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Beschreibung Gottes |
Wollen wir also nach dem, was wir angemercket, GOTT beschreiben, so wird es
ein von der
Natur
unterschiedenes
Wesen seyn, das von sich selbst existiret,
und die
Ursache aller
Dinge ist. Es ist zwar nicht zu
leugnen, daß, da wie
gesaget, GOTT wäre die Ursache aller Dinge hierdurch, auf weiter nichts anders
als auf die
Schöpffung und Erhaltung der
Welt gezielet werde; denn was die
Erlösung und Heiligung anlanget, so ist selbige der sich selbst gelassenen
Vernunfft unbewust, und und nur aus der Offenbarung bekannt. |
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Indessen, da wir GOTT hier nur vors erste beschreiben wollen, wie die sich
selbst gelassene Vernunfft
GOTT erkennet, so ist zwar oben vorgebrachte
Definition in Ansehung derjenigen, die wir als
Christen haben,
unvollkommen, doch aber deswegen nicht
falsch. Es ist aber auch dieses wohl zu
bedencken, daß man in der Lehre von GOTT gezwungen werde, um
eigener und
figurlicher
Begriffe, verblümte
Worte und
Redens-Arten sich zu bedienen, zu
welchen uns die befundene Ähnlichkeit derer göttlichen
Wercke in der
Natur, und
der aus derselben hervorleuchtenden
Kunst mit dem
menschlichen aller Dings Anlaß
giebet. |
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Denn da alle bejaende
Begrieffe, die wir uns mit
Wahrheit von dem göttlichen
Wesen machen können, thätige
Verhältnisse GOTTES gegen die Natur
vorstellen,
welche wir daher, da GOTT die schlechter Dings erste
Grund-Ursache der
Welt sey,
schlüssen;
alle Thätigkeit aber in derjenigen
würckenden
Substantz selbst von
deren
Wesen wir uns aus ihren
Würckungen einen Begriff machen wollen, eine
Eigenschafft oder
Krafft voraus setzet, dadurch sie in dem
Effect einen
Einfluß habe, welche wir in denen
natürlich-würckenden Ursachen Rationem
causandi
nennen; und wir gleichwohl von GOTT, in so ferne er an sich selbst
und ausser der
Natur betrachtet wird, als einen endlichen und unbegreiflichen
Wesen nichts bejaendes dencken können; so kann es dem
menschlichen Ver-
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{Sp. 317|S. 176} |
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stande bey seiner Endlichkeit, und dem auf diese sich gründenden Unvermögen
nicht
möglich seyn, von denen
Eigenschafften oder
Vollkommenheiten, die GOTT
auch nur in Ansehung seiner thätigen Verhältnisse gegen die Natur zu kommen,
eigentlich, und durch unfigürliche
Begriffe zu
gedencken und zu
reden. |
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verneinende Eigenschaften |
Diese unvermeidliche Figürligkeit unserer Begriffe und
Reden von denen göttlichen Eigenschafften und
Vollkommenheiten nennen die
Gottes-Gelehrten
Anthrōpopa theian, und
erinnern sehr wohl, daß solche
Redens-Arten GOTT
anständig, das ist, theōprepōs zu
erklären und zu
verstehen wären.
Indem aber nun GOTT ein von der
Natur
unterschiedenes Wesen ist, so
muß alles
was natürlich, von GOTT
verneinet werden. Es ist demnach GOTT |
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1) |
independent, das heist, ein
Ding,
welches von sich selber ist, und nicht, wie alle
weltliche Dinge den
Grund seiner
Existentz und seines realen Wesens in
einem andern hat. Die
Welt ist eine an einander hangende Reihe derer
Grund-Ursachen und
Würckungen,
und ein jedes weltliches Ding also muß seine Grund-Ursachen haben, in
welchen seine Existentz und
sein
Wesen gegründet sey. |
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Gantz anders ist es mit GOTT beschaffen, welcher
ein von der
Welt, zu deren
Wesen das
dependiren von einem
andern eintzig und allein gehöret, gantz unterschiedenes Wesen ist. Es
bemercket
Müller Metaphys. ... Anmerck. ...
daß man
meynen
sollte, daß das seyn, desgleichen das von sich selbst
seyn, bejaende
Idéen wären. Er sey der
Meynung, daß die
Existentz GOTTES in Ansehung unserer
Erkenntniß mehr vor eine
relative als vor eine absolute Eigenschafft GOTTES zu
achten sey, das ist, mehr eine solche, durch welche sich GOTT gegen die
Natur äussert, aus welcher letztern, wir sie eben
erkennen, als in so
fern sie in GOTT selbst, wenn wir von der Natur abstrahiren,
betrachtet wird, indem in diesem
Verstande das göttliche
Wesen mit der
Existentz einerley, und uns also, als ein über die
Grentzen
unserer Erkenntniß erhabenes
Ding unbegreifflich ist. |
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Wir hätten demnach zwar freylich eine sehr
deutliche bejaende
Idée von der
Existentz GOTTES, in
so fern wir sie in Relation auf die
Natur betrachteten; denn
eben hierdurch wäre sie in die Grentzen unserer
Vernunfft gesetzet, und
in dieser Betrachtung werde sie als eine absonderliche von andern
unterschiedene
Eigenschafft, (das ist, Relation GOTTES gegen
die Natur, und hierdurch gegen den
menschlichen Verstand) von uns
begriffen. Wenn man aber weiter
fragen wollte, wie doch GOTT an sich
selbst und ohne Absicht auf solche Relation gegen die Natur
existire, so könne man keine andere als eine verneinende Antwort
geben, daß er nemlich nicht, wie die
natürlichen Dinge existire,
deren
Existentz lediglich auf einer Dependentz von
gewissen
Grund-Ursachen beruhet. |
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Es
erinnert daher
Müller
Metaph. ... Anmerckung ... daß wir von der Aseitate oder
dem von sich selbst seyn, in der That nur eine verneinende
Idee hätten,
denn ob wohl
Ridiger Philos. Pragmat. ... auch
in einen bejaenden
Verstande das esse a se ipso erklären zu
können vermeinet, daß es nemlich so viel sey, als Deum sibi ipsi
existentiam et essentiam impertiuisse, auch dabey nicht in Abrede
sey, daß solche bejaende Idee sich selbst wiederspreche, weil
GOTT auf diese |
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{Sp. 318} |
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Anthropopathie |
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Art sein
eigener Schöpffer seyn, und dahero einst
zugleich gewesen, und nicht gewesen seyn müste, so meyne er dennoch, daß
man solchen sich selbst wiedersprechenden
Begrieff von GOTT behalten
müsse als eine Anthropopathie. Müller l.c.
macht die Anmerckung, daß er seines
Orts nicht
sagen
mögte, wie
Ridiger l.c.
gethan, daß eine Anthropopathie,
in so fern sie eine solche ist, einen
Wiederspruch, das ist eine
offenbare Absurdität inuoluire. Denn eine
Anthropopathie wäre mehr nicht als ein Gleichniß, ein Gleichniß
aber kein Wiederspruch, machte es aber einen Wiederspruch, so dehne man es
gewiß entweder durch einen
Fehler seiner
Begriffe weiter aus als man solle, oder das Gleichniß
tauge nichts; |
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2) |
nothwendig. Wenn man GOTT ein schlechter Dings
nothwendiges Wesen nennet, so
verstehet man darunter, daß GOTT von sich
selbst seyn müsse, weil es
unmöglich, daß GOTT wie die erschaffenen
Dinge, sollte auch nicht existiren können. GOTT als die erste
Grund-Ursache aller Dinge hat keine vorhergehende über sich, von der er
einen Anfang seines Existirens sollte haben können. |
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In GOTT ist auch nicht etwa wie in der
Welt, eine
Folge des vorhergehenden und zukünfftigen, in welcher das vorhergehende
als nun vergangene, und das folgende als noch zukünfftige noch nicht
existiren sollte. Also muß GOTT unfehlbar also existiren,
daß er weder je Mahls kann nicht existiret haben, noch je Mahls
nicht existiren wird. Denn wenn GOtt sollte auch nicht
existiren können, so müste es entweder vor seiner
Existentz
oder nach seiner Existentz oder zugleich mit seiner
Existentz geschehen. Da es nun wie schon
gesaget worden, nicht ein
Mahl
möglich ist, daß GOtt ein vergangenes hintersich, oder ein
zukünfftiges vor sich sollte haben können; als kann es auch nicht
möglich seyn, daß in einen von beyden GOtt sollte auch nicht existiren
können. Bey so gestallten
Sachen müste GOtt, wenn er sollte auch nicht
existiren können, zugleich existiren und nicht
existiren können, welches ein offenbaren
Wiederspruch: |
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3) |
unendlich. Wenn man
saget, GOtt ist unendlich,
seine Macht, seine Weißheit ist unendlich, so ist solches eben so viel,
als ob man sage; die
Grentzen des
Anfanges und Endes, die man in den
successiven
Existentzen
natürlicher Dinge findet,
ingleichen die Grentzen der Grösse des
Wesens natürlicher Dinge, sind in
der
Existentz GOttes, in seiner Macht, in seiner Weißheit und
dergleichen nicht zubefinden. |
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Es folgt aber diese Eigenschafft GOttes aus der
vorher angezeigten
Nothwendigkeit. Denn da GOtt nothwendig existiret,
so muß er auch von aller Umgrentzung seiner
Existentz und
seines
Wesens befreyet seyn. Es
demonstriret dieses
Müller Metaph. ... Anmerck. ... auf folgende Art. Was
die Existentz anlange, so müsse solche unstreitig in einem
Dinge, das von sich selber und nicht von einen anderen existiret,
nicht zufällig sondern nothwendig sey, das ist, ein Ding, das von sich
selber ist, müsse der
Gestallt existiren, das es unmöglich sey,
daß es auf ie eine Art sollte auch nicht existiren können. Denn
man setze, daß ein Ding, das von sich selber ist, auch hätte nicht
existiren können, so muß es sich selbst aus dem
Stande des nicht
Seyns in den
Stand der Existentz gebracht, und also die
Existentz die es vorhero nicht gehabt, sich selbst als seine
eigene
Grund- |
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{Sp. 319|S. 177} |
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Ursache
gegeben haben, dieses aber wäre ein Wiederspruch. Denn wenn etwas die
ihm
ermangelnde
Existentz
sich selbst geben sollte, so müste es seyn und zugleich auch nicht seyn;
das erstere, weil es etwas, nemlich seine eigene Existentz
würcken oder hervorbringen sollte, das andere aber, weil es seine
Existentz durch solche
Würckung allererst erlangen sollte. |
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So wäre auch nicht
möglich, daß ein
Ding, das von
sich selber, und das also von keines anderen Dinges
Kräfften
dependiret,
je Mahls zu existiren sollte aufhören können, denn daß es durch
sich selbst auch solle nicht existiren können, wiederspreche
sich eben Falls selber. Derowegen wäre es schlechter Dings
unmöglich,
daß ein Ding, das an sich selber ist, je Mahls nicht mehr seyn sollte,
ja auch, daß es, wie die Geschöpffe, vermittelst der
Bewegung
successiue, d.i. durch eine Folge der Zeit der
Gestallt existiren
sollte, daß ein Moment seiner
Existentz auf das andere
folgen, u. das vergangene also nicht mehr, das zukünfftige aber noch
nicht seyn sollte. |
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Denn wenn die Existentz GOTTES wie die
Existentz derer Geschöpffe in unterschiedlichen Momenten
auf einander folgete, so würde GOTT im vorhergehenden Moment,
das nun vorüber wäre, nicht mehr, im künfftigen aber, das noch erst
zugewarten wäre, noch nicht existiren, da doch das Nicht-Seyn
eines
Dinges, das von sich selber ist, wie gedacht, sich selbst
wiederspricht. Solcher Gestallt wäre es unmöglich, daß ein Ding, das von
sich selber ist, im existiren einen Anfang oder ein Ende, und
zwischen beyden eine in
unterschiedenen Momenten auf einander
folgende
Dauer haben sollte, sondern seine Existentz wäre
untheilbar, und zugleich, der
Gestallt, daß, wenn wir sie mit der
Existentz der
Welt, und aller in ihr existirenden
endlichen Dinge gegen einander halten, dasjenige, was in der Welt als
ein vergangenes,
gegenwärtiges und zukünfftiges auf einander folget, vor
GOTT alles gegenwärtig und zugleich seyn muß. |
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Denn da in der
Existentz GOTTES selbst
weder vergangene noch zukünfftige Momente sind, so folget, daß
mit eben derjenigen Existentz GOTTES, mit welcher das
gegenwärtige in der
Welt zugleich existiret, und von GOTT also
gegenwärtig ist, auch alles vergangene und zukünftige zugleich
existiren, und was also in der Welt vergangen oder noch
zukünfftig ist, vor GOTT alles gegenwärtig seyn müsse. Dannenhero, da in
der Existentz GOTTES kein Wechsel der Zeit, und also weder
Anfang noch Ende, weder vergangenes noch zukünfftiges seyn kann, so ist
unmöglich, daß die Existentz GOTTES mit Grentzen der
Nichtigkeit, dergleichen wir in dem Anfange, in dem Ende, und in dem
vergangenen und zukünfftigen der Existentz derer Geschöpffe
finden, sollte umschlossen seyn können. Also existire GOTT ewig und unendlich;
weil aber die
Existentz und das
Wesen GOTTES nur in unsern
Begriffe, nicht aber in GOTT selbst von einander
unterschieden ist, so
wird es auf vorhergehenden
Beweiß
hinaus lauffen. |
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Was wir uns demnach
von GOTT in unserer
Idée, die uns die Betrachtung der
Natur von
ihm erwecket,
vorstellen, dass alles müssen wir in GOTT ohne alle
Grentzen uns vorstellen, als welche alle Zeit auf eine Nichtigkeit, die
der
Natur eines
Dinges, das von sich selber, wiederspricht,
hinauslauffen. |
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Also
z.E. da die
würckliche Hervorbringung |
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{Sp. 320} |
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der
Welt uns überzeuge, daß in GOTT eine
Macht
oder
würckende Thätigkeit sey, durch welche er in die
Natur, als die
erste Grund-Ursache derselben, einen Einfluß habe, so würde es der Natur
eines
Dinges, das von sich selber ist, wiedersprechen, wenn wir uns nur
irgend etwas, dessen er Vermöge solcher Thätigkeit nicht fähig sey,
nemlich Grentzen solcher Thätigkeit, vorstellen wollten. Denn Grentzen
setzen ein Ding, das nicht von sich selber ist, sondern von einer andern
Grund-Ursache sein umschräncktes
Wesen hat, zum Voraus. |
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Gleichwie man nun das
Seyn GOTTES sich so, wie
das zeitliche Seyn
natürlicher Dinge nicht vorstellen kann; ebenso kann
man die
Macht
oder würckende Thätigkeit GOTTES nicht als eine
natürlicheThätigkeit oder
Bewegungs-Krafft annehmen. Von der Thätigkeit
GOTTES also läst sich nicht
sagen, daß sie theilbar, die zwar nicht
grösser aber doch kleiner, zwar nicht vielfältiger aber doch geringer
sich vorstellen lasse, und sich also zwar nichts hinzu, aber doch etwas
davon
thun liesse. Denn eben dieses wäre nicht weniger endlich. Es ist
also das
Wesen GOTTES, unter was vor einer Eigenschafft wir uns auch
dasselbe nur vorstellen mögen, nicht wie die Kräffte und das Wesen derer
endlichen Dinge eine Grösse, deren vermeynte
Theile kleiner seyn sollten
als das
gantze,
welches sich also durch jene ausmessen lassen sollte. Eben wie in dem
Seyn GOTTES kein vergangenes und zukünfftiges seyn kann; eben so kann
auch in dem Wesen GOTTES keine Grösse Stat haben, in welcher sich
Theile, die zugleich seyn sollten, begreiffen liessen. |
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