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Zedler: Unterweisung HIS-Data
5028-49-2299-3
Titel: Unterweisung
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 49 Sp. 2299
Jahr: 1746
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 49 S. 1165
Vorheriger Artikel: Unter-Weissenborn
Folgender Artikel: Unterweisung Davids
Siehe auch:
Hinweise:
  • Allgemeine Bemerkungen zur Textgestaltung siehe Hauptartikel
  • Für die Auflösung der Quellenangaben siehe: Personen

  Text   Quellenangaben
  Unterweisung, ist diejenige Handlung, da man einem andern eben diejenige Erkänntniß von einer Sache, die man selber hat, beyzubringen und mitzutheilen suchet.  
  Ein Mensch soll dem andern nach dem natürlichen Rechte auch mit seiner erlangten Wissenschafft dienen, welche Verbindlichkeit entweder eine allgemeine, oder eine besondere ist:  
  Jene gründet sich auf das natürliche allgemeine Gesetze, daß man die Commodität einer Gesellschafft befördern soll, und gehöret also dieses nicht so wohl zu den Pflichten der Nothwendigkeit, als vielmehr der Bequemlichkeit, angesehen eine Republick wohl eine Republick bleiben könnte, wenn gleich keiner den andern unterrichtete, nur würde das Leben nicht so bequem seyn. Vermöge dieses Grund-Satzes ist ein jeder verpflichtet seinem Nächsten seine Wahrheiten mitzutheilen, und den Irrenden auf den richtigen Weg, den Unwissenden zur Erkänntniß zu bringen, wie Thomasius in der Ausübung der Vernunfft-Lehre … zeiget.  
  Die besondere Verbindlichkeit rühret von einem besondern Beruffe her in der bürgerlichen Gesellschafft, da man gewissen Personen entweder die Freyheit, oder ausdrücklich das Amt zu lehren mitgetheilet, woraus der Unterscheid zwischen einen öffentlichen und Privat-Lehrer entstehet, in dem jener durch die Obrigkeit ausdrücklich dazu bestellet; dieser aber entweder aus einer besondern Gunst, oder vermittelst gewissen Academischen Würden die Freyheit zu lehren erhalten. Siehe den Artickel: Unterricht (Privat-).  
  Bey solchen bürgerlichen Anstalten fraget sichs: wie weit  
  {Sp. 2300}  
  iemand der natürlichen Pflicht desfals nachleben, und ob er dennoch andere lehren könne, wenn er gleich weder einen besondern Beruff; noch eine bürgerliche Freyheit dazu habe? So lange iemand in einer bürgerlichen Gesellschafft lebet, so muß er sich auch den bürgerlichen Gesetzen unterwerffen, und wo einmahl gewisse Ordnungen wegen des Lehrens gemacht worden, so hat man zu sehen, wie weit diese Ordnungen erhalten, oder überschritten würden, woferne man nach seiner natürlichen Pflicht andere lehren wolte. Inzwischen wenn einer den andern ausser seinem ordentlichen Beruffe unterweist, so wächset durch diese Dienstfertigkeit dem andern zwar eine grosse Commodität und Vortheil zu; Allein, derjenige, der solche Dienstfertigkeit auf sich nimmt, hat grosse Beschwerden davon, weswegen gantz vernünfftig, daß man durch eine reelle Erkänntlichkeit diese seine Incommodität ersetze.  
  Man kan den andern unterweisen, entweder durch das eigentliche Informiren; oder durch das Disputiren, da denn dorten die Wahrheit schlechterdings vorgestellet, erkläret und bewiesen wird; Hier aber untersuchen wir eines andern Meynungen immer wieweit selbige wahr oder falsch, und beydes kan entweder mündlich, oder schrifftlich geschehen, wiewohl man mehrentheils die Schrifften der gelehrten Welt widmet, und die mündliche Unterweisung für die Studirende brauchet.  
  Doch wie wir am gehörigen Orte von der Disputir-Kunst, nehmlich im VII. Bande p. 1058. u.ff. gehandelt; so ist noch bey der Information zu mercken, daß man entweder eines andern, oder seine eigene Gedancken erkläre. Im ersten Falle kommt das Hauptwerck auf die Interpretation an, in dem wer eines andern Meynung recht verstehet, dem wird nicht schwehr fallen, solche andern fürzustellen, welches aber auf zweyerley Weise geschehen kan.  
  Denn entweder bindet man sich an die Worte, und da nimmt man einen gewissen Text vor, und erkläret ihnen von Wort zu Wort; oder man richtet sein Absehen vornehmlich auf die Sache, da ein rechtschaffener Lehrer dreyerley zu besorgen hat:  
 
  • erstlich muß er urtheilen und prüfen, ob die Gedancken wahr oder falsch; sind sie wahr, muß er weiter untersuchen, ob man den Unterscheid zwischen der ohnstreitigen und wahrscheinlichen Wahrheit beobachtet;
  • vors andere soll er ergäntzen dasjenige, was der Verfasser vorbey gelassen, und doch zu wissen nöthig;
  • drittens muß er erläutern, und seine Erläuterung so wohl auf das Judicium der Zuhörer, damit sie die Wahrheit desto eher fassen; als auch auf ihr Gedächtniß in Anführung nützlicher Bücher richten.
 
  Trägt man bloß seine eigenen Gedancken für, ohne daß man einen Autorem zum Grunde leget, so kommt das Hauptwerck auf die Ausdrückung der Gedancken, und auf die Ordnung, oder Methode an, davon mit mehrern die Artickel: Lehrer, im XVI. Bande p. 1498. u.ff. und Methode, im XX. Bande p. 1291 u.ff. handeln.  
  Uberhaupt können die Methoden zu unterrichten  
  {Sp. 2301|S. 1166}  
  oder zu unterweisen, nach der unterschiedenen Gemüths-Beschaffenheit der Lehrenden so wohl, als der Lernenden, sehr unterschieden seyn; Doch sind von den allerersten und ältesten Zeiten, da die Schulen erst aufgerichtet worden sind, vornehmlich drey Unterrichtungs-Arten üblich und gebräuchlich gewesen; Nemlich  
 
  • durch Gebote, (Methodus praeceptiva)
  • durch Sprüchwörter, (proverbialis)
  • und durch Gleichnisse, (parabolica).
 
  Dieser Unterrichtungs-Arten hat sich unser Heyland öffters bedienet, niemahls aber zu Schwierigkeit und Verdunckelung der Lehre, sondern zu der Zuhörer Besten, und zur Erläuterung der Sache, damit die Gemüther, sonderlich bey Gleichnissen, desto mehr Anlaß bekommen möchten, sich die Lehren desto besser vorzustellen, denselben nachzudencken, und darnach zu forschen.  
  Es ist aber bey den Gleichnissen insonderheit zweyerley in Acht zu nehmen; Das äusserliche, welches, so zu reden, die Schale, und die Lehre selbst, welche, als der Kern, in die Schalen gleichsam eingewickelt ist. Bellarminus machet also einen falschen Schluß, wenn er aus den Worten des Heylandes zu seinen Jüngern: Euch ist gegeben, zu wissen das Geheimniß des Reichs GOttes, den andern aber in Gleichnissen; erhärten will, daß die andern Zuhörer in ihrer Unwissenheit hätten bleiben sollen, weil sie keine kräfftig ziehende und würckende Gnade durch seine Predigt von GOtt erlanget hätten.  
  Wer die Nuß essen will, sagen die Alten, muß zuvor die Schale brechen; Und wer die Wissenschafft haben will, der muß fleißig darnach forschen. Wären die andern Zuhörer gleichfalls, wie die Jünger, welches der HErr verlangte, den Kern zu geniessen zu ihm gekommen, so wäre ihnen auch derselbe gegeben worden; Aber weil sie vielleicht die Predigt Christi von dem Acker, von dem Saamen, von aussen als etwas bekanntes geringe gehalten haben, und davon gegangen sind, wie wohl noch heut zu Tage geschiehet, ist es etwas gottloses und unverantwortliches, Christo und GOtt selbst die Schuld beyzumessen. Gleich als wenn man frommen Predigern, die ietzo an Christi Statt auftreten, beymessen wolte, daß, bey so vielfältigen Predigten in der gantzen Welt, dennoch unzehlbare Menschen verlohren gehen: Oder, als wenn eines frommen Vaters Ermahnung in der Schuld wäre, wenn ein Kind höret, das andere nicht, indem er vielleicht gewolt habe, daß sein Wort bey dem Ungerathenen unkräfftig, bey dem Gerathenen aber kräfftig habe seyn sollen. Welch frommes Gemüthe wolte doch nun solche Gedancken von einem liebreichen Vater, geschweige denn von GOtt, dem Schöpffer aller Menschen und Creaturen, sich in Sinn kommen lassen? Löders Histor. Theol. Syst. Th. III. …
  Es haben die neuern Vernunfft-Lehrer die Materie von der Unterweisung in ihre Logische Schrifften gebracht, in dem ein Mensch die Wahrheiten nicht nur vor sich alleine erkennen, sondern auch andern  
  {Sp. 2302}  
  damit dienen müsse, dergleichen  
 
  • Beyer in Cynosura mentis …
  • Clauberg in logic. …
  • Thomasius in introduct. ad phil. Aul. … und in der Ausübung der Vernunfft-Lehre …
  • Joachim Lange in medicin. mentis
  • Gerhard in delineat. philosoph. rational.
  • Schneider in fundamentis philos ration.
  • Buddeus in philos. instrument.
  • Wolff in den Gedancken von den Kräfften des Verstandes …
  • Rüdiger de sensu veri et falsi … und in institut. erudit.
  • Syrbius in institut. phil. ration. …
 
  gethan. Titius in arte cogitandi … will diese Materie nicht in der Logic haben, wiewohl ohne erhebliche Ursache. Walchs Philosophisches Lexicon.  
  Siehe auch den Artickel: Unterweisen, und die gleich nachfolgenden Artickel.[1]
[1] HIS-Data: insbesondere
     

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Stand: 23. Januar 2013 © Hans-Walter Pries