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Zedler: Zeit [9] HIS-Data
5028-61-725-2-09
Titel: Zeit [9]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 61 Sp. 773
Jahr: 1749
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 61 S. 400
Vorheriger Artikel: Zeit [8]
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Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen, Bibel
  • Transkribierter griechischer Text der Vorlage
  • : Absatz in der Vorlage vorhanden

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Übersicht
17. Erklärung einiger Sprüche Heiliger Schrifft, worinnen der Zeit gedacht wird. (Forts.)
  [17-19]

  Text   Quellenangaben
 
17) Röm. XIII, 11: Und weil wir solches wissen, nehmlich die Zeit, daß die Sünde etc.
 
 
  Die Zeit wissen ist eine edle und nothwendige, auch nutzbare Sache. Ein kluger Mensch bekümmert sich um die Zeit, er richtet alle seine Verrichtungen darnach ein, damit er nichts versäumen möge. Die Zeit laufft schnelle, wie denn kein schneller Lauff unter der Sonne ist, als Zeit-Lauff. Wenn der gelehrte Hottinger die Studenten zum Studiren aufmuntern wollen, so hat er gerufen: ad Studia, ad Studia, hora ruit! Auf, auf, über die Bücher, die Stunde, die Zeit gehet weg.
 
 
  Die Zeit ist wie ein schneller Fluß, der rennet davon, und ist von demselben nichts mehr unser, als das Wasser, das wir daraus schöpffen; schöpffen wir viel, so haben wir auch viel zu gebrauchen, schöpffen wir wenig oder nichts, so ist der Schaden unser.
 
 
  Sonsten wird das Wort genommen für eine rechte eigentliche gelegene Zeit,
Apost. Gesch. XXIV, 25.
 
  und Marcus nennets die gelegene Zeit, oder den gelegenen Tag, da Herodes ein groß Banquet machte,
Marc. VI, 21.
 
  wie es gefunden wird,
Matth. XXIV, 45.
 
  wenn man zu rechter Zeit Mahlzeit hält oder Speise giebt; also soll nun auch die Buß- Zeit von den Christen recht in Acht genommen werden, damit ja nichts versäumet werde,
  • Es. XLIX, 8
  • 2 Cor. VI, 2.
  • Eph. V, 16. etc.
     
 
18) 1 Petri IV, 17: Denn es ist Zeit, daß anfahe das Gericht am Hause GOttes.
 
 
  Hier müssen wir theils auf die klaren Worte, theils auf die merckwürdigen Umstände sehen.
 
 
  Kairos bedeutet eine bequeme, mit Fleiß bestimmte Zeit,
  • Apostelg. I, 7.
  • Pred. III. 1.
 
  GOtt behält demnach das vor sich, daß er bestimmt, ja auch Zeit und Stunden ändert,
Daniel II, 11.
 
  Wie es nun nach Verfliessen der Zeit 120 Jahre Zeit war, daß die Sündfluth kam,
  • 1 B. Mos. VII, 7.
  • Matth. XXIV, 38.
  • 1 B. Mos. XIX, 24:
 
  also war es Zeit, daß nach Verfliessung der 70 Jahrwochen der Greuel der Verwüstung gesehen wurde an heiliger Stäte,
Daniel. IX, 25.
 
  Und obgleich GOtt nicht mehr so, wie vormahls, durch unmittelbare Erleuchtung mit seinen Dienern handelt, und ihnen die Zeiten genau offenbahret,
Amos II, 7
 
  so können doch die Boten GOttes aus anhaltender, Unbußfertigkeit, und zunehmender Verstockung bis diese Stunde leicht mercken, wenn es Zeit sey, daß GOttes Gerichte anfahen an dem Hause GOttes.
 
 
  Diese Gerichte sind die Göttlichen Straf-Ruthen, sonderlich Schwerdt, Hunger, böse Thiere und Pestilentz, welche GOtt über Jerusalem schicken, und durch dieselben Menschen und Vieh ausrotten wolte,
Ezech. XIV, 21.
 
  Diese fangen an an dem Hause GOttes, das ist, an seiner Kirche.
 
 
  Vormahls ist bey den Juden der Ort der heiligen Zusammenkunfft, oder das Haus GOttes, der Tempel zu Jerusalem gewesen, wo
 
  {Sp. 774}  
 
  GOtt sein Feuer und Heerd hatte,
Jes. XXXI, 9.
 
  Daselbst giengen freylich die Gerichte an, als der Greuel der Verwüstung an der heiligen Stätte geschehen ward; und weil wir heutiges Tages an keinen gewissen Ort gebunden und gewiesen sind,
Joh. IV, 23.
 
  so ist GOttes Haus daselbst, wo zwey oder drey versammlet sind,
  • Matth. XVIII, 2.
  • 1 Timoth. III, 15.
  • Ebr. III, 5.
 
  So fängt nun das Gericht an am Hause GOttes, wenn GOtt in seinem Zorne ruffen lässet: Erwürget beyde Alte, Jünglinge, Jungfrauen etc. etc. Wie kan aber dieses der Gerechtigkeit und Barmhertzigkeit GOttes gemäß seyn, daß in den Straf-Gerichten der Anfang gemacht wird an dem Hause GOttes, da doch diejenigen, die zu seinem Hause gehören, billig bey ihm in Gnaden seyn solten? Hieran ärgerte sich freylich auch Hiob
XXXI, 2. 3.
 
  Allein von allen Menschen heist es, in Vergleichung mit GOtt: Siehe unter seinen Heiligen ist keiner ohne Tadel,
Joh. XV, 15;
 
  vor GOtt ist niemand unschuldig,
2 B. Mos. XXXIV, 7.
 
  und das ists, was GOtt selbst sagt: Züchtigen will ich dich mit Maasse, daß du dich nicht unschuldig haltest,
Jerem. XXX, 11.
 
  So hat auch Augustin wohl geurtheilet:
 
 
  Daß unser Creutz und Trübsal, ehe die Sünden erlassen werden, derselben wohlverdiente Strafen sind: Aber nach schon erlangter Vergebung gehöreten sie zum Kampf und Übung der Gerechten.
 .
 
  Ja GOtt thut es seinen Hausgenossen zum Besten, daß er an ihnen den Anfang macht, damit sie das Elend und den grossen Jammer, der darauf folgen soll, nicht sehen mögen,
1 Kön. XIV, 13;
 
  Daß aber dabey stehet: So aber zuerst an uns, was wills vor ein Ende werden mit denen, die dem Evangelio GOttes nicht glauben, damit deutet Petrus an, wie es zugehe, wenn es heist: Die frommen Leute sind weg aus dem Lande,
Mich. VII, 2.
 
  Augustinus sagt sehr wohl:
 
 
  Auch die gehorsamen Söhne werden gezüchtiget, was werden erst die Schalcksknechte zu gewarten haben?
 
 
  Und Salomo sagt: So der Gerechte auf Erden leiden muß, wie vielmehr der Gottlose und Sünder,
Sprichw. XI, 31.
 
  Wenn auch die Frommen und Gläubigen durch viel Trübsal ins Reich GOttes eingehen müssen,
Apostelg. XIV, 22;
 
  wenn es ihnen sauer wird auf dem schmahlen Wege zu wandeln,
Matth. VII, 13;
 
  wenn Sie kaum vor ihre Person GOtt das Unglück abbitten können: So ist es ja kein Wunder, wenn niemand mehr vor den Riß stehet, die Gottlosen zeitliche und ewige Strafe treffen muß.
Strauchs starcke und Milch-Speise …
     
 
19) Offenbahr. Joh. XII, 12: Und weiß (nehmlich der Teuffel), daß er wenig Zeit hat.
 
 
  Obwohl der Satan den Tag oder die Stunde des Endes der Welt nicht weiß; So weiß er doch aus etlichen Muthmassungen, und aus den Zeichen des jüngsten Tages, welche in der Schrifft zuvor verkündiget, und je länger je mehr erfüllet sind, daß es mit der Welt, und seiner Herrschafft auf Erden zu Ende gehe, und daß er also wenig Zeit mehr übrig habe.
 
 
  Kairos bedeutet eigentlich, wie schon mehrmahls gesagt, nicht die Zeit insgemein, sondern eine bequeme Zeit, oder
 
  {Sp. 775|S. 401}  
 
  gute Gelegenheit, die man hat, etwas zu thun. Es weiß der Teufel, daß er nicht mehr solche Gelegenheit oder bequeme Zeit habe, wie bisher zu wüten, und zu toben. Eine grosse Gelegenheit war ihm über 300 Jahre her nach und nach genommen worden: Erstlich durch die Zukunfft des Sohnes GOttes ins Fleisch, da der Teuffel in Orakeln, in seinen Antworten, und vermeynten Weissagungen bey den Heyden hat verstummen müssen: Hernach war ihm durch die Predigt der Apostel in der gantzen Welt, und jetzund durch die Bekehrung der Römischen Kayser und des Reichs zum Christlichen Glauben grosser Abbruch geschehen. Darum braucht der Teuffel die Zeit und Gelegenheit vor sich, lässet keine Stunde und Augenblick vorüber gehen, weil er weiß, daß es ihm hernach an gelegener Zeit mangeln werde.
 
 
  Es bedeutet aber auch das Wort kairos bisweilen die Zeit an sich selbst, als
 
 
 
  • 2 Timoth. III,
  • 1. Ephes. VI, 18.
  • Lucä XXI, 36.
 
 
  Deßwegen ist auch hier durch eine kurtze und wenige Zeit wohl ausgedruckt wird. Es heisset aber wenige Zeit, welche nun schon über tausend Jahre gewähret hat. Dieses geschiehet nicht nach unserer Rechnung, sondern GOttes wegen, vor welchem tausend Jahre sind, wie ein Tag,
2 Petri III, 8.
 
  Es heisset wenige Zeit, wenn dieselbe gegen die noch übrige Zeit gehalten wird. Zur Zeit Constantins des Großen hatte der Teuffel in die 4300 Jahre gewütet. In Ansehung dieser Zeit war noch wenige Zeit übrig, noch weniger aber heutiges Tages. Daher heisset auch die gantze Zeit des Neuen Testaments
 
 
 
  • die letzte Stunde,
1 Joh. II, 18
 
 
  • und eine kleine Weile,
Ebr. X, 37;
 
 
  • es ist nahe kommen das Ende aller Dinge,
1 Petri IV, 7.
 
  Solches alles weiß der Teuffel; darum braucht er alle seine List, Macht, und Bosheit. Kurtz: Was ihm an der Zeit abgehet, das will er durch Bosheit ersetzen.
Lucii Erklär. Apoc. Conc. …
     

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Stand: 14. Februar 2013 © Hans-Walter Pries