HIS-Data
Home | Suche
Zedler: Zucker HIS-Data
5028-63-1029-9
Titel: Zucker
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 63 Sp. 1029
Jahr: 1750
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 63 S. 528
Vorheriger Artikel: Zuckenthaler-Bad
Folgender Artikel: Zucker … in der Apothecke
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text Quellenangaben
  Zucker, Lat. Saccharum, Frantz. Sucre, ist ein süsser Safft, der aus den Zucker-Röhren gepresset, und durch die Kunst zur gehörigen Festigkeit gesotten und gesaubert worden.  
  Es ist aber des  
  {Sp. 1030}  
  Zucker-Rohrs, das nunmehr in Ost- und West- Indien, absonderlich auf Madera, in Brasilien und denen Antillen-Insuln, wächset, und welches den Zucker-Safft in sich enthält, nicht einerley Gattung, sondern da hat man das grosse Mambu, oder Bambus, das Rotang, oder Rotting mit der runden Frucht, dessen Wurtzel knotigt ist, und insgesammt wachsen diese Rohre, wie unser gemein Schilff-Rohr, nur daß sie weicher anzufühlen und inwendig voller süssen Safftes sind.  
  Die Rohr-Stangen wachsen aus den Wurtzeln sechs oder sieben Fuß hoch, und zween Daumen dicke, sind voller Gelencke, und inwendig mit einem weißlichten schwammichten Marck, welches sehr süsse und safftig ist. Es wächset gerne nahe bey Morästen, um wenn es reiff ist, wird es abgeschnitten, und in die Zucker-Mühlen zum Auspressen geschicket. Der daraus kommende Safft wird in steinerne Krüge gefasset und gesotten, hernach in Kegelförmige Gefässe geschüttet, oben Asche oder gestossene Kreide darauf gestreuet, damit sich die Zucker-Kegel reinigen und weiß werden.  
  Wenn nun solchergestalt der Zucker bereitet ist, und nach Europa soll verschicket werden; so wird er aus den Formen herausgenommen, in kleine Stücken zerschlagen, in Fässer oder Kästgen gepacket und fest eingestampffet. Eine jede solcher Kisten wieget 20 bis 30 Arrobas, jede Arrove zu 32 Holländische Pfund gerechnet.  
  Es träget aber auch die Beschaffenheit des Erdreichs in Indien viel zur Qualität des Zuckers bey, daher er auch sehr unterschieden ist.  
  Den Zucker bringen aus Indien die Portugiesen, Engelländer und Frantzosen. Jede haben ihre eigenen Länder, wo der Zucker wächset; als Portugall besitzet Bahus, Brasilien und St. Lucas; Franckreich hat St. Domingo, Barbados und St. Lupar; Engelland hat Jamaica, Kingthon und andere mehr.  
  Solcher aus West-Indien, theils in langen Kisten, theils in Fässern gekommene Poudre-Zucker oder Moscovade wird nun in Europa, und zwar vornehmlich in Portugall, Spanien, Engelland, Franckreich und Hamburg in den Zucker-Beckereyen aufs neue gereiniget, gelautert, von aller Unreinigkeit gesaubert, und zu allerhand Sorten von feinem Zucker bereitet, welche sind:  
 
1) Candis oder Canarien, ist weiß und braun;
2) Fein fein, oder fein fein Reffinad;
3) Klein-Melis;
4) Groß-Melis;
5) Lumpen;
6) Halbe Baffern, und
7) Baffern, die allerschlechteste Art, welche man ordentlich wieder in die Pfanne wirfft.
 
  Mit dergleichen Zuckern versehen absonderlich Holland und Hamburg gantz Deutschland, in dem sie grosse Kisten von Zucker-Hüten oder Brodten in blau Pappier eingefaßt, aller Orten hin versenden.  
  Die Pudre werden ordentlich bey Pfunden verkauffet, und zwar nach Banco-Geld, entweder gleich contant, oder auf 3 Monate zu bezahlen; da denn der Zucker theurer zu stehen kömmt. Man geniesset allezeit 8 1/3 pro Cent Rabatt.  
  Der gute Moscovad muß weder schmierig, noch brandig seyn.  
  Die Gattungen der Pudre oder Zucker, welche nach Hamburg gebracht werden, sind folgende:  
  1) Über Engelland: Cernaan-Zucker in Führen- Holtz eingepackt. Die Jamaickischen  
  {Sp. 1031|S. 529}  
  und Barbadischen Zucker kommen in Stück-Fässern, und zwar die, so über 1000 Pfund wiegen, geben 15 pro Cent Thara, dito vor 500 Pfund geben 18 pro Cent, 2 bis 300 Pfund aber 20 pro Cent, und ¼ Pfund gut Gewicht. Es ereignet sich zwar bey dieser Thara ein Vortheil, der aber wiederum zu Schanden wird, wenn der Zucker unten in den Fässern sehr feuchte ist.  
  2) Über Portugall, Pernambock, Pudre, kommt in langen Kisten, welche nach geschehener Ausleerung thariret werden, geben 12 Pfund Besen schön, dito kurtze Kisten, Thara was sie wägen, und 10 Pfund Besen schön, gut Gewicht ¼ pro Cent.  
  3) Über Franckreich, Caribischen Zucker in kleinen Fässern, von 4 bis 500 Pfund geben Thara 20 Pfund, jedoch ohne Gesetze.  
  Nachdem nun solcher Pudre-Zucker beschaffen ist, darnach lassen sich auch schöne Brodte daraus backen, und je feiner und weisser die Sorte des Zuckers alsdenn ist, je theurer wird sie bezahlet.  
  In Ober-Deutschland kaufft man den in Holland und zu Hamburg raffinirten Zucker Centner weise.  
  Der Gebrauch des Zuckers ist so vielerley und bekannt, daß es nicht nöthig ist, davon etwas zu sagen.  
  In den Apothecken hat man noch allerhand andere Arten von Zucker, als Penid- oder Gersten-Zucker, Rosen- Citronen- Violen-Zucker, und andere mehr, vor den Husten und die Engbrüstigkeit. Man machet aus dem Zucker einen Spiritum, ein Öl und ein Saltz.  
  Was die Conditers vor allerhand Confect von Zucker-Brodt, u.a.m. daraus machen, ist gleichfalls bekannt.  
  Zu Amsterdam wird ein grosser Handel mit allerhand Zucker getrieben, sonderlich mit Ost-Indischen, Brasilischen, Barbadische, von St. Domingo, Antigoa, Martiniqve und Surinam. Alle diese Zucker kommen entweder in Kisten, oder in Canastes, oder in Bariques, oder in Tonnen, oder endlich in kleinen Fässern. Nach diesen unterschiedenen Fässern, richtet man die Thara ein. Aller Zucker wird allda nach dem Pfunde verkaufft, und in Deniers de Gros bezahlet.  
  Der Preiß des weissen Brasilischen Zuckers ist das Pfund 11 bis 13 Deniers de Gros, und der braune Brasilische, sonst Moscovad genannt, 7 bis 9 Deniers de Gros. Dieser letztere wird zu 18 Monat Rabat verkaufft. Ihre Thara ist gleich, nehmlich 240 Pfund vor die langen, und 190 Pfund vor die kurtzen Kisten.  
  Der Zucker aus Ost-Indien kommt in Kisten oder Canastes. Kisten sind thariret, und die Thara ist darauf. Was die Canastes betrifft, so geben sie 20 Pfund Thara. Der Preiß dieses Zuckers ist gemeiniglich das Pfund zu 10 Deniers de Gros. Der Zucker von Barbados wird das Pfund zu 6 ½ bis 7 ½ Deniers verkaufft. Die Bariquen wiegen 899 Pfund, und geben 150 Pfund Thara von der Bariqve, und die von 900 Pfund und drüber 16 pro Cent. Die Thara der halben Bariquen ist 20 pro Cent.  
  Der Zucker von St. Domingo wird zu 5 ¼ bis 6 ¼ Deniers de Gros verkaufft. Der von Antigoa zu 5 bis 6 Deniers de Gros, und der Martinickische zu 5 ¼ bis 6 Deniers de Gros  
  Diese drey Arten von Zucker kommen entweder in Bariquen oder Barile. Die ersten wegen 500 Pfund und drüber, geben 18  
  {Sp. 1032}  
  pro Cent. Thara, und die unter 500 Pfund, 90 Pfund nach den Bariquen. Die Barils über 250 Pfund geben auch 18 pro Cent. Thara, und die drunter sind 45 Pfund nach dem Baril.  
  Der Zucker von Surinam wird zu 5 bis 7 ½ Deniers de Gros das Pfund verkaufft. Die Bariquen, die über 600 Pfund wiegen, geben 20 pro Cent. Thara, und die drunter 120 Pfund nach den Bariquen.  
  Der Zucker in Hüten wird zu 11 bis 16 ½ Deniers de Gros das Pfund verkaufft. Man tharirt die Tonnen. Savary Dict. Univ. de Commerce.
  Besonders aber verdienet hierbey diejenige Abhandlung von den Zucker, dessen Pflantzung und völliger Zubereitung nachgelesen zu werden, welche der berühmte Dominicaner-Münch und Mißionar P. Labat im Jahre 1722 in seiner vortreflichen Erzehlung von den Antillen-Insuln der Welt öffentlich mitgetheilet hat, und darinnen alles hieher gehörige mit so vieler Aufmercksamkeit und Sorgfalt beschrieben zu befinden, als noch kein anderer Schrifftsteller vor ihm gethan hat.  
  Im übrigen besiehe auch den Artickel: Ἃλς Ἲνδικος im I Bande, p. 1493 u.ff. desgleichen Zucker-Rohr.  
     

HIS-Data 5028-63-1029-9: Zedler: Zucker HIS-Data Home
Stand: 13. September 2016 © Hans-Walter Pries