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Zedler: Wirthschafft [12] HIS-Data
5028-57-1130-5-12
Titel: Wirthschafft [12]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 57 Sp. 1180
Jahr: 1748
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 57 S. 603
Vorheriger Artikel: Wirthschafft [11]
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Hinweise:
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  Text   Quellenangaben
  Schrifften.  
  Wir können nicht umhin, zu dem Beschlusse noch eines nützlichen Buches Erwehnung zu thun, das Julius Bernhard von Rohr zu Leipzig, 1722, in 4, ediret hat. Der Verfasser nennet dasselbe ein vollständiges Hauswirthschaffts-Buch, weil er sich bemühet, so viele nützliche öconomische Sachen zusammen zu ziehen, als nur möglich gewesen; Da er hingegen moralische, historische und andere unnöthige Dinge, so man in den übrigen Haußhaltungs-Büchern findet, hinweg gelassen, weil sie eigentlich nicht hieher gehören. Er heisset das Werck ein Ober-Sächsisches Haußwirthschaffts-Buch, weil er nicht allein die ökonomischen Grund-Regeln also darinnen vorgetragen, wie man sie vornemlich in Ober-Sachsen brauchet; Sondern auch bey einer jedweden Abtheilung eine kurtze Sächsische natürliche Historie vorgestellet, und die Regeln hin und wieder mit Sächsischen Anmerckungen und Exempeln erläutert hat.  
  Es konnte ihm hierzu nicht an Gelegenheit fehlen, indem er sich weder Mühe, noch Unkosten verdriessen lassen, allenthalben in Sachsen herum zu reissen, alles  
  {Sp. 1181|S. 604}  
  selbst in Augenschein zu nehmen, und von erfahrnen Haußwirthen die nöthigen Nachrichten einzuziehen. Er gedencket mit dieser Schrifft einheimischen und auswärtigen zu dienen. Diesen wird es angenehm seyn, nicht nur viel Anmerckungen der Sächsischen Natur-Historie beysammen zu finden, sondern auch zu sehen, wie die Öconomie in Sachsen beschaffen sey; Damit sie den Unterschied ihrer Landes-Art dadurch sehen, und erfahren können, wie weit sich diese Regeln bey ihnen anwenden lassen. Jene aber finden hier Gelegenheit, die Sächsische Hauß-Wirthschafft, ohne andere Beyhülffe, zu erlernen.  
  Die meisten Wirthschaffts-Bücher, die man vorher gehabt, geben weder allgemeine Regeln, welche man allenthalben brauchen könne, noch auch recht genaue Beschreibungen der Öconomie einer gewissen Provintz: Sondern sie haben dasjenige, was in der Gegend, wo sie Land-Güter besessen, gebräuchlich gewest, aufgezeichnet, und aus unterschiedenen fremden Büchern mancherley zusammen geraspelt. Rohr aber hat diesen Fehlern abgeholffen, indem er, in der Einleitung zu der allgemeinen Land- und Feld-Wirthschaffts-Kunst der Deutschen, Regeln gegeben, welche sich in ihrem Vaterlande allenthalben brauchen lassen; In diesen aber die Ober-Sächsische Öconomie vollständig beschrieben.  
  Er hat sich angelegen seyn lassen, allenthalben die neuesten Erfindungen in der Öconomie hervor zu bringen, die physicalischen Ursachen unterschiedener Würckungen anzuzeigen, die Fehler anderer Wirthschaffts-Bücher, wie auch den Ungrund und die Unmöglichkeit mancher einfältigen und abergläubischen Regeln, zu entdecken, unterschiedene Vorschläge zu Verbesserung der Öconomie einzustreuen, in allen Abtheilungen die dahin gehörigen Dinge vollständig auszuarbeiten.  
  Es bestehet das gantze Werck aus zwölff Abtheilungen.  
  In der ersten handelt der Verfasser von denen Pflichten, die ein Haußwirth, eine Haußwirthin, und unterschiedene Wirthschaffts-Bediente, nach ihren mancherley Verrichtungen, zu besorgen haben. Er zeiget aber nur die besondern Pflichten, welche ihnen in Ansehung der Öconomie zukommen; Immassen es überflüßig ist, die allgemeinen Dinge, welche ihnen als Christen und vernünfftigen Menschen obliegen, in einer öconomischen Schrifft vorzustellen.  
  Ferner erkläret er die juristischen und öconomischen Cautelen, welche bey dem Kauffen und Verkauffen, Pachten und Verpachten derer Ritter-Güter, in Obacht zu nehmen sind: Unterrichtet auch in dem letzten Capitel einen jungen Hauswirth gantz deutlich, wie er die Hauswirthschaffts-Rechnung verfertigen, examiniren, justificiren und defectiren müsse; Wie auch, was Herr und Diener dabey zu beobachten haben.  
  Die andere Abtheilung ist dem Feld-Bau gewidmet. Es sind darinnen alle Stücke des Feld-Baues, von der Erkänntniß, Zurichtung und Verbesserung des Erdreichs an, bis auf die Verwahrung des Getreydes auf dem Boden und alle Sorten der Feld-Früchte die in Ober-Sachsen erbauet werden, beschrieben: Wobey zugleich eine Anweisung gegeben wird, wie man Brod und Kuchen backen, das Getrey-  
  {Sp. 1182}  
  de mahlen, und Brandte-Wein brennen soll.  
  Die dritte Abtheilung stellet die Viehzucht vor. Allhier hat Rohr eine historische Nachricht von denen Schäferereyen und Stuttereyen in Ober- Sachsen, wie auch von allen Arten des Viehes, so ein Haußwirth in der Haushaltung gebrauchet, gegeben, und demselben angewiesen, wie er mit solchem umgehen, auch Heu und Grummet machen müsse.  
  Die vierte Abtheilung hat mit der Gärtnerey zu thun, handelt sonderlich in dem andern Capitel von der Anlegung der Gärten, und bringet von alle dem, was zu der Auszierung eines Lust-Gartens gereichen kan, viel nützliche Regeln vor; Unterrichtet den Landmann vollständig, wie er sich in Anlegung und Erhaltung eines Blumen- Küchen- und Obst-Gartens zu verhalten habe; Fügt auch manche curiöse Dinge von allerhand wilden Blumen und Kräutern bey, welche die Natur hier und dar in Ober-Sachsen hervor bringet.  
  Die fünffte Abtheilung eignet er den Wald und Forst-Sachen zu, und weiset die Arten und Eigenschafften alles harten und weichen Holtzes, ingleichen der Stauden-Gewächse; Zeiget auch, wie die wilden Baum-Schulen anzulegen, mancherley Brenn- und Zimmer-Holtz vortheilhafftig zu schlagen, Pech und Hartz zu sieden, daß Kohl-Brennen mit Nutzen anzustellen, und der Sächsische Turff zu bereiten sey.  
  In der sechsten Abtheilung findet man, was der Landmann von allerley Arten der Jagden, von der Eigenschafft der wilden Thiere, von den Phasanen und Phasanerien, von Auer-Hünern, Birck und Reb-Hünern, auch Wasser-Vögeln, und allerhand Arten der Vögel, oder des Vogel- Fanges, wissen soll.  
  In der siebenden Abtheilung wendet er sich zu den Wassern, Teichen, Fischereyen, und so weiter. Nachdem er von dem Wasser und Flüssen überhaupt viel öconomische und physicalische Anmerckungen angebracht, so stellet er in den folgenden Capiteln dasjenige vor, was von Fischen und Krebsen, deren mancherley Arten sie zu fangen, ingleichen von der Teiche Anlegung, Unterhaltung, Besetzung, Reparatur und Fischerey nützliches gesaget werden kan.  
  Die achte Abtheilung enthält eine Anweisung zu der Koch-Kunst, und Zubereitung unterschiedener Säffte und gebackener Dinge. Er hat eine gute Ordnung beobachtet, und zugleich von Verwahrung und Aufbehaltung mancherley Fleisch-Wercks und Fische, von denen Gewürtzen und unterschiedenen Ingredientien, die zu den Speisen erfordert werden, gar weitläufftig gehandelt; Wobey unterschiedene General-Anmerckungen von Bestellung der Küche und Besetzung der Tafel angehänget sind. Dabey lehret er auch die Zubereitung mancherley Art der Confituren, daß Einmachen des Obstes und anderer Sachen, die Bereitung derer Liqueurs, die man entweder über der Tafel, oder nach der Tafel, bey Gast-Geboten vornehmer Leute, zu trincken pfleget; Und giebt unterschiedene Regeln in Ansehung des Coffees, Thees, der Chocolate, und des Tobacks.  
  Die neunte Abtheilung hat mit dem Weinbaue zu thun, und giebt Unterricht, wie man Wein-Berge anlegen, allerhand Weinbergs-Arbeiten durch das gantze Jahr verrichten, die Wein-Lese  
  {Sp. 1183|S. 605}  
  anstellen, das Pressen vornehmen, den Wein in den Keller abziehen, wischen und füllen, allerhand Obst zu den Kräuter-Weine bereiten, ingleichen Wein-Eßig und Wein-Hefen-Brandtewein machen soll.  
  In der zehenden Abtheilung stehet die Bier-Brauer-Kunst, und die Anweisung, wie mit dem Wasser zu dem Bier-Brauen, mit dem Hopffen, mit der Gerste, und anderm Getreyde, mit dem Hopffen-Kochen, dem Gähren des Biers, dem Weiß-Bier, Nach-Bier und Kofent, Maltz- und Brau-Häusern, Bier-Fassen und dessen Wartung in dem Keller, Bier-Schencken und Bier-Eßig, umzugehen sey.  
  In der eilfften Abtheilung bringt der Verfasser von dem Salpeter-Sieden, Ziegel-Brennen, Kalck-Öfen, Stein-Brüchen, Thon-Gruben, Stein-Kohlen, und allerhand Sande, viel Sachen vor, davon in den wenigsten Wirthschaffts-Büchern etwas stehet.  
  Die zwölffte und letzte Abtheilung fasset folgende Dinge in sich;  
 
1) Allerhand Haus-mittel, wider mancherley Gebrechen und Kranckheiten der Menschen.
 
 
2) Die Zubereitung unterschiedener Artzeney-Sachen, Öle, Essentzen, Wässer, Spiritus, Pflaster und Salben.
 
 
3) Verfertigung unterschiedener Gesundheits-Thee, aus Cohausens medicinischer Thee-Tafel; Ingleichen allerhand Arten Rauch-Tabacks, Schnupff- Tabacks, Balsams, wohlriechender Seiffen und anderer Parfums.
 
 
4) Nachrichten von dem Licht-Ziehen, Seiffe-Sieden, Leinwand-Bleichen, Wolle-Färben, Laquiren, Holtz-Beitzen, Gips-Giessen, und Wachs-Poßiren.
 
 
5) die Zubereitung mancherley Farben und anderer Kunst-Stücke, die zu dem Mahlen und Reissen gehören.
 
 
6) Allerhand Nachrichten, die einem Land-Manne ausser diesen Stücken zu wissen nöthig sind.
  Siehe übrigens den Artickel: Wirths-Haus.  
     

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Stand: 12. Juli 2013 © Hans-Walter Pries