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Zedler: Weiber-Rechte [2] HIS-Data
5028-54-78-5-02
Titel: Weiber-Rechte [2]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 54 Sp. 84
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 54 S. 55
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Übersicht
Vorteile
  Verbindlichkeiten
  Ladung
  Verwahrung
 
  Mitwirkung eines Kurators

  Text   Quellenangaben
Vorteile In andern Fällen aber, und vornehmlich, wo sie wegen der Gebrechlichkeit ihres Geschlechts leichte verletzet werden können, geniessen sie hin wiederum vor denen Manns-Personen grössere Vortheile.  
Verbindlichkeiten Besonders äussert sich dasselbige hierinnen, daß die Weibs-Personen sich nicht auf die Masse, wie die Manns-Personen, so leichte verbindlich machen, ihrer Rechte sich begeben, und Obligationen oder derjenigen Verbindlichkeit, worunter ihnen andere verhafftet, und verpflichtet sind, tilgen können, sondern vielmehr jederzeit darzu die Einwilligung und Autorität des ihnen gesetzten Curatorn, soll anders die von ihnen vorgenommene Handlung zu recht beständig und gültig seyn, höchst vonnöthen und erforderlich ist.  
  Denn weil sie von Natur nicht eines so durchdringenden Verstandes, u. von einer so festen Entschliessung, als die Manns-Personen seyn, und daher auch leichte betrogen werden können; so sind nicht nur bey den Römern, (wiewohl solches nach der Zeit ausser Gewohnheit kam, und zu Kaysers Justiniani Zeiten nicht mehr gebräuchlich war, Kemmerich Acc. Inst. …) und Griechen, sondern auch bey denen alten Deutschen denen Weibern gewisse Beystände, oder Curatorn gegeben worden, deren Rath sie sich so wohl in Gerichtlichen, als ausser gerichtlichen Fällen bedienen solten, wie solches Everard Otto in Disp. de perpetua foeminarum tutela, gar gelehrt angemercket.  
  Hauptsächlich nach Chur-Sächsischen Rechten ist die Nothwendigkeit so groß, daß alle diejenigen Verbindlichkeiten der Weibs-Personen, (denjenigen Unterscheid zwischen denen Verehelichten und Unverehlichten ausgenommen, welchen wir an seinem Orte zeigen werden) welche sie ohne Autorität und Einwilligung ihrer Curatoren eingegangen, ungültig und unkräfftig seyn.  
  Jedoch äussern sich gewisse Fälle, wo Weibs-Personen sich auch ohne Curatorn gültig verbinden können. Und zwar  
 
1) die Häußlichen und Wirthschafftlichen Sachen mag sie insgesamt ohne Curatorn durch Einwilligung ihres Mannes unternehmen, und sich in Ansehung dererselbigen verbindlich machen,
  • Berger Oecon. Jur.
  • Titius Jur. Priv.
 
  Woferne nur der Mann nicht aus erheblichen Ursachen, z.E. wegen ihrer Verschwendung nicht widersprochen hat.
Mevius ad Jus Lub. …
 
2) Wenn sie bloß mit ihren Kindern einen Contract schliesset; so braucht sie auch keinen Curatorn, sintemahl hier die Ursache, weswegen Weiber einen Curatorn haben müssen, nemlich damit sie darinnen nicht vervortheilet werden möchte, wegfällt, auch wenn sie denen Kindern, ein ihr wider sie zustehendes Recht fahren lässet, sie dasselbe wohl wissentlich und aus mütterlicher Liebe thut, folglich keine Verletzung zu ersehen,
  • l. 17. …
  • Carpzov P. II. …
  • Berlich P. II.
  • Wernher Vol. I. …
  • Berger Oecon Jur.
 
  Daher wenn die Kinder sich gleich der Erbschafft ihres Vaters begeben haben,
 
  {Sp. 85|S. 56}  
 
  die Mutter aber begiebt sich desselben Rechtes, und lässet die Kinder mit erben; so ist dasselbe dennoch gültig, ohngeachtet kein Curator darzu gebrauchet worden.
Berger l.c.
  Ferner  
 
3). Wenn sie mit Rath und Einwilligung ihrer nächsten Freunde und Agnaten, z.E. des Bruders einen Contract geschlossen; so ist derselbe zu recht beständig, wenn auch geich nur einer von ihren nahen Anverwandten, nicht aber alle mit einander zugegen gewesen.
Leyser Med. ad ff. …
 
  Angesehen sie in diesem Falle nicht ohne Rathgeber gewesen,
  • Carpzov l.c. d. 18.
  • Berlich l.c. n. 84.
 
  woferne nur die nächsten Freunde und Agnaten der Weibs-Person lediglich mit gutem Rathe an die Hand gegangen, nicht aber entweder selbst, oder deren Kinder und Weiber mit der Frauen contrahiret, oder wenigstens selbige Mit-Consorten gewesen, dergleichen sich äussern kan, wann die Weibs-Person mit ihnen ein gemeinschaftliches Hauß oder Gut gehabt, und dieselbe solches mit ihnen verkaufft, als in welchem Fall ihr die Agnaten nicht mit Rath an die Hand gegangen, sondern lediglich ihres Nutzens halber und als Principal-Contrahenten dabey gewesen, dahero der ohne Curatorn aufgerichtete Contract nicht bestehen kan.
Wernher Vol. I. …
  Sonst  
 
4). wenn sie eine Sache verkauffet, welche sie nach dem Testament desjenigen, der sie zur Erbin eingesetzt hat, an einen andern um einen gewissen Preiß verkauffen muß, oder es ist ihr eine Sache verkauffet, mit dem Bedinge, daß dem Verkäufer frey stehen soll, selbige binnen einer gewissen Zeit wiederum vor solch Geld einzulösen, mag sie dasselbe auch ohne Curatorn thun,
Titius l.c. §. 7.
  Nicht minder  
 
5) mag sie, wenn sie das darzu gehörige Alter, nehmlich 12. Jahr erreichet hat, ohne Einwilligung des Curatorn so wohl im Gerichte, als ausser Gerichte, ein Testament oder andere Arten eines letzten Willens machen, oder ihr Vermögen auf den Todes-Fall verschencken,
  • Const. El. Sax. …
  • Stryck in Caut. Testam. …
  • Titius l.c. §. 7.
 
  wiewohl Schilter Exerc. … und Lyncker … das Gegentheil, jedoch, weil dieser Art derer Schenckungen von denen Schenckungen unter denen Lebendigen unterschieden werden, auch durch nothwendige Zuziehung fünff Zeugen den letzten Willen gleich gemachet werden, ungegründet behaupten will.
Besiehe auch Matth. Wesenbeck P. III. …
 
  den einzigen Fall ausgenommen, wenn sie die auf den Todes-Fall geschenckte Sache, zugleich dem damit beschenckten übergeben.
  • Bastineller Disp. de negotiis
  • Sande Dec. Fris. …
 
  Sonst ist diese Regel dergestalt gegründet, daß eine Weibs-Person auch in dem Falle, wenn sie und ihr Ehemann zugleich 2. reciprocirliche oder Gegen-Testamente machen, dennoch die Frau hierzu keinen Curatorn vonnöthen habe,
  • Carpzov
  • Reinhardt Disp. de Foeminarum
 
  obschon Brunnemann … das Gegentheil zu behaupten sich gefallen lassen.
 
 
  Wiewohl hier-
 
  {Sp. 86}  
 
  bey auch noch dieses zu erinnern, daß in Ansehung derer Unverehlichten sich die Freyheit, ein Testament zu machen, so wohl über die beweglichen, als unbeweglichen Güter, erstrecke; da hingegen was die Verehlichten betrifft, selbige nur von denen unbeweglichen Gütern, nach ihrem Gefallen, Testamente aufrichten mögen, nach Sächsischen Rechten aber, weil der Mann von dem beweglichen Vermögen Erbe ist, sie über ihr bewegliches Vermögen, und zwar weder über das gantze, noch einen Theil desselben ohne Wissen und Einwilligung ihres Mannes ein Testament oder letzten Willen machen mag.
  • Const. Elect. Sax. …
  • Carpzov def. 7.
  • Stryck Caut. Test. …
  • Reinhard Disp. cit. §. 20.
 
  Fällt aber dieses Hinderniß hinweg; so ist ihr letzter Wille zu Recht beständig und gültig, wenn er auch gleich ohne Curatorn verfertiget worden, auf gleiche Weise, wie auch die Wiederruffung des letzten Willens ohne Curatorn zu Recht beständig und gültig ist.
Jacobi Diss. de Curatore mulier. …
 
6). Mag sie auch vor sich und ohne Curatorn ein Ehegelöbniß schliessen und die Ehe selbst vollziehen. Gestalt denn auch in Ehe-Sachen die Weibs-Personen ohne Curatorn in Gerichten erscheinen mögen, aus Ursachen, weil bey dergleichen Sachen allerdings hauptsächlich derer Partheyen Gegenwart vonnöthen ist, folglich wenn eine Weibs-Person im Gerichte ohne Curatorn dem Processe in der Ehe-Sache renunciiret, ist solche Enunciation zu Recht beständig und kräfftig,
  • Mevius
  • Reinhardt l.c. §. 22.
 
  Wiewohl in Chur-Sachsen nach Anleitung der neuen Proceß-Ordnung, … alle Weiber bey Pflegung der Güte, alleine ohne Curatorn im Gerichte erscheinen mögen.
 
  So können die Weibs-Personen auch  
 
7). eine Ehestifftung aufrichten,
Carpzov
  Wenn  
 
8) eine Weibs-Person ein Guth hat, auf dem das Pfarr-Lehn hafftet, kan sie alle Gerechtsame des Pfarr-Lehns ausüben, und dannenhero einen Pfarrer ohne Zuziehung des Curatorn beruffen.
Titius l.c. §. 7.
  Nicht minder gehöret hieher  
 
9). wenn sie in dem Contracte einen Betrug begangen, z.E. sie hat vorgegeben, Titius wäre ihr Curator, und dieser ist es nicht, oder den andern darzu betrüglich verleitet, als in welchem Fall, weil die Rechte dem Hintergangenen und Betrogenen, nicht aber den betrügenden Weibern zu statten kommen,
  • l. 43. …
  • Anton Faber in Cod. …
 
  auch denen Weibspersonen nur deswegen Curatorn geordnet werden, damit sie aus Mangel guten Bedachts und Raths nicht hintergangen werden möchten, hingegen in solchem Fall nicht gesagt werden mag, daß sie nicht witzig genug, und leichte zu hintergehen, als welches sich durch ihre gebrauchte List und Betrug zulänglich wiederleget, der Contract auch ohne Curator gültig ist,
  • l. 23. …
  • Carpzov
 
  Hier zu rechnet auch Berger Oec. Jur. … daß eine Weibs Personen auch unbewegliche Sachen, ohne Zuziehung eines Curatorn, einer milden Stifftung gültig verschencken
 
  {Sp. 87|S. 57}  
 
  möge; wiewohl Reinhardt Disp. cit. §. 35. solches lediglich auf die unverheyratheten Personen, nicht aber die im Ehestande lebenden, weil die Frau ohne des Ehemanns Einwilligung von ihrem unbeweglichen Vermögen, nichts vergeben mag, billig restringiret und einschräncket.
 
 
  Mit besserm Rechte ist vielmehr hieher zu ziehen, daß eine Weibs Person ohne Zuziehung eines Curatorn sich gültig, auch gerichtlich erklären möge, sie wolle ihrem Ehebruchs halber in gefänglicher Hafft sitzenden Ehe-Manne seine Untreue verzeihen; ob schon Ludovici Disp. de intercessionibus innocentium, § 20. deswegen, weil dieses eine höchstwichtige Sache sey, die der Frauen zu nicht geringem Nachtheil gereichet, das Widerspiel behauptet, angesehen die Weibs-Person zu Schließung einer Ehe keines Curatorn benöthiget ist, und die geschlossene Ehegelöbniß deswegen, weil sie hierzu keinen Curatorn gebrauchet, nicht wiederrufen kan, folglich auch ihren Willen, die Ehe dem ohngeachtet fortzusetzen, billig ohne des Curatorn Erklärung thun mag.
 
 
  Worwieder nichts schadet, daß sie bey erkannter Landes-Verweisung ihrem Manne folgen und die Wohnung verändern müsse; angesehen sie auch ausser diesem Falle, ihrem Manne, wenn er seine Wohnung verändern will, folgen muß.
  • Griebner Disp. de intercess. conjugis
  • Reinhardt, Disp. Cit. §. 26.
Ladung Diesem wollen wir noch beyfügen, daß der Weibs-Person auch die Citation allein gültig möge insinuiret werden, ohngeachtet sie dieselbige nicht mit ihrem Curatorn angenommen hat, und wenn sie auf vorhergegangene Ladung nicht erschienen, mag sie sich deshalber, daß die Citation nicht ihrem Curatoren zugleich insinuiert worden, keinesweges von der Straffe des Ungehorsams befreyen, Reinhardt l.c. §. 24.
Verwahrung Noch ferner rechnete Carpzov Decis. 41. hieher, daß eine Weibs-Person aus dem Deposito gültig verbunden werden möge, wenn sie auch schon die Einwilligung des Curatorn hier zu nicht gebrauchet, weil nemlich bey der Verwahrung des Depositi kein so grosser Verstand erfordert werde, l. 5. …
  folglich kein Curator hier zu erforderlich, auch die Weibs-Person dadurch nicht betrogen werden möge, demnach auch zu dessen Verhinderung der Curator nicht vonnöthen.  
  Weil aber doch in dem angeführten Gesetze nur dieses enthalten, das bloß der Betrug, nicht aber eine geringe Fahrläßigkeit, von dem Depositario müsse prästiret werden, folglich nicht der allergrößte Fleiß dabey angewendet werden, hingegen aber doch der Depositarius bey dessen Verwahrung gebührenden Fleiß und Sorgfalt, und zwar solchen, welchen die sorgfältigen Hauß-Väter bey ihren Sachen anzuwenden pflegen, gebrauchen müsse, darzu allerdings schon gebührender Rath und Verstand vonnöthen, auch die Weibs-Person ihren Geschlechte nach sich leichtlich zu was verbinden, und demnach sich bey Verwahrung der deponirten Sachen zu mehrerm und grösserm Fleiße, als sonst erforderlich, verbinden können; so erhellet hieraus gantz deutlich, daß zu dessen Verhütung allerdings des Curatorn Einwilligung und Autorität, hiernächst die Curatorn nicht allein zu Verhütung alles Scha-  
  {Sp. 88}  
  dens, sondern auch zur Ergäntzung und Supplirung des Willens und Consenses der Frauen hauptsächlich vonnöthen sind. Schilter Exerc. …
  Die andere angeführte Ursache aber kan auch nichts würcken, anerwogen hieraus folgen müste, daß der Pupill auch deswegen, weil er hierdurch nicht betrogen werden möchte, aus dem Deposito verbunden würde, ohngeachtet des Vormundes Autorität nicht darzu gebrauchet worden, hier auch nicht so wohl die Frage davon ist, ob die Weibspersonen dadurch betrogen, als vielmehr ob sie verbunden werden können.  
Mitwirkung eines Kurators Zu geschweigen, daß die Restriction, die Weibs-Personen möchten sich in den Fällen, wo sie nicht betrogen werden möchten, auch ohne Curatorn verbinden, ungegründet, ja die Weibs-Personen allerdings gar leichter dadurch betrogen werden können, anerwogen sie sich zu was mehrerm, als sie zu thun schuldig ist, nicht verbinden mag, anderer Betrügerey nicht zu gedencken; so scheinet wohl gegründeter zu seyn, daß auch die Weibs-Person diesen Contract, ohne Einwilligung des Curatorn nicht vollziehen, noch daraus verbunden werden könne. Schilter c.l. welcher noch mehrere Ursachen anführet, dieses ist wohl nicht zu leugnen, daß, wenn sie die Sache würcklich in ihre Verwahrung erhalten, sie auch zu deren Ausantwortung verbunden ist.  
  Angesehen sie durch deren Verweigerung einen Betrug oder Gefährde begehen würde; hingegen wenn sie bey deren Verwahrung nicht die erforderliche Sorgfalt und Fleiß angewendet, mag sie zu deren Ersetzung nicht angehalten werden, wenn auch schon der Mann und sie zugleich über den Empfang des Depositi sich schrifftlich erkläret, und sie sich darinnen nicht allein zur Restitution, sondern auch zum Empfang, bekennet hat.  
  Sintemahl so offt sich ein Weib mit dem Manne in einem Instrumente verbindlich machet, die Verbindlichkeit in Ansehung der Frau und ihrer Sachen nicht gültig ist, und als ob es nicht geschrieben wäre, geachtet wird, wenn nicht bewiesen wird, daß selbige die Sache würcklich erhalten, und in ihren Nutzen verwendet hat. Auth. si qua mulier
  Ja es wird vermuthet, daß der Mann dieselbe Sache allein erhalten habe, folglich mag in diesem Falle auch nicht einmahl die Frau, solange nicht erwiesen wird, daß sie die deponierte Sache in ihre Verwahrung erhalten habe, welches durch das Instrument nicht erwiesen werden mag, Gail.
  zu Ausantwortung der deponirten Sache angehalten werden.
  • Wibel de Contract. Mulier. …
  • Stryck Us. mod. …
     

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Stand: 6. Februar 2013 © Hans-Walter Pries