere Jahre Collegia Pandectarum gehöret, und nun fast Meister seyn solten, nach den ersten Grundsätzen versuche; so wissen sie öffters entweder gar nicht zu antworten, oder sie werffen, wenn sie noch so fleißig seyn, alles unter einander, und wissen sich bey dem geringsten Zweifel nicht zu helffen.  
  Denn wenn sie die Institutiones auch noch so offt gehöret, und in die Hände eines Lehrers fallen, der die Römischen Alterthümer überfähret, und in den meisten Titeln mit dem Weidspruche: Haec hodie non in usu, denen Zuhörern das Ohr füllet; so sind, und bleiben sie doch ungeschickt, die Pandecten mit Nutzen zu hören. Es klinget zwar die alte Rechts-Regel: Qui bonus Institutista, bonus Jurista, rauch und barbarisch. Es bleibet aber gleichwohl eine so unbewegliche Wahrheit, daß man einen jeden Studiosum theuer versichern kan, daß, wenn er seine Institutiones nach den Römischen Alterthümern gründlich erlernet, ihme nachhero die Pandecten so leicht und deutlich vorkommen werden, daß er sich sodann in alles finden, auch sich wohl selbsten, durch eigenen Fleiß zu rechte helffen werde.  
  Will nun ein Studiosus Juris sich hierinnen ausser dem Collegio erbauen,  
  {Sp. 1243|S. 635}  
  so lese er entweder den Commentarium Balduini, oder Hottomanni, oder auch Giphanii dabey, und hüte sich vor den Irrsalen des Hoppes, und anderer Ausleger, deren Unwissenheit in dem eigentlichem Römischen Rechte wir in vorbemeldeten Vita Justiniani, und der darinnen befindlichen Bibliotheca Commentatorum Institutionum nahmentlich angezeiget haben. Will er aber etwas neueres und kürtzeres haben, so nehme er des Heineccii seine Antiquitates und Elementa Juris, oder auch des Ottonis Commentarium zur Hand, so wird er finden, daß das Römische Recht vollkommen, deutlich und wohl zusammen hange, und wenn er das erste halbe Jahr also angewendet, er weiter kommen werde, als andere, die, ohne diesen Grund geleget zu haben, die Pandecten vier und unendliche mahle hören.  
  Dieweil er aber im Deutschen Reiche lebet, und darinnen sein Brod von der Juristerey zu haben suchet, woselbst das Römische Recht nur erst zu einer Hülffe und Hinterhalt dienet, wenn keine Deutsche Gesetze mehr vorhanden sind; so dancke er es einem Lehrer, wenn er bey einem jeglichen Titel der Institutionen, nach der Römischen Erklärung, stille stehet, und ihm die Ursachen zeiget, ob, und warum in diesem oder jenem Stücke das Römische Recht in den Deutschen Gerichten keine Statt finde, oder auch, warum die Rechts Gelehrten läugnen, zweifeln, und unter sich streiten, ob solche Römische Satzung in unserm Vaterlande angenommen, und darnach in den Gerichten gesprochen werden möge. Schultz, Voetius, Schilter haben ihre Auslegungen ad Institutiones Justiniani in etwas darnach eingerichtet.  
  Aber es siehet noch sehr unvollkommen damit aus, und hat also ein Lehrer hier die schönste Gelegenheit, seine Kräffte in den Rechten des Deutschen Reiches zu weisen. Wird nun ein Studiosus Juris in seinem Collegio Institutionali auch darinnen geübet, und erleuchtet; so hat er einen Leitstern, nach welchem er sich in die verwirrte Lehre der Practicorum leichtlich finden, wie nicht weniger, was Römisch und was Deutsch, und was verkehret und gemenget, wohl und ohne Mühe zu unterscheiden wissen wird.  
  Wir wollen nun, den Angehenden zu gefallen eine Probe davon machen.  
  Noch eine Regel muß aber denen Studiosis Juris mit der Gelegenheit vorgehalten werden, daß sie, mit ihrem Schaden, zu gleicher Zeit die Pandecten und das Staats- oder Lehn- oder wohl gar auch darzu das Canonische oder geistliche Kirchen-Recht, hören wollen. Dadurch sie denn das Gemüthe mit so vielerley Ideen und Sachen beladen, daß sie eines mit dem andern verderben, und dessen Kräffte ohne Ursache schwächen. Wer das Staats- Lehn- und Kirchen Recht zusammen höret, der räth sich wohl, weil diese drey Lehren eine grosse Verwandtschafft mit einander haben. Aber er muß sodann solches halbe Jahr die Pandecten-Stunde schlechterdings einstellen, und es vor ein Glück seines Fleisses halten, wenn er mit jenen dreyen Wissenschafften in einem halben Jahre glücklich zu Ende kommt.  
     

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Stand: 12. Juli 2013 © Hans-Walter Pries