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Zedler: Welt, Latein. Mundus [4] HIS-Data
5028-54-1639-4-04
Titel: Welt, Latein. Mundus [4]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 54 Sp. 1661
Jahr: 1747
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 54 S. 844
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Hinweise:
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Übersicht
5) Beschaffenheit der Welt.
6) Grösse der Welt.
7) Mancherley Art und Menge der Dinge in der Welt.
8) Schöne Ordnung und Harmonie in der Welt.
9) Endlichkeit der Welt.

  Text  
  5) Beschaffenheit der Welt.  
  Hiervon haben wir gar eine schwache Erkänntniß, weil der allergrösseste Theil davon allzuweit von uns entfernet ist: Gleichwohl aber erkennen wir so viel, daß wir daraus schliessen können, es sey die Welt ein rechter Spiegel der göttlichen Allmacht, Weisheit und Gütigkeit, welches auch der vornehmste Nutzen ist, den man aus der Betrachtung der Welt hat. Ist dieselbige ein Begriff aller derjenigen Dinge, die GOtt erschaffen hat und noch erhält, so pflegt man selbige in gewisse unmittelbare Theile, die man die Welt-Cörper nennet, einzutheilen.  
  Nach der Meynung der Cartesianer, werden diese Cörper in drei Arten abgetheilet, daß einige sind Corpora pellucida, oder durchscheinende Cörper, welche die Strahlen des Lichts durchlassen, wie insonderheit der Himmel; Andere Corpora lucida, oder leuchtende Cörper, als die Sonne und Fix-Sterne; Und noch andere Corpora opaca, oder wiederscheinende Cörper, ihr Licht anders woher bekom-  
  {Sp. 1662}  
  men, und zurück werfen.  
  Will man die Welt noch genauer betrachten, so kan man insonderheit vier Umstände bey derselbigen in Erwegung ziehen: Als  
 
  • ihre Grösse und Umfang;
  • Die mancherley Art und Menge der Dinge, die sie in sich fasset;
  • Die so schöne Ordnung und Harmonie, welche darinnen anzutreffen ist;
  • Nebst den Absichten, das alles zu einem gewissen Gebrauche abzielet.
 
     
  6) Grösse der Welt.  
  An der Erkänntniß der Grösse des Welt-Gebäudes ist gar viel gelegen; Indem wir daraus die Allmacht GOttes erkennen müssen. Diese läst sich einiger massen erstlich aus der entsetzlichen Grösse der Welt-Cörper abnehmen. Daß unsere Erde ein sehr grosser Cörper sey, solches ist aus der geographischen Beschreibung, und den vielen Reisen und Schiffarthen der Menschen, mehr als zu wohl bekannt. Man braucht nicht viel Beredsamkeit, auch Ungelehrte davon zu überzeugen, daß man in der Peripherie der Erde-Kugel 5400 Deutsche Meilen zurücklegen müßte, wenn man in gerader Linie um den Erd-Kreis herumreisen könnte und wolte.  
  Es würde auch ein Anfänger in der Geometrie leicht begreiffen, daß wenn man einen Diameter, oder eine gerade Linie, von einem Puncte der Erd-Fläche, bis zu der andern, durch den Mittelpunct ziehen könnte, solche 1720 Deutsche Meilen betragen müste. Ja es liesse sich demselben auch bald beybringen, wie er daraus finden könnte, daß die gantze Fläche der Erden 9 288000, oder 9 Millionen 288000 Quadrat-Meilen, und der cörperliche Inhalt, 2662560000, oder 2662 Millionen und 560 Cubic-Meilen enthielte.  
  Dieses alles glaublich, ja begrifflich zu machen, kostet wenig Mühe. Wenn man aber einem Ungläubigen, und Ungeübten davon vorsaget, daß diese unsere Erd-Kugel, so groß sie auch sey, dennoch nur wie ein Punct gegen das grosse Welt-Gebäude zu achten sey: So wird man selten Beyfall finden, und muß solches wohl gar vor Grillen ausgeben lassen. Gleichwohl ist und bleibt die Sache wahr.  
  Die Grössen der vornehmsten Welt-Cörper sind folgende. Der Cörperliche Inhalt.  
 
Des Saturnus















enthält











8995649140400















Cubische Meilen
Des Jupiters 27683213673192
Der Sonne 3645252928246960
Der Venus 6151366863
Des Mars 355815367
Des Mercurius 149300419
Unsers Monds 56650212
Unsrer Erde 26625660000
 
  {Sp. 1661}  
  Wenn man nun unsre Erde nur gegen die vorhergehenden Welt-Cörper hält, deren Grösse zusammen genommen 3681938504193413 Cubische Meilen sind, so findet man, daß diese Cörper 138285 grösser, als unsre Erden seyn. Es verdienet hiervon Reinbecks XIV Betrachtung über die Augspurgische Confeßion gelesen zu werden: Woselbst dieses weitläufftig, ob wohl nach einer andern Rechnung, ausgeführet worden ist.  
  Wolff schreibet von dieser Sache, in seinen Gedancken von den Absichten der Dinge ... al-  
  {Sp. 1662}  
  so:  
  Die Alten haben von der Grösse des Welt-Gebäudes gantz kindische Gedanken gehabt, indem sie sich dasselbe so klein eingebildet, daß es der unendlichen Vollkommenheit GOttes gar nicht gemäß gewesen. Sie bildeten sich ein, die Erde wäre das einige Wohnhauß, der zu Gefallen alle das Übrige wäre gemacht worden, Diese läge mitten in der Welt, und bis an die Fix-Sterne wäre es nicht weiter, selbst nach Tychonis de Brahe, der es mit den Alten gehalten, Rechnung, als 14000 halbe Erd-Dia-  
  {Sp.1663|S. 845}  
  meter, oder 1204000 Deutsche Meilen. Nemlich die gantze Welt-Kugel machten sie in Diameter 14000 mahl so groß, als der halbe Erd-Diameter ist: Welches zwar denen, die mit Ausmessung der Grösse nichts zu thun haben, groß vorkommen wird, aber in Ansehung der unendlichen Krafft GOttes etwas schlechtes ist. Die Fix-Sterne waren ihrer Einbildung nach alle gleich weg von der Erde, und mit ihnen hatte die Welt ein Ende.  
  Und §. 36. Allein die Zeiten der Unwissenheit sind endlich vergangen, und man hat in unsern Tagen die erstaunende Grösse der Welt besser einsehen gelernet. Denn nachdem Copernicus den wahren Bau der Welt bekannt gemacht; Marius und Galiläus die Fern-Gläser zur Betrachtung des Himmels anzuwenden angefangen, Kepler die Gesetze der Bewegung der Planeten glücklich entdecket, und Neuton demonstriret, wie sie mit der Bahn, darinnen sie sich bewegen, übereinstimmen, ja Bernouilli erwiesen, daß sie sich nach diesen Gesetzen in keiner andern Bahn als im derjenigen bewegen können, die Kepler angegeben; Über dieses Hugenius angewiesen, wie man die scheinbare Grösse der Planeten genauer, als vorhin, bestimmen kan, und endlich Dominicus Caßini gezeuget, wie sich die Weite derselben von der Erde mit mehrer Gewißheit ausmachen lässet, als vorher geschehen: So hat man auch vor die Grösse der Welt gantz andere, und dem unendlichen GOtt viel anständigere, Gedancken bekommen, auch dadurch die Ehre GOttes gar nachdrücklich befördert.  
  Man erkennet daraus, daß:  
 
Der Saturnus 3378











mahl
grösser




mahl
kleiner















als unsre Erde
Der Jupiter 10397
Die Sonne 1369078
Die Venus 2
Der Mars 7 ½
Der Mercurius 17 6/7
Der Mond 47
 
  Das ist aber nur von den grossen Planeten, welche ihren Lauf um die Sonne haben. Man wird zwar schwerlich glauben, was von der Grösse, Entfernung und dem grossen Raume der Welt-Cörper angegeben wird. Vielleicht sagt man: Wer ist denn in der Sonne und in den andern Sternen gewesen, und hat sie ausmessen können? Wenn man als ein Ungelehrter also urtheilen, oder die gantze Sache gar über den Hauffen werffen wolte, so würde man sich in diesem Urtheile sehr übereylen. Wer würde wohl glauben, daß ein Sternseher eine Sonnen- und Monden-Finsterniß viele Jahre vorher ausrechnen könnte? Wo man nicht aus der Erfahrung wüste, daß es eintreffe, und keine Minute fehle. Warum will man ihnen denn hierinnen keinen Beyfall geben? Man stoße es entweder mit Gründen um, oder, wenn man solches nicht kan, so lasse man es unangetastet.  
  Will man es durchaus nicht glauben, darum, weil einige Sternkündiger die Zahlen nicht auf gleiche Weise bestimmen: So mercke man nur, daß die alten Sternkündiger anfangs gar keine Fern-Gläser gehabt, und mit blosen Augen wenig haben erkennen mögen.  
  {Sp. 1664}  
  Nachdem aber diese aufgekommen, und nach und nach verbessert worden sind, stimmen die neuern hierinnen überein, die es gemeinschafftlich ausgemessen haben. Der Unterscheid, so bey einem und dem andern angetroffen wird, ist weit kleiner, als wenn etliche Feldmesser einige tausend Stück Acker ausgemessen hätten, und die Summa derselben untereinander 2 bis 3 Ruthen unterschieden wäre. Das ist ja eine grosse Kleinigkeit.  
  Die 9 Monden, oder Trabanten, deren 5 um den Saturnus und 4 um den Jupiter, eben so, wie unser Mond um die Erde, gehen, sind noch nicht einmal hierbey mitgerechnet. Wo bleiben denn noch die so genannten Fix-Sterne, welche ihr eigenes Licht haben, und nicht ohne Grund für lauter Sonnen gehalten werden? Die Zahl derselben ist so groß, daß sie nicht bestimmet werden kan. Es haben sich zwar verschiedene Sternkündiger bemühet, die Anzahl der Sterne zu bestimmen. Ptolomäus hat 1026, Plinius 1600, Hevel 1888, Kepler 1392, Bayer 1709, Flamsteed 2604 noch andere haben auf 3000, angegeben; Allein das sind nur Sterne, welche sie mit bloßen Augen sehen können.  
  Durch Fern-Gläser hat man deren weit mehr entdecket. In dem eintzigen Gestirne, so man den Orion, oder Jacobs-Stab, nennet, pflegt man mit blossen Augen 26 zu zählen; Mit den Fern-Gläsern haben sie aber schon 2000 entdecket. Was für eine erstaunende Menge Sterne mögen nicht in der so genannten Milch-Strasse seyn; Selbige aber sind keinesweges als solche kleine Lichtergen anzusehen, wie sie uns vorkommen. Es sind grosse Sonnen, welche ihr eigenes Licht, und ohne Zweiffel ihre Geschöpffe, haben,  
  Die Heil. Schrifft selbst stellet die Anzahl der Gestirne unergründlich vor. Denn 1 Mos. XV, 5, sprach GOtt zu dem Abraham: Siehe gen Himmel, und zähle die Sterne; Kanst du sie zählen? Und Cap. XXII, 17. Ich will deinen Saamen mehren, wie die Sterne am Himmel, und wie den Sand am Ufer des Meers.  
  Die Grösse derselben erstrecket sich so weit, daß wohl wenige, wo nicht gar keine Sterne, kleiner als unsre Erde sind. Tycho de Brahe pfleget alles viel kleiner anzunehmen: Setzt aber doch von den sechserley Grössen derselben, daß die ersten 68 mahl grösser, als die Erde, die andern 28 mahl, die dritten 12 mahl, die vierten 6 mahl grösser, die fünfften der Erde an Grösse gleich, und die sechsten etwas kleiner, als selbige, wären.  
  Reinbeck schreibet davon, in der vorangezogenen Betrachtung ... also:  
  Da die Fix-Sterne ein so helles und blitzendes Licht haben, ungeachtet sie von der Sonnen so weit entfernet sind; so kan man daraus leicht schliessen, daß sie ihr Licht nicht von der Sonnen empfangen, sondern ihr eigenthümliches Licht haben, und solcher Gestalt lauter Sonnen seyn müssen: Zumahl, da, wenn man den Sonnen-Cörper durch ein grosses Fern-Glaß auffänget, und auf Papier spielen läßt, sich auf demselben eben ein solch blitzendes Wesen, als die Fix-Sterne von sich blicken lassen, uns vorstellet.  
  Nun sind der Fix-Sterne so viel und mancherley, daß, wenn auch einige daran fehlen solten, unserm Erdboden  
  {Sp. 1665|S. 846}  
  doch nichts abgehen würde. Und was könnte unserer Erde die selbige unzählige Menge Sterne, die in der Milch-Strasse sind, helffen, da wir dieselbe, und andere mehr, nicht einmahl mit blossen Augen sehen können, und gar nicht wüsten, daß sie da wären, wenn nicht die Fern-Gläser wären erfunden worden? Da nun zugleich aus obigem gnugsam abzunehmen ist, daß die Fix-Sterne sehr grosse feurige Kugeln, nach Art unsrer Sonnen, seyn müssen, dieselbe aber dem wenigsten Theil nach mit ihrem Licht unserm Erdboden dienen, und gleichwohl GOtt eine solche erstaunende Menge der grössesten Feuer-Cörper nicht ohne Ursache wird gemacht haben; So stehet aus diesen allen zu muthmassen: Wie unsere Sonne ihre Welt-Cörper um sich hat, die ihres Lichtes benöthiget sind und geniessen; Also auch dergleichen um die Fix-Sterne anzutreffen sind, deren mehr, oder weniger, seyn können, je nachdem die Grösse des Fix-Sterns es leidet, und die Weisheit des Schöpffers es vor gut gefunden hat.  
  Und dieses wird unter andern auch daher muthmaßlich, weil unter den Fix-Sternen hin u. wieder solche Sterne angetroffen werden, die bald grösser, bald kleiner werden, bald niedriger, bald höher stehen, bald sichtbar sind, und bald wieder verschwinden. Welche Sterne man allem Ansehen nach für Planeten, die um einen Fix-Stern herum lauffen, und die, wie man schon zum Theil angemercket hat, ihren ordentlichen und abgemessenen Lauf haben, halten muß; Zumahl sie ein weit schwächeres und blasseres Licht haben, als die Fix-Sterne.  
  Hiebey bedencke man nun, was das für ein grosser und unbegreifflich majestätischer Herr sey, der alle diese grossen und unzählig vielen Welt-Cörper, durch sein Macht-Wort: Es werde! geschaffen hat.  
  Man kan die unendliche Grösse GOttes ferner aus der erstaunlichen Entfernung der himmlischen Welt-Cörper schliessen. Es stehet von der Sonne  
  Saturnus 191215840
Jupiter 104060000
Mars 30444000
Die Erde 20640000
Die Venus 14276000
Mercurius 6880000.
 
  Deutsche Meilen.  
  Das ist freylich sehr weit; Obgleich solches für die unendliche Grösse GOttes nicht zu viel ist. Hätte man Lust zu wissen, wie lange man zubringen müsse, wenn man von der Erde nach der Sonne reisen wolte: So kan man solches bald ausrechnen. Man setze nur, es könnte einer alle Stunden eine Meile ungesäumt fortreisen, so müste er über 2356 Jahre auf seiner Reise zubringen. Wolff führet in seinen Absichten der natürlichen Dinge ... an, daß eine Stück-Kugel, welche, nach Mersenni Observation, in einer Secunda, oder innerhalb einem Puls-Schlage, 600 Schuh fortgehet, 25 Jahr lauffen müste, wenn sie von der Erde nach der Sonne zu abgeschossen wür-  
  {Sp. 1666}  
  de, ehe sie da selbst ankommen könnte. Desgleichen, daß selbige erst in 237 Jahren ankommen würde, wenn sie aus dem Saturnus in die Sonne lauffen könnte. Ja, er zeiget so gar, daß eine solche Stück-Kugel 691600. oder bey nahe 700000. Jahre, würde zubringen müssen, wenn sie von der Erde bis zu dem nähesten Fix-Sterne ihren Lauff in gleicher Geschwindigkeit fortsetzen könnte.  
  Wir mögen aber nicht weniger auch GOttes unendliche Grösse einiger massen aus dem ungeheuren Raume, welchen die Welt-Cörper durchlauffen, erkennen. Z.E. Wir mögen entweder annehmen, daß die Sonne um die Erde herum lauffe, oder, daß sich diese um jene herum bewegen müsse, so ist die Entfernung dieser weiten Cörper von einander: 12000. Erd-Diameter, oder 20640000. Deutsche Meilen. Diese Entfernung können wir als den halben Diameter von dem Circkel ansehen, welcher durch die Lauff-Bahn der Erde um die Sonne (oder dieser um jene) gemacht wird. Daraus läßt sich leichtlich finden, daß der Kreiß dieses Circkels 129619200. Meilen enthalte.  
  Allein das ist nur der Raum von der Erde um die Sonne. Wenn wir nun bis zu dem nächsten Fix-Sterne giengen, was würde nicht da für ein Raum heraus kommen (Wolff mercket in den offt gedachten Absichten der natürlichen Dinge ... an, die Erkänntniß der Grösse des Welt-Gebäudes sey vornehmlich in der Erkänntniß der Weite der Sonne von der Erde gegründet, welche Hugonius, in dem Systemate Saturnino ... 25086. halben Erd-Diametern gleich heraus gebracht; Caßini aber habe die mitlere Weite der Sonne von der Erde 22000. halbe Erd-Diameter gefunden, und de la Hire selbige gar 34377. halbe Erd-Diameter heraus gebracht. Da nun der halbe Diameter 860 Deutsche Meilen hätte, so wären, nach des Caßini Rechnung, von der Erde bis in die Sonne 18920000. nach des de la Hire seiner aber gar 29564220. Deutsche Meilen, und halte der Diameter des Raums, in welchem sich die Erde um die Sonne bewege, und der wie eine Kugel anzusehen sey, in dem ersten Falle 37840000. in dem andern aber 59128440. Deutsche Meilen.  
  Diese Grösse sey noch was sehr schlechtes, wenn man sie gegen dem Raum halte, den die Planeten insgesammt, bis zu dem Saturnus, um die Sonne herum einnehmen. Denn da die Weite des Saturnus sich zu der Weite der Erde von derselben wie 95 zu 10 verhalte, so wären von der Sonne bis in den Saturnus, nach des Caßini gründen, 179740000. nach des de la Hire seinen 280860090. Deutsche Meilen.  
  Die Weite der Fix-Sterne von der Erde sey noch gar viel weiter, welche Hugenius, in Cosmotheoro ... 27664 mahl grösser, als die Weite der Sonne von der Erde, setzet. Daselbst aber würden wir ebenfalls nicht stehen bleiben können, sondern würden noch zu weit entlegeneren Sternen fort zu gehen habe. Wir würden aber nimmermehr das Ende finden, sondern es würde sich alles unermeßlich groß und weit darstellen.  
  {Sp. 1667|S. 847}  
     
  7) Mancherley Art und Menge der Dinge in der Welt.  
  Mit solcher Grösse stimmet die mancherley Art und Menge der Dinge, die darinnen enthalten sind, überein. Wir können zwar solche Cörper der Welt wegen ihren weiten Entfernung nicht genau betrachten; man darf aber nur bey unserer Erden bleiben, so wird man davon eine deutliche Probe nehmen können, denn darinnen treffen wir so vielerley Arten von Steinen, andern leblosen Dingen, Bäumen, Pflantzen, Kräutern und Blumen, so vielerley Gattungen von Thieren, und wieder von einem jeden Geschlechte so mancherley Arten an, daß wir sie nicht alle zählen, noch mit unserm Verstande erreichen können.  
  Unter andern haben einige 500 Gattungen von Vögeln, von Fischen sechsmahl mehr gerechnet, woraus man von den übrigen leicht ein Urtheil fällen kan. Da nun auf unserm Erdboden eine so grosse Menge der Creaturen zu finden, und nicht glaublich, daß die übrigen Planeten als so grosse Cörper von denselbigen gäntzlich ledig seyn sollen, so kan man leicht erkennen, wie unbeschreiblich der Unterschied und die Menge der Creaturen seyn müsse.  
     
  8) Schöne Ordnung und Harmonie in der Welt.  
  Je grösser die Menge und die Unterschiedlichkeit der erschaffenen Dinge sind, je schöner ist die Ordnung und Harmonie unter denselbigen. Die Lage der himmlischen Cörper so wohl in Ansehung ihrer selbst, als auch unsers Erdbodens, ist so beschaffen, daß sie nicht allein sich unter einander nicht hindern, sondern auch eins dem andern Nutzen schaffet. Die Würckungen, die in der Welt durch den gesetzten Lauf der Natur geschehen, ereignen sich in einer beständigen Ordnung, da immer eine gegen die andere ein Absehen hat, woraus die richtige Harmonie entspringt. Alles ist zu einem gewissen Endzweck eingerichtet, und wenn wir gleich nicht behaupten können, daß alles zum Nutzen der Menschen erschaffen sey, noch eine jede Absicht GOttes erreichen mögen, so wissen wir doch in Ansehung unsers Erdbodens so viel, es sey darauf alles so angeordnet, daß Menschen und Thiere ihre bequeme Wohnung haben, und alles, was zu ihrer Erhaltung und Fortpflantzung nöthig ist, hinlänglich finden.  
  Diese Beschaffenheit der Welt legt des Schöpffers Allmacht, Weisheit und Gütigkeit auf das deutlichste zu erkennen dar.  
     
  9) Endlichkeit der Welt.  
  Aber eben weil sie von einem unendlichen Schöpffer herrühret, ist sie nur ein endliches Wesen, welches seine eingeschränckte Kräffte und Vollkommenheiten hat, wie wir schon vorher erinnert haben. GOtt siehet die Ende der Welt, und schauet alles, was unter dem Himmel ist, Job. XXVIII, 24.
  Wir mercken dieses hier insonderheit wider die Cartesianer an, denn Cartesius hat die Welt vor unendlich ausgeben wollen, wenn er in principiis Philosophiae ...  
  {Sp. 1668}  
  schreibet: Cognoscimus hunc mundum, sive substantiae corporeae universitatem nullos extensionis suae fines habere, welche Meynung auch seine Anhänger angenommen, und mit in die Theologie gebracht haben, wie aus des Wittichius theologia pacifica ... zu ersehen; das weil sie sahen, daß dieses vielen anstößig seyn würde, wenn man der Welt eine Unendlichkeit beylegen wolte, so suchten sie die Sache gelinder vorzustellen, und nennten die Welt mundum indefinitum, oder die eine indefinitam extensionem habe.  
  Nun gienge es wohl an, daß man sagte mundus est indefinitus, wenn dieses in dem Verstande geschähe, daß man weder die Anzahl, noch die unterschiedene Gattungen der Welt Cörper bestimmen könnte; indem aber die Cartesianer dieses indefinitum der Welt nicht so wohl in Ansehung der Schwachheit unsers Verstandes als vielmehr in Ansehung ihrer selbst, und deren Beschaffenheit beylegen, so ist ihr indefinitum eben so viel, als das infintum. Man kan dasjenige, was Huetius in censura Philos. Cartesianae ... Werenfels in dialogo de finibus mundi, der bey seinen dissertationibus varii argumenti ... zu finden, nebst andern darwider erinnert haben, nachlesen.  
  Andala sucht in den exercitationibus academicis in philosophiam primam et naturalem ... den Cartesius zu vertheidigen, daß er keinesweges der Welt eine Unendlichkeit beygeleget. Der Unterscheid zwischen ihm und andern bestünde nicht so wohl in der Sache, als vielmehr in den Worten.  
  Übrigens kan man auch nachlesen, was in des Gassendus Syntagmate Philosophiae Epicur. ... von der Unendlichkeit der Welt fürkommt. Zu Wittenberg ist 1706. Hocheisens Dissertat. de Cartesiana cosmopoeia ... heraus gekommen.  
  Mit einem Worte, die Welt bleibt etwas endliches und eingeschräncktes, welche wenn sie unendlich seyn solte, keine Welt bleiben könnte.  
  In dem XIX Tomo der Bibliotheque Françoise, II Th. No. 7. sind Lettre d'un Professeur de Philosophie a un de ses Amis, sur l'immensité et l'Infinité du Monde, zu lesen. Der Verfasser dieses Briefes beklaget, daß die neuern Weltweisen sich so wenige Mühe gegeben haben, diese schwere Frage in ein besseres Licht zu setzen. Er machet also erstlich aus, wovon eigentlich die Frage sey.  
 
1) Durch die Welt verstehet er die gantze ausgedehnte Substantz, daraus die Welt zusammen gesetzet ist;
 
 
2) Ein Ding kan nur entweder durch sein Dencken und Würcken, als die Geister (definitive) oder auf die Art in einem Orte seyn, daß seine Theile mit den Theilen des Ortes zusammen stimmen, wo es ist, (circumscriptione) wie die cörperlichen Substantzen in einem Orte sind.
 
 
3) Der Ort ist entweder innerlich, oder äusserlich. Jener ist der Raum, den ein jeder Cörper einnimmet; Dieser ist die erste Fläche der Cörper, die ihn unmittelbar umgeben. Durch die Unendlichkeit der Welt verstehet man nur so viel, daß sie keine Grentzen hat, und mit denselben nicht gedacht werden kan.
 
  Daß nun die Welt  
  {Sp. 1669|S. 848}  
  auf diese Art unendlich sey, erweiset der Verfasser in dem folgenden.  
  Ehe wir aber des Beweisses selber Erwehnung thun, wollen wir der Antwort darauf gedenken, welche in dem XXI Tomo der Bibliotheque Françoise, No. 5. stehet: Lettre de M. de B. a M. P.D.L.R. au sujet de l'article VII. de la II. Partie du XIX tome de la Bibliotheque Francoise ...  
  Es sind dieses Anmerckungen über den dort vorgetragenen Beweiß, daß die Welt und endlich sey, und daß man sich dieselbe unmöglich endlich vorstellen könne. Der Beweiß war dieser: Ist die Welt endlich, so muß sie einen äusserlichen Ort haben, das ist, andere Cörper, die sie umgeben: diese gehören aber auch zur Welt; also ist sie unendlich. Hier war nun zu beweisen, daß man sich die Welt nicht endlich vorstellen könne, ohne sich zugleich einen äusserlichen Ort zu gedencken. Dieses bewieß der Auctor daher: ein Cörper hätte Länge, Breite und Tieffe, folglich Theile, die ausser einander wären, folglich einen äusserlichen Ort, und jene liessen sich ohne diesen nicht gedencken.  
  Der Verfasser des Briefes leugnet das letztere. Er saget, man könne die jetzt gedachten Eigenschafften eines Cörpers gar wohl unterscheiden, ohne an andere Dinge, die ihn umgeben, oder an den äusserlichen Ort zu gedencken. Denn auch in einem leeren Raume behielte ein Cörper seine Ausdehnung, und man könnte sie angeben. Folglich könne man auch die Welt ohne solchen Ort gedencken, und sey es nicht unmöglich, sie mit gewissen Grentzen zu dencken.  
  Aber, fähret der Auctor fort, was für Grentzen? Dieses müssen unendliche Spatia, und gleichfals ausgedehnet, also Theile der Welt seyn. Der Verfasser der Anmerckungen leugnet, daß die Spatia, die man über die Welt hinaus gedencket, in der That ausgedehnet sind: denn sie sind ja nur eine Würckung der Einbildung-Krafft. Hieraus schliesset der Autor ferner: Ist ausser der Welt nichts, so ist die Welt unendlich. Der Verfasser der Anmerckungen antwortet hierauf: Es sey GOtt nicht unmöglich, die gantze Welt, bis auf ein eintziges Sand-Korn, in nichts zu verwandeln. Dieses Korn ist in dem Falle gewiß endlich, denn es ist ja nicht grösser geworden, seit dem es allein gewesen, und also sowohl endlich, als zuvor.  
  Kan ich aber daraus, weil ausser dem Sand-Korne nichts ist, schliessen, es sey unendlich? Keinesweges. Wenn man nun mit dem Auctore fortfahren wolte: Das Sand-Korn muß einen äusserlichen Ort haben, u. also mit andern Cörpern in das Unendliche hinaus umgeben seyn; würde man nicht unzählige Cörper da fordern, wo sie doch GOtt, nach der Hypothesi, in nichts verwandelt hat?  
  Aus des Auctoris Sätzen würde folgen, daß es GOtt unmöglich gewesen sey, seiner Welt Grenzen zu setzen: denn wären diese Grentzen Cörper, so gehörten sie noch mit zu der Welt, wären sie nichts, so hätte die Welt keine Grentzen. Ferner folget daraus, daß es GOtt unmöglich sey, noch jetzo nur ein Stäublein zu schaffen. Denn wenn er eines schaffete, wäre die Welt nicht unendlich, weil sie, durch die Vermehrung mit diesem Stäublein, grösser würde.  
  Der Beweiß, den der Autor zuletzt anführet, ist von der Unmöglichkeit des leeren Raumes hergenommen: ist derselbe in der Welt unmöglich, so ist er es auch ausser der Welt. Der Verfasser der Anmerckungen giebt zwar zu, daß in der Welt kein leerer Raum  
  {Sp. 1670}  
  würcklich sey, kan sich aber nicht bereden, daß ein leerer Raum unmöglich sey. Denn wenn GOtt, welches ihm nicht unmöglich ist, alles, was in einer Stube zwischen den vier Wänden ist, in nichts verwandelte, und auch zugleich den Druck der äusseren Luft aufhielte, so würden die Wände nicht zusammen fallen, und zwischen ihnen etwas Leeres seyn. Sie könnten ohne Bewegung nicht zusammen fallen; nach der Hypothesi aber, würden sie nicht von GOtt unmittelbar, auch nicht durch den Druck der Lufft mittelbar, beweget, welcher gleichfals nach der Hypothesi gehemmet ist; also würde man zwischen ihnen noch etwas stellen können, folglich würden sie einander nicht berühren. Also kan man vielmehr schliessen: Ist ein leerer Raum in der Welt möglich, so ist er auch ausser der Welt möglich.  
     

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Stand: 4. April 2013 © Hans-Walter Pries