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Zedler: Teutsche Staats-Verfassung [4] HIS-Data
5028-43-202-4-04
Titel: Teutsche Staats-Verfassung [4]
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 43 Sp. 202
Jahr: 1745
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 43 S. 131
Vorheriger Artikel: Teutsche Staats-Verfassung [3]
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  Text  
  Im dritten Stück, von denen auf Reichs-Täge gehörigen Sachen, auch was bey nächst verwichenem Reichs-Tage nothwendig abgehandelt werden sollen. Cap.  
  I. Was vermöge des Frieden-Schlusses vor gesammte Stände gehöre.
  1. Nachdem bishero von derer Reichs-Täge Anfang, Fort- und Ausgang der Nothdurfft nachgehandelt, darbey aber annoch von denen Sachen, welche dahin gehörig, insonderheit keine Meldung gethan worden; so will vonnöthen seyn, daß darvon nicht weniger ausführlicher Bericht geschehe.  
  2. Dieselbe betreffen nun des Heil Römischen Reichs Wohlfahrt entweder in geistlichen, oder weltlichen Dingen, zu Kriegs- oder Friedens-Zeiten, und hat darinnen ein Käyser ohne gesammter Stände Vorwissen, Rath und Einwilligung, nichts vorzunehmen, noch werckstellig zu machen.  
  3. Massen denn solches zu Wiederbring- und Befestigung der uralten löblichen Harmonie des Heil. Reichs, nachdem dieselbe eine geraume Zeit fast gar ausser Augen gesetzt gewesen, im Westphälischen Friedensschlus-  
  {Sp. 236}  
  se von neuem heilsamlich versehen, als woselbst so wohl insgemein die ausdrückliche Verordnung, daß die Stände ohne einige Wiederrede sich zu erfreuen haben sollen ihres Juris suffragii bey allen Reichs-Berathschlagungen, so über Reichs-Sachen angestellet werden, als auch darneben.  
  4. Unterschiedliche wichtige Fälle absonderlich specificirt zu befinden, in allen welchen, wie auch andern dergleichen, ohne der gesammten Reichs-Stände vorhergehenden auf einem Reichs-Tage gemachten Schlusse freyen Rath und Bewilligung, nichts beständiges geschehen, noch fürgehen kan, nehmlichen  
  1. Wenn Gesetze und Ordnungen aufs neue zu geben und einzuführen, oder alte zu erläutern;  
  2. Krieg anzufangen;  
  3. Steuren anzusetzen;  
  4. Muster-Plätze oder Einquartirung einiger Kriegs-Völcker auszuschreiben und zu machen;  
  5. Neue Festungen innerhalb eines oder des andern Standes Landen, dem gemeinen Wesen zu gute aufzubauen, oder die alten mit Besatzungen zu verwahren;  
  6. Friede, oder Bündnisse zu machen;  
  7. Die auf allgemeinen und andern Reichs-Conventen eingerissene Mängel und Unordnungen abzuthun;  
  8. Ein Römischer König bey Lebzeiten eine Käysers zu erwählen;  
  9. Eine gewisse und beständige Käyserliche Capitulation zu verfassen.  
  10. Ein oder andern Stand in die Acht zu erklären;  
  11. Die Reichs-Kreise zu ergäntzen die Reichs-Matricul zu erneuern;  
  12. Ausgezogene Stände wieder herbey zu bringen.  
  13. Die Reichs-Anlagen zu moderiren oder gar zu erlassen;  
  14. Die Policey und Justitz-Wesen zu recht zu bringen;  
  15. Die Taxe der Sportulen am Kayserlichen Cammer-Gerichte zu mäßigen;  
  16. Die Reichs-Ordinar-Deputation in andern Stand zu bringen;  
  17. Das Amt der Directorn in denen dreyen Reichs-Collegiis in gewisse Limites einzuschrencken;  
  18. Wegen der durchs Kriegs-Wesen verdorbenen Schuldner billigmaßige Verordnung zu thun, und dergleichen etc.  
  5. Unter welchen in specie benamten Puncten, deren ein und ander schon in dem 1. potestatem legislatoriam betreffende, enthalten, die letztern 12 nebens noch andern hin und wieder im J. P. befindlichen, (als da sind:  
  {Sp. 237|S. 132}  
  a) Von Gültigkeit derer mehrern Stimmen in materia collectarum wegen der Stadt Donawerth.  
  b) Versetzung des Kayserl. Cammer-Gerichts an einen andern Ort im Reich.  
  c) Gleichheit der Cammer-Gerichts-Personen von beyderley Religion.  
  d) Aufhebung des Hof-Gerichts zu Rotweil und der Land-Gerichte in Schwaben.  
  e) Visitation des Kayserlichen Reichs-Hof-Raths.  
  f) Erledigung der Jülichischen Succeßions-Sache.  
  g) Reformation des Müntzwesens.  
  h) Authentisirung des mit Franckreich geschlossenen Friedens, etc.  
  Auf den von selbiger Zeit an, nächstfolgenden, auch darauf im Jahre 1653 und 1654 gehaltenen Reichs-Tag insonderheit verwiesen worden.  
  ll. In was vor Ordnung die proponirten Puncte nach einander vorzunehmen, auch wie es disfalls noch jüngsthin gehalten worden.  
  1. De modo, auf was Art und Weise nehmlich die Reichs-Berathschlagungen vorzunehmen, ist oben zur Gnüge geredet; de ordine aber, und von welcher Sache zuerst oder letzt zu handeln sey, gleichfalls Meldung zu thun, soweit versparet worden.  
  2. Dieses nun beruhet vornehmlich auf Erörterung der Frage; Ob Chur-Fürsten und Stände nothwendig eben die Ordnung der Materien zu halten, welche ein Kayser in der Reichs-Tags- Proposition gesetzt, oder ob sie nicht gestalten Sachen und befundener Nothdurfft nach eine Sache vor der andern in Deliberation zu ziehen und zum Schlusse zu bringen befugt?  
  3. Das erste will nicht allein aus unterschiedlichen Reichs-Abschieden erscheinen, sondern es geben auch die Reichs-Tags-Acten von 1608 was Gestalt man dazumahlen an Kayserl. Seiten sich auf das Herkommen disfalls beruffen, und vor unförmlich erachtet, wann die Chur-Fürsten einmahl ihren Consens in gewisser Form von sich gegeben, auch sich, zu Anhörung und Berathschlagung der Proposition, die Ihrigen abzuschicken erboten, und dem Kayser nicht frey gelassen werden solle, auf was Masse er seine und des Reichs Nothwendigkeit zu berathschlagen, vorzustellen nützlich befinde.  
  4. Gleichwie aber die angezogene Reichs-Abschiede von keiner nothwendigen Schuldigkeit, sondern bloß von sämmtlicher Stände Gutbefinden, und selbsteigener Bewilligung zu verstehen; Also ist es auch An. 1608 ohne Wiedersprechen nicht abgangen, indem man anderntheils remonstrirt, es wäre etwas ungewöhnlich, und der Teutschen Freyheit, auch  
  {Sp. 238}  
  derer Churfürsten Autorität zuentgegen, wann denen Ständen gleichsam per viam praecepti Masse gegeben werden wolte, wie sie bey allgemeinen Reichs-Versammlungen den modum procedendi vornehmen solten.  
  Das Herkommen  
  a) Belangend, würde sich aus vielen Reichs-Abschieden befinden, daß man ordinem Propositionis nicht allemahl gehalten.  
  b) Wäre vergeblich, sonderbare Rathgänge über den modum und ordinem procedendi zu halten.  
  c) Gienge der Churfürstliche Consens einig und allein auf die Bewilligung des Reichs-Tags an sich selbsten.  
  5. Sind die bey den jüngsten Regenspurgischen Reichs-Tage in der Kayserl. Proposition enthaltene Puncte:  
  1. Die Befestigung des Friedens.  
  a) Zwischen Haupt und Gliedern.  
  b) Denen Gliedern unter sich selbsten, und  
  c) Mit den auswärtigen Cronen.  
  2. Wie dasjenige, was nach Inhalt des Friedens-Schlusses etwan zu vollziehen hinterstellig, gebühren exequirt, und  
  3. Denen auf solchen Reichs-Tag insonderheit verwiesenen Sachen abgeholffen werden möchte gewesen, und haben Churfürsten und Stände kein Bedencken getragen, es bey dieser wohlbedachten Ordnung damahls bewenden zu lassen. Und wäre wohl zu wünschen gewesen, daß nach solchem allerdings beliebten unbeweglichen Grunde die capita deliberanda nicht gerichtet und eingetheilet, sondern auch nachgehends darauf die Rathgänge unausgesetzt angestellet worden wären:  
  6. Allein man hat gesehen, wie dessen ohngeacht die Materien confus angegriffen, bald aus dem andern bald aus dem dritten membro, etwas, so doch nicht von sonderbarer Wichtigkeit, ja gantz unnöthige, und denen Ständen sehr beschwerliche Händel vorgezogen, hingegen das Hauptwerck bis zu allerletzt verschoben worden.  
  7. Ist aus der im Chur-Fürstlichen Collegio damahls vor würcklichem Anfang der Reichs-Handlungen abgefasten Wahl-Capitulation des Römischen Königs Ferdinandi IV. zu ersehen gewesen, was Gestalt, solcher klaren Regel zuwieder, die Chur-Fürsten ihnen neben einem Kayser potissima Jura Statuum privative arrogirt, und die vorige Neuerung, welche zu dem unseligen langwierigen Kriege die grösseste Ursache gegeben, wieder einführen wollen. Wäre nothwendig solche Capitulation, zu allererst fürzunehmen, und mit angezogenem Artic. 8. des Instr. Pacis zu conferiren gewesen, um so wohl zu erwegen, ob und wie weit die Jura  
  {Sp. 239|S. 133}  
  derer sämmtlichen Fürsten und Stände darbey in Acht genommen, als auch dieselbe zur gewissen und beständigen Form nach Anleitung des Friedens-Schlusses einzurichten.  
  III. Von der Kayserl. Wahl-Capitulation, und deren Abfassung.  
  1. Haben die Teutschen Fürsten, als sie nach Abgang des Geschlechts Caroli M. die freye Wahl ergriffen, und zum Kayserthum aus ihrem Mittel eine Person, welche sie gewolt, erkieset, dem Erwählten zugleich gewisse Conditiones , worauf er sich gegen das Reich, bey Antritt des Kayserthums, eydlich verpflichten müssen, vorgeschrieben.  
  2. Solche auch nach und nach, wie etwan die Umstände bey einem oder andern Subjecto gegeben, vermehret, und endlich zu Caroli V. Zeiten, bey dem man sich einer anmassenden Monarchie mehr, als sonsten, befürchtet, auf jetzige Art und Form eingerichtet, und von denen unterschiedlichen Puncten und Capiteln, worüber mit einem künfftigen Kayser zu handeln oder zu capituliren, Capitulation genennet.  
  3. Solche Capitulation nun, wann sie nach dem uralten Reichs-Herkommen eingerichtet, ist ipsa norma et forma regiminis ac status in Imperio, worauf das rechte Band zwischen Haupt und Gliedern beruhet, und dardurch ein rechter unbeweglicher Grund gelegt wird, zu Vermisch- und Mäßigung beydes der Gewalt, als auch der Freyheit.  
  4. Dahero denn als man in vorigen Jahren wahrgenonnnen, daß von denen Chur- Fürsten, bey der ihnen publica et speciali lege A. B. mit Bewilligung gesammter Fürsten und Stände anvertrauten Kayserl. Wahl, auch die Capitulation, und zwar fast ohne einig Absehen auf die übrigen Stände, ihres Gefallens gemacht, deren Jura darinnen merklich beschnitten, und also die mit der Monarchie vermischte Aristocratie des Teutschen Freyen-Reichs in eine Oligarchie verwandelt werden wollen, nicht allein die Reichs-Stände selbst, sondern auch die benachbarte Cronen, auf solche zu gäntzlicher Zerrüttung des Reichs ausgehende Veränderung ein sorgfältig Auge geschlagen, und endlich bey den Westphälischen Friedens-Tractaten es dahin gebracht, daß auf nächstfolgendem ersten Reichs-Tage unter andern von der Wahl eines Römischen Königs zu handeln, wie nicht weniger eine gewisse und beständige Kayserliche Capitulation mit gesammter Chur-Fürsten und Stände Rath und Bewilligung zu verfassen, geschlossen worden.  
  5. Da es aber zu gedachtem Reichs-Tag kommen, hat man solches Chur-Fürstlichen Theils für einen Eingriff in ihre Präeminentz  
  {Sp. 240}  
  und hergebracht Wahl-Gerechtigkeit (welche doch stricti Juris, und auf non translata keineswegs zu extendiren) aufnehmen, auch berührte Disposition des Instrumenti Pacis gantz anders auslegen wollen, sich darneben des Vortheils bey der verschobenen Reichs-Tags-Proposition bedienet, und mit der Wahl des Römischen Königs fürgeeilet.  
  6. Welches als es Fürsten und Stande zeitlich gemercket, haben sie darauf gedrungen, daß man den Wahl- und Capitulations-Punct noch vorhero bey denen ohne das angestellten Extraordinar-Berathschlagungen in allen drey Reichs-Collegiis vornehmen, und dem Friedens-Schlusse hierinnen eine Gnüge thun solte.  
  7. Allein das Chur-Fürstliche Collegium ist hierzu nicht zu vermogen gewesen; sondern, ob es wohl endlich gestanden, daß die Wahl und Capitulation causae indecisae, und auf den Reichs-Tag gehörig wären, so ist es doch gäntzlich dabey verblieben, daß erst nach der Proposition mit gesammter Stände Bewilligung suo loco et ordine darüber zu deliberiren; inzwischen versähen sich die Herren Chur-Fürsten, daß man ihnen wieder die Güldene Bulle an ihrem wohlhergebrachten Rechte und viel hundertjähriger Observantz keinen Eingriff thun, noch derselben wohl bedächtiges Vorhaben mit jetztbevorstehender und allbereit ausgeschriebener Wahl zu unterbrechen gemeynet seyn würde.  
  Hätten aber Fürsten und Stände irgend eine oder andere nützliche Erinnerung bey der Capitulation zu thun, könnte das Chur-Fürstliche Collegium wohl leiden, daß man solche einbrächte, und wolte, dafern sie denen Reichs-Fundamental-Satzungen und alten Herbringen gemäß, dieselbe zu beobachten keineswegs unterlassen.  
  8. Dieses Erbieten hat man von Seiten Fürsten und Stände, jedoch mit dem Bedinge, daß die monita cum pleno Jure suffragii geschehen sollen, gestalten Sachen nach acceptirt, dieselbe zusammen getragen, und dem Chur-Fürstlichen Collegio durch 4 Deputirte von beyden Bäncken des Fürsten Raths, in vim suffragii überreicht.  
  9. Wiewohl nun zwar dasselbe nicht wenig, massen aus Collationirung deren beeden Capitulationen Ferdinandi III. und IV. zu sehen, hiervon attendirt; so ist doch das allerwichtigste, und woran Fürsten und Ständen am meist und höchsten gelegen, wie kurtz vorher gedacht, übergangen worden.  
  10. Dannenhero, und zu mahlen, weilen gleichwohl besagte neue Capitulation restringirt, was bey solchem Reichs-Tage noch weiter geschlossen werden möchte, ermeldte Stände, son-  
  {Sp. 241|S. 134}  
  derlich Evangel. Theils, nachgehends fast bey allen Zusammenkünfften Anregung gethan, daß man dieselbe, als eine in den 1 Artickel des 1 Puncts der Kayserlichen Proposition gehörige Materie vor andern zur Hand nehmen und durchgehen solle, welches auch Zweiffels ohne endlich noch geschehen wäre, wenn nicht des Österreichischen Directorii circa modum tractandi bereits oben P. II. cap. 5. circa fin. erwehnte unerhörte Wiedersetzlichkeit solches dermassen gehindert und zurück gezogen, daß dieser Punct, nebens andern höchst importirenden Sachen, ad prorogata Comitia verworffen worden.  
  11. Wie ordentlich aber man disfals procedirt und verfahren; so glücklich ist es auch damit abgangen, indem nicht allein wenig Monat hernach der erwehlte Römische König Todes verfahren, und dadurch zugleich die gestrittene Capitulation wiederum verloschen, sondern auch folgends gar der casus Interregni, zu dessen Verhütung man vorhin so sehr, und hindan gesetzt aller andern Reichs-Angelegenheiten, mit der Wahl des Römischen Königs geeilet, durch ebenmäßiges Absterben Kaysers Ferdinandi III. sich begeben, und dadurch bis ins andere Jahr aus bekannten Ursachen verblieben.  
  12. Hierauf hat man nach ausgeschriebener neuen Wahl gen Franckfurt am Mayn, vor zwey Jahren, das vorige Lied abermahl anstimmen, und weilen der Zeit zu einer allgemeinen Reichs-Versammlung nicht zu gelangen seyn wolte, wegen sämmtlicher Fürsten und Stände durch die dazumahl allda subsistirenden Deputirte der Sachen Nothdurfft hierunter beobachten lassen, und zwar durch Abfaß- und Übergebung ebenmäßiger Erinnerungen. Welche gleichwie sie nach der Ordnung derer in voriger Capitulation Ferdinandi IV, befindlichen Artickeln eingerichtet, also um desto besser mit derselben, und jetziger neuen zu conferiren, hieher gesetzet worden.  
  13. Folgen Monita communia (so wohl Römisch-Catholischer, als Evangelischer Fürsten und Stände) ad Capitulationem futuram , exhibita Electori Mogunt. 17. 27. Apr 1658. Monita Particularia derer Evangelischen Fürsten und Stände, Monita Particularia derer Römisch-Catholischen Fürsten und Stände.  
  14. Ob nun zwar Fürsten und Stände verhofft, es würden solche zu Erhaltung ihrer Rechten und Gerechtigkeiten, auch künfftiger beständigen Capitulation Facilitirung angesehene, sammt und sonderbare Erinnerungen von dem Churfürstlichen Collegio besser, als vor diesem, beobachtet werden; so hat sich doch aus Verlesung der im Druck gegebenen Wahl-Capitulation der (jetzt regierenden) Römischen Kayserl. Majest. Leopoldi das Widerspiel, ja, daß in denen trifftigsten und vornehmsten Puncten, die Harmonie des Reichs und Jura Statuum, be-  
  {Sp. 242}  
  vorab aber die allgemeine Sicherheit, Jura Foederum, Belli, Pacis, etc. betreffende, nach Ausweis des 10. 12. 13. 16. Artickels dieselbe noch viel nachtheiliger und gefährlicher, als in der vorigen, eingerichtet worden, derowegen obgedachte Deputirte der unumgänglichen Nothdurfft zu seyn ermessen, darwider feyerlich zu protestiren, und gesammter Fürsten und Stände Befugniß auf nächstkünfftigen prorogirten Reichs-Tag disfals ausdrücklichen vorzubehalten, wie ob der bey dem Chur-Mayntzischen Reichs-Directorio von ihnen eingegebenen hier beygefügten Contradiction und Verwahrungs-Schrifft mit mehrerm zu ersehen.  
  IV. Von denen auf Reichs-Tägen sich ereignenden Mängeln, und deren Abhelffung.  
  1. Alldieweil, wie bishero öffters angeführt, und in mehrberührtem Instrumento pacis d. l. gantz klärlich ausgedruckt, die deliberationes de summa Rei, de bello et pace etc. vor gesammte Stände gehörig, und ausser öffentlichen Reichs-Tägen darvon nichts, (es sey dann was circa modum belli, und sonsten vermöge derer Reichs-Constitutionen denen Kreisen zuständig) mit Bestand verordnet werden kan; So folget nothwendig hieraus, was bereits oben P. I. c. 3. von öffterer Haltung derer Reichs- Täge gemeldet worden.  
  2. Damit aber nun solches mit Nutzen, auch ohne Hinderniß und vergebliche Zeit- und Geldspiltung, geschehen möge; ist höchst vonnöthen, daß die von Zeiten zu Zeiten eingerissene Defectus Comitiorum wieder abgethan und emendirt werden. Sintemahlen. wenn die Stände bey denen ausgeschriebenen Reichs-Conventen so lange und ohne Nutzen sich aushalten müssen, verzehren dieselbe vergebens ihr Geld, die Mittel zu gäntzlicher Auswartung derer Deliberationen zerrinnen ihnen unter den Händen; Sie werden des Dings müde und überdrüßig, und ziehen also entweder aus Mangel behufiger Spesen, oder aus Unwillen und Verdruß davon.  
  3. Demnach hätte man billig bey jüngstem Reichs-Tage dem Friedensschluß auch disfals eine Gnüge thun, und nächst der Wahl-Capitulation, als woraus das Fundament quoad Jura Comitiorum an sich selbsten zunehmen, zuförderst, (imprimis stehet im Text) solchen Punct de Defectibus Comitiorum denen Ständen zur Berathschlag- und Erörterung fürtragen lassen sollen, gestalten man dererseits in Zusammentragung unterschiedlicher hierbey zu bedencken stehenden Erinnerungen begriffen gewesen, worunter, nächst dem was bereits oben an einem und andern Orte berührt worden, nachfolgende zu mercken:  
  a) Daß bey der ersten gewöhnlichen Consultation de modo et ordine deliberandi, zugleich die Abtheilung derer mit einlauffenden und verwandten Materien fein genau zu machen, und dem modo tractandi mir einzuverleiben.  
  {Sp. 243|S. 135}  
  b) Ein Supplications-Rath zu bestellen, und darzu gewisse Stände, ausser der sonst in Comitiis gebräuchlichen Ordinari-Deputation zu benennen.  
  c) Dem in allen drey Reichs-Räthen für gut befundenen auch von Kayserl. Maj. approbirten Concluso circa modum et ordinem sträcklich nachzugehen, nichts anders einzumischen, noch sonst die Ordnung umzukehren, oder zu verändern, es geschehe denn mit gesammter Reichs-Stände anderweitigem einhelligen Schulsse und Bewilligung.  
  d) Externa und privata (ausgenommen was im Supplication-Rath zu expediren) müßten bis nach Erledigung derer in der Proposition enthaltenen Puncten verschoben werden.  
  e) Die zum Rathgang beniemte Stunde solte man präcise halten, und zum längsten in einer halben Stunde darauf anfangen.  
  f) In denen einmahl proponirten Sachen ohne Unterbrechung bis zu Ende verfahren.  
  g) Kein Kayserlicher Geheimder-Rath solte dirigiren.  
  h) Das Directorium müste die Sache, so zu proponiren, nicht zu genera!, sondern fein eigentlich und mit allen Umständen fürtragen. Hingegen  
  i) Auch die Vota darauf präcise gerichtet, und keine Digressiones gemacht, sondern, da man darüber noch etwas zu erinnern, solches zuletzt angehengt werden.  
  k) Im votiren sich der Kürtze zubefleißigen, und derohalben die Protestationes bey der ersten Seßion ein für allemahl ablegen, auch so weit man mit einem vorstimmenden einig, sich bloß auf desselben Votum zu beziehen.  
  l) Wer bey einer Sache in particulari intereßirt, solle abtreten, und vorhero seiner Sachen Information übergeben.  
  m) Auf ein Expediens zu gedencken, wenn mit andern Materien eine solche Particular-Sache ob connexitatem mit einfällt, und dem Interessenten wegen der Hauptsache die Abtretung nicht zuzumuthen seyn will, wie neulich in puncto Justitiae mit Österreich und Bamberg sich zugetragen.  
  n) Der Personalien im votiren sich gegen einander zu enthalten, und die Nothdurfft mit Glimpff und Bescheidenheit zu repräsentiren.  
  o) Auch hätten sich des Votirens zu enthalten, die entweder zu einer Sachen nichts geben, als in Materia Collectarum die eximirte, oder die daraus Nutzen oder Schaden zugewarten, z. E. Österreich und Burgund in materia Capitulationis; Catholici in causa Evangelicorum, et contra.  
  p) Zu Verhütung Verdachts soll kein Gesandter mehr als 2 Vota vertreten, ausser, wenn es seinen eigenen Herrn Principaln, oder dessen gesammtes Hauß betrifft.  
  {Sp. 244}  
  q) Viel weniger einer von der geistlichen Banck ein Votum auf der weltlichen führen, et vice versa.  
  r) So solle auch keinem Agenten im Reichs-Rathe zu votiren verstattet werden.  
  s) Wegen der Protocollisten eine gewisse Ordnung zu machen, welche zu admittiren und nicht; und solchen Falls die Protocolle denen andern zu communiciren.  
  t) Particular-Erinnerungen, so in einem oder andern Voto zum gemeinen Besten gethan, aber von denen übrigen tacite übergangen worden, sollen von dem Directorio für sich nicht in das Conclusum, sondern vorerst in eine absonderliche Umfrage gebracht werden.  
  u) Wenn aber bey dergleichen Particular-Erinnerungen die Röm. Cathol. und Evangelischen Stände entweder einmüthig, oder per majora in zwey Theile sich scheiden, dürffte es keiner weitern Umfrage, sondern das Directorium wäre schuldig, solches cum clausula solita, in das Conclusum zu setzen.  
  x) Das abgefaßte Conclusum deutlich und langsam abzulesen, und da dabey Erinnerungen dem Protocoll gemäß gethan werden, solche so bald darzu zu bringen.  
  y) Die Directoria sollen sich keineswegs unterstehen, wenn etwa die Majora wieder ihr Votum und Gutdüncken ausfallen, das Conclusum zu difficultiren, oder wohl gar zurück zu halten, wie ehemahls Österreich in Puncto Capitulationis gethan, (siehe oben P. II. c. 5.) jedoch hat man vielweniger etwas ex praesupposito concluso, ohne vorhergehende Erörterung desselben, anzuordnen, dergleichen mit Introduction der neuen Fürsten geschehen.  
  z) Die Re-und Correlation wäre regulariter in pleno, und entweder so bald nach geendigter Seßion, oder doch noch selbigen Tages mit denen andern Collegiis fürzunehmen. Worzu denn  
  aa) Ein jedwedes sich vor der insgemein angesagten Stunde gefaßt zu halten, damit keines vergeblich auf das andere warten müsse.  
  bb) Nach geschlossener Re- und Correlation soll das Reichs-Directorium den Aufsatz des Reichs- Gutachtens unverzüglich fertigen, und nächsten Tages wieder in pleno ablesen, damit es zum längsten binnen 3 oder 4 Tagen Caesari per Depp. könne insinuiret werden,  
  cc) Daß das Reichs-Directorium den Reichs-Abschied mit sonderbarem Fleisse von Puncten zu Puncten nach den Formalien der darüber vorhin abgefaßten, und vom Kayser approbirten Reichs- Gutachten, einrichten, auch vorhero in alle 3 Reichs-Räthe absonderlich, zu überlesen und zu erwegen, übergeben müste, wie denn auch  
  dd) In deren Beyseyn publice die Subscription zu verrichten.  
  ee) Alle bey dem Chur-Mayntzischen Reichs-Directorio eingegebene Schrifften und Sachen, sollen ohne Unterscheid und Ansehen der Person zur Dictatur, und fürters vor  
  {Sp. 245|S. 136}  
  die Reichs- oder Supplications-Räthe gebracht werden.  
  ff) Sonderlich aber die gemachte Reichs-Gutachten, Kayserl. Resolutiones, oder was sonsten principaliter zu denen Reichs-Deliberationen gehörig.  
  gg) In Fällen, da Chur-Mayntz nicht fort will, oder allzusehr intereßirt, hätte Chur-Trier die Dictatur anzustellen.  
  hh) So seye auch auf den Dictatorem Acht zu haben, damit er nicht seines Gefallens, einem oder andern zu Liebe, etwas ohne Befehle vornehme, und die anbefohlene nöthige Sachen liegen lasse.  
  V. Von Reformation des Justitzwesens. Item: Achts-Erklärung der Reichs-Stände.  
  1. Das Justitien-Werck bestehet mit wenig Worten darinn, daß nach dem unläugbaren Herkommen, so wohl bey dem Kayserl. Hofe, als dem Cammer-Gericht zu Speyer, zwar im Nahmen des Kaysers das Recht gegeben, das ist, rechtliche Erkänntniß angestellet, und nach denen beschriebenen gemeinen Cammer-Gerichts- und Reichs-Hofraths-Satze und Ordnungen gesprochen wird. Solche Satzungen aber, wornach der Spruch geschicht, und der Proceß anzustellen ist, werden von dem Kayser und Reichs-Ständen insgesammt gemacht und aufgerichtet; die ergangene Urthel anders nicht, denn nach Inhalt der Executions-Ordnung, vollstrecket.  
  2. Und ist demnach ein anderer, der in rechthängigen Sachen erkennet, und urtheilet, ein anderer, der das Urtheil vollstrecket.  
  3. Hierinne nun ist zwar, besage jüngsten Reichs-Abschieds, was die Reformation und Wiederaufrichtung der bey dem Cammer-Gericht fast gäntzlich zerfallenen Justitz anlangt, von Churfürsten und Ständen, nach Möglichkeit, und so viel auf einmahl und in Eil, bey der disfalls vor ein paar hundert Jahren her eingerissenen Unordnung sich thun lassen wollen, gewisse Versehung geschehen, nach dem Exempel verständiger Medicorum, welche, ob ihnen wohl beydes causa morbi, als auch das eigentliche Remedium, wohl bekannt, jedennoch, wenn sie befinden, daß des Krancken Constitution die Haupt-Artzney nicht zulassen wolle, sich der curae palliativae so lange gebrauchen, bis solch Haupt-Remedium, sicherlich applicirt werden könne.  
  4. Gleichwie aber die Erfahrung gnugsam bezeuget, daß der Harmonie des Heil. Röm. Reichs, und einem jeden Stande insonderheit nicht weniger, sondern fast mehr, an rechter Bestell- und Fassung des Kayserlichen Reichs-Hof-Raths, als erwehnten Cammer-Gerichts, gelegen;  
  5. Also wäre höchstnöthig gewesen, auch hierüber behörige Deliberationes anzustellen, und die bey allen Judiciis erfordernde drey Hauptstücke, als nehmlich:  
  a) Personas Judicum,  
  {Sp. 246}  
  b) Modum procedendi, und
  c) Causas aut personas judicio subjectas, in genaue Obacht zu nehmen. Zumahlen es aber dahin zu richten, daß vermöge Friedenschlusses die Gleichheit von beyderley Religionen, und zwar nicht mentaliter oder per fictionem quandam, sondern realiter und quoad numerum personarum, eingeführt.  
  6. Die Reichs-Hofräthe nicht nur aus denen Kayserl. Erblanden gewählet, sondern auch denen Reichs-Creysen präsentiret und vorgeschlagen, auch alle und jede, weil sie in Reichs- Händeln zu sprechen, dem Reiche vereydet werden solten, deren Qualitäten an Erudition und Erfahrenheit dergestalt beschaffen, daß sie denen Sachen gewachsen, und ihrem so wichtigen Amt mit Nutz und Ruhm vorseyn könnten, wie man denn auch hierbey nicht auf hohen Stand und Reichthum (als welches einer Oligarchie ähnlich) noch auf fremde, die dem Hause Österreich anhängig (weiln solches auf einen Monarchischen Staat hinaus läufft) sondern vielmehr auf gelehrte, wohlerzogene, und tugendhaffte (welches alles Aristocratisch) sowohl Teutsche, Freye, und niemanden, als dem Heil. Reich, verpflichtete Leute, zusehen.  
  7. Ingleichen, daß die Reichs-Hofräthe allezeit zur Stelle und sonderlich, wenn Decrete, Bescheide oder Urtheil, abzufassen, die Röm. Catholische und Evangelische allezeit beysammen seyn sollen, sintemahl man öffters erfahren, aufn Fall etwas wieder einen oder andern A. C. Verwandten sententioniret werden wollen, daß so dann die Evangelischen Assessores auf Commißiones geschickt, und also in deren Abwesenheit die Urthel gesprochen worden.  
  8. So hätte man auch billig dasjenige, was im J. P. von des Reichs-Hofraths Visitation zu beobachten, auf solchen Reichstag verwiesen worden, zum Stande bringen, und dahin einrichten sollen, daß Chur-Mayntz berührte Visitation nicht zwar vor sich allein, sondern mit Zuziehung etlicher Evangelischer, werckstellig zu machen. Allein man ist einen Weg, als den andern, nur in terminis reformationis Camerae Spirensis bestanden, ausser was mit gar wenigem wegen Observirung der ersten Instantze und Austräge im Reichs-Abschiede auch auf den Reichs-Hofrath extendiret, zu sehen.  
  9. Es hat zwar die vorige Röm. Kayserl. Maj. damahls in dero Nahmen eine Reichs- Hofraths-Ordnung durch den Druck publiciren, und als die Stände derselben förmliche Communication zu behöriger Durchsehung begehrt, sich gegen sie dahin vernehmen lassen, daß darinnen alles gebührend in Acht genommen worden, welches man von Seiten derer Stände mit Danck acceptiret, und um so vielmehr und inständiger dieselbe vor die gesammte Reichs-Collegia bringen zu lassen, erinnert. Ist aber gäntzlich nach- und neben andern hochwichtigen Puncten gleichfalls bis  
  {Sp. 247|S. 137}  
  auf den nachfolgenden prorogirten Reichstag verschoben geblieben.  
  10. Die Achts-Erklärung, welche nicht unfüglich zum puncto Justitiae gezogen wird, anreichend, und zwar diejenige, wormit wieder einen Churfürsten und Stand des Reichs, begangenen Friedenbruchs, oder anderer öffentlichen Unthaten halber, zu verfahren (denn was das Bannum contumaciae betrifft, ist davon in denen Reichs-Constitutionen gute Versehung geschehen, und darin dem Cameral-Stylo billig nachzugehen) so erscheinet aus denen Teutschen Historien, wie auch Reichs- Abschieden hin und wieder, daß, ausser was Carolus V, Rudolphus II, und Ferdinandus II, sich unterstanden, niemahls von den vorigen Römischen Kaysern etwas, ohne Vorwissen und Bewilligung gesammter Churfürsten und Stände, disfalls fürgenommen, und zu Werck gestellet worden.  
  11. Dahero denn demjenigen, was jetzterwehnte drey Kayser sich hierunter eigenes Gefallens angemasset, als einem dem Reichs-Herkommen schnurstracks zuwiderlauffenden Beginnen, von denen unpartheyischen Chur-Fürsten und Ständen hefftig widersprochen worden, mit Anführung, sie würden dergestalt weit deterioris conditionis seyn, als ein Edelmann in Pohlen, welcher anders nicht, denn auf offenem Reichs-Tage proscribiret werden könnte.  
  12. Ist in dem Instrumento Pacis Art. 8. die ausdrückliche Versehung gethan, daß de modo et ordine in declarando uno vel altero statu in Bannum Imperii praeter eum qui alias in Const. Imp. descriptus est, tenendo bey dem erst darauf folgenden Reichs-Tage gehandelt und geschlossen werden solte; allein dem abermahls zuwider, ist mit blosser Zuziehung der Churfürsten und ihnen zu Gefallen die Acht erkannt, deren Vollstreckung wieder den klaren Buchstaben der Reichs-Executions-Ordnung dem Churfürsten zu Mayntz aufgetragen, und in Comitiis disfalls nichts in Umfragung und Berathschlagung gestellet worden.  
  VI. Von Handhabung der Executions-Ordnung und Ergäntzung der Creyse wie auch von der Ordinari-Reichs-Deputation.  
  1. Die zu des Heil. Röm. Reichs Versichecherung Ann. 1555 verhoffte und in folgenden Reichs-Abschieden wiederholte, vermehrte und verbesserte Executions-Ordnung ist billig pro nervo et custodia libertatis et tranquillitatis publicae zu achten.  
  2. Diesem nach hat man auf vergangenen Reichs-Tage auch diesen Punct, die allgemeine Sicherheit u. Beruhigung des Reichs belangend, vor die Hand zu nehmen, sonderlich aber diese beyde Fragen in reiffe Berathschlagung zu ziehen vor gut befunden:  
  a) Wie vorbesagte im Reichs-Abschied d. A. 1555 und etlichen nachfolgenden disfalls enthaltene heilsame Verordnung zur Observantz und würcklichen Effect zu bringen? Und dann  
  {Sp. 248}  
  b) Ob, und wie weit dieselbe nach jetzigem Reichs-Zustande zu verbessern oder mehr zu perfectioniren?  
  3. Dieweiln man aber im Angriff gesehen, daß solche wegen ihrer sonderbaren Wichtig- und Weitläufftigkeit in so kurtzer Zeit nicht zu erledigen, noch alles, was zu beständiger Einrichtung dieses Versatz- und Versicherungs-Wercks gehörig, in vollständige Richtigkeit zu setzen, hingegen gleichwohl die Sache auch nicht zu präcipitiren, viel weniger alles mit einander disfalls gar in Unwissenheit und fernerer Gefahr zu lassen, sondern im Ende einesweilen dahin zu gedencken seyn wollen, damit im Fall der Noth ein Creys und Stand von dem andern sich einiger Aßistentz und Hülffe zu getrosten haben möchte:  
  4. Als ist es damahls weiter nicht kommen, denn daß solche Executions-Ordnung zur gewissen Richtschnur und Regel, wornach ein oder ander Stand sich in gemeiner Landes-Rettung und Abwendung inner- und ausserlichen Anstössen zu richten hätte, im Reichs-Abschiede nochmahls bestätigt, und zu deren, wie auch darbey angehengten Erinnerungen, Beobachtung Churfürsten und Stände angewiesen, das übrige aber in den Creysen zu überlegen, und der Ordinar-Reichs-Deputation praeparatorie auszuarbeiten heim gegeben, und ebenmäßig ad prorogata Comitia zu endlichem Schlusse ausgesetzt worden.  
  5. Von jetzt-berührter Ordinar-Reichs-Deputation ist zu wissen daß solche anfänglich zu keinem andern Ende, als eben zu beständiger Vollführung der Reichs-Defension durch die Creyse, und davon dependirenden Verfassung, eigentlich verordnet, hernach aber derselben auch andere angelegene Reichs-Sachen, die man auf einem Reichstage oder sonst nicht verrichten können, aufgetragen worden.  
  6. Wiewohl nun zwar dieses letztere dem bono Imperii publico sogar vorträglich nicht, sondern viel besser zu seyn scheinet, wenn alle Stände selbst bey angestelten Reichs-Tägen zu ihren Juribus und Angelegenheiten sehen, als daß solches etlichen wenigen, deren Macht und Gewalt doch nicht unbillig mit gewissen Limitibus umschränckt, die ohne Gefahr nicht zu überschreiten, übergeben und verantrauet werde.  
  7. Dessen man ein augenscheinlich Exempel an dem alten Reichs-Regiment, dem in vorigen Zeiten die Cura Comitiorum propria committiret, und dardurch zu denen nachmahligen gefährlichen Neuerungen im Reich nicht wenig Ursache und Anlaß gegeben worden.  
  8. Dieweil man aber gleichwohl die Ergäntz und Richtigmachung solcher Ordinair- Deputation bey offtermeldten Westphälischen Friedens-Handlungen nochmahln für nöthig befunden; so haben Churfürsten und Stände sich endlich bewegen lassen, darein zu verwilligen, unerachtet vorher die Conclusa ratione ordinis materiarum tractandarum anders, und sonderlich in politicis auf Durchgehung der Wahl-Capitulation ausgefallen.  
  9. Allein man hat keines Theils den Zweck hier-  
  {Sp. 249|S. 138}  
  unter erreicht, sondern, nachdem sich in beyden Puncten schwere Differentien, sonderlich, so viel die Deputation anlangt, der von denen Churfürsten verweigerten Conjunction und dificultirten Parität halben, zwischen dem Chur-und Fürsten-Rath, und in diesem der Adjungendorum wegen, ob solche in genere nach den Häusern, oder in specie nach den Linien zu benennen, zwischen denen Fürstl. Sächsischen, wie auch Brandenburg. Häusern ereignet, mit deren Vergleichung man über vier Monate vergeblich zugebracht, auch deswegen solche zwey Materien in suspenso lassen müssen, bis  
  10. Bey Endigung des Reichs-Tages das Deputations-Werck wieder hervor gesucht, zu Ausarbeitung des puncti restitutionis et gravaminum per majora drauf geschlossen, und das hiebevor von Chur-Brandenburg wegen der Parität im Churfürst!. Collegio vorgeschlagene Temperament, daß nehmlich darinne zwischen denen drey Evangelischen Churfürsten ein viertes unter ihnen abwechselndes Votum derweilen und so weit statt haben sollte, ergriffen, auch darauf der Reichs- Abschied eingerichtet worden.  
  11. Worbey aber, was die Parification und Vermehrung derer Deputirten aus dem Fürstl. Collegio betrifft, zu mercken, obwohl in denen Conclusis, und daraus disfalls erfolgten Reichs- Gutachten, die Benennung derselben, dem alten Herkommen nach jedesmahl in genere, auf Sachsen, Brandenburg, Würtenberg, Mechelnburg geschehen, auch von Kayserl. Maj. dergestalt gleichfalls beliebt, hingegen die Special-Vertretung auf Vergleich zwischen denen Linien gedachter Häuser gestellet worden, daß demnach dem allen zuwider bey Einrichtung des Reichs-Abschieds und eilfertiger Überrumpelung dieses Puncts die Special-Benennung der Häuser Sachsen-Altenburg und Brandenburg E. vom Chur-Mayntzischen Cantzler, unterm Vorwand, man hätte dergleichen schema adjungendorum ihm aus dem Fürsten-Rathe zugesendet, inseriret worden.  
  12. Und ob zwar Sachsen-Weimar und Gotha, wie auch Brandenburg-O. darüber sowohl bey Chur-Mayntz, als auch Kayserl. Majest. selbsten noch vor beschehener, jedoch gleich angestellter Publication des Reichs-Abschieds Beschwerung geführet.  
  13. Nachdem ihnen aber nomine Caesaris die Anzeige und Vertröstung geschehen, daß solche Special-Insertion jetzt ermeldeten Häusern ohne Präjuditz und Nachtheil seyn, auch deswegen beydes von Kayserl. Majest. als auch dem Chur-Mäyntzischen Reichs-Directorio Attestata ertheilet werden solten; so haben sie es darauf ankommen, und die Ablesung dergestalt geschehen lassen müssen.  
  14. Folget ferner Relation vom Fortgang der Deputation.  
  VII. Von andern hieher gehörigen Puncten, sonderlich, der Decision §. de indaganda etc. Fragen von der Gültigkeit der mehrern Stimmen im  
  {Sp. 250}  
  Reichs-Anlagen, Policey-Ordnung, Müntz- und Post-Sachen, Herbeybringung der Eximenten etc.  
  1. Ist unter das zur potestate legislatoria gehörige auch die Erörterung des im Friedens-Schluß wegen der verderbten Schuldner enthaltenen §. de indaganda zu rechnen, womit es auch im jüngsten Reichs-Abschiede zu einem Schlusse noch endlichen gediehen; jedoch mit Special- Ausnahm,  
  a) Der in Holstein hierunter eingeführten Constitution, so wohl  
  b) Des Fürstl. Hauses Anhalt mit seiner Landschafft in puncto crediti getroffenen Transaction, wie nicht weniger  
  c) Chur-Pfaltz, deme auf seine beschehene Ansuch- und Recommendirung derer Stände der Kayser durch ein absonderlich billigmässiges Mittel disfalls zu helffen Vertröstung gethan, denn auch  
  d) mit Vorbehalt dessen, was Churfürsten und Stände in ihren Territoriis nach dem ihnen am besten bekannten Zustande und erlittenen Kriegs-Schaden unter ihren Unterthanen in Credit-Sachen weiter verordnen möchten.  
  2. Ist die Frage von Gültigkeit der mehrern Stimmen in Reichs-Anlagen, ohne Erinnerung der Stände bald Anfangs auf die Bahn, darmit aber nebens der Deputations-Sache viel Zeit vergeblich zugebracht worden, indem das disfalls mit dem Kayser einstimmige Churf. Collegium sich weder mit denen im Fürsten-Rath, Cathol. Seiten, noch mit denen Evangelischen in ihrer beständig behaupteten Distinction inter collectas necessarias et voluntarias vergleichen, vielweniger zugeben wollen, daß deren absonderliche Meynung dem Reichsbedencken an die Kayserl. Majest. einverleibt werden solle, worüber diese, wie auch andere dergleichen mehr Quaestiones,  
  a) Ob von Bewilligung derer Reichs-Anlagen, allein auf Reichstägen, oder auch auf Creys- Versammlungen zu handeln?  
  b) Ob ein oder anderer im Instrumento Pacis enthaltener Punct per majora zu ändern?  
  c) Ob einige Reichssatz- oder Verordnung, dadurch etwan ein Stand auch in specie vor sich ein Jus erlangt, zu desselben Präjuditz per majora geändert, oder ungleich gedeutet werden könne? gäntzlich ersitzend und unerledigt blieben.  
  3. Wäre die Reformation gemeiner Policey zur Hand zu nehmen, die Reformation und Policey-Ordnung d. An. 1530 samt der darauf erfolgten Verbesserung zu durchgehen, und dahin zu sehen gewesen, wie denen darwider eingeschlichenen Mängeln abzuhelffen seyn möchte, worzu sich auch die meisten Stände, indem sie, allbereit gewisse Deputirte aus jeden Creysen vorgeschlagen, gantz willig, aber die Zeit, nach erlittenem langen Verzug, gleichfals viel zu kurtz befunden. Dahero solch Werck neben andern Sachen denen Creysen zu bedencken anheim gegeben worden, welche, was sie disfals für rathsam befunden, noch vor dem prorogirten Reichstage nach Franckfurt zur  
  {Sp. 251|S. 139}  
  Ordinar-Deputation überschicken solten. Wiewohl nun zwar ein und anderer Creys darwieder die Nothdurfft hierinn berathschlaget, und mit seinem Gutachten behöriger Orten einkommen seyn mag; so siehet man doch zur Zeit an keinem Orte einige nachdrückliche Anstalt, die gleichwohl einer jeden Landes-Herrschafft in ihrem Gebiethe von Gottes, Rechtens und Gewissens wegen zukommt, zur geringsten Besserung.  
  4. Die Confusion und Unrichtigkeit im Müntz-Wesen, zu deren Abwendung in der jüngsten Kayserl. Capitulation nochmahlige Vertröstung geschehen, ingleichen  
  5. Abhelffung derer wieder die im Reiche verordneten Postämter von denen Ständen eine geraume Zeit geführten Beschwerden, so wohl  
  6. Was von Wiederherbeybringung der Exemten und vom Reiche veräusserten Stände im Friedenschlusse ad Comitia verwiesen, worvon nicht allein damahls gar nichts movirt, sondern auch nachgehends eine dem Instrumento Pacis zuwiederlauffende, auch denen vorigen Capitulationen selbst gantz ohngemässe Restriction, daß nehmlich dergleichen mit Rath, Hülffe und Beystand der 7 Churfürsten allein, oder nach Gelegenheit der Sachen auch anderer Fürsten und Stände jederzeit an die Hand zu nehmen, mehr ermelter Capitulation einverleibet worden, und  
  7. Endlich, alles dasjenige, so der potestati legislatoriae anhängig, welches, wie gedacht, anders nicht, denn mit gemeinem Zuthun, Rath und Ermessen gesammter Churfürsten und Stände, zu Stifft- und Erhaltung guten Vernehmens zwischen Haupt und Gliedern geschehen mag, dahin denn nicht unbillig auch  
  8. Die Erörterung derer Präcedentz-und Sessions-Streitigkeiten unter denen Ständen zu referiren, wiewohl eine geraume Zeit her der Kayserl. Reichs-Hofrath dessen, ja so gar auch in Primogenitur-Streitigkeiten zu sprechen, und also über gantze Reichs-Fürstenthume und Lande zu urtheilen sich allein angemasset.  
  9. Woraus zu schließen, mit was Fug ein Kayser allein, oder etwa mit Zuziehung etlicher wenigen, eine oder andere vi seu transactionis s. potestatis legislatoria gemachte, und in denen Reichs-Satzungen enthaltene Verordnung zu ändern, einseitig auszulegen, oder darwieder zu decretiren, sich unterstehen könne.  
  VIII. Von denen zu dem andern Membro des 1 Puncts des Reichstages-Proposition gehörigen Materien.  
  Die Sachen, welche hieher zu referiren seyn möchten, wären  
  A. Die Casus restituendorum ex capite amnestiae et gravaminum, ober diejenigen Executiones und Vollstreckungen, wordurch einem jedweden gravirten und noch nicht restituirten nach Inhalt des Friedensschlusses zu dem seinigen zu verhelfen. Und zwar  
  1. In negotiis et gravaminibus Ecclesiasticis, worbey wohl in Acht zu nehmen.  
  {Sp. 252}  
  a) Weil alle Röm. Catholische, und alle Evangelische hierinnen als Transigentes in zwo Partheyen gehen, deren eine über die andere keine Gewalt oder Macht hat, daß demnach kein Theil vor sich oder ohne Wissen und Willen des andern die disfalls vi transactionis gemachte, und denen legibus publicis in vim pragmaticae sanctionis einverleibte Vergleiche, weder per directum noch indirectum ändern, abthun, auslegen, und aus solchen einseitigen Auslegungen eine Sache decidiren, vielweniger die Kayserl. Maj. als Pars Pontificiorum, sich dessen per Decreta, oder sonst, es geschehe in- oder ausserhalb des Reichs-Hofraths, unternehmen möge. Gestalten denn auch per majora in dergleichen Sachen nichts zu ändern stehet.  
  Ist nun die Disposition des Friedenschlusses in einigen Puncten etwa zweiffelhafft, verwickelt, oder unvollkommen, daß daraus de mente paciscentium gar keine, oder doch keine unfehlbare Gewißheit zu nehmen; so gehöret dessen Ausleg- und Erläuterung einig und allein vor die Partes transigentes, als deren Intention, Meynung und Verstand die rechte Mensur ist, wornach sothane Verordnung zu ermäßigen; so lange es daran ermangelt, stehet keinem Judici zu, sich einer solchen Decision zu unterfangen etc.  
  b) Daß zu Execution und würcklicher Abhelffung solcher im Instr. Pac. entschiedenen Gravaminum niemand anders, als diejenigen, so darum, wie auch in dem Kayserl. Executions-Edict, und arctiori modo exequendi verordnet, genommen werden sollen. Denn gleichwie dieser modus exequendi bloß von dem J. P. als L. publica utriusque partis consensu approbata herrührt; also ist er strictissimi Juris, und kann auf keinen andern im Reiche sonst üblichen modum exequendi extendiret und erstrecket werden.  
  c) Daß zu Erörterung derer in Religions-Sachen obschwebenden, oder auch noch künfftig erwachsenden Streitigkeiten und Irrungen kein ander Mittel, als Güte und Recht zu gebrauchen, die Gewalt aber, unter was vor einem Schein es auch geschehen möchte, gäntzlich auszuschliessen.  
  Es sey nun entweder der Sensus Transactionis zweiffelhafftig oder klar; so hat man sich jenesfalls vorgedachter massen zu vergleichen, disfalls aber die streitige Partheyen unter einander selbst, oder vermittelst unintereßiret hoher Anverwandten, oder Nachbarn, und in dessen Entstehung die Sache, jedoch auf gleiche Weise, einem unpartheyischen Richter anheim zustellen.  
  d) Daß bis zu erfolgtem Vergleich, oder rechtmäßiger unpartheyischer Entscheidung kein Theil mit Gewalt durchdringen, selbst exequiren, oder sich einiger etwa per sub- et obreptionem erhaltener,  
  {Sp. 253|S. 140}  
  oder auch sonst wieder Recht ertheilter Decreten oder Rescripten, gebrauchen dürffe; Als wodurch so balden zu Gegenthätlichkeiten Ursache und Anlaß gegeben wird.  
  e) Daß alle hiebevor wider den Friedensschluß eingewendte Protestationes, sie seyn geschehen, wo, von wem, und an welcher Seiten sie wollen, vom Reich aufs neue und nahmentlich caßirt, die wider den Frieden publicirte Schrifften verboten und abgethan, auch die Relationes derer etwa beym Kriege vorgegangenen und in den Fluß der Vergessenheit versenckten Händel durch herbe und injuriöse Worte nicht gleichsam aus dem Grabe wieder hervor gezogen und ausgeführet werden möchten.  
  2. Die Gravamina Politica anreichend; so ist davon im Friedens-Schluß: Art. 4. ein Verzeichniß zu befinden, welches dann durchzugehen, und was mehr dahin gehöret, ob es schon daselbst ausdrücklich nicht benennet, hierbey ordentlich fürzunehmen, und zum Stande zu bringen seyn wollen. Worunter aber nicht zu rechnen, was nicht seinen wahren Ursprung aus dem vorhergegangenen Teutschen Kriege genommen.  
  Solcher Restitutions-Punct nun hätte dem Friedens-Schlusse und der Kayserl. Proposition nach vorgenommen werden sollen, allermassen man sich zu solchem Ende einer gewissen Extraordinar-Deputation zu vergleichen gehabt, welche einen Schluß gefast, der aber in 4 Monaten nicht vor die sämmtl. Stände zur Revision und Genehmhaltung gebracht, viel weniger bey so starcker Renitenz der Röm. Catholischen etwas fruchtbarliches ausgerichtet worden, dessen Ursache sonder Zweifel nichts anders gewesen, als daß sie meistens in hoc puncto gravaminum partes Reorum vertreten.  
  Ist letztlich per majora bey der vom Kayser und Churfürstl. Collegio vorgeschlagenen Ordinar-Deputation gelassen, darneben aber von den sämmtlichen Evangelischen aus denen drey Reichs-Collegiis ausdrücklich bedingt worden, daß immittels alle in hoc puncto Restituendorum bey dem Reichs-Hofrath und Cammer-Gerichte erhaltene, oder noch führende Processe Decreta, Mandata, Inhibitiones, Commissiones, und dergleichen in suspenso zu verbleiben, auch diejenigen, so bey währendem solchen Reichs-Tage geschehen, zu caßiren und aufzuheben, und die casus in statu quo zulassen, welches auch, als man gesehen, daß es im Reichs-Abschiede übergangen, durch ein schrifftlich hier eingedrucktes Memorial ad Caesarem nochmahls wiederholt worden.  
  Ob nun wohl den Evangelischen Gesandten eine gantz widrige Kayserl. Resolution darauf eröffnet worden; so hat man disseits darbey nicht acquiesciret, sondern ist mit einer auch hier eingerückten fernern Replic am Kayserl. Hof eingekommen. Worin nachgehends die Chur- und Fürstl. Herren Prin-  
  {Sp. 254}  
  cipalen ihre Gesandten durch absonderliche Schreiben secundiret.  
  B. Wird zu dieser Classe auch nicht unbillig gezogen die im Friedens-Schlusse auf den Reichs-Tag verwiesene Rectificirung der Reichs-Matricul, über deren ungleichen und allzuhoch gespannten Anschlag eine geraume Zeit her viel Reichs-Stände sich beschweret, um Moderation inständig angesucht, und dieselbe ihnen ausdrücklich bedinget.  
  C. Ebenermassen gehört hieher der Punct von Nachlaß- oder Ermäßigung derer Reichs-Anlagen, wobey etwa künfftig zu beobachten seyn wird, auf was masse nicht allein, die in dem leidigen Kriegswesen eingeführte hohe Multiplication abgestellt, das Quantum nach der vorigen Zeiten Art eingerichtet, und zu solchen Collecten nicht ehe, als in äussersten Noth- und gemeinen Wohlfarths- Fällen, und zwar mit Rath, Wissen und Bewilligung derer Churfürsten und Stände, geschritten, sondern auch hierbey eine durchgehende Gleichheit nach Proportion der Reichs-Anschläge gehalten,und kein Stand für den andern, beschweret oder verschonet werden möchte.  
  D. Wenn der in diesem 2 membro des 1 Puncts der Kayserl. Proposition fürgestellle Zweck, die Befestigung nehmlich des Friedens und guten Vertrauens zwischen denen Ständen, erreicht werden soll; so muß zuförderst das Churfürstl. Collegium sich keiner mehrern Macht vor denen andern Fürsten und Ständen gebrauchen, als ihm in der Güldenen Bulle, welche strictissimi juris, gegeben, und dahero sich aller Oligarchischen Einführung enthalten, denn sonsten anders nichts als Uneinigkeit, Mißvertrauen und Verbitterung zwischen denen Collegiis zu besorgen.  
  E. Ob wohl im Friedensschluß Art. 9. wie nicht weniger in der jüngsten Kays. Capitulation wegen Abschaffung derer aus eigenmächtiger Autorität eingeführten unrechtmäßigen Zöllen, Imposten und Licenten, wordurch die Stände einander, meistens aber einer des andern armen Unterthanen, wider GOttes Gebot, die Christliche Liebe und alle Billigkeit aussaugen, beschweren und verderben, Versehung geschehen; dieweilen aber sich täglich deswegen mehr Klagen vernehmen lassen, so wäre dem auch einst würcklich nachzusetzen, die alten Zölle zu erniedrigen, und ad aequitatem zu reduciren, die neuen aber anderergestalt nicht, denn wenn zuvor die Interessenten darüber gehört, zu verschreiben.  
  IX. Was bey den 3 membro des 1 Puncts der Reichstags-Proposition zu beobachten.  
  1. Dieses ist dahin gerichtet, wie der Friede mit den ausländischen Cronen befestiget, oder vielmehr, wie das Heil. Röm. Reich vor aller auswärtigen Gewalt und untreuen Nachbarschafft gesichert und verwahret werden möge.  
  2. Allermassen nun verständige Ärtzte denen Krancken des Leibes auf zweyerley Weise begegnen, entweder durch Präservir- und Vorbauung, oder durch eine rechte Cur; Also verhält sichs auch in einer jedweden Republick, welche vor äusserlicher Gewalt  
  {Sp. 255|S. 141}  
  frey und sicher erhalten werden soll. Und bestehen daselbst die praeservantia darinne, daß denen Auswärtigen und Benachbarten einige Anlaß oder Gelegenheit nicht gegeben werde, welche ihnen zum Angriff oder Überfall sothaner Republick bequem und dienlich erscheinen möchte. Dem aber besser nicht vorzubauen, als wenn  
  a) Die Cives und Stände derselben in wahrem ungefärbten Vertrauen, Friede und Einigkeit leben,  
  b) In allem ihren Thun und Fürhaben auf Erhaltung des allgemeinen Besten sehen, und sich darvon durch keinen Privat-Nutz oder einig ander Absehen wendig machen lassen,  
  c) Sich in guter Verfassung und Bereitschafft halten, um der etwan andringenden Gewalt bey Zeiten zu begegnen und zu widerstehen,  
  d) Wenn mit Benachbarten und Auswärtigen guter Friede so wohl insgemein, als auch insonderheit, dafern ein Special-Friede mit denenselben aufgerichtet, steiff und fest gehalten, und keineswegs überschritten, mit den Nachbarn, bevorab wo es nützlich und nöthig, Verbündnisse gemacht, hingegen solche zu einigem Kriege nicht gereitzet werden.  
  3. Das Erste bestehet in dem, was vorhin angeführet ist : Wenn nehmlich die uralte mixtura Regiminis oder heilsame Harmonie des Reichs allenthalben ohngekränckt und ohnverändert gelassen, die cives Reip. aequali jure censirt, und keinem Theile, dem andern Eintracht zu thun, oder zu nahe zu treten, nachgesehen, sondern dergleichen sich etwa ereignende Beschwerden in Zeiten abgestellet werden.  
  4. Das Andere beruhet hauptsächlich darauf, daß ein jedweder Stand des Reichs, er sey Churfürst, Fürst, Bischoff, Abt, Prälat, Graf, Freyherr, oder Stadt, auch wasserley Religion er wolle, ihm fest und wohl einbilde, wie er an und vor sich selbst nicht zubestehen, oder in einigerley Wege sich zu erhalten vermöge, sondern gleichwie das gantze Reich und desselben Glieder ingesamt ein Corpus machen, dessen Seele und Leben die Einigkeit derer aller, und daher eins oder das andere von solchen Gliedern sich mit privat Consiliis oder eigennützigen Absehen auf seinen Staat nicht retten oder salviren könne, also auch die Sorgfalt mit Rath und That auf das integrum Corpus gerichtet werden, oder im wiedrigen das gantze Reich zergehen,und mithin ein jeglich demselben angehöriges Glied oder Stand, es sey groß oder klein, mächtig oder schwach, zu Boden gehen, und dem Tertio unterbucken müsse etc.  
  5. Vorn Dritten handelt die im Jahr 1555 aufgerichtete und in nachfolgenden Reichs- Abschieden wiederholte und verbesserte Execu-  
  {Sp. 256}  
  tions-Ordnung, davon bereits Meldung geschehen. Und solte dabey  
  a) Dasjenige, was im vorhergehenden Cap. beym III. Punct erinnert, von der Landes-Obrigkeit beobachtet,  
  b) Nicht alles auf die arme Unterthanen und deren Contribution gestellet, sondern von ihren Cammer-Gütern und Aerario die Billigkeit mit verordnet,  
  c) Gleichheit unter den Unterthanen gehalten, und keiner vor dem andern der gemeinen Bürden enthaben, vielweniger des einen zukommendes Contingent dem andern mit aufgelegt,  
  d) Die Collecten, gleichwie sie nicht ehe, denn auf den äussersten Nothfall, und zwar zur Defension und Erhaltung des gemeinen Wesens, anzusehen, zu nichts anders, als solchem Ende, verwendet werden.  
  6. Das Vierte bestehet endlich darinnen, daß man gegen Auswärtige, und bevorab gegen Benachbarte, allezeit vermercken lasse  
  1. Lust zu Einigkeit und Frieden. Und geschicht solches,  
  a) Wenn zu Krieg und Feindschafft denenselben keine Ursache oder Anlaß gegeben, sondern die ereignete Irrungen und Mißverständniß durch gütliche Conferentien und Zusammenschickung bey Zeiten wieder abgethan,  
  b) Man sich in fremde und ausländische Kriege oder andere gefährliche Händel nicht immisciret und verwickelt, hergegen aber  
  c) Gestalten Sachen und der Nothdurfft nach mit denen Nachbarn, in zuverläßige verträgliche Alliantzen und Verbündnisse einlässet.  
  2. Treu und Glauben, als wordurch nicht allein eine jedwede Republick in gutem Flor und Zustand, sondern auch das Band der gantzen menschlichen Gesellschaffr unzertrennet erhalten wird etc.  
  X. Von denen andern zwey Puncten der Kayserl. Reichs-Tags-Proposition.  
  Diese sind, wie (2) dasjenige, so nach Inhalt des Friedens-Schlusses etwan zu vollziehen hinterstellig, gebührend exequirt, und (3) denen auf solchen Reichs-Tag insonderheit verwiesenen Sachen abgeholffen werden möchte; und ist oben gedacht, was gestalt dieselbe schon in dem ersten dreyfachen Punct begriffen, und wie davon schon gehandelt worden, also wird über bereits angeführtes nichts sonderliches mehr hinterstellig seyn.  
  Schlüßlich fügen wir noch folgende Schrifften an, als bey welchen dieserhalben ein mehrers nachgelesen werden kan;  
 
  • Daniels Otto Diss. de jure PubIico, Jena 1616 in 8.
  • Heinrichs Christoph von Griesheim Jurisprudentiae Publicae Romano-Germanicae Brevis Delineatio, Rostock 1620 in 4.
  • Johann Wurmsers Exercitationes Juris Publici, Tübing. 1649 in 4.
  • Joh. Friedrich Rhetius Libri IV Jurisprudentiae Romano- Germanicae,
 
  {Sp. 257|S. 142}  
 
  Frf. 1683 in 8.
 
 
  • Johann Heinrich Böclers Notitia S. R. Imperii, Straßb. 1670. in 4. und 1682. in 8.
  • Gabriel Schweders Introductio in Jus Publicum Imperii Romano Germanici, 1681. 1701. 1711. und 1719. in 8.
  • Niclas Danckwerths Institutiones Juris Publici, Speyer 1683. in 8.
  • Philipp Rheinhards Vitriarius Institutiones Juris Publici, Leyden 1686. in 12.
  • Johann Friedrich Pfeffingers Vitriarius Illustratus, Freyburg 1691. in 8. Gotha 1698. 1699. 1712. und 1718. in 4.
  • Heinrichs Cocceji Juris Publici Prudentia, Frf. an der Oder, 1695. 1700. 1705. und 1719. in 8.
  • Gottlieb Gerhard Titius Specimen Juris Publici Romano- Germanici, Leipzig 1698. und 1708. in 8.
  • Johann Schilters Institutiones Juris Publici, Straßb. 1697. in 8.
  • Severin von Monzambano de Statu Imperii Germanici Liber, Genff 1667. in 12. Utopia 1668 in 8. Halle 1695. und 1714. in 8 und Leipzig, 1708. in 8. oder Samuel Pufendorffs kurtzer, doch gründlicher Bericht, von dem Zustand des H. R. R. Teutscher Nation, Leipz. 1709. in 8.
  • Eitel Friedrichs von Herden Grund-Veste des Heil. Röm. Reichs Teutscher Nation, Regenspurg, 1663 in 8. und Frf. 1668 und 1714. in 8.
  • Johann Heinrich Böclers Bericht, von dem Heil. Röm. Reich Teutscher Nation, dessen Verfassung und Regierung, Frf. 1714. in 8.
  • Abraham Benedict Rautners Anführung zur Teutschen Staats Kunst, Sultzbach 1672. in 8.
  • Eines Ungenannten Teutscher Reichs-Staat, Leipzig, 1716. in 4.
  • Tobias Paurmeister Comment. de Jurisdictione, Helmstädt 1670. in 4.
  • Theodor Reinking de Regimine Seculari et Ecclesiastico, Frft. 1669. in 8.
  • Dominicus Arumäus de Jure Publico Imperii Voll. V. Jena, 1612. 1620. und 1621. in 4.
  • Johann Limnäus de Jure Imperii Romano-Germanici, Libri IX. Straßb. 1629. in 4.
  • Adams Cortrejus Corpus Juris Sacri Romani Imperii Germanici Frf. 1707. in fol.
  • und viele andere, wovon absonderlich in Burcard Gotthelff Struvs Biblioth. Jur. c. 14. mehrere Nachricht erlangt werden kan.
 
     

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Stand: 7. Oktober 2016 © Hans-Walter Pries