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Zedler: Wirthschafft [3] HIS-Data
5028-57-1130-5-03
Titel: Wirthschafft [3]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 57 Sp. 1143
Jahr: 1748
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 57 S. 585
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Übersicht
Philosophische Betrachtung der Wirthschafft-Lehre überhaupt (Forts.)
  Klugheit zu wirtschaften (Forts.)
 
  Erwerb eines Vermögens
 
  Wer nichts hat
  Wer etwas hat
  Sparen
 
  Mittel
  Verschwendung

Stichworte Text  
Erwerb eines Vermögens Wer etwas erwerben will, der hat entweder schon etwas, es sey nun durch Glück, oder durch vorhergehenden Erwerb: Oder er hat noch nichts. Wer noch gar nichts hat, und nicht etwan darinnen glücklich ist, daß ihm andere vermögende Leute mit etwas zu der Anlage unter die Arme greiffen, worzu das gesellige Leben denen, die nur ihr Glück ein wenig mit Fleiß suchen wollen, hin und wieder Gelegenheit an die Hand giebt, der hat ein einiges Mittel, etwas zu erwerben: Nemlich durch fleißige Arbeit und gute Dienste.  
  Wer aber schon etwas hat, der kan auf beyderley gezeigte Arten etwas erwerben: Nemlich theils durch gute Dienste und fleißige Arbeit, theils durch das, was er schon hat, und nicht zu seiner Erhaltung nothwendig verbrauchen, oder verzehren muß. Also ist kein gesunder Mensch zu finden, dem GOtt, Natur und Geselligkeit, nicht Mittel an die Hand gegeben hätte, sein Brod zu erwerben, wenn er nur das ihm verliehene Pfund nicht in Faulheit und Fahrläßigkeit vergraben will. Wer also nichts hat, der muß mit allerhöchstem Fleisse sich auf Künste und Wissenschafften legen, weil diese der eintzige Grund seiner Nahrungs-Mittel sind; Und zwar auf solche, mit denen, nach der Glücks-Beschaffenheit der Zeiten und Länder, etwas erkleckliches zu verdienen ist.  
  Er muß sich auf diejenigen, derer entweder edlen, oder gemeinen Wissenschafften und Künste legen, in welcher er, nach der Beschaffenheit seiner Gemüths- oder Leibes-Kräffte, es sehr hoch zu bringen, und nach seinen Glücks-Umständen am leichtesten unterzukommen, sich getrauen kan. Er muß, weil solcher Leute sehr viele sind, es in solcher Wissenschafft, oder Kunst, allen, oder den meisten, oder doch sehr vielen, auf eine sehr in die Augen fallende Art zuvor zu thun trachten, und bedencken, daß vor einen Menschen ohne zeitliche Mittel, es viel klüger und besser sey, in einer gemeinen Kunst, z.E. in einem Hand-Wercke, vortreflich, als in einer edeln Wissenschafft auch gut, aber doch nur mittelmäßig bewandert zu seyn.  
Wer nichts hat Wer endlich nichts hat, auch nicht, oder doch nichts sonderliches, oder nützliches gelernet hat, auch solches nicht etwa noch späte thun kan, mit dem siehet es freylich in Ansehung eines zu erwerbenden Vermögens, und zu  
  {Sp. 1144}  
  stifftenden eigenen Hauswesens, mißlich aus. Er muß sich demnach unter seinen Glücks-Umständen fleißig umsehen, ob etwas darunter zu finden sey, das ihn aus der Niedrigkeit heben könne: Wo nicht, so erfordern die Regeln der Gerechtigkeit und Klugheit, den vornehmen Herrn sich aus dem Sinne zu schlagen, und auch durch die niedrigsten ehrlichen Dienste lieber sein Brod zu verdienen, als (welches weit schimpflicher, gefährlicher und schädlicher) einen Bettler abzugeben, oder zu einer unehrlichen Handthierung sich verleiten zu lassen. Denn auch ein Herren-Diener, ein Drescher, ein Boten-Läufer, ein Tagelöhner, hat, nach aller gesunden Vernunfft, noch den Rang über einen Bettler, er mag sich seinem Stande, oder Herkommen nach schreiben, wovon er will. Und es ist der Ordnung GOttes, der Natur, und des geselligen Lebens gemäß, daß sich ein jeder nähre, wie und so gut er kan; Und also mit den Diensten seiner Hände und Füsse, wenn er keiner bessern, bequemern und ansehnlichern fähig ist.  
  Wer auch dieses nicht kan, z.E. ein Krancker, ein Krüpel, der ist ein wahrhafftig Armer, und muß in einer wohlbestalten Policey auf öffentliche gemeine Kosten erhalten und verpflegt werden.  
Wer etwas hat Wer schon etwas hat, und zwar erstlich ein schon erspartes Capital, an beweglichen, oder unbeweglichen Gütern, so groß, oder klein es auch sey, der ist nicht klug, wenn er es ohne dringende Noth verthut: Es sey nun, daß das, was das Capital abwirfft, zu nothdürfftigem Unterhalt zulange, oder nicht; Indem in dem letztern Falle die Klugheit erfordert, den Mangel lieber durch Verdienst der Arbeit, als durch Angreiffung des Capitals, zu ersetzen. Denn wenn das Capital verflogen ist, so muß man sich doch durch Arbeit und Verdienst nehren: Also thue es man lieber so gleich, und behalte das Capital zu dem Hinterhalte, und das, was es etwan abwirfft, zu dem Zuschusse, um welchen man sich durch Verthuung des Capitals bringet, und sich also die Nahrung schwehrer machet.  
  Ferner, was das schon erworbene Capital abwirfft, ingleichen, was man durch Arbeit und Dienste entweder darzu, oder wenn man kein Capital hat, durch solche Arbeit und Dienste allein erwirbet, muß nicht nothwendig alles verthan werden. Denn unsere Nahrung wird ohnstreitig durch den Zuschuß, den wir von den Einkünfften schon erworbener Capitalien haben, ungemein erleichtert und gesichert. Je mehr wir also diese durch stetige Zurücklegung von dem, was einkommt, verstärcken können, desto grösser wird von Zeit zu Zeit solcher Zuschuß, und desto höher können wir es also von Jahr zu Jahre, so wohl in dem Erwerben, als in dem Zurücklegen, bringen; Da man widrigenfalls immer in einerley mühseligem mäßigem Zustande bleibet, den unversehene Unglücks-Fälle, leicht in Armuth und Elend verkehren können.  
  Also soll man von dem, was das Capital abwirfft, und was man durch Arbeit darzu erwirbet, noch immer zurück zulegen trachten, und damit fortfahren, so groß auch, so lange man noch nicht reich ist, das Capital wird; Indem, je grösser das Capital nach und nach wird, desto reicherer Zuschuß zu dem, was man verdienen  
  {Sp. 1145|S. 586}  
  kan, jährlich davon zu heben ist, und desto leichter sich also von Zeit zu Zeit, und zwar ein mehrerers, zurücklegen lässet.  
  Wenn das erworbene sich jährlich mehrernde Capital so starck wird, daß man auch von dessen Einkünfften allein alle Nothdurfft und Bequemlichkeit des Lebens bestreiten kan, so ist es entweder Reichthum, oder die näheste Stuffe darzu. Wer reich ist, oder nur diese näheste Stuffe des Reichthums erstiegen hat, der kan so dann arbeiten, und ferner erwerben, wenn und wie es ihm bequem ist, ja nur aus Lust: Er kan alles haben, was sein Hertz zu dem Zwecke der Tugend, vernünfftiger Ehre, und zuläßlicher Vergnügung begehret, und eben hierdurch wohl hundert andern ehrlichen arbeitsamen Leuten, ihnen zu der Nahrung, und sich selbst zu der Ehre, Bequemlichkeit und Vergnügung, etwas ansehnliches zu verdienen geben. Wer ist wohl, der sich diesen Zweck nicht wünschet?  
  Wünschen aber ist nicht genung, man muß die Mittel mit rechtem, und einer so wichtigen Sache würdigen Ernste ergreiffen. Ein Wünschen des Zweckes, mit Verschmähung der Mittel, ist ein Wunsch der Natur. Die Mittel aber sind, von unserer Seite, arbeiten, und auf die allhier gezeigte Art sparen: Von Seiten GOttes Glück und Segen. GOtt lässet es an sich nie mangeln, wenn es nur nicht an uns mangelt. Derowegen erfordert die Klugheit, besagte Mittel sich so hoch empfohlen seyn zu lassen, als gern man glückselig leben wolte. Nemlich daß man  
 
1) etwas erkleckliches zu verdienen trachte;
 
 
2) Daß man von dem Verdienten zurück lege und spare, was nur möglich ist;
 
 
3) Daß man von dem Ersparten nichts müßig liegen lasse, sondern das Erworbene so gleich wieder als ein Erwerbungs- Mittel brauche, und damit vorsichtig und glücklich werbe;
 
 
4) Daß man diesen wichtigen Zweck, welcher der eine Haupt-Zweck der Wirthschafft ist, nemlich etwas zu verdienen, zurück zu legen, und das Zurück gelegte theils durch ferneres Verdienen, theils durch Werbung mit dem Zurück gelegten selbst, immerfort zu vermehren, allen Zwecken der nicht schlechterdings nothwendigen Ausgaben vorziehe.
 
  Auf diese Art kan es nicht wohl fehlen, der Vorrath muß sich mehren, und wenn das Glück nicht sonderbar zuwider ist, zu einem gar genüglichen Vermögen, ja wohl zu einem ansehnlichen Reichthume, erwachsen.  
  Was insonderheit das Arbeiten und Verdienen anlanget, so ist die gemeine Regel merckwürdig, daß man einen kleinen Gewinnst nicht verschmähen solle. Denn er ist leichter, und kan öffter kommen, als ein grosser, da er denn gar bald so viel ausmachet, als ein grosser. In dessen Betrachtung halten wir davor, daß, sonderlich in schwehren Zeiten, es offt besser und sicherer sey, das, was man etwa verdienet, zu kleinen Theilen von ihrer vielen, als eben so viel in ansehnlichen Theilen von wenigen zu verdienen, z.E. besser, einen Thaler von ihrer zwölffen, als eben denselben Thaler von ihrer zween, oder dreyen. Denn in beyden Fällen hat man seinen Thaler verdienet: Aber die erste Art, ihn von ihrer zwölffen zu verdienen, ist darinnen vortheilhaffter, als die andere, ihn von ihrer zween, oder  
  {Sp. 1146}  
  dreyen zu verdienen, weil weit mehrere Leute zweene Groschen, als acht oder zwölff Groschen, zu verthun haben, und also die ersten zwölffe mehrere fernere Kundschafft von Leuten ihres gleichen an Vermögen, wenn ihnen wohl gedienet wird, veranlassen können, als die andern zween oder drey: Unter denen auch nur ein eintziger abgehen darff, so ist die Nahrung um ein grosses gefallen.  
Sparen Was aber das Sparen anlanget, so ist schon oben erinnert worden, wie schlechterdings nöthig es sey, es mit dem Erwerben zu verbinden, wenn man etwas vor sich bringen wolle.  
Mittel Die Mittel aber der Sparsamkeit sind diese: Daß man  
 
1) ein genaues Verzeichniß aller seiner Einnahme, und zwar, wenn diese von vielerley Arten ist, ein besonderes Verzeichniß von einer jeden Art halte: Damit man jährlich, Quartal-Weise, oder Monatlich, wissen und beurtheilen könne, welche einträglicher sey, als die andere; Um wie viel in einer jeden der Gewinnst die Anlage übersteige; Wie der Gewinnst zu vermehren, die Anlage zu vermindern; Wie eine jede steige, oder falle, und wenn sie fällt, woran es doch liege, um dem Mangel abzuhelffen, denn allererst bey sehr grossem Verfall einer Nahrung helffen wollen, ist mehrentheils zu spät.
 
 
Viele verliehren durch den Mangel dieser behutsamen Aufmercksamkeit auf alle Arten ihrer Nahrung und Gewerbe, offt durch ein eintziges heimlich schädliches Gewerbe, alles, oder das meiste, was sie durch die übrigen guten und austräglichen Arten gewinnen; Daher es kommt, daß auch offt fleißige Leute, und die nicht im geringsten verthuhlich sind, dennoch, ihnen selbst und andern unvermerckt, in Abfall der Nahrung kommen.
 
 
2) Daß man ein ebenso genaues Verzeichniß über alle seine Ausgaben in dem Hauswesen halte, die man zu der Nothdurfft, zu der Lust, zu Ehren, aufwendet: Denn diejenigen Ausgaben, die als eine Anlage auf das Gewerbe, das man treibet, verwendet werden, gehören nicht in dieses, sondern in das vorhergehende Register. Wenn man die Haupt-Summen dieser beyden Rechnungen jährlich, Quartal-Weise, oder monatlich, gegen einander hält, so siehet man so gleich, wie man gewirthschafftet. Man kan urtheilen, wenn man übel gewirthschafftet, in welchem Puncte der Fehler sey; Wenn man wohl gewirthschafftet, wie das mäßig-gute, das noch besser seyn könnte, zu verbessern sey. Weil
 
 
3) die eine Haupt-Absicht einer guten Wirthschafft die Erwerbung und Verstärckung eines beständigen Vermögens ist, zu welchem Zwecke also immer von dem, was man erwirbet, etwas übrig bleiben muß, und zwar anfangs so viel, als nur möglich ist: So beurtheile man, ehe man zu einer jeden Ausgabe sich entschliesset, oder, wenn es schon geschehene Sache ist, in dem Register der Ausgaben, sonderlich der Lust- und Ehren Ausgaben, welche unter denselben man wohl hätte gar entrathen, oder doch sie vermindern, oder eben so gut um nähern Preiß haben können.
 
 
Man erwege die ausgegebene Summe, ob die genossene Lust, oder die eingebildete Ehre, ihrer wohl werth sey, und ob nicht jetzt das Vergnügen, wenn man die unnöthige Ausgabe ersparet, und besagte Summe noch in Händen
 
  {Sp. 1147|S. 587}  
 
hätte, weit grösser und dauerhaffter seyn würde, als die Lust, oder vermeynte Ehre, die nun als ein Wind vorüber ist, gewesen; Ingleichen ob nicht, wenn das, was man ohne Noth verthan, noch vorhanden wäre, man solche Lust sich noch alle Tage und zwar in kurtzem nur von den Einkünfften und Interessen dessen, was man verthan, sich beständig würde machen, oder solche Ehre sich beständig würde anthun können. Auch erwege man die Unlust und den Verdruß, der mehrentheils mit der genossenen Lust, und vermeynten Ehre, verbunden gewesen, oder doch mittelbar daraus erfolget.
 
 
Durch diese und dergleichen Betrachtungen, bemühe man sich, sich zu überwinden, von den unnöthigen Ausgaben von Zeit zu Zeit immer mehr und mehr abzukürtzen; So wird die wahrhafftig güldene Sparsamkeit, und mit ihr das Vermögen an Kräfften augenscheinlich zunehmen. Wenn
 
 
4) das Sparen dem allen ohngeachtet etwas schwer und sauer werden will, so bedencke man, daß man nicht immer, oder doch zum wenigsten nicht immer in einerley Grade, werde sparen müssen. Denn je mehr durch die Sparsamkeit das Vermögen wächset, desto eher, desto besser, desto beständiger, kan man sich so dann etwas zu gute thun; Und die Tugend der Sparsamkeit hat also eine gantz besondere artige Eigenschafft, durch welche sie von der geitzigen Filtzigkeit unterschieden ist, daß, je länger und je mehr man sparet, desto weniger man sparen dürffe; Und da andere Tugenden in ihrem Fortgange von Tage zu Tage zunehmen und stärcker werden müssen, die Sparsamkeit hingegen in ihrem Fortgange, nemlich bey mehrerm und mehrerm Zunehmen des durch sie erlangten Vermögens, mit höchstem Rechte immer mehr und mehr nachlassen könne.
 
 
Man muß also auch nicht dencken, daß die Sparsamkeit etwan eine Feindin der Lust und der Ehre dieses Lebens sey: Sondern sie ist ja vielmehr das eintzige Mittel darzu, wenn die Lust und Ehre von einem Nachhalt und dauerhafft seyn soll. Man muß nur die Ordnung nicht verkehren, und mit einem herrlichen Leben alsofort den Anfang machen wollen, ehe man noch etwas vor sich gebracht, sondern erst ein Vermögen erwerben und zu dem Grunde setzen; Alsdenn kan, ja soll man auf diesem Grund ein gutes, und nach Proportion, ein herrliches Leben bauen.
 
Verschwendung Dasjenige, was die Sparsamkeit eintzig hindert, ist die Annehmlichkeit der mittlern Güter, die die Wollust und der Ehr-Geitz, welche beyde Affecte die beyden Wurtzeln aller Verschwendung sind, zu ihrem höchsten Gute machen, und dem Genusse solcher Annehmlichkeit also alles, folglich auch dasjenige, was man an zeitlichen Gütern von Zeit zu Zeit auf je eine Art erlangen kan, mit grosser Hefftigkeit und Eylfertigkeit so gleich wieder aufopffern.  
  Die Erwegung dieses Ursprunges der Verschwendung, und seiner Eitelkeit, kan uns nicht weniger auf Betrachtungen leiten, die eine vernünfftige Sparsamkeit zu befördern sehr dienlich sind.  
  Einmahl sind doch diejenigen Dinge, auf welche Wollust und Ehrgeitz alles wendet, wenn sie auch Güter sind, nur mittlere Güter: Denn das wahre höchste Gut brauchet keine Verschwendung, ja es kan mit  
  {Sp. 1148}  
  Verschwendung nicht beysammen bestehen. Alle mittlere Güter aller Arten aber sind, durch GOttes weise Ordnung, in einer ungemeinen Mannigfaltigkeit vorhanden, durch deren eine Art so gut, als durch die andere, ihre Zwecke sich erlangen lassen, aber nur in unterschiedenen Graden der mit solchen Mitteln verbundenen Neben-Annehmlichkeit, oder Unbeschwerlichkeit: Welche Grade der Annehmlichkeit, und der Unbeschwerlichkeit, man also nicht zu seinem höchsten Gute machen, sondern vor allen Dingen deren gar leichte Entbehrlichkeit wohl erwegen muß. Geringe Speisen und Geträncke z.E. stillen ja den Hunger und Durst so gut, als niedliche, ja wohl auch eben so annehmlich, wenn man nur so klug ist, und das Essen und Trincken so lange aufschiebet, bis man vorher recht hungrig wird. In einer Bauer-Hütte ist man vor Kälte, Wind und Regen so gut sicher, als in einem Pallast. Schlechte Kleidung bedeckt den Leib so gut, als kostbare.  
  Doch mag man solche annehmlichere Mittel der Haupt-Zwecke dieses Lebens allerdings, zu der Vergnügung dieses Lebens, auch mitnehmen, wenn sie zu haben sind. Sie sind aber, nach eingeführtem Eigenthume, nicht anders zu haben, als vor Geld; Und wer ihrer also geniessen will, und zwar beständig, der muß Vermögen haben: Denn etwan einmahl in Ansehung dieser Annehmlichkeiten eine gute Stunde haben, und hernach davor lange Zeit wieder mit dem Hunger und Mangel kämpffen müssen, ist das elendeste Leben von der Welt.  
  Ein Vermögen aber lässet sich nicht durch Verthuung alles dessen, was man von Zeit zu Zeit erwirbet, sondern durch Zusammenhalten und Sparen erlangen: Und das Sparen ist weder unmöglich, noch so gar schwer, wenn man theils obgedachtermassen die Entbehrlichkeit derer annehmlichern und unbeschwerlichern unter den Mitteln menschlicher Zwecke erweget, theils nach Anleitung der vorhergehenden Anmerckung bedencket, daß solche Entbehrung, und der vernünfftige Zwang, den man dißfalls seinen Begierden antut, ein Mittel sey, vermittelst des dadurch zu erlangenden Vermögens, zum wenigsten eines gewissen Grades solcher Annehmlichkeit und Unbeschwerlichkeit beständig theilhafftig zu werden: Auch daß, wenn solche Annehmlichkeit und Unbeschwerlichkeit gleich nicht die grösseste und kostbarste wäre, dennoch die Gewohnheit und beständige Lebens-Art sie der grössesten und kostbarsten gleich mache: Wie z.E. einem wohlhabenden Bauer das bäuerische Wohlleben, und die bäuerische Ehre, just eben so wohl thut, als einem wohlhabenden Edelmanne das edelmännische, ob wohl das eine weit kostbarer ist, als das andere.  
  Wer bey allen sich darbietenden Gelegenheiten zu Ausgaben diese Betrachtungen, in der deswegen anzustellenden Überlegung, die fürnehmsten seyn lässet, und sich übet, selbige bey sich gelten zu lassen, dem wird das Sparen nach und nach immer weniger und weniger sauer ankommen.  
  Was Cicero, Offic. Lib. II. von den unnöthigen Verschenckungen spricht: Multi patrimonia effuderunt inconsulte largiendo: quid autem est stultius, quam, quod libenter facias, curare ut id diutius facere non possis? hat in der That in allen Ausgaben,  
  {Sp. 1149|S. 588}  
  durch die man nimmermehr zu einem Vermögen kommen kan, statt.  
  Aus dieser Art und Beschaffenheit einer vernünfftigen Wirthschafft, folget von sich selbst, daß man alles, was derselben entgegen ist, insonderheit das Spiel, unvorsichtige Contracte, unnöthige Processe, und unvernünfftige Schulden, gleich als eine Pest fliehen müsse. Unvernünfftige Schulden sind solche, die diejenigen machen, die gar nicht nach einer vernünfftigen Rechnung der Einnahme und Ausgabe leben, und die an statt, daß sie solche Rechnung also machen solten, daß immer von dem Erworbenen etwas ansehnliches übrig bleibe, vielmehr also rechnen, daß das Gewonnene, den Aufgang zu bezahlen, immer noch zulange, sondern an statt, daß von dem Gewonnenen etwas übrig seyn solte, vielmehr von dem Aufgange immer etwas übrig bleibet, das von dem künfftig zu gewinnenden erst zu bezahlen ist: Welches in die Länge keinen guten Ausgang nach sich ziehen kan. Die Deutschen nennen den Verdienst eines solchen Hauswirthes, als den er so dann nicht einmahl vor den seinigen achten kan, gar wohl und nachdrücklich vorgegessenes Brod.  
  Ein anders ist es demnach mit den Geldern, die zuweilen auch ein guter Wirth, um mit guter Fürsichtigkeit ein wohl überlegtes nutzbares Gewerbe damit zu treiben, eine Zeit lang aufzunehmen sich genöthiget siehet, die er doch je eher, je besser, von den Einkünfften des Gewerbes sich wieder von dem Halse zu schaffen suchen wird.  
     

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Stand: 27. Februar 2013 © Hans-Walter Pries