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Zedler: Teutsche Staats-Verfassung [3] HIS-Data
5028-43-202-4-03
Titel: Teutsche Staats-Verfassung [3]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 43 Sp. 202
Jahr: 1745
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 43 S. 122
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  Text  
  In dem andern Stücke, vom würcklichen Anfang, Fort und Ausgang eines Reichstages, und zwar Cap.
  I. Von Anstellung der Kayserlichen Reichstags-Proposition.  
  1. Ist die Kayserliche Proposition nicht anders, als ein vom Kayser oder dessen Commissarien beschehener Fürtrag gegen sämtliche Reichs-Stände dererjenigen Sachen, worüber bey solchem allgemeinen Reichstage zu rathschlagen und zu handeln, und ist dieses abermahl eines von denen zur Kayserlichen Präeminentz gehörigen Reservaten.  
  2. Werden die Ursachen berühret, warum es sich mit Eröffnung der Kayserlichen Proposition öffters lange Zeit verziehet.  
  II. Von denen Solennitäten bey Eröffnung der Proposition.  
  1. Wenn der Kayser eine gewisse Zeit zu Ablegung der Proposition benennet, wird auf Sr. Majest. Befehl (denn diese erste Ansa-  
  {Sp. 219|S. 123}  
  ge zu verfügen einem Kayser, oder dessen Commissarien alleine zukömmt.) Chur- Fürsten und Ständen durch den Reichs-Erb-Marschall an statt Chur-Sachsen (als Ertz-Marschalln) angezeigt, sich zu bestimmter Zeit und Stund an gewöhnlichen Ort einzustellen und denen Propositions- Solennitäten beyzuwohnen,  
  2. Solche bestehen, da ein Kayser in Person zugegen, darinn, daß Sr. Majest. von denen anwesenden Chur-Fürsten und Ständen, wie auch der abwesenden Räthen und Gesandten aus Dero Kayserl. Hof gebührend abgeholet, und vor allen Dingen in die Kirche, zu Verrichtung des Gottesdienstes, (welchem, ob er wohl in nichts anders, als in der Papistischen Meß, und dabey angestellten Music bestehet, dennoch die Augspurgischen Confeßion verwandte Chur-Fürsten und Stände mit gutem Gewissen wohl beywohnen können,) von dar aber an den Ort, da die Proposition geschehen solle, begleitet wird.  
  Daselbst pflegt der Kayser auf einem drey Stuffen hocherhabenen, und auf das köstlichste gezierten Thron, die Chur-Fürsten eine Stuffe niedriger, Sr. Majestät zu beyden Seiten in einer Linie, ausser Chur Trier, welcher nach Anleitung der güldenen Bulle gleich gegen dem Kayserl. Thron über seine Stelle hat, sich zu setzen, sodann wiederum eine Stuffe, und zwar längst herab auf der rechten Seiten des Gemachs, die geistliche, und auf der lincken die weltlichen Fürsten, ihre gebührende Seßiones zu nehmen, die Städtische aber bleiben außerhalb denen Schrancken, wormit solcher Kayser Chur- und Fürstliche Confeß umgeben, stehen, und geschicht sodann im Nahmen der Kayserl. Majest. gemeiniglich durch einem Reichs-Fürsten ein kurtzer Vortrag und Dancksagung gegen die Stände, daß sie sich so willig und gehorsamst auf das Kayserl. Erforderungs-Schreiben eingestellet, wann dann auf solch Anbringen durch einen von denen Chur-Fürsten gleichfalls kürtzlich geantwortet, wird die in Schrifften verfaßte Proposition durch den Kayserl. Geheimen Reichs-Secretar abgelesen, welche der Chur-Maynzische Cantzler, so neben einem Secretar in der Mitte des Saals an einem Tische sitzt, und den gantzen Actum protocolliret, von Puncten zu Puncten nachgeschrieben.  
  3. Hierauf stehet das Chur- und Fürstl. Collegium auf, und tritt ein jedes, auch das Städtische, besonders zusammen, und wird von dem Directorio, welches bey dem Churfürstlichen Chur- Maynz, bey dem Fürstl. Wechsels-weise Österreich und Saltzburg, und bey dem Städtischen diejenige Stadt, worinn der Reichstag angestellet, vertritt, der Innhalt kürtzlich wiederholet, und welchergestalt man gegen die Kayserl. Majest. sich in Antwort heraus zu lassen, umgefraget.  
  {Sp. 220}  
  4. Referiret der Chur-Maynzische Cantzler neben des Vorsitzenden weltlichen Churfürsten Gesandten denen Fürstlichen das Churfürstl. Conclusum, und das Fürstl. Directorium, eröffnet hinwiederum denenselben das ihrige, welche beyde, im Fall sie different, durch Relation an die gegenwärtige Principalen solange mit einander handeln, bis sie einer Meynung werden; nach dessen Erfolg oder da beyde höhere Collegia discrepant bleiben, so werden denn die Städtischen auch erfordert und nach communicirtem Gutachten derer Chur- und Fürstlichen mit ihrer Meynung nicht weniger vernommen.  
  Wie aber bey diesem Actu es keiner sonderbaren oder weitläufftigen Deliberation bedarff, auch nicht leichtlich ein Collegium mit dem andern ungleicher Meynung; also thut ohne mercklichen Vorzug Chur-Mayntz im Nahmen der Stände die Antwort, saget Kayserl. Majest zuförderst unterthänigsten Danck für die treu-väterliche Vorsorge, mit gehorsamster Anerbietung zu fördersamster Berathschlag- und Erörterung der proponirten Puncten, und bittet zu solchem Ende schrifftliche Communication derselben, welche auch so balden dem Chur-Mäyntzischen Cantzler wiederfähret, und wird darauf der Kayser in voriger Ordnung von denen Ständen wieder zur Käyserl. Residentz begleitet.  
  5. Folget Bericht, was Anno 1653. so wohl bey Anfang, als in währenden solchem Actu fürgelauffen.  
  6. Nachdem Chur-Mäyntz die Proposition schrifftlich empfangen, wird in dessen Nahmen denen Ständen allerseits durch den Erb-Marschall angedeutet, daß sie ihre Secretarien oder Scribenten zu bestimmter Zeit aufs Rathhaus senden, und, nächst Fürzeigung eines von denen Principalen oder Gesandten unterschriebenen Scheins zu ihrer Legitimation, die Proposition nachschreiben lassen sollen, welche ein Chur-Mayntzischer Cantzley-Verwandter von Worten zu Worten in die Feder dictiret, allermassen auch nachgehends mit allen denenjenigen Schrifften so beym Chur- Mayntzischen Reichs-Directorio, um den Ständen zur Wissenschafft zu bringen, einkommen, von einer Zeit zur andern verfahren wird.  
  7. Kayserliche Proposition.  
  III. Von Anstellung derer Reichs-Deliberationen.  
  1. Wenn die Proposition dergestalt zur Dictatur gebracht, und denen Ständen allerseits communiciret worden, schreitet man billig ohne Verzug zu denen Deliberationen, zu welchem Ende von dem Chur-Mäyntzischen Reichs-Directorio, (dem diese und alle nachfolgende Convocationes anzustellen zukommen,) dem Reichs-Erb-Marschall oder da  
  {Sp. 221|S. 124}  
  Chur-Sachsen gegenwärtig, von erst Sr. Durchl. die sodann gedachtem Erb- Marschall deswegen selbst Befehl ertheilen, ein Zettel zugesendet, vermittelst dessen denen Ständen er Zeit und Ort bekommen, und zusammen zu kommen, ansagen solle.  
  2. Damit auch die Stände eigentlich wissen mögen, worzu diese oder jene Deliberation angesehen; so erfordert die Nothdurfft, daß in solchem Zusage-Zettel auch jedesmahl die Materie, worüber gerathschlaget werden solle, gesetzt, und bey der Ansage von dem Reichs-Marschall- Bedienten fürgezeiget werde.  
  3. Insonderheit hat man unterschiedlich erinnert, daß, wenn Haupt-Materien, oder dergleichen wichtige Sachen zu proponiren wären, welche weitere Nachdencken und Ersehung der Acten erforderten, die Directoria bey dem vorhergehenden Rathsitzes selbst erinnern sollen, sich darauf gefast zu halten, damit man nicht hernach bey der deswegen angestellten Seßion leer Stroh dreschen, und vergeblich wieder von einander gehen müste.  
  4. Auf jetztgedachte Ansage nun kommen die Stände zusammen, und gleichwie sie in drey Classen, nehmlich  
  a) Derer Chur-Fürsten,  
  b) Derer Fürsten, Prälaten, Grafen und Herrn, und dann  
  c) Derer Städte getheilet werden, also machen sie heutiges Tages auch drey unterschiedliche Collegia, deren jedes in einem absonderlichen Gemach Deliberation vorzunehmen pfleget, welches vor Alters nicht gewesen. Immassen denn noch  
  5. Bey Ordinar-Reichs-Deputation-Tägen denen Chur-Fürsten die Separation von denen deputirten Fürsten und Ständen nicht eingeräumet werden will, indem man dererseits solches unter die Defectus Comitiorum rechnet, welche, nach Innhalt des Oßnabrügischen Friedens-Schlusses zu ändern und abzuthun.  
  IV. Vom Churfürsten-Rath  
  1. Das förderste Reichs-Collegium ist der Churfürsten-Rath, welcher, weilen darinn der König in Böhmen dißfalls keinen Stand noch Stimme hat. (Man besehe jedoch hierbey das Reichs- Conclusum von 1708.) in denen heutiges Tages 7. (oder vielmehr 8) übrigen Chur-Fürsten bestehet, dergestalt, daß, so viel die Ordnung im Sitzen betrifft, Chur-Mayntz in der mitten, und zu dessen rechten das erste mahl Chur-Trier, das andere mahl Chur-Cölln, und so fort von einem Rathgange zum andern abgewechselt, darnach Chur-Bayern und Chur-Brandenburg; zur lincken aber, nächst einem von jetzternannten zweyen geistlichen Chur-Fürsten, Chur-Sachsen und Chur-Pfaltz, zusitzen pflegt: Und nehmen die Gesandten unter einander eben die Stellen ein, die ihre Principalen, wenn sie selbst zugegen wären,  
  {Sp. 222}  
  hätten, im Fall aber ein Chur-Fürst in Person mit derer übrigen, deren einer oder ander ihm gleich sonst vorgienge, gevollmächtigten Gesandten concurriret, wird ihm doch vor denenselben der Vorsitz gelassen.  
  2. Wird die hierüber An. 1673. zu Regenspurg genommene Abrede und Erläuterung hier eingeruckt.  
  3. Das Directorium und der Fürtrag kommt zwar ordentlicher Weise, gleich der Oberstelle, im Chur-Fürsten-Rath dem Chur-Fürsten von Mayntz, als Ertz-Cantzlern in Teutschland zu; jedoch will Chur-Sachsen in Fällen, da Chur-Mayntz ober sein Ertz-Stifft intereßiret, oder sonst nicht gerne daran will, davon auch nicht ausgeschlossen seyn.  
  4. Im Votiren wird die in der güldnen Bulle Art 4. §. 3. vorgeschriebene Ordnung, jedoch mit Ausnahme des Königs in Böhmen, wie obgedacht, gehalten, von Chur-Trier auf beschehene Chur Mayntzische Anfrage jedesmahl der Anfang gemacht, und nachdem die Vota herumgegangen, von Chur-Mayntz, so durch Chur-Sachsen gleichfalls um seine Meynung im Nahmen der andern gefraget wird, beschlossen; welche Chur-Mayntzische Stimme, wie sie heutiges Tages, so offt die vorher abgelegten gegen einander gleich sind. die mehrern machen, und den Ausschlag geben kan, also nicht unbillig Votum conclusivum und directrix genennet wird.  
  5. Solten nun weder alle noch die meisten einstimmig, sondern sich dergestalt discrepant gegen einander vermercken lassen, daß daraus kein beständiger Schluß zu fassen, wird mit fernerer Umfrage so lange verfahren, bis entweder einmüthige, (dergleichen heutiges Tages in puncto confessionis vel prorogationis vectigalium erfordert wird) oder doch die mehrere Stimmen über einen oder andern Punct ausfallen.  
  6. Wird erwogen, warum bey der Wahl Caroli V. die Ordnung im Votiren umgekehret, und von Chur-Mayntz die erste Stimme abgelegt worden, und zu bedencken gegeben, ob nicht zumahl in verhasten oder gar wichtigen Sachen so wohl, oder noch vielmehr, durch das Nachstimmen ein Vortheil oder Interesse beobachtet werden möge, bevorab derer Stimmen mehr ober nicht weniger nachfolgen, als vorhergehen, indem derjenige, so seine Stimme zeitlich giebt, das Eys brechen, allerley Censiren und Contradictiones nach sich erwarten muß, und weiter darwieder nichts einwenden kan, wer aber den Nachstreich hat, auch das Syndiciren und Widersprechen der Vorstimmenden ohne sonderbare weitere Replic in seiner Gewalt hat.  
  7. War in diesem Chur-Fürsten-Rath hiebevor sonst niemanden, als nur Chur- Mayntz, einen Protocollisten zu halten, nachgelassen; Nunmehr aber stehet einem jeden Chur-  
  {Sp. 223|S. 125}  
  Fürsten und Chur-Fürstl. Gesandten frey, einen verpflichteten Secretarien zu solchem Ende mit sich hinein zu nehmen. Jedoch wird bey fürfallenden Irrungen, Streit oder Zweiffel über einen oder andern, so etwa im Rath vorgegangen seyn soll, einig und allein auf das Chur- Mayntzische Protocoll, als beglaubt, gesehen, massen auch diejenigen, so mit Protestationen sich zu verwahren gedencken, dieselbe diesem einzuverleiben, und davon Extract zu ertheilen, inständig anhalten.  
  V. Vom Fürsten-Rath.  
  1. Der Fürsten-Rath, welcher das andere Reichs-Collegium macht, ist von Alters her in zwey Bäncke abgetheilet worden, deren eine, und zwar auf der rechten Seite, genennet wird die Geistliche, worauf neben dem Ertz-Hertzogen von Österreich, und Hertzogen zu Burgund, (welche beyde entweder um sonderbaren Vorzugs willen, oder aus Noth, indem die weltlichen Häuser ihnen die Ober-Stelle auf ihrer Seiten nicht einräumen wollen, sich zu denen Geistlichen gesellet) die Ertz- Bischöffe, Bischöffe, Äbte, und andere Prälaten, sich befinden; die andere auf der lincken ist die Weltliche, da die weltliche Fürsten, samt denen Grafen und Herren, ihre hergebrachte Stellen haben.  
  2. Nachdem aber denen geistlichen Fürsten, so der Augspurgischen Confeßion zugethan, und deswegen lange Zeit auf Reichs-Tägen nicht zugelassen werden wollen, (wie oben P. l. c. 5. erwehnt) bey vorgenommen Westphälischen Friedens-Handlungen die Römisch-Catholische den Sitz unter ihnen auf der geistlichen Banck verweigert, auch die weltliche auf ihrer Seiten ihnen dergleichen nicht einräumen mögen, hat man endlich sich eines Mittel-Sitzes vor solche Evangelische Stiffts- Innhaber, zwischen dem Directorial-Tisch und der Geistlichen Banck, verglichen, dessen sich alle diejenigen, so die Qualität der Geistlichkeit behalten, zu gebrauchen haben sollen, und ist also auch die dritte Banck im Fürsten-Rath eingeführet worden.  
  3. Die Prälaten, wie auch Grafen und Herren belangende, so werden so wohl jene, als diese, schon vor Alters in zwey unterschiedliche Bäncke oder vielmehr Stimmen abgetheilet gefunden, als nehmlich, jene in die Rheinische und Schwäbische, diese in die Wetterauische und Schwäbische. Und obwohl in langer Zeit mehr nicht als ein Prälatisch Votum, und zwar im Nahmen der Schwäbischen Prälaten-Banck, im Fürsten-Rath geführet worden, nachdem aber von denen Grafen Anno 1641. bey damahligem Reichs-Tage zu Regenspurg die dritte Session und Stimme nahmentlich die Fränckische Banck, die sie zwar auch hiebevor gehabt haben wollen, erhalten worden, als hat man von Seiten derer Rheinischen Prälaten Anlaß genommen, um Wiedereinräumung ihres vor diesem exercirten absonderlichen  
  {Sp. 224}  
  Voti gleichfalls anzusuchen, welches sie auch endlich bey jüngstem Reichs-Tage, da unter denen Grafen die Westphälische und Nieder-Sächsische nicht weniger zu einem eigenen, und also zu dem vierten Gräflichen Voto curiato kommen, aufs neue erlangt.  
  Dahero denn nunmehr im Nahmen derer sämtlichen kleinen oder geringen Prälaten (wie sie zum Unterscheid derer geführten genennet werden) auf der Geistlichen Banck im Fürsten-Rath zwey, nehmlich das Schwäbische und Rheinische, Wechsels-Weise, und von wegen sämtlicher Grafen und Herren auf der Weltlichen vier Vota. das Wetterauische und Schwäbische (ebenfalls Wechsels- Weise) wie auch Fränckische und Westphälische, absonderlich aufgeruffen, und aller massen sie sich deren in ihren Collegiis zuvorher verglichen, abgeleget werden, ist aber darneben einem jeden Prälaten, Grafen und Herren, oder deren Abgeordneten unverwehrt, für sich in den Fürsten-Rath zu gehen, und unter denen Secundariis oder Protocollisten der Deliberation zuzuhören.  
  4. Ihrer aller Specification, und welche zu diesem oder jenem Collegio gehören, ist aus der Subscription des jüngsten Reichs-Abschieds von, 1654. weitläufftig zu sehen, dabey aber, so viel die neuen Grafen und Herren betrifft, die etwa von Zeit des Teutschen Kriegs her solchen Stand erlangt, zu mercken; weiln derer viel keine unmittelbare Reichs-Güter haben, auch zum Reich nichts contribuiren, dahero denn ihre Admißion denen andern sehr beschwerlich fürkommen, daß ihnen bey vergangenem Reichs-Tag ausdrücklich angedeutet worden, man würde sie ins künfftige zur Stell und Stimm im Gräflichen Collegio nicht lassen sie hätten sich denn durch unmittelbare Güter im Reich ansäßig und mit einem ziemlichen Anschlag in der Reichs-Matricul habilitirt gemacht.  
  5. Werden die wegen der secularisirten Stiffter und Rheinischen Prälaten ergangene Kayserliche Decrete angeführet.  
  6. Wird wegen Ordnung der Seßionen in diesem Fürstl. Collegio ein dem Instrumento Pacis und der darauf gerichteten Praxi gemässes Schema beygefüget.  
  7. Daß sonsten ein Fürst in Person gegenwärtig, denen Gesandten derer abwesenden Fürsten, worvon zwar dißfalls ausgenommen werden die Österreichische, Burgundische und Saltzburgische, vorsitze, ist, so viel die aus alten Fürstlichen Häusern entsprossene und regierende Herren betrifft, niemahls gestritten worden.  
  8. Als aber im Jahr 1640 zu Regenspurg die vom Kayser Ferdinando II. in den Reichs-Fürsten-Stand erhobene Häuser der würcklichen Seßion und Stimme sich anmassen wollen, sind sie damahls ab- und unter andern auf vorherige Adimplirung dieser Con-  
  {Sp. 225|S. 126}
  dition, sich nehmlich mit denen alten Fürstl. Häusern und dero Gesandten in puncto praecedentiae zu vergleichen, gewiesen worden.  
  9. Wenn ein Fürst zwar in Person, aber nicht vor sich, sondern von eines andern wegen, bevollmächtiget, erscheinet, hat bey angehendem letzten Reichstage davor gehalten werden wollen, daß solchem der Vorgang für den Fürstlichen Gesandten nicht gebühre. Ist aber hernach von dem Fürsten-Rathe geschlossen worden: Man sollte gebohrnen Fürstl. Personen, welche von einem Hause, wie ihr Principal, und genugsam bevollmächtigt wären, die Präcedentz vor andern Fürstl. Gesandten verstatten, auch von Kayserl. Majest. auf erstattete Relation allerdings hierbey gelassen, und per decretum de 21. Jul. 1653. bestätiget werden.  
  10. Was von der Österreichischen, Burgundischen und Saltzburgischen Gesandten hierunter hergebrachten sonderbarer Prärogativ angedeutet, verstehet sich weiter nicht, als auf die Seßion in Reichs-Fürsten-Rath, sintemahl bey andern Begebenheiten, es sey auf Reichs-Tägen, oder sonsten, ein Fürst in Person jetztermeldten, eben so wenig, als denen Churfürstl. Gesandten die Präcedentz verstattet, wiewohl diese sich solcher bey offtberührtem nächsten Reichs-Tag nochmahln angemasset, darwider man aber Fürstl. theils bey Kayserl. Maj. sich beschweret, wie die dieserwegen und wegen des von jenen, denen Fürstl. Gesandten affectirten, (sonst allein denen Fürsten in Person zustehenden,) Reitens bey dem actu propositionis hier eingeführte zwey Copien besagen.  
  11. Wenn nun obverzeichneter massen sich jeder Stand an seinem Ort gesetzet, schreitet das Directorium zur Proposition oder Fürtrag, welches beydes (Jus sc. dirigendi et proponendi) jetziger Zeit Österreich und Saltzburg, gleich dem Vorsitz, Wechsels-Weise von einer Materie zur andern, jedoch dergestalt zu haben und auszuüben pflegen, daß Österreich bey jedem Reichs-Tage darmit den Anfang macht.  
  12. Nach gethanem Fürtrag geschicht von dem Reichs Erb-Marschall, welcher oben in der Mitten, zwischen der Geist- und Weltlichen-Banck seinen absonderlichen Sitz nimmt, die Umfrage und Aufruffung, vermittelst blosser Benennung der Fürstl. Häuser oder Stifftter, und da von einem Hause mehr, als einer, mit Specifirung der Linien, und zwar Wechselsweise von einer Banck zur andern, wie kurtz vorher mit wenigem angedeutet, jedoch daß Magdeburg allezeit die vierte Stimme, und also, unerachtet es auf einer absonderlichen Banck sitzet, dennoch respective mit Saltzburg u. Burgund hierunterzu alterniren hat.  
  13. Weil auch auf der weltlichen Banck mehr Fürstliche Vota, als auf der geistlichen, wird mit Aufruffung derer gemeinen Prälaten so lange inne gehalten, bis die übrigen weltlichen Fürsten nach einander  
  {Sp. 226}  
  ihre Stimmen gleichfalls abgelegt haben, und so dann erst der Prälaten und Grafen Collegia oder Vota curiata auch alternatim aufgefordert.  
  14. So bald man mit der Umfrage zu Ende kommen, setzen sich gedachte beyde Directoria, Österreich und Saltzburg, an den Directorial-Tisch, allwo ihre Protocollisten alle Vota nach Möglichkeit aufgezeichnet, zusammen, durchgehen solche, und machen aus denen majoribus, oder mehrern, falls die Sache dergestalt bewandt, daß dieselbe darinn statt habe, daß Conclusum, lesen auch solches zu dem Ende aus dem Concept entweder alsobalden ab, damit, wenn ein oder ander Stand (massen ein jeder sein Protocoll auch für sich in einer Schreibtafel halten mag) noch etwas darbey zu erinnern, solches der Nothdurfft nach, bescheidentlich angezeiget werden möge, oder, wofern etwa die Sache sehr wichtig und weitläufftig, auch die Vota unter einander gar zu discrepant, wird Aufschub, nachzusehen, und sich Bedencken genommen, und der Schluß sodann zur Dictatur gegeben.  
  15. In was vor Sachen die Majora oder mehrere Stimmen keinen Schluß machen können, sondern beyde oder mehr discrepirende Meynungen dem Concluso einzuverleiben seyn, weiset offt angezogener Westphälischer Friedens-Schluß, Art. 5. §. 19. woselbst verordnet, daß in Religions- und allen andern Sachen, darinnen die Stände als ein Corpus nicht consideriret werden können, wie auch, wenn die Catholische und Augspurgische Confesslons-verwandte Stände, zweyerley Parthey machen, die Streitigkeiten durch gütlichen Vergleich alleine entschieden, und die Übereinstimmung nicht beobachtet werden solle, mir dem Anhange, daß der Contributions-Punct bis zum nächsten Reichstage ausgestellet verblieben.  
  16. Jedoch hat man bey jetzgedachten Reichs-Tage wahrgenommen, daß auch in Fällen, da unstreitig nach den mehrern Stimmen zu schliessen, das Fürsten-Raths-Directorium solches nicht attendiren wollen, gestalt dann dergleichen nachdencklichen Exempel bey Endigung der den 13. und 23. Jan. 1654. super modo tractandae Capitulationis gehaltenen Deliberatlon sich zugetragen, wie das hier angezogene und die Vorstellung darauf besagen.  
  17. Folget der Revers derer dem Reichs-Herkommen nach, noch nicht genugsam qualificirten neuen Fürsten.  
  VI. Vom Städte-Rath.  
  1. Den dritten absonderlichen Reichs-Rath, machen die Frey- und Reichs-Städte, wie sie sich selbsten insgesammt nennen, auch also in denen Reichs-Abschieden benahmet, zu finden. Wiewohl der Unterscheid unter freyen und blossen Reichs-Städten, nachdem in Ansehung der Unmittelbarkeit und alleinigen Dependentz vom heiligen  
  {Sp. 227|S. 127}  
  Reich, eine so frey als die andere, mehr in Worten bestehet, als in der That, keinen sonderlichen Grund hat, ausser was von etlichen darauf gestellt wird, daß theils Reichs-Städte dem Römischen Kayser keine ordentliche Jährliche Reichs-Steuer geben, und dahero freye, die übrigen aber, so zu dergleichen Collecten verbunden, nur bloß hin Reichs-Städte genennet würden. Sind gleichergestalt in zwo Bäncke, die Rheinische und Schwäbische, abgetheilet.  
  2. Das Directorium in diesem Collegio führet allezeit der Magistrat des Orts, da der Reichs-Tag gehalten wird; im Fall es aber keine Reichs-Stadt, (massen denn oben erwehnt, daß auch in einer andern Stadt eine Reichs-Versammlung angestellet werden könnte,) vertritt solches durch etliche Rathsherren, Syndicos und Consulenten ihres Mittels, die vorsitzende Stadt derselben Banck, wie zu Oßnabrück und Münster, Straßburg, wegen der Rheinischen gethan, und wird ebenfalls wechselsweise von gedachten beeden Bäncken eine Stadt um die andere durch das Directorium gefragt und aufgeruffen, das Protocoll mit Zuziehung derer 2. gemeinen Archivarien von Speyer und Ulm gehalten, nach geendigter Umfrage durchsehen, und daraus, wie in denen zweyen höhern Räthen, secundum majora der Schluß abgefasset.  
  3. Ob nun solcher Schluß oder Städtisches votum curiatum, für entscheidend, und eben so gültig, als jener beeden eines zu achten, davon ist vor diesem zwar viel Zanckens und Schreibens gewesen, nachdem man gesehen, welchergestalt die zweene Chur- und Fürsten-Räthe sich durch absonderlich angestellte Re- und Correlation, ungehört derer Städte, gemeiniglich bald mit einander verglichen, oder auch, im Fall einige Wiedrigkeit sich ereignet, so lange und vielmahls die Berathschlag- und Handlung wiederholet, bis sie beederseits sich eines gleichförmigen Bedenckens vereiniget, worüber sodann unnöthig ermessen worden, die Städte allererst mit ihrem einseitigen Gutachten zu vernehmen, oder dasselbe zu attendiren, dahero die meisten darvor gehalten. Die Städte wurden nur Einrathens und nicht Schliessens halber zu Reichs-Tägen erfordert, und wäre also ihr Collegial-Votum nicht Decisivum, sondern nur Consultativum, massen hiervon allenthalben Schrifften zu befinden.  
  4. Nunmehr aber ist durch den Oßnabrückischen Friedens-Schluß dieser Zweiffel klar gemacht, wenn daselbst ausdrücklich versehen, daß beedes auf allgemeinen, als besonderlichen Particular-Reichs-Versammlungen denen Reichs-Städten, weniger nicht, als andern Reichs-Ständen, Votum Decisivum zustehen solle.  
  5. Wiewohl solches mehrgedachte zwey höhere Collegia bey jüngstem Reichs-Tage nicht dahin verstehen, noch auslegen lassen wol-  
  {Sp. 228}  
  sen, daß eben der Städte Begehren nach die Re- und Correlationes zugleich und auf einmahl mit ihnen angetreten, und ihr Gutachten, ehe noch jene beede sich gegen einander genugsam vernommen, angehört, und darüber gehandelt werden sollte, sondern man hat, auf derer Städte angezogenen Rationen, und vermeynte Grunde, auch eingewandte weitläufftige Protestation für gut befunden, ihnen bey einer ihrem Ansuchen nach beliebter Conferentz zu Gemüthe zu führen, und neben dem Unterscheide zwischen denen Ständen ratione ordinis, gradus, dignitatis, etc. weitläufftig vor Augen zu stellen, wie aus berührter Disposition des J. P. und sonderlich denen Worten: non minus, quam caeteri Status etc. die begehrte simultanea Re et Correlatio mit denen zweyen höhern Collegiis nicht zu erzwingen, angesehen, solche auch schon bey denen Friedens-Handlungen verweigert worden, sie hätten aber den Effect und Würckung des erlangten Voti decisivi nichts desto weniger in dem zu geniessen, daß, wenn schon die beyde vördere Reichs-Räthe einig, dennoch dasselbe vor keinen endlichen Schluß zu achten, sondern ihr, derer Städte Votum auch anzuhören, und und da solches von denen Chur-und Fürstlichen discrepant, mit ihnen weitere Handlung zu versuchen, dafern man aber sich so dann nicht würde vergleichen können, das Städtische neben derer höhern Collegien der Römischen Kayserl. Maj. in dem Reichs-Bedencken fürzutragen wäre.  
  6. Und dieses hat, wie gedacht, bey einer sonderlichen Conferentz im Nahmen derer beyden höhern Collegien, durch deren Directoria denen Städtischen mündlich remonstriret und fürgehalten werden sollen; es ist aber bey diesem Schlusse an Seiten bemeldter Directorien nicht gelaßen, sondern an dessen statt eine sehr scharffe, auch fast auf nachtheilige Principia gegründete Anzeige, und so genannte endliche Erklärung schrifftlich aufgesetzet, und in Gegenwart aller dreyen Reichs-Collegien abgelesen worden, wie hier nächst vorgemeldter Protestation folget.  
  7. Wiewohl nun diese Remonstration ziemlich hart, auch der zwischen beyden vördern Reichs-Räthen genommenen Abrede nicht allerdings gemäß gewesen, massen denn, daß solche, ehe sie noch dem Städtischen Collegio communiciret würde, denenselben zu weiterer Examination und Erwägung zu übergeben, sonderlich von Seiten des Fürsten-Raths sehr urgiret worden: So haben doch die Städtische damahls mehr nicht, als deren ordentliche Communication, um sich darinn eigentlich zu ersehen, dieselbe an ihre Obere zu übersenden, und sich darauf ferner Instruction zu erholen, begehret, mit vorangestellter Entschuldigung, und Ableitung dessen, so ihnen darinn beygemessen werden wollen, gestalt aus hier eingeschobenem Extract zu ersehen.  
  {Sp. 229|S. 128}  
  8. Welches Begehren auch nachgehends bey unterschiedlichen Re- und Correlationen wiederholet worden, sie haben aber ein- so viel als das andermahl erlangen können, und gleichwie auch die denen beyden höhern Collegiis vorbehaltene weitere Überlegung und Correction dieser Schrifft gäntzlich ersitzend blieben, also sie sich bloß mit dem angedeuteten Modo und Effect ihres Voti decisivi noch zur Zeit vergnügen lassen müssen.  
  VII. Von Extraordinar-Deputationen auf Reichs-Tägen.  
  1. Bis hieher ist geredet worden von der Art und Weise, wie die Sachen in pleno, oder allen dreyen Reichs-Räthen vorgenommen, und die Berathschlagungen darüber gehalten werden; alldieweilen aber offtmahls wegen Menge beydes der hauptsächlichen als auch Incident-Puncten alles dergestalt abzuhandeln, gar zu schwer und langweilig fallen will, so erfordert die Nothdurfft, daß die Verrichtungen eingetheilet, und eine oder andere Materie unterschiedenen Ständen aus bemeldten dreyen Reichs-Collegiis, jedoch nach Anleitung des Instrumenti Pacis in gleicher Anzahl von beyderley Religion, auszuarbeiten, aufgetragen, und mit gewisser Instruction übergeben werden muß.  
  2. Diese Depurirte nun verfügen sich, und zwar horis succisivis etwann Nachmittage, oder sonsten zu solcher Zeit, da man in pleno nichts zu verrichten (sintemahln vor allen Dingen dahin zu sehen, damit nicht hierdurch die sämmtliche Rathgänge gehindert, und, wie jüngst geschehen, denen andern Ständen ein verdrießliches Still- u. Müßig-Sitzen verursachet werde) zu dem Ende zusammen, und wenn sie mit denen communicirten Puncten fertig, überreichen sie ihr Gutachten dem Chur- Mayntzischen Reichs-Directorio, welches dasselbe fürters in denen gesammten drey Reichs-Räthen zur Approbation und fernern Überlegung vortragen läßt.  
  3. Vermittelst solcher Extraordinar-Deputationen sind bey vorigem Reichs-Tage bald Anfangs der Fürsten und Stände monita zur Wahl-Capitulation Ferdinandi IV. zusammen getragen, nachgehends das gantze Justitz- und Cammer-Gerichts-Wesen, ingleichen die Vechtische Evacuations- Sache, so wohl was den im Friedens-Schluß Art. 8. § de indaganda etc. veranlaßten Credit-Punct betrifft, wie nicht weniger in puncto defensionis & securitatis publicae ein und das andere vorbereitlich abgehandelt, auch in puncto Restitutionis ex capite amnestiae et gravaminum, ein Anfang gemacht worden.  
  4. Ebener maßen wird bisweilen zu denen einkommenden Particular-Supplicationen, eine sonderbare Deputation, welche man den Supplication-Rath nennet, verordnet, und darbey ebenfalls zu gelegener Zeit denen Sachen ihre abhelffliche Masse geben, dergleichen bey Zuendrückung des neulichsten Reichs-  
  {Sp. 230}  
  Tags zwar vorm aber nicht zum Stande gebracht worden.  
  5. So ist auch nicht ungewöhnlich, daß, wenn ausländische Könige und Potentaten Bothschaffter und Gesandten sich bey einem Reichs-Tage angemeldet, dieselbe durch gewisse Deputirte aus denen 3 Reiche Collegiis mit ihrem Anbringen gehöret, auch darauf mit der von sämmtlichen Ständen gut befundenen und von Kayserl. Majestät approbirten Resolution versehen worden, gestalt man es denn das neulichste mahl mit dem Königl. Frantzösischen Gesandten zu Regenspurg nicht anders gehalten. Wiewohl es ihrer viele dem Reichs-Herkommen und Reputation der Stände nicht allerdings gemäß zu seyn erachtet, und dahero die Audientz in pleno vorzunehmen gerathen.  
  VIII. Von Re- und Correlationen.  
  1. Mit vorberührter Re- und Correlation har es diese Beschaffenheit, daß, wenn man über einer gewissen Materie in denen dreyen Reichs-Collegiis hat deliberiret, und zum wenigsten in denen beyden höhern mit der Umfrage zu Ende kommen, auch das Conclusum richtig abgefaßt, dasjenige, so am ersten fertig, bey dem andern deswegen Erkundigung einziehen läßt, welches von Seiten des Churfürsten-Raths durch den Chur-Mayntzischen Secretar, von dem Fürstlichen aber durch den Reichs-Quartiermeister (so dieser und anderer Fürfallenheiten halber im Fürsten-Rath aufzuwarten) zu geschehen pfleget.  
  2. Im Fall man nun beyderseits gefaßt und zur Re- und Correlation bereit, kommt man an einem absonderlich hierzu gewidmeten Orte, und gemeiniglich auf dem Saale, da die Kayserliche Proposition geschehen, zusammen; und nachdem ein jedweder seine gehörige Seßion eingenommen, referiret der Chur-Mayntzische Cantzler, im Nahmen und Gegenwart des Churfürstlichen Collegii, das über einem oder andern Punct von demselben gemachte Conclusum dem gleichfalls anwesenden gesammten Fürsten-Rathe, mit dem Anhange, daß man disseits nunmehro auch dessen Bedenckens gewärtig, und allenfalls sich darüber zu vergleichen erböthig wäre.  
  Hierauf correferiret ohne einigen Verzug gedachter Fürsten-Rath durch Österreich oder Saltzburg (nachdem bey dieser oder jener Materie einer dirigiret) sein Conclusum mit ebenmäßigem Anerbieten. Und wird so dann ferner verfahren, wie oben P I. c. 2. angedeutet, daß nehmlich die Churfürstlichen vor sich, und die Fürstlichen auch vor sich, jeder Theil alleine, zusammen treten, und die befundene Differentz überlegen. Wenn nun solches von Seiten des Fürsten-Raths geschehen, und man sich eines gewissen Sentiments auf derer Churfürsten Conclusum hinwieder unter einander vereiniget, welches dann im Circul um dem Directorial-Tisch herum vorgenommen wird, so eröffnet das  
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  Fürstliche Directorium solches denen Churfürstlichen. Diese thun dergleichen nach fernerer Unterrede gegen die Fürstlichen, und sofort an, bis beyde Theile sich entweder eines gleichförmigen Gutachtens verglichen, oder es sich anläßt, daß man gar zu keinem Vergleich würde gelangen können; worauf dann  
  3. die Städte, durch den Chur-Mayntzischen Secretar auch erfordert, und ihnen beyder höhern Collegien gesammter Schluß, oder allenfalls (so doch selten geschicht) verbliebene Differentzien von dem Chur-Mayntzischen Directorio eröffnet werden, mit Begehren, daß sie sich ihres Theils gleicher Gestalt mit ihrem Concluso vernehmen lassen möchten.  
  Dasselbe wird nun nechst vorangestellten gewöhnlichen Curialien von einem Syndico derselben Stadt, deme nebens einem Raths-Herrn zu solchem Ende die Schrancken (ausser welchen bey währendem Actu die Städtische Abgeordnete sich stehend befinden) aufgemacht werden, so balden abgelesen, und, im Fall etwas besonders darinne vorkommt, darüber ebenmäßig erstmahls von jedem Theil allein, und hernach von beyden vördern Collegiis insgesammt deliberiret, auch mit dem Städtischen deswegen weitere Handlung gepflogen, wie im vorhergehenden Capitel angezeiget worden, welches alles dann bey denen in pleno vorgenommenen Re- und Correlationen dergestalt verhandelt wird: Sintemahlen nicht ungewöhnlich, daß auch nur durch gewisse Deputirte, (siehe das folgende Capitel) oder allerseits Directoria (sonderlich in Sachen, die nicht von grosser Wichtigkeit) solche angestellt werden.  
  4. Sonsten fragt sichs hierbey, ob nicht bey ereignendem Fall, da beyde höhere Räthe sich nicht vergleichen können, die Städte durch ihre Beypflicht- und Confirmirung, mir einem von denselben, und also per majora (duarum sc. tertiarum) einen Reichs-Schluß, so viel die Stände belanget, machen solten? welches zwar nicht alleine aus obgemeldter Remonstration, sondern auch daher, daß dergestalt denen Städten ein arbitrium zum Präjuditz derer höhern Stände Hoheit und Herkommen eingeräumet würde, mit Nein zu beantworten zu seyn scheinet.  
  Alleine, gleichwie solche Schrifft von denen meisten Ständen selbst, zumahlen was dieses praesuppositum, daß nehmlich die majora unter denen drey Reichs-Collegien nicht gelten solten, betrifft, vor unrichtig gehalten worden, weilen dergestalt endlich alle Vota curiata nur pro consultativis würden zu achten seyn, zu deme auch eben so wenig ein arbitrium denen Städten disfalls zuzuschreiben, als etwann im Fürsten-Rath denen Ständen, so zuletzt votiren, und solcher massen die majora machen; also hat man nicht allein darauf mehrentheils bestanden, daß diese noch unerörterte Frage vor erst ordentlich in den Reichs-Räthen zu proponiren, und in Berathschlagung zu ziehen, sondern es ist auch unterdessen  
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  durch unterschiedliche Actus der Affirmativae nachgegangen, und von denen andern tacite beygepflichtet worden.  
  5. Wie nun dieses denen Evangelischen Ständen nicht wenig fürträglich scheinet, indem die Städte grösten Theils der Augspurgischen Confeßon zugethan, und also in denen meisten Sachen, worinnen sonsten die mehrere Stimmen von Rechts und Gewohnheit wegen, sowohl nach Anleitung des Friedens-Schlusses, gelten können, sich leichtlich mit dem Fürsten-Rathe conformiren, und also das Churfürstliche überstimmen dürffen; Also haben ohne Zweiffel deswegen neben dem Chürfürstl. Collegio Österreich und andere Römisch-Catholische Stände sich bisher so sehr darwider gelegt.  
  IX. Von Relation, oder Überbringung des Reichs-Gutachtens, an die Römisch Kayserliche Majestät.  
  1. Wessen man sich nun bey mehr gemeldter Re- und Correlation unter denen dreyen Reichs-Collegiis in einem u. andern Puncte verglichen, oder etwa gar nicht vereinigen können, (gestalten dann auch die discrepirende Collegial-Meynung, wie vorher gedacht, mit anzuführen) solches alles wird von dem Chur-Mayntzischen Reichs-Directorio in ein gesammtes Reichs-Bedencken gebracht, der Aufsatz vor erst in pleno abgelesen, vermittelst der Dictatur denen Ständen formaliter communiciret, und in der Chur-Mayntzischen Cantzley ins Reine gebracht und besiegelt, und darauf Kayserl. Majestät dem Herkommen gemäß überreichet.  
  2. Vor Alters mag zwar, auf beschehene Notification und Bitte derer Stände, wenn sie ihren Schluß dem Kayser fürtragen wollen, er selbst in den Rath sich begeben, und denselben von ihnen sämmtlich angehöret haben. Heutiges Tages aber wird es gemeiniglich also gehalten, daß Chur- Mayntz dem Kayser untertänigst anzeigen läßt, wie man von Seiten Chur-Fürsten und Stände mit einem Bedencken über N.N. gefaßt, zu Seiner Majestät allergnädigsten Gefallen stellende, ob Sie eine Zeit zu dessen Überreichung ernennen, und solches allergnädigst annehmen wollen, und geschieht so dann die Insinuation durch gewisse Deputirte.  
  3. Von welchen zu mercken, daß etliche Stände sich dessen eine geraume Zeit her gleichsam erblich angemast, dahero sie auch Ordinarii genennet werden wollen, und sind bisher gewesen aus dem Churfürsten-Rath Chur-Mayntz und Chur-Bayern, als Vorsitzende unter denen Geistlichen und Weltlichen; Aus dem Fürsten-Rath, und zwar von der geistlichen Banck, das Directorium, so in denen deliberirten Puncten präsidiret, neben noch einem geistlichen Fürsten u. einem Prälaten; Von der weltlichen Banck Bayern, und noch ein weltlicher Fürst, sammt einem Grafen; und dann aus denen Städten eine von der Rheinischen und eine von der Schwäbischen Banck.  
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  4. Dieweilen aber jetztgedachte Deputirte mehrentheils der Römisch-Catholischen Religion zugethan, und Bayern sich gedoppelt bey solcher Deputation befindet, hat man Evangelischen Theils vermöge des Frieden-Schlusses auf gleiche Anzahl der Religionen unlängst zu Regenspurg gedrungen; und ob zwar deswegen, zumahlen im Fürsten-Rathe unterschiedliche Veranlassungen geschehen, maßen denn bey der dritten ordinairen Seßion, der Schluß, so viel diesen Punct anbelanget, auf hier angeführte masse ausgefallen.  
  5. Nachdem man aber sich derentwegen nicht wohl vergleichen können, auch Käyserl. Maj. eine starcke Anzahl der Deputirten zu admittiren verdrießlich fallen wollen, ist es endlich dahin gediehen, daß das Chur-Mäyntzische Reichs-Directorium einig und allein die Reichs-Bedencken präsentirt und übergeben.  
  6. Gleichwie nun jetzterzehlter Massen entweder das Chur-Mayntzische Reichs- Directorium allein, oder mit Zuziehung der Deputirten, die Relation an Kayserl. Maj. werckstellig gemacht; also wird auch die erfolgende Kayserl. Resolution schriffltich durch den Reichs-Vice-Cantzler dahin wieder abgegeben. Und ist solche dem Reichs-Bedencken entweder bey- oder abfällig. Jenesfalls ist die Sache klar und ausgemacht; dießfalls aber wird darüber mir fernerer Consultation verfahren, die von Käyserlicher Maj. angeführte Rationes, und Bewegnissen reiflich überleget, und darauf zwischen dem Käyser und den Ständen so lange tractirt, bis man beyderseits sich eines einmüthigen Schlusses verglichen.  
  7. Sollte man sich denn gar nicht vereinigen können, sondern der Käyser auf seiner, und hinwiederum die Stände auf ihrer Meynung beruhen; solchen Falls halten etliche davor, daß nichts destoweniger derer Stände Gutachten für einen Reichs-Schluß zu schätzen, und ein Käyser dasselbe in dem Reichs-Abschiede paßiren zu lassen, und gleich andern verglichenen Puncten zu promulgiren schuldig, und keineswegs vor sich aus Käyserl. Macht und Vollkommenheit (wie man sagt) etwas wiedriges zu verordnen, befugt sey.  
  8. Gleichwie aber dieses letztere, als der Teutschen Freyheit und Reichs- Herkommen allerdings gemäß, nicht ohne; also ist hingegen jenes, als dem Herbringen und sonderlich dem gewöhnlichen Stylo derer Reichs-Abschiede schnurstracks zuwieder, gantz unerfindlich, auch der Käyserl. Hoheit und Autorität nicht weniger verkleinerlich. Bleibt derohalben nicht unbillig dergleichen unverglichener Punct ausgesetzt, und bis zu weiterm gütlichen Vernehmen verschoben.  
  9. Sonsten ist nicht ungewöhnlich, wenn die Stände unter sich selbsten in einem und anderen Puncten streitig, daß Kayserl. Maj.  
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  entweder durch Interposition dieselbe gütlich zu vergleichen Fleiß anwendet, oder auch auf derer Stände Heimstellung arbitrirt, und einen gewissen Ausschlag giebt, wiewohl es manchmahl hierbey ohne Protestiren nicht abgehet.  
  X. Von Abfaß- und Publicirung des Reichs-Abschieds.  
  1. Nachdem die in der Kayserl. Proposition enthaltene Puncte, entweder alle, oder die man der Zeit und Gelegenheit nach vor die nothwendigsten ermessen, so wohl was darneben unterweilen mit eingefallen, durch Haupt und Glieder gebührend erörtert und verglichen, werden dieselbe vom Chur-Mayntzischen Reichs-Directorio ordentlich zusammen getragen, mit gewöhnlichem Eingange und Schlusse in richtige Form eines Recesses, und zwar nach denen Formalien, der darüber ertheilt, und von Kayserl. Maj. approbirten Reichs-Gutachten gebracht, und solcher Aufsatz etlichen, beydes von dem Käyser, als auch aus denen dreyen Reichs-Collegiis, hierzu verordneten Deputirten zur nochmahligen Überleg- und Durchsehung, auch endlicher beständigen Einrichtung übergeben.  
  2. Wenn man nun also mit Durchles- und Corrigirung des Reichs-Abschieds fertig, wird solcher in der Chur-Mayntzischen Cantzley in duplo auf Pergamen ingreßirt, mit einer seidenen Schnur durchzogen, und oben an von Kayserl. Maj. oder dero Commissarien, darnach an denen beyden Enden der Schnur, und zwar zur rechten von etlichen aus denen Römisch-Catholischen, zur lincken Seiten aber von Evangelischen Churfürsten und Ständen, oder dero Gesandten ebenmäßig, in gleicher Anzahl, nunmehr nach dem Frledenschluß gesiegelt, wie aus der bey offt erwehntem jüngsten Reichs- Abschiede gehaltenen Ordnung zu sehen.  
  3. Bey welcher Besiegelung zu mercken, daß solche nur vor dißmahl dergestalt verglichen worden, darbey aber, gleich mit der neuen Deputation circa relationem ad Caesarem geschehen, verabredet, daß ins künfftige an statt deren jetzo aufs neue darzu genommenen, auch andere Stände Abwechselungs-Weise dergleichen verrichten solten.  
  4. Es werden auch überdiß aller und jeder, so wohl anwesenden Churfürsten und Stände, als auch dero Abwesenden erschienener Räthe, Bothschafften und Gesandten Nahmen ordentlich darunter gezeichnet, über solch Verzeichniß oder Subscription aber vorhero in einem jeden Reichs-Collegio, so viel dasselbe betrifft, Umfrage gehalten, und was ein oder anderer dabey zu erinnern, vernommen, da es dann zwar an vielfältigem Pro- und Reprotestiren, Contradiciren und Reserviren nicht ermangelt; jedoch, damit keiner Ursache haben möge, entweder auf  
  {Sp. 235|S. 131}  
  solche Unterschrifft allzusehr zu bauen, oder dargegen sich zu beschweren, so wird deswegen, wie auch sonsten, der Seßions-Streitigkeit halber, eine besondere Clausel, de non praejudicando, dem Reichs-Abschiede mit einverleibet.  
  5. Hierauf lässet der Käyser denen Ständen, wiederum an einem gewissen Orte, und zwar gemeiniglich, wo Anfangs die Proposition geschehen, zusammen zu kommen, ansagen, und mit gleichförmigen Solennitäten den Reichs-Abschied in seiner und derer Stände Gegenwart durch den Chur-Mayntzischen Cantzler von Worten zu Worten ablesen, auch nach vollbrachter sothanen Publication, vermittelst der Dictatur, denen Ständen Abschrifft davon mittheilen.  
  6. Und gleichwie demselben Kayserl. Maj. so wohl, als Churfürsten und Stände des Reichs, nachzuleben verbunden; also wird eins von denen doppelt verfertigten Originalien der Reichs- Hof, das andere aber der Chur-Mayntzischen Ertz-Cantzley insinuiret, und daselbst zum Acten gebracht, den Kayserlichen und des Reichs-Cammergericht zu Speyer aber davon eine beglaubte Abschrifft, um sich im sententioniren darnach allerdings zu achten, von Mayntz aus unverzüglich zugesendet.  
  7. Wormit also der Reichs-Tag seine Endschafft gewinnet, und ziehet ein jeder seiner Wege nach eigenem Belieben wiederum von dannen.  
  8. Folget Schreiben wegen derer Puncten, so bey Verlesung des Reichs-Abschieds den 7. und 17. May 1654. annotirt worden, daß sie der Abrede nicht gemäß, und daher entweder auszulassen, oder einer Änderung von nöthen.  

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Stand: 7. Oktober 2016 © Hans-Walter Pries