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Zedler: Allmosen HIS-Data
5028-1-1271-5
Titel: Allmosen
Quelle: Zedler Universal-Lexicon
Band: 1 Sp. 1271-1273
Jahr: 1732
Originaltext: Digitalisat BSB Bd. 1 S. 675-676
Vorheriger Artikel: Allmannus
Folgender Artikel: Allnbeck
Siehe auch:
Hinweise:

  Text  Quellenangaben
  Allmosen, nennet man dasjenige Geschencke, welches man einem Nothleidenden ohne Hoffnung einiger Vergeltung darreichet.  
  Hierbey fraget sichs: Ob und wieweit wir verbunden sind, den Armen Allmosen zu geben. Man muß hier einen Unterscheid machen unter der natürlichen und bürgerlichen Pflicht. Nach dem Rechte der Natur ist jeder vermöge der Socialitaet schuldig, dem nothdürfftigen Nächsten mit seinem Vermögen beyzuspringen. Und kan daher jeder im Fall der Noth die andern aus der Gesellschafft um ein Allmosen ansprechen; ja wenn einer verderben müste, im Fall ihm andere nicht aushelfen wollten, so ist es als eine vollkommene Verbindlichkeit anzusehen, und kan sich keiner entschuldigen, daß er sein Eigenthum nicht einem fremden geben könte, weil das Eigenthum mit der Bedingung eingeführt worden, daß einer dem andern im Fall der Noth beyspringen sollte.
  • Pufendorf de J.N. et G. ...
  • Thomasius in Jurisp. div. ...
  • Grotius de J. Bell. et Pac. ...
  Denn GOttes Wille ist gewesen, daß der Mensch glückseelig leben solle, dieses kan nun ohne nothdürfftigen Unterhalt nicht geschehen, da aber dieses ohne anderer ihren Beystand nicht geschehen kan, so sollen diejenigen, so mit ihm in der Gesellschafft leben, ihre Gefälligkeit bezeigen, worunter denn auch das Allmosen zu rechnen.  
  Was den bürgerlichen Zustand anlangt, so soll die Obrigkeit Sorge tragen, daß die nothleidenden Unterthanen, als Mitglieder der Republique, erhalten, und nicht zu Schaden derselben verleitet  
  {Sp. 1272}  
  werden, wenn man ihnen nicht hilfft, eine liederliche Lebens-Art zu ergreiffen. Wenn nun die Obrigkeit ihren Unterthanen auflegt, Allmosen zu geben, und diese weigerten sich, es zu geben, so können sie auch gestrafft werden, daß, da sie schon in natürlicher Weise verbunden gewesen, gutes zu thun, sie nicht einmahl den Befehl der Obrigkeit gehorchet. Dahero solte man sich einbilden, das Allmosen wäre keine Wohlthat mehr, wenn es nicht aus gutem Hertzen gegeben werden. Grotius de J.B. et P.
  Allein es hebt eins das andere nicht auf. Denn da die Obrigkeit vermöge ihrer natürlichen Pflicht verbunden ist, vor die Armen zu sorgen, so gebiethet sie den Unterthanen, ihnen Allmosen zu geben, unter der Bedrohung, sie sollten sonst gestrafft werden. Diese Straffe nun betrifft ja nur diejenigen, welche nicht gehorsam seyn wollen, die aber, so es freywillig geben, haben sich dergleichen nicht zu besorgen. Dieses hat auch Boecler de actione adversus Ingratos wohl wider Grotii angeführten Ort erwiesen.  
  Was Paulus an die Corinthier schreibt, schreibt er nicht als eine Obrigkeitliche Person, sondern als ein Kirchen-Lehrer. Wenn GOtt aber Allmosen zu geben verlangt, thut er es Befehls weise
  • Deuteron. XV. 7. seqq.
  • Luc. III. 11.
  Da wir nun Allmosen geben sollen, so ist auch zu fragen, wem man Allmosen geben solle? Und da dient zur Antwort, allen denenjenigen, welche es benöthigt sind, nemlich denen, welche nichts haben, und sich auch nichts verdienen können. Allein, wenn es auf die Praxin ankömmt, so finden sich mehrere Schwierigkeiten, ob ich einem etwas geben soll, oder ob ich ihn mit Recht abweisen kan. Hierbey hat man zu sehen, ob eine Armen-Casse an einem Orte ist, oder nicht. Ist eine aufgerichtet, und ich gebe das meinige dazu, so kan ich die Bettler gar wohl abweisen. Ist keine dergleichen Anstalt da, so muß man die Bettler unterscheiden, ob sie in der That arm, oder sich nur vor arm ausgeben, da sie es doch nicht nöthig haben zu betteln, oder sich doch durch arbeiten etwas verdienen können.  
  Die in der That bedürfftigen Armen sind entweder ohne ihr Verschulden, oder durch ihre Schuld in Armuth gerathen, und beyderley können sich gut oder böse in diesem Zustande aufführen. Diejenigen, welche ohne ihre Schuld arm sind, und sich wohl aufführen, denen soll man billig mit Allmosen unter die Arme greiffen, ja auch denen, welche an ihrer Armuth selbst Schuld sind, aber sich doch in ihrem elenden Zustande bessern. Sind es aber gottlose und diebische Bettler, so ist ein Unterscheid zu machen, ob man es weiß, oder nicht, weiß man es, so soll man der Obrigkeit solche Leute übergeben, daß sie bestrafft und aus dem Lande geschafft werden. Im andern Falle aber thut man am besten, man giebt ihnen etwas, weil doch GOtt die Absicht ansieht, warum man es ihnen giebt, welches man auch auf diejenigen, so sich nur arm stellen, appliciren kan.  
  Endlich ist auch bey dem Allmosen zu erwegen, wie es müsse beschaffen seyn? Dabey muß man so wohl auf die Gabe, als auf den Endzweck sehen. Wie groß die Gabe seyn soll, wird jedes Gewissen überlassen, wie sich sein Vermögen und des Nächsten Armuth gegen einander verhalten. Denn wenn ich einem so viel geben wollte, daß ich selbst Noth leiden müste, stimmte solches mit der Vernunfft nicht überein, wie denn auch die Schrifft solches nicht verlangt, indem wir unsern Nächsten zwar als uns selbst, nicht aber mehr als uns selbst lieben sollen.  
  Der Endzweck unsers Allmosens muß  
  {Sp. 1273|S. 676}  
  die Liebe zu des Armen Wohlseyn, welche ein vernünfftiges Mitleiden erwecket, und dieß Mitleiden beweget uns hernach zum Allmosengeben. Daher ist dasjenige, welches aus Hochmuth, oder wollüstigen Mitleiden gegeben wird, kein Allmosen rechter Art.
  • Placette de l'aumone.
  • Buddeus Instit. theol. mor. ...
  • Wolffs vernünfftige Ged. von der Menschen Thun und Lassen. ...
  Bey denen Hebräern wurde alle Sabbathe, wenn sie aus der Synagoge nach Hause giengen, ein Allmosen gesammlet. Die Israeliten hatten nemlich drey Allmosen  
  1) vom Acker, indem sie nicht alles an denen Enden umher abschneiden, nicht alles genau auffsammlen, den Weinberg nicht so genau lesen, die abgefallenen Beere nicht aufheben, noch die vergessenen Garben abholen durfften.
  • Levit. XIX. 9. 10.
  • Deuter. XXIV. 19.
  Die andere Art war, daß 3 mit einem grossen Brodt-Korbe herum giengen, und allerhand Eß-Waaren darinnen sammleten, welches sie hernach unter denen Bettlern austheilen, sie mochten seyn, wer sie wolten.  
  Drittens hatten sie in jeder Synagoge einen Armen-Kasten, darinnen für die Armen der Stadt gesammlet wurde. Diese Collecte sammleten zwey Männer von denen Zuhörern, welche Parnasim genennet wurden, und am folgenden Sabbath-Abend theilten drey jedem so viel aus, als er die künfftige Woche durch nöthig hatte.
  • Gemar Sanhedr. ...
  • Coccejus not.
  • Lightfoot hor. Hebr. ad Matth. ...
  • Hottinger primit. Heidelb. ...
     

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Stand: 31. März 2013 © Hans-Walter Pries