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Zedler: Rathschluß HIS-Data
5028-30-967-4
Titel: Rathschluß
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 30 Sp. 967
Jahr: 1741
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 30 S. 493
Vorheriger Artikel: Rathschlagen (Klugheit zu)
Folgender Artikel: Rathschluß, oder Raths-Schluß
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel

  Text  
  Rathschluß, ist der Wille, daß etwas geschehen oder zur Würcklichkeit kommen soll.  
  Anders sind die Rathschlüsse der Menschen, als die Rathschlüsse Gottes beschaffen. Denn bey einem menschlichen Rathschluß dependiret diese Würckung des Willens vom Verstand, daß man vorher die Beschaffenheit der Sachen, die auszuführen, erkennt, hierauf untersuchet, ob und was dabey zu thun, und wenn ein hinlänglicher Grund da, so erfolgt die Determination. Auf solche Weise geschicht alles nach und nach: es dependiret eines von dem andern, und das kommt von der Endlichkeit der menschlichen Seele.  
  Eben daher rührt es, daß die menschlichen Rathschlüsse nicht alle von einerley Art sind. Denn man kan sie betrachten entweder an sich selbst; oder in Ansehung des Ausgangs. An sich sind sie entweder vernünfftig, wenn man nach der Vorschrifft der Vernunfft eine solche Sache sich vorgenommen, die weder den Regeln der Gerechtigkeit noch Klugheit zuwider; oder unvernünfftig, wenn auf Antrieb einer verderbten Neigung oder Affects ein Schluß gefasset wird.  
  Solche sind unvernünfftig, indem man die Ehre Gottes entweder directe beleidiget, welches gottlose Ratschlüsse sind; oder seinem Nächsten Schaden zufüget, so ungerechte und boshaffte Ratschlüsse; oder sich selber damit schadt, welches thörichte und närrische Rathschlüsse.  
  In Ansehung des Ausgangs sind sie entweder glückliche, indem die Sache so zur Würcklichkeit kommt, wie man sich solches vorgenommen; oder unglückliche, wenn der Erfolg aussen bleibet.  
  Es kan geschehen, daß auch vernünfftige Ratschlüsse unglücklich werden, und das zeigt an, wie unsere Seele was endliches. Denn wenn wir einen Schluß fassen, so dencken wir zwar, die Sache wäre auf das beste überleget, und der Schluß wohl eingerichtet, machen uns auch Hoffnung, es werde alles glücklich ablauffen; läufft sie aber anders ab, als wir gemeynt, so erkennen wir alsdenn, daß wir bey der Abfassung des Schlusses, bald dieses, bald jenes, welches wir hernach erst erkennen, nicht eingesehen haben.  
  Aus dieser Schwachheit kommt auch, daß wir in unsern Rathschlüssen veränderlich sind. Solche Veränderung geschiehet entweder mit Grund, wenn wir befinden, daß die Sache vorher nicht recht überleget worden; oder ohne Grund, wenn man sich aus Affecten von etwas bessern zu etwas schlimmern entschlüsset.  
  {Sp. 968}  
  Ein grosser Fehler ist hier der Eigensinn und die Hartnäckigkeit, wenn man bey seinem einmahl gefaßten Entschluß beständig beharret und nicht abgehen will.  
  Von dem Rathschlusse Gottes siehe weiter unten den besondern Artickel: Rathschluß Gottes.  
     

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Stand: 30. März 2013 © Hans-Walter Pries