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Quellenangaben und Anmerkungen
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Gott ein freies Wesen |
Bey dem allen aber
muß man nur beständig vor Augen haben, daß GOTT ein
freyes Wesen. Demnach ist er nicht gebunden in Ansehung seiner Weisheit an die
in der Natur
würcklich determinirte Reihen derer Folgen derer
Dinge aus
einander; noch in Ansehung seines
Willens an die in der Natur gleich Falls
determinirten Rathschlüsse, die
Zwecke und
Mittel der Natur so, wie sie
sind, zusammen zu ordnen, noch endlich in
Erwägung seiner
Macht an die in der
Natur von ihm determinirten
Kräffte derer Dinge, die
Effecte zur
würcklichen
Existentz zu bringen. Denn da GOTT an sich
independent ist, und keine
Schrancken hat, so muß auch sein
Verstand,
Wille
und Macht ohne
Grentzen seyn, und also GOTT allweise, allmächtig u.d. seyn. |
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Verstand und Wille Gottes |
Es ist also
ungereimt, wenn viele die
Frage aufwerffen; ob in GOTT der
Verstand vor dem
Willen hergehe? ob folglich das
Wesen derer
Dinge oder die
durch einen
vernünfftigen Verstand von der
Existentz derer Dinge
abstrahirte Möglichkeiten derselben vor dem göttlichen Willen vorhergehe,
oder gegen den göttlichen Willen sich antecedenter verhalte? weiter, ob
nicht der göttlichen Wille die
Grund-Ursache nur der
Existentz derer
Dinge, der göttliche Verstand aber die Grund-Ursache des
Wesens derer Dinge, und
also zugleich mit dem göttlichen Verstande das Wesen derer Dinge ewig, und nur
die
Existentz dererselben zeitlich sey? |
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Alle dergleichen unnütze Fragen setzen zum Voraus, daß der
Verstand u.
Wille GOttes zwey
unterschiedene
Dinge in GOtt sind, daß der göttliche Verstand wie
der
menschliche
vorerst durch
gewisse Abstractionen sich
vorstellen
müsse, ob etwas angehe oder möglich sey, ehe der göttliche Wille es in Erfüllung
bringe; daß also der göttliche Wille von dem göttlichen Verstande, nicht aber
dieser von jenem
dependire, eben wie der menschliche Verstand und
Wille
in dem Menschen
unterschieden, und die
Wahrheit des menschlichen Willens
independent sind. So gehts, wenn die
Grentzen einer ächten
Anthropopathie überschritten werden. |
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Es äußert sich aber der
Wille GOttes durch das natürliche Gesetz, davon
unter
Natur-Recht wird gehandelt werden, allwo auch die
Gerechtsame GOttes über die
Menschen, und dieser ihre |
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{Sp. 329|S. 182} |
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Verbindlichkeit
gegen jenen
sollen
bewiesen werden. |
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Gottes Liebe und Zorn |
Besonders zeiget sich der
Wille GOTTes Theils durch
Liebe, Theils durch
Zorn. Es verdienet dieses eine genauere Betrachtung, damit wir nicht in
Irrthümer gerathen. Eigentlich zu
reden, hat GOtt keine
Adfecten, und
also muß, wenn von der Güte und dem Ernst GOttes
geredet wird, solches
anthrōpopathōs
verstanden werden. Es sind nemlich Thätigkeiten, durch welche
sich GOTT in der
Natur gegen die
Menschen äussert, die wir wegen derer
Ähnlichkeiten mit gewissen menschlichen Thätigkeiten unter dem Bilde dieser
menschlichen Adfecten
vorstellen. |
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Es ist also die Güte oder
Liebe GOttes gegen die Menschen eine Thätigkeit
GOttes, durch welche er die Menschen nicht allein in Ansehung ihrer
Natur zum
Zwecke einer
wahren
Glückseligkeit erschaffen, sondern auch die
Ordnung der Natur, das ist, die Reihen derer natürlichen
Grund-Ursachen in ihren Folgen auf
das wahre menschliche Wohlergehen abgerichtet, und zu dem Ende einen
beschiedenen
Theil derselben in die Grentzen ihrer
Freyheit der
Gestallt
gesetzet, daß sie
erkennen, und durch freywillige Richtung derselben den
Zweck
ihres wahren Wohlergehens erreichen können und sollen. |
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Durch den Ernst GOttes aber und
Zorn
verstehen wir eine Thätigkeit GOttes,
durch welche er die Reihen derer natürlichen
Grund-Ursachen in ihren Folgen auf
den
Zustand derer
Menschen in Ansehung ihres Wohlergehens also abgerichtet, daß,
wenn die Menschen die ihrer freyen Richtung überlassenen Grund-Ursachen nicht
oder übel,
erkennen und
gebrauchen, daher durch eine natürliche Folge das Elend
derer Menschen entstehen müsse. Aus der
Nothwendigkeit dieser Folge flüsset, was
anlanget die Liebe GOttes, die Festigkeit und Beständigkeit derselben, von
Seiten aber des Zorns GOttes die Strengheit desselben. Weil aber auch GOTT es
nicht gleich bey jedem von uns begangenen Fehler gleich mit uns ausmachet, als
weiset sich da die göttliche Langmuth. Die Güte GOttes aber und der Zorn GOttes
zusammen wird die göttliche Gerechtigkeit
genennet. |
Müller Metaph. 12.
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Wie nun GOtt zu fürchten und zu mehren, ist Theils unter
GOttes-Dienst, Theils unter
GOttes-Furcht,
nachzusehen. |
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Namen Gottes |
in der
heiligen Schrifft
hat GOTT
verschiedene
Namen,
worunter sonderlich zu mercken, |
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- der Name [ein Wort hebräisch], als welcher in casu recto
keiner Creatur zukömmt, ohne allein GOTT,
- und der Name theos, welcher auch
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- Jo. 10, 34.
- 2 Thess. 2, 4.
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- denen Engeln und Götzenbildern
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1 Cor. 8, 5. |
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Ferner wird GOTT |
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- Ps. 68, 5.
- Esa. 12, 2.
- Exod. 15, 2.
- Es. 26, 4. 33,
11.
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- [ein Wort hebräisch] oder
- [ein Wort hebräisch] und
- [ein Wort hebräisch]
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- Marc. 12, 19.
- 2 Cor. 8. 6.
- Eph. 4,
5.
- Luc. 2, 29.
- Act. 4, 24
- Osiander de Nominibus Dei,
Tübingen 1665.
in 4.
- Hottinger de Nominibus Dei, 1660.
in 4.
- Buxtorff. de Nominibus Dei,
- Martini de tribus [ein Wort hebräisch]
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Eigenschaften Gottes |
Betrachten wir die Eigenschafften GOttes, so sind dieselben |
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I. |
anenergēta,
oder solche, die in GOtt alleine bleiben, dergleichen sind: |
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1) |
Vnitas oder die Einheit, welche
zweyerley ist: denn entweder
bedeutet sie das unzertrennliche
Wesen
GOttes, oder sie bedeutet, daß GOtt ein einiger GOtt, und ausser ihm
kein anderer sey, |
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- Deut. 6, 4.
- 2 Timoth. 2, 5.
- Eph. 5, 6.
- 2 Cor. 8, 4.
- Zach. 14,
10.
- Jes. 43, 10.
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2) |
Immutabilitas oder die |
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{Sp. 330} |
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- Jac. 1, 17.
- Jerem. 23, 24.
- Num. 23, 19.
- Mal. 3, 6.
- Ps. 102, 29.
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3) |
Infinitas oder die Unendlichkeit |
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- Ps. 45, 3.
- Hiob 11, 89.
- Jes. 40, 12. 15. 17.
- Dan. 4, 32.
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4) |
Immensitas oder die Unermeßlichkeit |
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- 2, Reg. 8. 27.
- Jo. 11, 11.
- Ps. 139, 7. 8. 9. 10.
- Amos
9, 2. sqq.
- 2. Chron. 2, 6.
- Actor. 7, 48, 17, 24.
- Jes. 66, 1.
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5) |
Aeternitas, oder die Ewigkeit, |
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- Ps. 102, 28.
- Jes. 43, 13.
- Ps. 90, 2.
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II. |
sind die Eigenschafften GOttes
energētika,
die sich auch in denen Creaturen offenbaren, als: |
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α) |
Vita, daß GOtt ein
lebend Wesen sey, |
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- Dan. 4, 31.
- Gen. 16, 14.
- Jos. 3, 12.
- Jer. 10, 10.
- Jo.
1, 4.
- 2 Cor. 6, 16.
- Ezech. 33, 11.
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β) |
Intellectus, daß GOtt ein verständig
Wesen, wohin sonderlich gehöret: |
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- Hiob 12, 13. 28, 20.
- 1 Tim. 1, 17.
- Rom. 11, 33.
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γ) |
Voluntas oder der
Wille, welcher
zweyerley, entweder
würckend oder nicht würckend ist. Der würckende
Wille GOttes ist, da GOtt nicht allein den
Zweck, sondern auch die dazu
nöthigen
Mittel will. Der nicht würckende Wille GOttes ist, da GOtt
etwas gefället, ob er es gleich nicht zu würcken suchet. Die zu dem
Willen Gottes gehörige Eigenschafften sind: |
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- Ps. 11, 8. 119, 137. 7, 12.
- Exod. 20, 5.
- Ps. 145, 17.
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- Es. 6, 6.
- 1 Sam. 2, 2.
- Luc. 19, 2.
- Leuit. 19, 2.
- 1 Petr. 1, 15. sqq.
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- Num. 23, 19.
- Tit. 1, 2.
- Jos. 17,
17.
- Ps. 25, 10.
- Jos. 14, 6.
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- die Allmacht, die Gütigkeit,
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- Luc. 18, 19.
- Ps. 36, 6. 16, 2.
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Wesen Gottes |
Was das
Wesen GOttes betrifft, so ist dasselbe einig, aber dreyfaltig in
Personen. Dieses ist ein Geheimniß, welches die sich selbst gelassene
Vernunfft
nicht begreiffen kann: wir können es aus dem alten sowohl als dem neuen
Testamente erweisen, obwohl nicht zu
läugnen, daß es in dem neuen Testamente
weit klärer ausgedrucket wird, als |
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- Fridr. Ernst. Kettneri
Vindiciae dicti Joannei de tribus in coelo,
Leipzig 1696.
in 4.
- Ei.
Historia dicti huius Erf. 1713. in 4.
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-
Matth. 28, 19.
-
2 Cor. 13, 13.
- und so ferner.
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Doch ist nicht zu läugnen, daß im alten[1] Testamente auch
Stellen vorkommen,
welche dieses Geheimniß sattsam erweisen, als
- Gen. 19, 14.
- Hos.
11, 14.
- Dan. 9, 17.
- Jes. 48, 16.
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[1] |
HIS-Data: korrigiert aus: neuen |
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Die 3. Personen
werden
genennet |
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Diese Personen sind nicht nur dem
Namen nach, sondern in der
That und
realiter von einander
unterschieden. |
- Ps. 2, 7.
- Jo. 11, 14. 3, 16. 5, 32. 37. 10,
36. 14, 6. 15, 26.
- Gal. 4, 8.
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Die abendländische Kirche
sprach dieses also aus: Tres sunt personae in
vna substantia, d.i. es sind drey
Personen in einem Wesen; die
morgenländische Kirche aber
sagte: [ein Satz griechisch]. Es entstunde auch
ehemahls ein Streit zwischen der morgenländischen und der abendländischen
Kirche, weil die Griechen das
Wort Personen und die Lateiner das
Wort [ein Wort
griechisch] nicht annehmen
wollten: Allein es war ein blosser Wort-Streit, und
da ein
Theil dem andern seine
Meynung weiter
erklärte, wurden sie wieder einig. |
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Literatur |
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- Gerhard. Schola Pietatis ...
-
Speners
Glaubens-Lehre
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{Sp. 331|S. 183} |
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-
Francisci Ruhe-Stunden ...
- Pfeiffer Evangelischer Augapffel ...
-
Baylii Praxis piet. ...
- Hoornbeck Theolog.
practica ...
- Wilh. Perckmisi
Gewissens-Spiegel ...
- Edmundi Bunnii wahres
Christenthum ...
- Dannhauers Catechismus-Milch ...
-
Spener Catechismus-Predigten ...
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