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Zedler: Titul [Charakter] [6] HIS-Data
5028-44-473-1-06
Titel: Titul [Charakter] [6]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 44 Sp. 506
Jahr: 1745
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 44 S. 266
Vorheriger Artikel: Titul [Charakter] [5]
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Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

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Übersicht
Privat-Personen
  Moralische Betrachtung
 
  Amts-Titel
  Aufgaben der Obrigkeit
  Juristische Betrachtung
Literatur

Stichworte Text   Quellenangaben
Privat-Personen Wir kommen nun zu den Titeln der Privat-Personen überhaupt zurücke. Solche Tittel dependiren zum Theil von der Gewohnheit, wie die Stands- und Ehren-Titel: zum Theil von der hohen Obrigkeit, welche die Amts-Titel ertheilet, wiewohl sie auch in einer Republick eine Verordnung machen kan, was ein jeder vor einen Ehren-Titel führen soll.  
  Der Gebrauch der Titeln ist an sich nicht zu verwerffen. Die Titel der würcklichen Bedienungen sind nöthig, und daß man mit denselbigen Ehren-Titel verknüpffet, ist vor sich auch nichts unrechtes, wie man denn auch nach Verdienst blosse Amts-Titel austheilen, und dadurch die Personen, denen sie gegeben werden, in ein grösseres Ansehen bringen kan. Allein der Misbrauch, der sich bey den letztern Gattungen eingeschlichen, ist sehr groß. Aus der obigen Historischen Abhandlung ist sattsam zu ersehen, wie mäßig man nach der alten Einfalt die Titel vor dem gebraucht, und wie sie nach und nach angewachsen sind. Ein solcher Mißbrauch ist bey uns in Teutschland vor allen andern Völckern eingerissen, der von einigen beklagt, von andern verlacht, und von den meisten mit gemacht wird.  
Moralische Betrachtung Bey diesen Umständen kan man eine Moralische und Juristische Betrachtung der Titel anstellen. Bey der Moralischen Betrachtung hat man so wohl auf denjenigen, der die Titel bekommt und führet; als den, der sie den andern giebet und austheilet, zu sehen.  
  Die  
  {Sp. 507|S. 267}  
  Pflichten desjenigen, der die Titel suchet oder führet, haben wir oben bereits hinlänglich erzehlet; jedoch wollen wir sie kurtz und in einer Connexion wiederholen.  
  Es ist aber die Rede von den Ehren- und blossen Amts-Titeln. Ein jeder muß in Annehmung solcher Titel sein Hertz vor den Ehrgeitz bewahren. Denn entweder hat jemand bey seinem Titel würckliche Geschicklichkeiten und Verdienste zum Grunde, oder es fehlen ihm dieselbigen. Im letztern Falle ist es eine der grösten Eitelkeiten, sich aus dergleichen Titel etwas zu machen. Sie sind Wörter, die etwas bedeuten und anzeigen müssen; befindet sich nun dergleichen nicht bey einem Menschen, so bleiben sie ein leerer Thon. Sind wahrhafftige Geschicklichkeiten und Verdienste vorhanden, so kan man sie zwar mit gröster Ehre führen; es wäre aber gleichwohl ungereimt, wenn man sich darauf etwas einbilden wolte.  
  Denn wie aller Ehrgeitz unvernünfftig; also würde er desto unvernünfftiger werden, wenn man ihn in den Titeln, die gleichsam nur Zeichen der Geschicklichkeit seyn sollen, suchen wolte. Ein Vernünfftiger nimmt die Ehren-Titel, die ihm zu kommen, wohl an; er gründet aber seine Ehre nicht darauf, und kan die Schmeichler, die ihn mit grössern Titeln, als ihm gehören, nicht dulten. Ehrgeitz und Schmeicheley sind die Haupt-Quellen, daraus der Mißbrauch in dieser Sache fliesset.  
Amts-Titel Soll er blosse Amts-Titel annehmen, so ist er dabey um zwey Stücke besorget.  
  Erstlich nimmt er sie an, wo er durch Verdienste dazu kommen kan, damit er sie mit Ehren führen möge. Er hütet sich vor krumme Wege, daß er sie nicht erkauffet, erheyrathet, erbettelt, und was andere ungerechte und unanständige Arten mehr sind.  
  Vors andere geht er darinnen nach der Klugheit vorsichtig und behutsam, daß er keinen Titel annimmt, wo er siehet, daß ihm solcher mehr schadet, als nutzet, welches sich auf verschiedene Weise zutragen kan. Denn entweder schicket sich der Titul zu eines Stand oder Profession nicht, und da macht man sich nur verächtlich; oder wenn man den Titel hat, so sucht man auch einen Rang, welches Haß und Widerwille erwecket; oder man ist nicht in Umständen, daß man sich seinen Character gemäß bezeigte, und den Staat darnach einrichten könnte, so auch mehr Schande als Ehre bringet; oder man hindert seine künfftige Promotion, weil man bey einem Character nicht eine jede Bedienung annehmen kan.  
Aufgaben der Obrigkeit Was hingegen eine Obrigkeit in der Republick wegen den Titel in Acht zu nehmen, kommt darauf an. Man hat allem Mißbrauch der Ehren-Titel vorzubauen, weswegen nicht undienlich, wenn gewisse Titulaturen eingeführet werden. So soll man auch keinem, als der es verdienet, einen blossen Amts-Titel geben, daß wenn er gleich das Amt nicht würcklich verwaltet, so kan er doch andern mehr dienen, welches das eigentliche Absehen solcher Titel erfordert.  
  Denn mancher hat Geschicklichkeit, die aber nicht allen gleich in die Augen fällt, noch von ihnen erkannt wird, damit er nun in ein Ansehen komme, und bessere Gelegenheit, seine Geschicklichkeit zum Dienste Gottes und der Welt anzuwenden, erlange, so  
  {Sp. 508}  
  braucht man den bloßen Amts-Titel, und verknüpfft ihm mit einem Range, weil sichs gegenwärtig nicht will thun lassen, daß man ihn in würckliche Dienste nehme.  
  Es ist auch einem Landesherren nachtheilig, und verringert das Ansehen der würcklichen Bedienten, wenn man ungeschickten Leuten solche Prädicate beyleget; oder um ein geringes Geld einem jeden den Raths-Tittel verkauffet. Es ist leicht einzusehen, warum man Niemanden Tittel und Rang geben soll, als der es verdienet. Denn woferne man Titel und Rang verkauffen will, so erhält man nicht mehr dadurch den Zweck, den man dadurch erhalten solte, und dannenhero werden sie eine bloße Eitelkeit. Ja man hindert gar, was man befördern solte. Denn da man durch dieses Mittel auch erhalten solte, daß jedermann nach einem wohlgegründeten Ruhme trachtete, und sich der Ehre würdig machte; so bleibet dieses nach dem unterweges, wo man erst siehet, man könne durch Geld, oder auch durch Recommendation guter Freunde erhalten, was man als eine Belohnung der Tugend und des Guten anzusehen hat. Ja wenn auch Unverständige sehen, daß Titel und Rang für Geld von solchen erkauffet wird, die sie in Vergleichung mit andern derselben nicht fähig achten, so höret beydes auch auf ein Mittel zu seyn, eine Hochachtung für wohlverdiente Leute ihnen dadurch beyzubringen.  
  Damit nun diese Hindernisse vermieden werden, so muß man Titel und Rang nach den Verdiensten einrichten. Und hat man hierbey auch den Schaden zu erwegen, der hieraus erwächset, wenn man Leuten höhere Titel und Rang giebet, als ihnen gebühret, oder auch wohl höhere, als andere haben, die dem gemeinen Wesen mehr Nutzen schaffen. Denn was ihre eigene Person betrifft, so wollen sie nach diesem, wie es auch die Billigkeit erfordert, standmäßig leben, da nun aber ihre Einkünffte nicht zureichen, so machen sie Schulden und betrügen andere, legen sich auf ungerechten und liederlichen Erwerb, oder bringen wenigstens die ihrige in Armuth und Dürftigkeit, welches man doch gleichwohl zu verhüten, sich soll angelegen seyn lassen.  
  Haben Sie Vermögen, so pflegen sie sich ihres unverdienten Standes zu erheben, und suchen es denen vorzuthun, die entweder mit Recht in einem gleichen Stande sitzen, oder wohl gar bey ihrem Verdienste sich mit einem geringern begnügen müssen. Dadurch werden diejenigen, die durch treufleißige Verrichtung ihres Amts dem gemeinen Wesen Nutzen schaffen, niedergeschlagen; Es schleichet sich in die Gemüther unvermerckt Haß und Neid ein, woraus nichts Gutes ferner erwachsen kan. Ja unterweilen pfleget man nützliche Leute dadurch gar aus dem Lande zu treiben, wenn sie sehen, daß sie so geringe geachtet, oder wenigstens andere, öffters nichtswürdige Leute, für ihnen zu Ehren erhoben werden.  
  Man hat demnach im gemeinen Wesen in Titeln und im Range gute Ordnungen zu machen, und davor zu sorgen, daß sie einen richtigen Grund haben, auch bey diesen Ordnungen zugleich auf die Ehren-Bezeugungen zu sehen, die man einem jeden nach seinem Stan-  
  {Sp. 509|S. 268}  
  de zu erweisen hat. Wer verstehet, wie weit man Titel und Rang begehren soll, der wird auch wissen, was man für Ordnungen dabey machen soll. Woferne man im gemeinen Wesen darüber hält; so sind Rang und Titel zugleich ein Mittel, ehrliebende Gemüther aufzumuntern, was nützliches zum gemeinen Besten zu leisten. Es bleibet demnach feste, im gemeinen Wesen muß man Titel u. Rang nach den Verdiensten austheilen, die einer in Beförderung des gemeinen Bestens hat. Wolff von dem gesellschaftlichen Leben der Menschen, §. 397.
Juristische Betrachtung Kommen wir auf die Juristische Abhandlung der Materie von den Titeln, so bemercken wir vor allen Dingen, daß auch denen Rechten nach der Titel, nach Proportion der unter einander handelnden und zielenden Personen, dergestalt eingerichtet werden müsse, daß der Sache nicht zu viel, noch zu wenig geschiehet. Denn thut man der Sache zu wenig, so kan solches vor eine Injurie und Beschimpffung angenommen werden. Besiehe Rubr. et t.t. Cod. ut dignitatum ordo servetur. Setze hinzu Feltmann de titul. honor. … und Paul Hönn Disput. Inaug. de Dignitat. …
  Und ist freylich zu bedauern, daß, da vor diesem die Titel so geringe gewesen, daß sich auch derselben grosse Herren nicht geschämet haben, (wovon beym Knipschild de Nobilit. … Besold. Thes. pract voc. Titul, ein mehrers nachgelesen werden kan) selbige dargegen heut zu Tage dergestalt gestiegen sind, daß sich auch Privat-Personen über ihren Stand weit erheben. Besiehe Knipschild … und Feltmann … allwo er von dem Mißbrauche des Titels, Ihr Gnaden, ins besondere handelt. Worinnen aber selbigen billig von ihrer Herrschaft und Obrigkeit ein Einhalt gethan, und sie zur gebührenden Straffe solten gezogen werden, arg. Nov. …
  Immassen denn dieser Mißbrauch der Titel nicht allein in denen gemeinen Rechten, wie auch in denen Reichs-Satzungen, und denen Kayserlichen Wahl-Capitulationen ausdrücklich verboten. Besiehe allerdings den Reichs-Abschied zu Regenspurg vom Jahre 1500. tit. Der Hauptmann soll ohne Schaden der Feind ziehen; 83. in fin. bey den Worten: Desgleichen sollen sie Ordnung der Titel halben für nehmen, wie ein jeder dem andern in seinem Stand schreiben soll. Setze hinzu die Rubr. et t.t. Cod. supr. cit. Ut dignit. ordo servetur; ingleichen Capitul. Leopold. Art. 45. Josephin. Art. 43. und Carol. VI. Art. 32. wie auch Feltmann d. Tract. … ins besondere aber das Chur-Bayerische Mandat, wegen der hochgestiegenen Titeln; wovon Dietherr beym Besold Thes. Pract. voc. Titul, in Addit. und der daselbst angeführte Zoer, nebst andern, mit mehrerm handeln.
  Sondern es ist auch die Poena falsi, ooder die Straffe des Falsches, darauf gesetzt, wenn einer aus Gefährde, und einem andern zum Nachtheil, sich einen solchen Titel, der ihm nicht gebühret, zuschreibet. L. XIII. … Setze hinzu
  • Carpzov,
  {Sp. 510}  
   
  Prax. Crim. ...
   
  • Feltmann d. Tr. ...
  • und Engelschall in Diss. Inaug. de eo ...
  so daß, wenn nahmhaffte beschwerliche Umstände dabey mit unterlaufen, je zuweilen nicht allein die Leibes- sondern auch sogar die Lebens-Straffe Platz hat. Besiehe EngelschallFeltmann d. Tr. … und Carpzov. c.l. … allwo auch ein und ander Exempel solcher Bestraffung zu befinden. Setze hinzu die Peinl. Hals-Gerichts-Ordn. Kayser Carls des V. Art. 113. et 115. ibique DD.
  Wie denn auch zu dem Ende der Kayserl. Fiscal bisweilen sein Amt disfalls exerciret, und diejenigen, so sich eines ihnen nicht gebührlichen Titels anmassen, zur Straffe fordert. Besiehe die Capitul. supr. cit. Setze hinzu L. un. C. ad L. Visell. Höpping de Jure Insign. … und Feltmann de Titul. Honor. … wie auch in unserm Lexico den Artickel Nahmens-Änderung, im XXIII Bande, p. 525. u.ff  
  Daher denn auch zu Vermeidung alles sonst zu besorgenden Mißbrauchs der übermäßigen Titulaturen absonderlich in denen Chur-Sächsischen Landen bey der Vorbitte vor die Kirchen-Patronen die Titel: Hochgebohren, Hoch-Wohlgebohren, Gnädige Herren u. Frauen, weggelassen,
  • Mandat. 1710.
  • Lausitz. Ober-Amts-Patent 1711;
  ingleichen bey keinem Rathe in der Stadt einige Vor-Titel gebraucht werden sollen. Ibid.
  Die besondern Titel für jede Standes-Personen sind in den ausgegebenen Titular- und Formular-Büchern nachzuschlagen, deren einige wir in dem Artickel: Titular-Buch, angeführet haben.  
Literatur Es sind zwar verschiedene Bücher von den Titeln heraus, dergleichen Seldenus und Feltmann de titulis honorum geschrieben, man hat aber zur Zeit die Sache nach den Moralischen Grund-Sätzen nicht ausführlich abgehandelt; zu jenen gehören auch Chassanäus in Catalogo gloriae mundi, und Becmann in Syntagm. de Dignitatibus. Zu Leipzig ist 1723 von Carl Heinrich Heegen eine Disputation de titulomania eruditorum heraus kommen; und von dem Thomasius haben wir eine Dissertation de Jure circa titulos honorum, Halle 1697; vom Ernst Florent. Rivinus aber eine de eo, quod convenit in tribuendis ac obtinendis honorum titulis, Leipzig 1727. Man lese auch nach, was in Bibliotheca juris imperantium quadripartita, p. 296. angemercket worden.  
  Von dem Kayserlichen Titel handelt ins besondere
  • Johann Christoph Wagenseil in Diss. de Titulis Imperatoriis, Altdorff 1716.
  • Nicolaus Christoph Lyncker in Diss. de Idiomate Imperiali, Jena 1687.
  • Ahasv. Fritsch de Jure Idiomatis, ebend. 1673.
  • u.a.m.
     

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Stand: 20. Februar 2013 © Hans-Walter Pries