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Zedler: Fluhr HIS-Data
5028-9-1374-1
Titel: Fluhr
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 9 Sp. 1374
Jahr: 1735
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 9 S. 706
Vorheriger Artikel: Flug-Schüssen
Folgender Artikel: Fluhr-Buch, siehe Fluhr
Siehe auch:
Hinweise:

  Text  
  Fluhr, heist ein gewisser District und Bezirck, oder Anzahl Äcker, welche binnen eines Dorffs Grentzen gelegen, wobey doch zu mercken, daß unter dem Wort Äcker auch Höltzer, Wiesen, Gärten, Weinberge, und überhaupt allerley Bauern-Güter verstanden werden; besonders wird nur ein Theil der Dorffmarckung damit verstanden, weil in fruchtbaren und wohl-gebaueten Ländern eine jede Marckung, nach dreyen Orten des Ackerbaues, in drey Theile unterschieden, und der eine Theil über Winter, der andere über Sommer gebauet, der dritte in Brag geleget wird, welche Abtheilung Fluhr oder Cellen genannt werden.  
  Es ist aber gar eine nützliche und von ieder Obrigkeit observirende Sache, daß eines ieden Orts, und also auch eines Dorffs District, Grentz, Gebiet, Zwing und Bannt von denen benachbarten unterschieden werde, wozu, wo es erst geschehen soll, eine Anzahl Äcker nicht etwa nur ein oder zwey Stücke, welche keinen Fluhr machen, sondern wenigstens ein 10. Morgen oder Tagwerck requiriret werden.  
  Hernach, und wo es ein rechter Fluhr seyn soll, müssen die Felder von einander unterschieden, eines jeden Antheil durch verständige Feld-Messer determiniret, desselben Besietzer exprimiret, und das Lager mit denen Anstossern benamet, und dieses alles in ein gewisses Register oder Zahl-Buch gebracht werden.  
  Was die Form solcher Fluhr- Grentz- und Marckungs-Bücher antrifft, und wie solche einzurichten, wollen einige nach dem Leg. 4. pr. de Cens. daß sie nach dem Fuß derer Erb- und Lehn-Bücher eingerichtet und darinnen des Einwohners Namen, und bey demselben, was er vor Güter habe, wieviel Hufen, Mor-  
  {Sp. 1375|S. 707}  
  gen oder Tagwercke, Äcker, Wiesen etc. besietze, neben wem sie liegen, und wenn sie Lehn und gültbar seyn, verzeichnet werde. Seckendorff im Fürsten-St. … giebt den Vorschlag, man solle die Fluhr oder Marckung nach ihrer natürlichen unveränderlichen Gelegenheit, und nach Acker- und Ruthen-Maß, nicht nach blosser Ordnung derer Personen oder Namen der Inwohner und Besietzer beschreiben, auch die Äcker u. Morgen alle mit ihrem gewissen Numero in der Beschreibung bemercken, und, wo möglich, einen Grund-Riß verfertigen.  
  Ingleichen thut dieß, absonderlich gegen die benachbarte, zur Abwendung aller Confusion, viel beytragen, wenn die Grentz- und Marckungen des Fluhrs fleißig bezogen, visitirt und beritten werden, wobey diese Cautelen in Acht zu nehmen:  
 
1.) Soll die Visitation nicht aus privat-Veranstalltung derer Bauren oder Bürger (dann auch Städte haben ihre gewisse Gemein-Fluhren) sondern publica auctoritate der Obrigkeit geschehen, welchen die Jurisdiction über demselben District zukommt, und da solche Bauern-Güter an die Herrschaffts-Güter oder immediates Territorium stossen, ist es gut, wenn die Besichtigung in Beyseyn eines Fürstlichen Bedientens oder Commissarii geschehe.
2.) Soll diese Visitatio in Beyseyn derer benachbarten und angrentzern geschehen, besonders wo der Gegend eine neue Abmarckung und Grentz-Steinsetzung vorgehen soll.
3.) Sollen geschworne Feldmesser, Steinsetzer, Siebner und Untergänger adhibirt werden, welche in derer Parteyen Gegenwart die Grentzen besichtigen, die turbirten und ausgestossenen Steine und Marckungen ersetzen, und neue aufrichten.
4.) Ist der Augenschein und Besichtigung vollbracht, so ist solche dem Fluhr und Grentz-Buch um bessern Beweises willen zu inseriren.
 
  Wenn auch schon kein Streit mit einem andern der Fluhr-Grentzung willen obwaltet, so pfleget doch die Grentz-Bereitung und Visitation zu gewissen Zeiten zu geschehen, deren, wo nicht alle, doch die meisten von der Gemeine mit denen Siebnern beywohnen, daneben junge Knaben dazu nehmen, und wo ein notabler, etwa derer benachbarten wegen zu notirender Grentz-Stein aufstösset, selbige bey Haaren zu künfftiger Erinnerung gezogen, Nisseln und Bretzeln, auch kleine Müntze unter sie geworffen, der gantze Actus aber zu Weilen mit schüssen von der gewehrten Bauerschafft, wo man besonders wegen derer benachbarten eine Unruhe befahret, dann mit Trummeln und Pfeiffen verrichtet zu werden.  
  Was die Würckungen eines Dorff-Fluhres betrifft, lässet sich zwar von dessen Grentzen nichts auf das Territorium oder Gerichte argumentiren, als welche diuersa, und Fluhr-Steine keine Land-Grentzen und Gerichts-Steine sind. Es ist auch gar keine Folgerung, dieser Acker oder Weinberg lieget in des Dorffs District, ergo ist er auch des Dorffs Jurisdiction unterworffen, nachdem diese sich zu Weilen enger und weiter erstrecken kann; gleichwohl lässet sich nach vieler Arten Gewohnheit in Teutschland gar wohl nach denen Grentzen eines Bezircks und Districts auf die Jurisdiction einen Schluß machen, so daß, so weit einer Stadt oder eines Dorffes Fluhr, Marckung oder Bezirck gehet, so weit auch gemeinglich dessen Gerichte zu gehen pflegen, weil die Jurisdiction sich vom Territorio nicht trennen lässet, son-  
  {Sp. 1376}  
  dern demselben gleichsam unentbehrlich anhänget, es werde denn ein anders durch eine Rechts-bewährte Praescription, wiedrige Gewohnheit, Priuilegium oder gerechtere Praesumtion erwiesen.  
     

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Stand: 8. September 2016 © Hans-Walter Pries