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Zedler: Widerspruch HIS-Data
5028-55-1808-1
Titel: Widerspruch
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 55 Sp. 1808
Jahr: 1748
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 55 S. 919
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Folgender Artikel: Widerspruch der Gesetze
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

  Text Quellenangaben
  Widerspruch, Contradictio, wird genennet, wenn dasjenige, was bekräfftiget wird, auch zu gleich verneinet wird.  
  Zu einem Widerspruche ist nöthig, daß die Sache, von welcher etwas bekräfftiget wird, nicht nur diejenige ist, von welcher etwas verneinet wird, sondern auch diese einige Sache beydemahl unter einerley Umständen, angenommen, und auf einerley Art angenommen wird. Z.E. Wenn ihrer zwey ein Wort nicht in einerley Verstande nehmen, so kan der eine von eben der Sache dem Worte nach verneinen, was der andere davon bekräfftigt; Und es ist doch kein Widerspruch vorhanden: Indem nicht eben dasselbe von dem einen verneinet wird, was der andere bekräfftiget.  
  Weil nichts zugleich seyn, und nicht seyn kan, so erkennet man, daß etwas unmöglich sey, wenn es demjenigen widerspricht, davon wir bereits wissen, daß es ist, oder seyn kan, als, wenn daraus folget, daß ein Theil  
  {Sp. 1809|S. 920}  
  dem Gantzen gleich, oder grösser, als das Gantze ist, oder auch, wenn unter demjenigen, so ihm zukommen soll, eines dem andern widerspricht. Und auf solche Weise ist unmöglich, was etwas widersprechendes in sich enthält. Z.E. Ein eisern Holtz, oder zwey Circkel, die einander berühren, und keinerley Mittelpunct haben. Denn, was Eisen ist, kan kein Holtz seyn, und zwey Circul, die einander berühren, können nicht einerley Mittelpunct haben, wie in der Geometrie erwiesen wird.  
  Woraus man ferner ersiehet, daß möglich sey, was nichts widersprechendes in sich enthält, das ist, nicht allein selbst neben andern Dingen, welche sind, oder seyn können, bestehen kan, sondern auch nur dergleichen in sich enthält, so neben einander bestehen kan, als z.E. ein höltzerner Teller. Denn ein Teller seyn, und von Holtze seyn, lauft nicht wider einander; sondern beydes kan zugleich seyn.  
  Darzu, daß etwas ist, ist nicht genug, daß es nichts widersprechendes in sich enthalte. Denn so ist klar, daß deswegen nicht gleich ein viereckigter Tisch rund wird, weil viereckig seyn und rund werden einander nicht widerspricht, sondern beydes gar wohl nebeneinander bestehen kan, indem wir begreiffen, daß das Viereckigte eine Rundung bekomme, wenn die Ecken abgestossen werden.  
  Da nun dasjenige, was möglich ist, nichts widersprechendes in sich enthält; So ist freylich mehr als zu klar, daß etwas deswegen noch nicht ist, weil es möglich ist, und lässet sich von der Möglichkeit allein nicht schliessen, daß es sey, oder seyn werde. Nemlich, wenn ich erkenne, daß etwas möglich sey, so kan ich deswegen nicht annehmen, daß es würcklich da sey, oder zuvor da gewesen, oder auch künfftig kommen werde.  
  Man pfleget den Widerspruch in einen offenbahren, Contradictionem explicitam, und in einen verborgenen, Contradictionem implicitam, einzutheilen.  
  Der offenbahre Widerspruch ist, wenn die Neben-Sache schon an sich selbst der Haupt-Sache so zuwider ist, daß in einem eintzigen Satze ein völliger Widerspruch stecket. Z.E. Das Holtz ist von Eisen; Der Circkel ist viereckigt. Denn hier bejahet das Prädicat ebenfalls etwas, das in dem Subjecte schon verneinet ward.  
  Ein verborgener Widerspruch hingegen ist derjenige, den man erstlich vermittelst gewisser vorhergehender Begriffe und Sätze findet. Z.E. Daß in im Stande der Unschuld Republicken nöthig gewesen; Oder, daß der Pabst gantze Länder wegschencken könne.  
  Die Lehre von dem Widerspruche hat, gleichwie überhaupt, also auch in der Lehre von Verträgen ihren Nutzen. Denn man hat zuweilen recht absurde Verträge, welche gleich aus dem Begriffe von dem Widerspruche entschieden werden können.
  • Wolffs Gedancken von GOtt, Welt und Seele, I Th. …
  • Gottscheds Gründe der Weltweish. Th. Theoret. …
  • Fabricii Logick …
  • Rübels Recht der Natur …
  • Müllers Philos. Wissensch. I Th. …
  Siehe auch  
   
     

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Stand: 23. Oktober 2011 © Hans-Walter Pries