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Zedler: Thüringen [3] HIS-Data
5028-43-1861-1-03
Titel: Thüringen [3]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 43 Sp. 1878
Jahr: 1745
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 43 S. 952
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Übersicht
  Wappen des Königreichs Thüringen
  Thüringer Religion und vornehmlich zu ihrem Heydenthum
  Die Art und Weise wie die heydnischen Thüringer ihre Abgötter verehret haben

  Text Quellenangaben
  Nachdem wir also den Ursprung, den Nahmen die Regierung in Thüringen abgehandelt haben, so wollen wir zu einigen andern Alterthümern und Untersuchungen schreiten, welche wir mit Bedacht bis hieher versparet haben, damit wir den Zusammenhang der Geschichte nicht trennen möchten.  
  Die erste Abhandlung, die des Alterthums und der Thüringischen Historie wegen, nöthig ist, wird von dem  
     
  Wappen des Königreichs Thüringen  
     
  handeln.  
  Sigmund von Bircken stellet in seinem Sächsischen Heldensaal gleich voran in Kupffer sechs Lilien im blauen Felde vor, worüber: Königreich Thüringen, stehet. Pet. Bertius schreibt Lib. III. Comment. Rer. German. … über dem Thor des Klosters St. Petri und Pauli auf dem Petersberge zu Erfurt wären sechs Lilien zu sehen, welche das alte Wappen seyn sollen; er sagt aber nicht wessen, ob es des Klosters, oder das Königliche Fränckische, oder Thüringische bedeuten soll.  
  Es ist aber dieses billig in Zweiffel zu ziehen, da weder die Thüringischen noch Fränckischen Könige im sechsten Jahrhundert und vorhero, die Lilien zum Wappen gehabt, ja nach der Frantzösischen Geschichtschreiber eigenem Geständnisse, nehmlich des Tillet Recueil des Royes de France, und des Chifflet Anast. Childer. …
  sind die Lilien vor dem zwölfften  
  {Sp. 1879|S. 953}  
  Jahrhundert nicht zum Wappen des der Könige von Franckreich angenommen, sondern von dem Könige Philipp August, der von 1180 bis 1223 den Frantzösischen Scepter geführet, zuerst angewendet worden.  
  Dahero wo Lilien vor dieser Zeit angeführet, oder sonst eingehauen, oder gemahlet, vor der Könige von Franckreich ausgegeben werden; so ist das Vorgeben grund falsch.  
  Friederich Lucä schreibt in seinem Fürsten-Saale:  
  „Anfänglich führte Thüringen im Wappen ein silberweisses Rad, in einem Purpurrothen Felde oder Schilde, und in des Rades Mittelpuncte einen purpurfärbigen Pall mit sechs Spüchen ohne Schienen mit so vielen Pfauen-Federn ausgezieret.„  
  Unsere Meynung gehet kurtz dahin: Daß das alte Wappen von Thüringen, ehe in diesem Lande ein Landgraf regieret, sey ein silbernes Rad im rothen Felde gewesen, welches der Ertzbischoff zu Mayntz Wilhelm, als er von seinem Vater Thüringen bekommen, zum Zeichen seiner Herrschafft über dieses Land, zum Wappen angenommen, und von seinen Nachfolgern bis auf den heutigen Tag fortgeführet, auch die Stadt Erfurt, als ein Gnaden-Wappen, damit begnadiget worden.  
  Nach der Zeit aber hat die Landgrafschafft Thüringen einen silbernen mit vier rothen Querstreiffen bezogenen Löwen im blauen Felde vom Kayser Lotharius dem II, bekommen. Der silberne Löwe hat vermuthlich eine Absicht auf den alten Zustand Thüringens gehabt, indem Thüringen vormahls ein so grosses und mächtiges Königreich gewesen.  
  Bey diesem Wappen aber ist zu mercken, daß Metall auf Metall gesetzt worden, und daß der Löwe wider die Regeln der Wappen-Kunst, nach dem lincken Oberwinckel zu siehet. Es irret aber Albin in seiner MeißnischenLand-Chronicke ... Wenn er dem alten Königreiche Thüringen sechs gelbe Lilien zuschreibet, und über den Löwen vier weise und eben soviel rothe Streiffen ziehet, denselben bund machet, und ihm eine güldene Crone aufsetzet, welches in andern Wappen-Büchern nicht gefunden wird. Zschackwitzens Wappen- Kunst ...
  Wir gehen nunmehro zu der  
  Thüringer Religion und vornehmlich zu ihrem Heydenthum  
  fort, wobey viel nöthige Dinge zu bemercken vorkommen, die aus dem Alterthum herzunehmen sind.  
  Wenn Sagittarius von der Thüringer Abgöttern handelt, so setzet er den Wodan voran, und giebt vor, dadurch würde der Römer Mercur verstanden. Er bezieht sich unter andern auf das Zeugniß Warnefrids de gestis Longobardorum … wenn man aber die Eigenschafften des Mercurs ansiehet, so ist gar sehr zu zweiffeln, ob die Thüringer den Gott Wodan in diesen Absichten und Eigenschafften angebetet haben.  
  Wann wir aber dieses Wort in seiner Etymologie oder Abstammung ansehen, so giebt uns solches Gelegenheit zu muthmassen: Wodan oder auch Woden habe von dem Teutschen Worte Gut und nach alter Mundart God einen Ursprung genommen. Es würde daher  
  {Sp. 1880}  
  eben nicht ungeräumt seyn, wenn man sagte, durch Woden werde die Sonne, als der alten Heydnischen Teutschen Haupt und vornehmster Gott verstanden. Die Sonne würcket durch ihren Glantz, Schein und Wärme nichts als lauter Gutes, deswegen nenneten die alten Heydnischen Teutschen die Sonne God.  
  Nun ist bekannt, daß die Buchstaben die eine Verwandschafft mit einander haben, vielfältig verwechselt werden. Denn man schreibt Guilielmus, Gilelmus, Guascones, Vascones, Guerra, Werra, Galli Walli: Dahero kan man ja auch ebenfals vor God, Gote, Gnode, auch Wode, Wodan, Woden, Voden, Vodan annehmen.  
  Daß aber dieser Wodan oder Woden der Thüringer, Sachsen, und anderer Teutschen Völcker sehr geehrter und einer der vornehmsten Abgötter mag gewesen seyn; solches ist unter andern auch daraus zu erkennen, weil diejenigen, welche vom Heydenthum sich zu den Christen wenden wolten, vornehmlich den Wodan abschwören musten. Diese Abschwörungs-Formel ist sehr merckwürdig, und wir wollen sie mittheilen, sie war diese:  
  Forsachistu Diabolae?
Entsagestu dem Teuffel?
 
  Antwort:  
  Ec Forsacho Diabolae?
Ich entsage dem Teuffel.
End allum Diabol-Gelde?
Und aller Teuffelischen Gesellschafft?
 
  Antwort:  
  End ec forsacho allom Diabol-Gelde.
Und ich sage ab aller Teuffelischen Gesellschafft.
End allum Diabole Vuercum?
Und allen Wercken des Teuffels?
 
  Antwort:  
  End ec forsacho allom Diaboles Uvercum end vuodum, Thuaner ende Woden, end Saxn Ote, ende allem them Unholdum, the hira genotas sint.  
  Und ich sage ab allen Wercken und Worten des Teuffels, dem Thor, und Wodan, und der Sachsen Odin, und allen bösen Geistern, die mit ihnen vergesellschafftet sind. Falckensteins Nordg. Alterth. und Merckw. I Th. VIII. cap. p. 300.
  Nächst diesem Thüringischen Abgott setzet Sagittarius die Frea oder Frigga, welches die Römische Venus seyn soll. Es ist aber ebenfalls sehr zweiffelhafft, daß die Thüringer der Römer Venus in den Eigenschafften und Absichten angebetet haben solten, wie bey jenen geschehen: Sondern es ist viel glaublicher, daß gleichwie das Heydenthum durch die Frea oder Frigga des Wodans Weib verstanden, also hierdurch nichts anders als der Mond, der andere Haupt-Gott der Teutschen zu verstehen sey.  
  Nach des Sagittarius Berichte soll Thor der dritte Haupt-Gott der Thüringer gewesen, und vor den Römischen Jupiter zu halten seyn. Dieser Jupiter ward vor einen Gott  
  {Sp. 1881|S. 954}  
  über Donner und Blitz gehalten, und man kan mit vieler Wahrscheinlichkeit sagen, daß die alten Heydnischen Deutschen, und mit ihnen die Thüringer durch diesen Thor, oder wie es in der Alt-Fränckischen Sprache heißt, Thunär anders nichts, als das Feuer oder das Firmament, an welchen Donner und Blitz sich ereignen, vorgestellet haben.  
  Er wurde mit einer Crone auf dem Haupte gebildet, und die Sonne stellet ebenfalls am Firmamente in seinem Mittel-Puncte die Crone vor. Ihn umgaben ferner zwölff hellgläntzende Sterne, und vielleicht hat man damahls darunter auf die zwölff himmlische Zeichen durch welche die Sonne jährlich gehet, gesehen.  
  Daß aber die Thüringer von diesen Thor den Nahmen haben solten, solches ist schwehrlich zu glauben, da man keine eintzige Nation findet, welche von demjenigen Gott, welchen sie insonderheit verehret, ihren Nahmen haben solte. Und warum wurden die Sachsen nicht auch Thüringer genennet, da sie den Thor so wohl verehreten als diese?  
  Den Abgott Crodo, welcher auf der Hartzburg in Form eines alten Mannes auf einen Fisch gestanden, und in der rechten Hand einen Hand-Korb mit Blumen, in der lincken aber ein Rad gehalten, wollen einige zum Abgott der Sachsen und Thüringer machen, welches man wohl eben nicht in Zweiffel ziehen kan; daß man aber dadurch den Römischen Saturn verstanden habe, solches ist nicht wohl zu glauben.  
  Von der Kleidung und des Nahmens Abstammung haben wir schon im VI Bande, p. 1681 gehandelt. Jetzo wollen wie ihn nur in soferne betrachten, als er der Thüringer Abgott ist. Einige stehen noch im Zweiffel ob dieser Crodo ein Thüringischer Abgott gewesen, daß ihn aber die Sachsen als einen Gott verehret haben, solches giebt man durchgängig zu. Sagittarius zweiffelt noch, ob er ihn vor eine Thüringische Gottheit halten soll. Von dem alten Heyden- und Christenthume der Thüringer schreibt er … folgender massen:  
  „Weil der Sachsen Götzen etwas bekannter, so möchte man von denselben, so viel die Thüringer betrifft, etwas beständigers vorbringen können. Jedoch muß ich gerne gestehen, daß ich noch zur Zeit ein mehrers nicht bemercket, als was sich aus dem in Thüringen und sonderlich auch zu Erfurt mit vielen Zusätzen bekannten Scheltworte Kröte auf den Sächsischen Abgott Crodo schliessen lässet.„  
  Kurtz darauf schreibt er daß es mit vor gedachten drey Götzen Thor, Wodan und Fria, wie auch den Crodo, was sonderlich die Thüringer beträffe, auf solchen Gründen beruhete, darwieder man noch wohl etwas zu erinnern hätte.  
  Sagittarius trägt also Bedencken den Crodo denen Abgöttern der alten Thüringer beyzusetzen, wir aber nicht. Denn erstlich war die Hartzburg, auf dessen Berge dieses Bildniß stund, in Nord- Thüringen. Dann wurde der Crodo noch von andern Völckern, als in der alten Marck-Brandenburg, angebetet. Drittens findet man noch Herrn von Falckensteins Berichte, in einer alten geschriebenen Thüringischen Chronicke folgendes:  
  „Als  
  {Sp. 1882}  
  Carolus M. in Olhausen kommen und zwar zu Solstedt fragte: wer ihr Gott wäre? gaben sie zur Antwort: Crode sey ihr Gott. Hierauf hat Carl geantwortet: Ist Crode euer Gott? es mag der Crode ein Teuffel seyn.„  
  Nach der Zeit ist der Thüringische Fluch oder das Erfurtische Scheltwort entstanden du Crode, du Teuffels Crode.  
  Stuffo war auch ein Abgott der alten Heydnischen Thüringer, welcher auf einem zwischen Heiligenstadt und Eschwege auf dem Eichsfeld gelegenen Berge, der von ihm den Nahmen hatte, verehret wurde. In diesem Bilde wohnte ein böser Geist, welcher den Fragenden Antwort ertheilete. Wo derselbe hingekommen und was weiter von ihm zu mercken, siehe unter Stuffo im XL Bande, p. 1263.  
  Fortuna war eine Thüringische Göttin, die bey Hardegsen, ohnweit Göttingen verehret wurde. Wir haben diese Nachricht aus dem Serarius, der sie aus dem Othlonus beybringt. Es ist aber die Frage, wer und was durch diese Abgöttin zu verstehen sey, und ob etwa die Römische Fortuna darunter vorgestellet werde. Man siehet nicht, wie die Thüringer zu einer Verehrung, wie dieselbe bey den letztern geschehen, solten gekommen seyn. Viele von den Alten, schreibt Montfaucondans l'Antiquité expliqueé, haben geglaubt, und gäntzlich davor gehalten, die Isis sey eben das was die Fortuna insgemein, doch mit diesem Unterscheid, wie Apulejus sagt, daß die Isis die sehende, die andere aber die blinde Fortuna zu nennen sey. Doch ist es wahrscheinlicher durch diese Fortuna werde Sonn und Mond verstanden, weil der Einfluß und Würckung von denselben denen Thüringern das gröste Glück zu geben schien.  
  Biel, ein Thüringischer Götze, ward in der Gegend um das Schloß Katelenburg und das Kloster Ilefeld auf einem Berge, welcher die Biels-Höhle genennet wurde, angebetet. Es ist nicht bekannt, was die Alten dadurch haben anzeigen wollen. Christ. Heinrich Weise stehet in den Gedancken, Belenus oder Tibelinus sey die Sonne, und wir wollen ihm so lange beypflichten, bis es uns jemand besser sagen wird. Unterhalb Nordhausen lieget ein Dorff, welches Bila und auf dem Hartze ein Schloß, welches Bielstein genennet ward, die vermuthlich ihren Nahmen von diesem Biel bekommen haben, siehe Bielstein, im III Bande, p. 1783.  
  Lahra und Jecha waren auch dergleichen Heydnische Thüringische Abgötter welche der heilige Bonifacius zerstöret haben soll, wovon Jecha im XIV Bande, p. 350, und Lahra, im XVI Bande, p. 244 nachzuschlagen. Was übrigens unter diesen Gottheiten zuverstehen, hat niemand mit Grund angezeiget.  
  Reto, Astarodd oder Astarte, ingleichen der beruffene Pusterich oder Puster waren ebenfalls Thüringische Gottheiten; wer aber hiervon genauere Nachricht haben will, der muß entweder Falckensteins Nordgauische Alterthüm. und Merckwürdigkeiten, I Th. zu Rathe ziehen, oder die besondern Artickel davon aufsuchen.  
  Die Diana ward, gleichwie von vielen Völckern, an  
  {Sp. 1883|S. 955}  
  vielen Orten Deutschlandes: Also auch von den heydnischen Thüringern Göttlich verehret. Eckhardts Rerum Francic. Tom. I. …
  In dem Leben des heiligen Kilians findet man, wie der Thüringische König Goßbert die Diana im besondern Ehren gehalten, und viel Achtung vor sie gehabt habe. Von dieser Diana, die unter andern auch als eine Jagdgöttin verehret worden, mag das so genannte wütende Heer, welches sie commandiren soll, und die Frau Holla ihren Ursprung haben. Hiervon wissen die Bauern in Thüringen abendtheuerliche Dinge zu erzehlen, und der Herr von Eckhart schreibt in Comment. Rer. Francic ...  
„Der gemeine Pöbel glaube, daß die Frau Holla vor dem Weynachtsfeste hausiren gehe, et ancillis, quae pensa sua ante Festum non absolverint, ludibria mal olentia facere
  In Franckenlande wird dieser Schreckgeist Hullenpöpel genennet, und damit pflegt man den Kindern ein Schrecken einzujagen, welches mit guten Recht unterwegens bleiben könnte; es ist aber dieses nichts anders als ein Abbildung der Hulda oder Diana.  
  An dem Mayn, in der Gegend, wo nach der Zeit Schweinfurt erbauet worden, wurde zur Zeit des Heydenthums ein Götze verehret der Lollus, Lullus, oder Loellus hieß. Weil sich nun Thüringen in den damahligen Zeiten auch bis dahin erstreckte, so muß dessen allhier auch Erwehnung geschehen. Um seine Gestalt wollen wir uns hier nicht bekümmern, weil wir davon schon im XVIII Bande, p. 307 u.f. unter Lollus gehandelt haben.  
  Dieses müssen wir noch anmercken, daß gleichwie die meisten Gottheiten der Deutschen und anderer Nationen in ihren Bildnissen und Figuren etwas besonders, also auch öffters eine Sittenlehre vorstelleten; so ist es auch mit dem Loellus geschehen. Die alten Thüringer und andere Völcker, welche diesen Abgott anbeteten, wolten dadurch die Ruhe die Sicherheit, und mit einem Worte, die selbsteigene Zufriedenheit anzeigen. Denn die Wohnhäupter sind Zeichen der Ruhe und Zufriedenheit, weil sie den Schlaf befördern, und dadurch die Sorgen vertreiben.  
  Derselbe wird auch durch zulängliche Nahrungsmittel befördert, welches die Trauben und Kornähren zu erkennen geben. Und da im menschlichen Umgange alles dieses durch ein behutsames Stillschweigen vermehret wird, so zeigt dieses das Götzenbild dadurch an, wenn es mit dem Daum und Zeigefinger die Zunge hält, zu erkennen zu geben, daß durch eine unbehutsame Zunge viel Unheil und Ungelegenheit gestifftet werden können.  
  Da nun diese Völcker eine grosse Glückseligkeit darauf setzten, so ist kein Zweiffel es haben die alten Francken, und mit ihnen die Einwohner dieser Gegend, das Götzenbild deswegen verehret, damit es ihnen diese Gutthat zuwege bringen möchte. Nach der Zeit, als das Christenthum in diesem Lande ist eingeführt worden, haben die Thüringer einen tummen und närrischen Kerl einen grossen Löll genennet.  
  Weil sich die Thüringer obgemeldeter massen auch gegen Mittag bis an die Donau erstrecket haben, so könnten allhier noch diejenigen Abgötter, die in dasiger  
  {Sp. 1884}  
  Landes-Gegend verehret worden, als zum Exempel der Gotzenhayn, zu Emenzheim die Druiden-Priester und dergleichen mehr in Betrachtung gezogen werden: Allein wir haben ohnedem noch genug vorzutragen, daß wir uns damit nicht weiter einlassen können.  
  Inzwischen wäre zu wünschen, daß der Tractat von der Thüringer Abgöttern, welcher den Titel führet: De omnibus gentilium in Thuringia Deastris opus, addita cujusvis imagine, wovon Johann Vonderus, ein Mönch des Klosters Reinhardtsbrunn, Verfasser seyn soll, zum Vorschein käme.  
  Sonst ist kein Zweiffel, daß nicht die alten heydnischen Thüringer mehr Abgötter, als die angeführten gehabt haben mögen, welche uns aber unbekannt sind, wie man denn auch nicht zweiffeln darf, daß sie wie andere deutsche Völcker den Teuffel angebetet, welches Othlonus in dem Leben des heiligen Wunibalds bezeuget.
  Daher auch Carl der Grosse ein besonderes Gesetz, um diesen Teuffelsdienst auszurotten, gab, welches in dessen Capitularibus Num. VIII. mit folgenden Worten enthalten ist:  
  „Wenn jemand einen Menschen schlachtet, und ihm dem Teuffel zum Opffer darbringt, der soll des Todes sterben.„  
  Hieher ist auch dieses noch zu ziehen, daß die alten heydnischen Thüringer und andere Nationen mehr, Bäume, Hayne, Wälder, Brunnen und dergleichen mehr Göttlich verehret haben. Zum Beweise dessen kan uns die bekannte also genannte Donnereiche in Hessen dienen, welche bey Geismar gestanden, und vom heiligen Bonifacius zerstöret worden. Serarius Tom. I. Scriptor. Rer. Moguntiac. … ex Othloni vita S. Bonifacii
  Was wir bisher von den Göttern der Thüringer gemeldet haben, hält Martin Christoph Laurentius vor lauter Fabelwerck in Originibus Doringicis … hingegen will er behaupten, die Isis und Ciza wären der Thüringer rechte Götter gewesen. Er richtet sich nach seinen angenommenen Hauptsatz, daß nehmlich die Thüringer Oberringer, das ist solche Leute wären, die anfänglich am Ober-Rhein gewohnet, nachgehends aber in diese Länder gekommen; mithin hält er sie vor Schwaben. Da nun bekannt ist, daß die Schwaben besagte Isis und Ciza als Land-Göttinnen verehrt, so muß er freylich auch sagen, der Thüringer Abgötter wären auch dergleichen gewesen. Da aber Laurentius sein Vorgeben nicht einmahl mit einem wahrscheinlichen Grunde beweiset, sondern nur persvasum habeo setzet, so haben des Othlonus Zeugnisse, dem wir gefolgt, allerdings mehr Nachdruck und Stärcke.  
     
  Die Art und Weise wie die heydnischen Thüringer ihre Abgötter verehret haben,  
     
  wird vermuthlich mit der andern Teutschen Völcker ihrer überein gekommen seyn, und in Anruffung und Opffern bestanden haben. Sie sind als Heyden so weit gegangen, daß sie auch Menschen geopffert, wie man aus des Othlons obangeführten Buche … ersiehet,  
  ja einige von ihnen ha-  
  {Sp. 1885|S. 956}  
  ben als Christen den Heyden ihre Leibeigene zu dem grausamen Menschen-Opffer verkaufft.  
  Über dieses haben sie sonst noch viel Heydnische Gebräuche und Aberglauben an sich gehabt, auf Vogelgeschrey Achtung gegeben, das Satanische Wahrsagen geliebet, mit Zauberdingen umgegangen, und folglich viel Zauberer und Hexenmeister unter sich gehabt.  
     

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Stand: 16. Februar 2014 © Hans-Walter Pries